Norm
Rechtsanwaltsordnung 1868 §5Kopf
SZ 23/198
Spruch
Nach § 30 RAO. steht das Berufungsrecht den Beteiligten zu; zu diesen gehört auch der dienstgebende Rechtsanwalt.
Gegen aufhebende Beschlüsse des Oberlandesgerichtes ist die weitere Berufung an den Obersten Gerichtshof auch dann zulässig, wenn im Aufhebungsbeschluß ein Rechtskraftvorbehalt fehlt.
Entscheidung vom 13. Juni 1950, Nr 11/50.
I. Instanz: Ausschuß der Rechtsanwaltskammer Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Das Oberlandesgericht Wien hatte als Berufungsgericht einen Beschluß des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer aufgehoben und dem Ausschuß eine neuerliche Entscheidung aufgetragen.
Der Oberste Gerichtshof hat der Berufung gegen den Aufhebungsbeschluß nicht Folge gegeben.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Oberste Gerichtshof hatte zunächst die Frage zu prüfen, ob die vorliegende Berufung überhaupt zulässig ist, da der angefochtene Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien den Beschluß des Kammerausschusses vom 26. Juli 1949 wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens aufgehoben und dem Kammerausschuß ohne Rechtskraftvorbehalt eine neuerliche Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens aufgetragen hat. Der Berufungswerber vertritt in seiner Berufungsschrift die Rechtsauffassung, daß seine Berufung zulässig sei, weil eine den §§ 502 Abs. 5, bzw. 519 Z. 3 ZPO. analoge Vorschrift in der Rechtsanwaltsordnung fehlen.
Die Lösung der Frage nach der Zulässigkeit einer weiteren Berufung an den Obersten Gerichtshof gegen einen ohne Vorbehalt der Rechtskraft ergangenen aufhebenden Beschluß des Oberlandesgerichtes hängt von der grundsätzlichen Frage ab, ob für das Rechtsmittelverfahren nach § 30 RAO. die Bestimmungen der Zivilprozeßordnung maßgebend sind.
Nach § 30 RAO. sind hinsichtlich der dort vorgesehenen Berufung für den Fristenlauf, die Fristenberechnung, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Wiederaufnahme des Verfahrens die Bestimmungen der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden. Aus dieser Gesetzesbestimmung ist im Wege des Gegenteilsschlusses abzuleiten, daß die Behandlung der in der Rechtsanwaltsordnung vorgesehenen Rechtsmittel im übrigen nicht nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung zu erfolgen hat. Dies ergibt sich auch aus dem Wortlaute des § 30 Abs. 4 erster Satz RAO., wonach den Beteiligten das Recht der Berufung an das Oberlandesgericht und von diesem an den Obersten Gerichtshof zusteht, ohne daß dieses Berufungsrecht Einschränkungen unterworfen wäre. Der Oberste Gerichtshof ist deshalb der Meinung, daß die Bestimmungen der §§ 519 Z. 3 und 527 Abs. 2 ZPO. - der Hinweis der Berufung auf § 502 Abs. 5 ZPO. ist im vorliegenden Fall verfehlt, weil hier die tatsächlichen Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle nicht vorliegen - auf das im § 30 RAO. vorgesehene Rechtsmittelverfahren nicht anwendbar sind und daß es sich bei den in den §§ 5 und 30 RAO. zugelassenen Rechtsmitteln um Rechtsmittel eigener Art handelt, die nach dem Grundsatze der vollen Berufung zu behandeln sind. Es ist daher gegen aufhebende Beschlüsse des Oberlandesgerichtes die weitere Berufung an den Obersten Gerichtshof auch dann zulässig, wenn im Aufhebungsbeschlusse ein Rechtskraftvorbehalt fehlt.
Die vorliegende Berufung ist daher zulässig und es muß deshalb in ihre meritorische Behandlung eingegangen werden.
Soweit sie es zunächst als zweifelhaft bezeichnet, ob nicht ausschließlich der Rechtsanwaltsanwärter zur Erhebung der Berufung gegen den Beschluß des Kammerausschusses vom 26. Juli 1949 legitimiert gewesen wäre, der vom dienstgebenden Rechtsanwalte eingebrachten Berufung somit das Anfechtungsrecht fehle, ist sie nicht begrundet, weil nach § 30 RAO. das Berufungsrecht den Beteiligten zusteht, unter diesen Beteiligten aber - wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat - auch der dienstgebende Rechtsanwalt zu verstehen ist.
Anmerkung
Z23198Schlagworte
Aufhebungsbeschlu nach § 30 RAO., Berufungsrecht, Berufung gegen Aufhebungsbeschluß nach § 30 RAO., Begriff des, Beteiligten, Beteiligter nach § 30 RAO., Eintragung in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter, Liste der Rechtsanwaltsanwärter, Eintragung, Rechtsanwalt, Berufungsrecht in Eintragungssache eines, Rechtsanwaltsanwärters, Rechtsanwaltsanwärter Berufungsrecht nach § 30 RAO., Rechtsmittel gegen Aufhebungsbeschluß nach § 30 RAO., Begriff des, BeteiligtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1950:0000NR00011.5.0613.000Dokumentnummer
JJT_19500613_OGH0002_0000NR00011_5000000_000