TE OGH 1950/6/7 2Ob154/50

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.06.1950
beobachten
merken

Norm

Sechste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §1
Sechste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §2
Sechste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §5
Sechste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §13
Sechste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §17
Sechste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §18
JN §1

Kopf

SZ 23/194

Spruch

Auch bei Vorliegen eines vor der Scheidung geschlossenen Vergleiches über die Ehewohnung ist ein diese betreffender Streit im Verfahren nach der 6. DVzEheG. zu entscheiden.

Entscheidung vom 7. Juni 1950, 2 Ob 154/50.

I. Instanz: Bezirksgericht Döbling; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Der Beklagte hat sich während des Scheidungsverfahrens verpflichtet, der Klägerin, seiner Gattin, die eheliche Wohnung samt Einrichtung zu überlassen, und ist auch ausgezogen. Die Klägerin hat deshalb auf Unterhalt verzichtet. Nach der Beendigung des Scheidungsverfahrens begehrte die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Anzeige, daß er ihr die Wohnung gemäß § 19 Abs. 2 Z. 10 MietG. überlasse. Der Beklagte beantragte die Abgabe der Sache nach § 18 Abs. 1 der 6. DVzEheG. an den Außerstreitrichter.

Das Prozeßgericht wies den Antrag ab.

Das Rekursgericht entschied im Sinn des Antrages.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Klägerin macht einen Anspruch hinsichtlich der Ehewohnung geltend, sie verlangt vom Beklagten, der nach ihrem Vorbringen in die eheliche Wohnung zurückkehren will, eine Verzichtserklärung auf die Ehewohnung, um diese künftig als Hauptmieterin allein bewohnen zu können. Damit macht sie ohne Zweifel einen Anspruch im Sinne der §§ 1 Abs. 1 und 18 Abs. 1 der 6. DVzEheG. geltend, was sich schon daraus ergibt, daß nach § 5 Abs. 1 dieser Verordnung der Eintritt eines Ehegatten an Stelle des anderen in ein von diesem eingegangenes Mietverhältnis vorgesehen ist.

§ 1 der 6. DVzEheG. setzt nur voraus, daß ein die Ehewohnung betreffender Streit nach der Scheidung der Ehe zwischen den bisherigen Ehegatten entsteht. Eine vor der Ehescheidung zwischen den Ehegatten getroffene Vereinbarung über die Benützung der Ehewohnung nach der Scheidung schließt nach dem Wortlaute (§ 6 ABGB.) der angeführten Gesetzesstelle bei einem nach der Ehescheidung über die Benützung der Ehewohnung entstehenden Streit die Anwendung dieser Gesetzesstelle und sohin die außerstreitige Regelung dieses Streites nach den Vorschriften der 6. DVzEheG. nicht aus und kann in diesem Verfahren allenfalls auch die vor der Ehescheidung getroffene Einigung mit rechtsgestaltender Entscheidung abgeändert werden. Eine Auslegung der Eingangsworte des § 1 der 6. DVzEheG. geht dahin, daß eine vor der Scheidung getroffene Einigung eine Regelung nach den Vorschriften der 6. DVzEheG. ausschließt, entspricht nicht dem Wortlaut der angeführten Gesetzesstelle und offenbar auch nicht der Absicht des Gesetzgebers. Dieser will die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung nach der Scheidung durch den Außerstreitrichter in einem nicht formstrengen, raschen, allenfalls auch in die Rechte Dritter eingreifenden Verfahren nach den Grundsätzen der Billigkeit regeln. Es ist nicht einzusehen, warum eine zwischen den Ehegatten vor der Scheidung getroffene Einigung eine solche Regelung ausschließen soll, insbesondere auch dann, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse seit der Vereinbarung wesentlich geändert haben, während unter dieser Voraussetzung eine nach der Ehescheidung getroffene Vereinbarung geändert werden kann, sogar wenn ein gerichtlicher Vergleich abgeschlossen wurde (§ 17 der 6. DVzEheG.). Die amtliche Erläuterung zu § 2 der 6. DVzEheG. (DJ. 1944, S. 278) faßt überdies ausdrücklich den Fall ins Auge, daß sich die Ehegatten schon vor der Scheidung darüber geeinigt haben, wer die Ehewohnung künftig bewohnen soll, und setzt als selbstverständlich voraus, daß auch in diesem Falle das Verfahren nach der 6. DVzEheG. zur Anwendung gelangt. Es versteht sich von selbst, daß der Außerstreitrichter bei seiner Regelung auf die vor der Ehescheidung getroffene Einigung und ihre Voraussetzungen (z. B. einen als Preis für die Überlassung der Ehewohnung ausgesprochenen Unterhaltsverzicht) bei seiner Billigkeitsentscheidung gebührend Rücksicht nehmen muß und nur dann von dieser Einigung abgehen wird, wenn dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden.

Daher hat das Rekursgericht mit Recht die Sache in das Außerstreitverfahren verwiesen. Der Rechtsweg ist durch §§ 1 Abs. 2, 13 Abs. 1 der 6. DVzEheG. ausdrücklich ausgeschlossen.

Anmerkung

Z23194

Schlagworte

Außerstreitverfahren, Wohnungsregelung nach Scheidung trotz Vergleich, Ehescheidung Vergleich über Wohnungsregelung, Rechtsweg Unzulässigkeit für Wohnungsregelung nach Scheidung trotz, Vergleich, Regelung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung, Scheidung Vergleich über Wohnungsregelung, Unzulässigkeit des Rechtsweges Wohnungsregelung nach Scheidung, Vergleich über Ehewohnung vor Scheidung, Wohnungsregelung nach Scheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1950:0020OB00154.5.0607.000

Dokumentnummer

JJT_19500607_OGH0002_0020OB00154_5000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten