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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1380;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der T GmbH in N, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Landstraße 49, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 15. Oktober 2001, Zl. SV(SanR)-410763/2-2001- Sax/May, betreffend Beitragsnachverrechnung und Beitragszuschlag (mitbeteiligte Partei: Oberösterreichische Gebietskrankenkasse in 4021 Linz, Gruberstraße 77), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) hat der beschwerdeführenden Gesellschaft Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen übereinstimmend davon aus, dass bei Beendigung des Dienstverhältnisses der Geschäftsführerin der beschwerdeführenden Gesellschaft (letztere in der Folge: Beschwerdeführerin) mit 31. August 1999 ein nicht verbrauchter Urlaubsanspruch der Geschäftsführerin von 40 Arbeitstagen bestand. Die Beendigung des Dienstverhältnisses wurde im Geschäftsführeranstellungsvertrag vom 1. September 1999 geregelt. Dieser Vertrag lautet - soweit für das Beschwerdeverfahren von Bedeutung - wie folgt:
"Geschäftsführeranstellungsvertrag
abgeschlossen zwischen der
H.S. GmbH ...
einerseits
und Frau (Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin) ...
andererseits
sowie unter Beitritt der
S. Vertriebs-GmbH ...
und der
... (Beschwerdeführerin) ...
wie folgt:
§ 1
Einleitung; Generalbereinigung
(1) Die Tätigkeit (der Geschäftsführerin der
Beschwerdeführerin) in Geschäftsführungs- und Leitungsfunktionen
der ... Unternehmensgruppe wird mit diesem Vertrag auf eine neue
Grundlage gestellt.
Mit Abschluss dieses Vertrages werden daher folgende Rechtshandlungen gesetzt und treten folgende Rechtswirkungen ein:
a) Der Geschäftsführeranstellungsvertrag zwischen (der Geschäftsführerin) und (der Beschwerdeführerin) vom 27. Mai 1997 wird mit Wirkung zum 31.8.1999 einvernehmlich beendet und aufgehoben.
b) Alle zwischen den Vertragsteilen bestehenden dienstvertraglichen und jedwede sonstigen wechselseitigen Ansprüche, insbesondere auch aus dem Übertragungs- und Abtretungsvertrag vom 27. Mai 1997, werden vollständig bereinigt und verglichen.
c) Mit Wirkung 1.9.1999 tritt (die Geschäftsführerin) in ein Dienstverhältnis mit der H.S. GmbH zu den unter § 2 ff näher geregelten Bedingungen ein.
d) Urlaubsrückstellungen, die per 31.8.1999 bei (der Beschwerdeführerin) bestanden haben, werden auf die H.S. GmbH übertragen.
(2) Im Rahmen dieser gemäß Absatz (1) beabsichtigten Gesamtbereinigung wird vereinbart, dass (die Geschäftsführerin)
a) als Prämie für ihre Geschäftsführungstätigkeit im Geschäftsjahr 1998/99 einen Betrag in Höhe von ...
b) und im Geschäftsjahr 1999/2000 einen weiteren Betrag in Höhe von ...
c) ... erhalten soll. ...
d) anlässlich der Beendigung und Aufhebung des bisherigen
Dienstverhältnisses gemäß § 1 Abs (1) lit a) von (der
Beschwerdeführerin) die gesetzliche Abfertigung in Höhe von
.......................................... S ...
e) (...)
f) sowie eine freiwillige Abfertigung in Höhe von ......
S ...
g)
(...)
h)
fällig bis 30.9.1999 (...), erhält, womit ihre sämtlichen bisher erworbenen Ansprüche und Anwartschaften auf Abfertigung und sonstige Beendigungsansprüche vollumfänglich abgegolten sind.
(3) (Die Geschäftsführerin) erklärt, bei Erhalt der Leistungen gemäß Absatz (2) aus sämtlichen, vor diesem Vertrag geschlossenen Verträgen oder Rechtsverhältnissen gegenüber Unternehmen oder Gesellschaftern der S./A./T./S.-Gruppe keine weiteren Ansprüche oder Anwartschaften mehr zu haben.
..."
Mit Bescheid vom 6. März 2001 verpflichtete die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse die Beschwerdeführerin als Dienstgeberin zur Entrichtung von allgemeinen Beiträgen in der Höhe von S 30.297,10 und schrieb ihr einen (Mindest-)Beitragszuschlag in Höhe von S 3.100,-- vor. In der Begründung wurde dazu ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe für die in einem Dienstverhältnis stehende Geschäftsführerin die ihr gebührende Urlaubsentschädigung nicht mit der Kasse abgerechnet. Die Geschäftsführerin habe im Zeitpunkt der auf Grund der "einvernehmlichen Lösung" vorgenommenen Abmeldung zum 31. August 1999 einen nicht verbrauchten Urlaubsanspruch von 40 Arbeitstagen gehabt. Am 1. September 1999 sei die Geschäftsführerin in ein Dienstverhältnis zur H.S. GmbH getreten. Es sei kein Betriebs(teil)übergang gegeben. Es handle sich um "zwei völlig voneinander zu trennende Dienstverhältnisse" zu verschiedenen Gesellschaften. Die Anwendung des § 3 Abs. 1 AVRAG sei ausgeschlossen. Eine Übernahme des offenen Urlaubsanspruches in das neue Dienstverhältnis sei daher nicht möglich. Die gebührende Urlaubsentschädigung sei für die Zeit vom 1. September bis 26. Oktober 1999 berechnet und die hierauf entfallenden allgemeinen Beiträge nachverrechnet worden. Die Korrektur der Abmeldung vom 31. August 1999 auf 26. Oktober 1999 sei durch die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse vorgenommen worden.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde dem Einspruch der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben und den Kassenbescheid vollinhaltlich bestätigt. In der Begründung hat die belangte Behörde nach einer Darstellung des Verwaltungsgeschehens ausgeführt, es stehe fest, dass die Geschäftsführerin bis zum 31. August 1999 zur Sozialversicherung gemeldet gewesen sei. Im Zeitpunkt der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses sei der Geschäftsführerin ein Urlaubsanspruch von 40 Arbeitstagen zugestanden. Sie habe diesen Resturlaub in das neue Dienstverhältnis zur H.S. GmbH mitnehmen wollen. Nach Wiedergabe des - oben zitierten - § 1 des Geschäftsführeranstellungsvertrages vom 1. September 1999 und Gesetzeszitaten hat die belangte Behörde weiters ausgeführt, die Geschäftsführerin habe zum Zeitpunkt der einvernehmlichen Beendigung des Dienstverhältnisses einen Urlaubsanspruch von 40 Arbeitstagen und damit einen Anspruch auf Urlaubsentschädigung nach § 9 Urlaubsgesetz gehabt. Sie habe jedoch lediglich eine gesetzliche und eine freiwillige Abfertigung erhalten. Da der Geschäftsführeranstellungsvertrag die "Zitierung" enthalte, dass Urlaubsrückstellungen, die per 31. August 1999 bei der Beschwerdeführerin bestanden haben, auf die H.S. GmbH übertragen werde, liege ein Verzicht auf den Verbrauch der offenen Urlaubsansprüche bzw. auf die Urlaubsentschädigung nicht vor. Die Übertragung der am 31. August 1999 bei der Beschwerdeführerin bestandenen Urlaubsrückstellung sei rechtlich jedoch nicht zulässig.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf das Erkenntnis vom 21. September 1999, 97/08/0173) könne unter bestimmten eingeschränkten Voraussetzungen - etwa bei einem Vergleich - auf arbeitsrechtliche Ansprüche verzichtet werden. Ein Vergleich sei jedoch ein zweiseitiger, verbindlicher entgeltlicher Vertrag, der "unter beidseitigem Nachgeben" neue "Festlegung strittiger oder zweifelhafter Rechte" beinhalte. Es sei jedoch unstrittig, dass bei Beendigung des Dienstverhältnisses ein Urlaubsanspruch von 40 Arbeitstagen gegeben gewesen sei. Dieser Anspruch sollte in das neue Dienstverhältnis mitgenommen werden. Erwiesenermaßen lägen sohin keine strittigen Rechte oder gar ein Verzicht vor. Der Geschäftsführerin habe eine Urlaubsentschädigung gebührt. Da es gemäß § 49 Abs. 1 ASVG lediglich auf den Anspruch auf eine solche Entschädigung ankomme, sei es irrelevant, ob sie auch tatsächlich ausbezahlt worden sei. Dass es für den Zeitraum vom 1. September 1999 bis 26. Oktober 1999 zu einer Mehrfachversicherung gekommen sei, entspreche den Intentionen des ASVG.
Wenn die Beschwerdeführerin behaupte, mit der vergleichsweisen Regelung im Geschäftsführeranstellungsvertrag sei die Urlaubsentschädigung weggefallen, sei ihr zu entgegnen, dass sie die entscheidende Passage dieses Vertrages, nämlich § 1 Abs. 1 lit. d, einfach nicht zitiere. Danach sollten Urlaubsrückstellungen, die per 31. August 1999 bei der Beschwerdeführerin bestanden haben, auf die H.S. GmbH übertragen werden. Es könne daher keinesfalls von einem Verzicht auf die bestehenden offenen Urlaubsansprüche bzw. auf die Urlaubsentschädigung ausgegangen werden.
Durch die Nichtmeldung der gebührenden Urlaubsentschädigung habe die Beschwerdeführerin Meldebestimmungen verletzt. Es sei daher ein Beitragszuschlag vorzuschreiben gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die der Sache nach Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht, nicht zur Entrichtung allgemeiner Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von S 30.297,10 sowie eines Beitragszuschlages in der Höhe von S 3.100,-- herangezogen zu werden, verletzt. Sie führt - zusammengefasst - aus, die belangte Behörde gehe zu Unrecht von einem Anspruch der Geschäftsführerin auf eine Urlaubsentschädigung für 40 Urlaubstage aus. Die belangte Behörde übergehe, dass mit der Geschäftsführerin durch den Geschäftsführeranstellungsvertrag vom 1. September 1999 ein "bereinigender" Vergleich abgeschlossen worden sei.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Auch die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen übereinstimmend davon aus, dass bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses der Geschäftsführerin mit der Beschwerdeführerin ein Urlaubsanspruch von 40 Tagen gegeben war und alle zwischen den Vertragsteilen bestehenden dienstvertraglichen und jedwede sonstigen wechselseitigen Ansprüche, insbesondere auch aus dem Übertragungs- und Abtretungsvertrag von 27. Mai 1997, im Geschäftsführeranstellungsvertrag vom 1. September 1999 umfassend und abschließend "bereinigt und verglichen" wurden. Aus diesem Geschäftsführeranstellungsvertrag ergibt sich, dass Vereinbarungen nicht nur zwischen der Geschäftsführerin und der Beschwerdeführerin, sondern auch mit zwei anderen Gesellschaften, die - wie die Formulierungen im Vertrag vermuten lassen - in irgendeiner Weise rechtlich miteinander verbunden sind, getroffen wurden. Die Geschäftsführerin hat einerseits den Geschäftsführeranstellungsvertrag mit der Beschwerdeführerin, an der sie offenbar auch beteiligt war, zum 31. August 1999 einvernehmlich aufgelöst und mit Wirkung vom folgenden Tag ein Dienstverhältnis mit einer anderen - mit der Beschwerdeführerin verbundenen - Gesellschaft begründet. Die Geschäftsführerin hat im Rahmen der beabsichtigten Gesamtbereinigung eine Prämie für ihre Geschäftsführertätigkeit sowie anlässlich der Beendigung und Aufhebung des Dienstverhältnisses zur Beschwerdeführerin eine gesetzliche und eine freiwillige Abfertigung erhalten. Sie hat dazu die Erklärung abgegeben, dass sie bei Erhalt dieser Leistungen aus sämtlichen vor diesem Vertrag geschlossenen Verträgen oder Rechtsverhältnissen gegenüber Unternehmen oder Gesellschaften der S./A./T./S.-Gruppe keine weiteren Ansprüche oder Anwartschaften mehr habe.
Die belangte Behörde nimmt ausgehend von diesem Geschäftsführeranstellungsvertrag an, dass der Urlaubsanspruch der Geschäftsführerin auf den neuen Dienstgeber übertragen werden sollte. Sie vertritt dazu die Auffassung, dass die "Übertragung der am 31. August 1999 bei der Beschwerdeführerin bestandenen Urlaubsrückstellung" rechtlich nicht zulässig sei. Die Geschäftsführerin habe bei Beendigung des Dienstverhältnisses mit der Beschwerdeführerin einen offenen Urlaubsanspruch gehabt, der gemäß § 11 Urlaubsgesetz zu entschädigen sei. Dieser Anspruch sei weder von der vertraglichen Regelung erfasst, noch habe die Geschäftsführerin darauf verzichtet. Die der Geschäftsführerin gezahlte freiwillige Abfertigung sei auf diesen Anspruch anzurechnen, was zu einer Verlängerung der Pflichtversicherung und einer entsprechenden Beitragspflicht führe.
Die Rechtsauffassung der belangten Behörde kann in dieser Allgemeinheit nicht geteilt werden:
Es gibt keine arbeitsrechtliche Norm, die eine Übertragung von Urlaubsansprüchen von einem Dienstgeber auf den nächsten Dienstgeber schlechthin verbietet. Vor allem in Betrieben, die durch eine Konzernstruktur miteinander verbunden sind, kann es im Falle von Dienstnehmern, die zur Arbeitsleistung bei mehreren Konzernbetrieben verpflichtet sind oder sich zum Übertritt in ein anderes Konzernunternehmen (z.B. als Geschäftsführer) verpflichten, durchaus ein sachliches Bedürfnis geben, die Ansprüche aus dem ersten Beschäftigungsverhältnis auf das zweite zu übertragen (und die Dienstzeiten aus beiden Beschäftigungsverhältnissen dementsprechend zusammenzurechnen). Ob und in welchem Umfang das arbeitsrechtlich zulässig ist, kann nicht generell und abstrakt, sondern nur nach den Umständen im Einzelfall beurteilt werden und hängt davon ab, dass die Ansprüche des Arbeitnehmers dabei nicht in unzulässiger Weise verkürzt werden, wie dies z.B. dann der Fall wäre, wenn der Dienstnehmer dabei auf nicht verzichtbare Ansprüche verzichten würde. Eine solche Vereinbarung könnte aber auch sozialversicherungsrechtlich unbeachtlich sein (§§ 539, 539a ASVG), wenn z.B. die Übertragung der Urlaubsansprüche nur zum Schein vereinbart, diese aber in Wahrheit durch freiwillige Abfertigung hätten "beitragsschonend" abgegolten werden sollen.
Ob hier das eine oder das andere der Fall ist, kann derzeit nicht beurteilt werden, weil den Feststellungen der belangten Behörde nicht entnommen werden kann, welche Zwecke mit der Vereinbarung nach dem Parteiwillen erreicht und ob und gegebenenfalls welche sonstigen anderen (insbesondere gesellschaftsrechtlichen) Ansprüche mit der freiwilligen Abfertigung gegenverrechnet werden sollten. Die belangte Behörde hätte in diesem Zusammenhang zur Vervollständigung des Bildes auch Feststellungen über Art und Inhalt der diesbezüglichen offenen Ansprüche aus dem Übertragungs- und Abtretungsvertrag vom 27. Mai 1997 zu treffen gehabt. Auch hat die belangte Behörde über allfällige Verflechtungen der als "Gruppe" bezeichneten Unternehmungen keine Feststellungen getroffen.
Die belangte Behörde hat nämlich übersehen, dass laut § 1 Punkt 1 lit. b des Geschäftsführeranstellungsvertrages nicht nur Ansprüche der Geschäftsführerin aus dem Dienstvertrag, sondern auch aus dem Übertragungs- und Abtretungsvertrag vom 27. Mai 1997 geregelt wurden. Über derartige Ansprüche und deren Behandlung in diesem Vertrag hat die belangte Behörde keine Feststellungen getroffen. Die Geschäftsführerin, die an der Beschwerdeführerin offenbar beteiligt war, hat nicht nur ihr Dienstverhältnis mit der Beschwerdeführerin beendet, sondern mit folgendem Tag ein neues, mit einem möglicherweise verbundenen Unternehmen begründet, wozu die belangte Behörde aber keine Feststellungen getroffen hat. Im Zuge der Beendigung und Neubegründung eines Dienstverhältnisses sollte offenbar der offene Urlaubsanspruch vom neuen Dienstgeber übernommen werden, weil andernfalls die Vereinbarung einer Rückstellung nicht erklärbar wäre. Im Bescheid fehlen aber Feststellungen über den Vertragswillen der an der Übertragung der Urlaubsansprüche mitwirkenden Parteien.
In einer solchen Konstellation könnte die Übertragung des Urlaubsanspruches gegen den bisherigen Dienstgeber auf den neuen Dienstgeber auch bezüglich der Geschäftsführerin als Dienstnehmerin sachlich gerechtfertigt und damit arbeitsrechtlich zulässig sein, weil sie als Dienstnehmerin dadurch nicht schlechter gestellt wird als bei Zahlung einer Urlaubsentschädigung oder einer Urlaubsabfindung. Den Parteien eines Arbeitsvertrages ist es zwar unbenommen, sich anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch über an sich unverzichtbare Ansprüche - wozu nach § 12 Urlaubsgesetz auch der Anspruch auf Urlaubsentschädigung zählt - zu vergleichen, es kommt aber für die Wirksamkeit eines solchen Vergleiches darauf an, dass dem Günstigkeitsprinzip Rechnung getragen wird, wobei nicht die vertragliche Regelung mit der gesetzlichen zu vergleichen ist, sondern ob die Einbuße bestimmter Rechtsstellungen durch Vorteile an anderer Stelle wiederum aufgewogen wird (vgl. etwa OGH vom 16. Juni 1999, 9 ObA 142/99v). Die Übertragung eines Urlaubsanspruches gegen den bisherigen Dienstgeber auf den neuen Dienstgeber an Stelle der Zahlung einer Urlaubsentschädigung widerspricht nicht dem Günstigkeitsprinzip. Abgesehen davon ist angesichts des Umfanges der Vereinbarungen im Geschäftsführeranstellungsvertrag nicht klar, welche Ansprüche der Geschäftsführerin (entweder aus dem Dienstvertrag oder aus dem Übertragungs- und Abtretungsvertrag) mit der freiwilligen Abfertigung abgegolten werden sollten. Ausgehend von der vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Auffassung der belangten Behörde, eine Übertragung von Urlaubsansprüchen sei auch in Konstellationen wie der vorliegenden schlechthin unzulässig, hat sie es unterlassen, die erforderlichen Feststellungen dazu zu treffen, insbesondere ob die angenommene Übertragung der Urlaubsansprüche dem Willen der Vertragsparteien entsprochen hat; weiters hat es die belangte Behörde unterlassen zu untersuchen, in welcher Form die Gesellschaften miteinander verbunden waren und allenfalls in welcher Form die Geschäftsführerin an den Gesellschaften beteiligt war und welche offenen Ansprüche auch nicht arbeitsrechtlicher Natur mit dem Geschäftsführeranstellungsvertrag abgegolten werden sollten. Erst auf Grund all dieser Umstände kann beurteilt werden, ob die getroffenen Vereinbarungen angesichts der Bestimmungen der §§ 539 und 539a ASVG sozialversicherungsrechtlich beachtlich sind (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 23. April 2003, 2000/08/0045, und vom 14. Mai 2003, 2000/08/0103).
Da die belangte Behörde dies verkannt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Von der beantragten Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das auf die Erstattung der Beschwerdegebühr gerichtete Mehrbegehren war im Hinblick auf die auch vor dem Verwaltungsgerichtshof geltende sachliche Gebührenfreiheit gemäß § 110 ASVG abzuweisen.
Wien, am 23. Februar 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2001080213.X00Im RIS seit
18.04.2005