Norm
ABGB §1118Kopf
SZ 23/146
Spruch
Spruchrepertorium 196 ist auch bei Räumungsklagen nach einverständlicher Lösung des Bestandverhältnisses anwendbar.
Entscheidung vom 10. Mai 1950, 2 Ob 541/49.
I. Instanz: Bezirksgericht Fünfhaus; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Beide Unterinstanzen hatten einer Räumungsklage stattgegeben; der Oberste Gerichtshof hat die gegen das Berufungsurteil gerichtete Revision zurückgewiesen.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Klage ist auf Räumung der Geschäftsräumlichkeiten gerichtet, die nach den Behauptungen der Klage von den Klägern als Hauseigentümer der beklagten Partei in Bestand gegeben wurden. Der Anspruch auf Räumung wird damit begrundet, daß die Beklagte auf alle Rechte an dem Geschäft verzichtet und sich zu dessen Räumung bereit erklärt habe. Nach den im Berufungsverfahren unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes hat die Beklagte den Klägern den Verzicht auf ihre Mietrechte versprochen und diesen Verzicht auch tatsächlich abgegeben, wodurch eine einverständliche Lösung des Mietverhältnisses herbeigeführt wurde.
Nach Ansicht des Revisionsgerichtes liegt hier ein Tatbestand vor, auf den das Spruchrepertorium Nr. 196 (E. v. 9. Jänner 1907, amtl. Slg. N. F. 967) die Vorschriften des § 575 ZPO. angewendet wissen will. In der Begründung des Spruchrepertoriums ist ausführlich dargelegt, daß die Sonderbestimmungen des § 575 ZPO. über die im Bestandverfahren zur Anwendung zu kommenden Fristen nicht nur für das Verfahren über Einwendungen gegen eine Wohnungs- oder Geschäftsraumkündigung und über den Auftrag zur Übergabe und Übernahme des Bestandgegenstandes (§§ 562 und 567 ZPO.), sondern auch für alle Klagen gelten, womit gegen den Bestandgeber die Übergabe der Bestandsache, oder mit denen die Aufhebung oder Erlöschung des Bestandvertrages begehrt wird, ferner auch für Klagen, die auf Zurückstellung oder Zurücknahme des Bestandgegenstandes gerichtet sind.
Hieraus ergibt sich, daß die Ausdehnung der Bestimmungen des § 575 ZPO. für Streitsachen gelten soll, in denen es sich um die Beendigung eines bis dahin aufrecht bestandenen Mietvertrages und die aus dieser Beendigung folgenden Verpflichtungen handelt. Das trifft nun im vorliegenden Fall zu. Es liegt nicht eine auf das Eigentumsrecht gegrundete Klage (Eigentumsfreiheitsklage) vor, die lediglich den Mangel eines Benützungsrechtes auf Seite der Drittbeklagten behauptet. Der Rechtsgrund des Räumungsanspruches der Kläger ist vielmehr die behauptete Aufhebung eines Bestandvertrages. In diesem Falle haben daher für die Anfechtung des Urteiles die kürzeren (achttägigen) Fristen des § 575 Abs. 1 ZPO. zu gelten, gleichgültig ob der geltend gemachte Auflösungsgrund ein dem Bestandverfahren eigentümlicher ist (§ 1118 ABGB.) oder ob es sich um einen dem allgemeinen Vertragsrecht angehörigen Aufhebungsgrund handelt (E. v. 25. Jänner 1927, GH. 1927, Heft 3).
Da die Revision erst am 14. Tage nach Zustellung der berufungsgerichtlichen Entscheidung zur Post gegeben wurde, war sie verspätet erhoben und mußte daher zurückgewiesen werden.
Anmerkung
Z23146Schlagworte
Berufungsfrist bei Räumungsklage, Bestandverfahren Rechtsmittelfristen bei Räumungsklagen, Frist nach § 575 Abs. 1 ZPO. bei Räumungsklage, Räumungsklage Rechtsmittelfristen, Rechtsmittelfrist bei Räumungsklage, Rekursfrist nach § 575 Abs. 1 ZPO. bei Räumungsklage, Revisionsfrist bei RäumungsklageEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1950:0020OB00541.49.0510.000Dokumentnummer
JJT_19500510_OGH0002_0020OB00541_4900000_000