TE OGH 1950/5/17 3Ob171/50

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Veröffentlicht am 17.05.1950
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Norm

ZPO §577
ZPO §583

Kopf

SZ 23/160

Spruch

Wird vertraglich vereinbart, daß die Lieferung von Waren nach den Einheitsbedingungen im Deutschen Getreidehandel zu erfolgen hat, so ist hiedurch trotz der in den Einheitsbedingungen enthaltenen Schiedsgerichtsklausel ein wirksamer vertrag mangels Einhaltung der vorgeschriebenen Form der Schriftlichkeit nicht zustande gekommen.

Entscheidung vom 17. Mai 1950, 3 Ob 171/50.

I. Instanz: Landesgericht Klagenfurt; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.

Text

Das Erstgericht hat den Antrag der klagenden Parteien, gemäß § 583 ZPO. auszusprechen, daß der zwischen den Streitteilen auf Grund der Einheitsbedingungen im Deutschen Getreidehandel vereinbarte Schiedsvertrag außer Kraft getreten sei, mit der Begründung abgewiesen, daß mit der Beseitigung des Reichsnährstandes die Schiedsgerichtsvereinbarung nicht gegenstandslos geworden sei und noch immer die Möglichkeit der Bestellung eines entsprechenden Schiedsgerichtes bestehe.

Das Rekursgericht hat dem Antrage der klagenden Parteien stattgegeben und den oben genannten Schiedsvertrag außer Kraft gesetzt. Es führte in der Begründung seiner Entscheidung aus, daß ein individueller oder gar schriftlich festgelegter Schiedsvertrag nicht vorliege. Die Parteien hätten vielmehr als Angehörige des Reichsnährstandes die Geschäfte abgeschlossen und auf die Einheitsbedingungen im Deutschen Getreidehandel Bezug genommen. Daraus sei der Schluß zu ziehen, daß in den "Einheitsbedingungen" nur ein Schiedsgericht des Reichsnährstandes gemeint sein konnte; da ein solches nicht mehr bestehe, könne die Schiedsvereinbarung heute nicht mehr angewendet werden. Aus diesem Gründe sei der Schiedsvertrag außer Kraft zu setzen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der beklagten Partei Folge und stellte den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Zunächst ist zu prüfen, ob überhaupt durch gesetzliche Vorschrift oder Vertrag ein Schiedsgerichtsstand zustande gekommen ist.

Wie der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung 1 Ob 208/48 ausgeführt hat, haben die erwähnten Einheitsbedingungen nicht den Charakter gesetzlicher Vorschriften; sie beruhen auf einem Beschluß der Generalversammlung des Verbandes der Getreide- und Futtermittelvereinigung Deutschlands vom 8. September 1928 und stammen also aus der Zeit vor dem nationalsozialistischen Regime in Deutschland, in der noch nicht der Staat oder die von ihm ins Leben gerufenen Wirtschaftsverbände in das ganze Wirtschaftsleben durch Gesetze oder Verordnungen regelnd eingegriffen haben.

Die Einheitsbedingungen und insbesondere die darin enthaltene Schiedsgerichtsklausel haben demnach nicht zwingenden Charakter.

Aber auch ein gültiger Schiedsvertrag ist nicht zustande gekommen. In dieser Richtung haben die Parteien nur vorgebracht, daß die Warenlieferungen nach den erwähnten Einheitsbedingungen zu erfolgen hatten, in denen die Entscheidung von Streitigkeiten durch ein Schiedsgericht vorgesehen war. Sie schienen auf dem Standpunkte zu stehen, daß die Einheitsbedingungen auf ihre geschäftlichen Beziehungen ohne besondere Vereinbarung anzuwenden seien.

Jedenfalls wurde nicht behauptet, daß ein der Vorschrift des § 583 ZPO. entsprechender Schiedsvertrag schriftlich geschlossen worden sei.

Es war daher davon auszugehen, daß ein gültiger Schiedsgerichtsstand überhaupt nicht zustande gekommen ist; dies hat zur Folge, daß dem Antrage der klagenden Parteien die Grundlage fehlt; daher war die Entscheidung der ersten Instanz - wenn auch nicht aus deren Gründen - wiederherzustellen.

Anmerkung

Z23160

Schlagworte

Einheitsbedingungen im deutschen Getreidehandel, Schiedsgerichtsklausel, Formvorschrift für Schiedsvertrag, Getreidehandel, Einheitsbedingungen im deutschen -„ Schiedsgerichtsklausel, Schiedsgerichtsklausel in Einheitsbedingungen im Deutschen, Getreidehandel, Schriftlichkeit des Schiedsververtrages

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1950:0030OB00171.5.0517.000

Dokumentnummer

JJT_19500517_OGH0002_0030OB00171_5000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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