TE OGH 1950/5/22 2Ob305/50

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Veröffentlicht am 22.05.1950
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Norm

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §2

Kopf

SZ 23/165

Spruch

Eine öffentliche Ankündigung, in der ein Adressenbuch zur Kundenwerbung als "besonders verläßlich" oder gar als "das verläßlichste" hingestellt wird, verstößt gegen § 2 UnlWG., wenn sich ihre Richtigkeit nicht beweisen läßt.

Entscheidung vom 22. Mai 1950, 2 Ob 305/50.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Die Klägerin, die das Herausgabe-, Verlags- und Titelrecht für das "Adreßbuch von Österreich" hat, verlangte vom Beklagten, der das in seinem Verlag erschienene Druckwerk "Der Branchenführer 1950" in einer Ankündigung als das repräsentativste und verläßlichste österreichische Adreßbuch bezeichnet hatte, die Unterlassung der Bezeichnungen a) "das repräsentativste und verläßlichste österreichische Adreßbuch" und b) "das österreichische Adreßbuch". Er verband mit der Klage gemäß § 24 UnlWG. den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Umfang des Unterlassungsbegehrens.

Das Erstgericht wies den Antrag ab.

Das Rekursgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung, machte aber ihren Vollzug von der Leistung einer Sicherheit in der Höhe von 6000 S abhängig.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Antragsgegners teilweise Folge und Verbot ihm nur für die Dauer des Rechtsstreites, die Bezeichnung "das verläßlichste österreichische Adreßbuch" mit Bezug auf den von ihm verlegten Branchenführer 1950 in Zeitungsanzeigen, im Branchenführer 1950 oder in anderen Druckwerken zu gebrauchen; die Höhe der Sicherheit blieb unverändert.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die gefährdete Partei verlangt unter b) ihres Antrages das Verbot der Ankündigung des Branchenführers 1950 als "des österreichischen Adreßbuches". Wie aber schon das Erstgericht festgestellt hat, hat der Gegner der gefährdeten Partei seinen Branchenführer gar nicht mit einer solchen Anpreisung angekundigt. Aber auch dann, wenn die erforderliche Unterlage für den Antrag der gefährdeten Partei darin zu erblicken wäre, daß in der Ankündigung in der Nr. 171 des Anzeigenkuriers die Worte "das ..... österreichische Adreßbuch" durch Fettdruck hervorgehoben sind, wäre der Antrag nicht gerechtfertigt. Denn die Verwendung des bestimmten Artikels in der Wortfolge "das österreichische Adreßbuch" würde in den Bereich der üblichen Superlativreklame gehören (vgl. Callmann, Der unlautere Wettbewerb, S. 227). Die moderne Reklame verwendet den bestimmten Artikel häufig, um darauf hinzuweisen, daß die so gekennzeichnete Ware sich besonders auszeichnet. Damit werden aber nicht bestimmte Eigenschaften der Ware beigelegt, nicht "überprüfbare Angaben" gemacht, sondern es wird damit - auch dem Publikum erkennbar - die subjektive Ansicht des Wettbewerbers zum Ausdruck gebracht. Dabei ist auch in Betracht zu ziehen, daß der Kreis der Abnehmer von Adreßbüchern verhältnismäßig klein ist und sich auf größere Kaufleute und Gewerbetreibende beschränkt. Deshalb können auch an die Fähigkeit der Abnehmer, die Grenze zwischen nachprüfbaren Angaben und marktschreierischer Reklame zu erkennen, größere Anforderungen gestellt werden. Nur nebenbei sei übrigens bemerkt, daß der Gegner der gefährdeten Partei in seiner Ankündigung keineswegs behauptet hat, das einzige österreichische Adreßbuch herauszugeben. Dies geht ja schon aus der Beifügung "repräsentativste und verläßlichste" hervor, eine Beifügung, die nur beim Vorhandensein mehrerer österreichischer Adreßbücher überhaupt Sinn hat.

Auch der Gebrauch des Wortes "repräsentativ" gehört in den Bereich reklamehafter Übertreibung. Der Gebrauch dieses Wortes im Zusammenhang mit einem Adreßbuch verletzt aber auch deshalb nicht schutzwürdige Interessen der Mitbewerber, weil der Hinweis auf "Repräsentativität" in bezug auf ein Adreßbuch gar nicht geeignet ist, den Schein eines besonders günstigen Anbotes im Sinne des § 2 UnlWG. hervorzurufen. Denn die Eigenschaft, "repräsentativ" zu sein, fällt wohl bei einem Festsaal, bei einer Ausschmückung, bei einer Uniform und dergleichen ins Gewicht. Ein Adreßbuch aber erhä sein Außenbild, nicht durch die äußere Ausstattung, weil es ja nicht dazu bestimmt ist, wie das Familienalbum der Großväterzeit auf dem Tisch des Hauses zu prangen. Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes ist die Anpreisung mit "repräsentativ", selbst wenn es sich dabei nicht um ein subjektives Werturteil des Anpreisenden handelte, nicht geeignet, einen den Mitbewerbern abträglichen Irrtum bei der Abnehmerschaft zu erregen.

Anders allerdings verhält es sich damit, daß der Gegner der gefährdeten Partei seinem Branchenführer die Eigenschaft beilegt, das "verläßlichste" Adreßbuch zu sein. Diese Eigenschaft stellt den wesentlichen Wert eines Adreßbuches dar. Eine öffentliche Ankündigung, worin ein Adreßbuch zur Kundenwerbung als besonders verläßlich oder gar als das verläßlichste hingestellt wird, muß richtig sein. Ihre Richtigkeit ist überprüfbar. Eine solche Ankündigung verstößt, wenn sich ihre Richtigkeit nicht beweisen läßt, gegen § 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. Soweit daher das Rekursgericht die Voraussetzung für die Bewilligung einer einstweiligen Verfügung gegen die Bezeichnung des "Branchenführer 1950" als des "verläßlichsten" österreichischen Adreßbuches für gegeben erachtete, tritt ihm der Oberste Gerichtshof vollinhaltlich bei. Dies auch, soweit das Rekursgericht die Auffassung vertritt, daß die Anpreisung des Branchenführers 1950 als des verläßlichsten Adreßbuches auch eine gleiche Behauptung über die früheren Auflagen mitumfaßt. Aber auch wenn sich die in der Ankündigung im Anzeigenkurier steckende Angabe des Vorzuges größerer Verläßlichkeit im Vergleich mit anderen Adreßbüchern nur auf die Folge 1950 des Branchenführers bezöge, wäre für den Gegner der gefährdeten Partei wenig gewonnen. Denn dann würde diese Behauptung jedenfalls derzeit noch nicht überprüfbar sein, sie dürfte daher derzeit nicht aufgestellt werden (E. v. 24. November 1931, Rspr. 1932, Nr. 78).

Anmerkung

Z23165

Schlagworte

Adreßbuch wahrheitswidrige Anpreisung, Anpreisung, wahrheitswidrige, Reklame wahrheitswidrige Anpreisung, Unlauterer Wettbewerb wahrheitswidrige Anpreisung, Wettbewerb unlauterer wahrheitswidrige Anpreisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1950:0020OB00305.5.0522.000

Dokumentnummer

JJT_19500522_OGH0002_0020OB00305_5000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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