TE OGH 1950/11/8 1Ob627/50

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Veröffentlicht am 08.11.1950
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Norm

ZPO §160
ZPO §164

Kopf

SZ 23/319

Spruch

Die in § 160 ZPO. geforderte Anzeige der Bestellung eines anderen Rechtsanwaltes muß im Text des Schriftstückes erfolgen; ein bloßer Vermerk im Rubrum genügt nicht.

Entscheidung vom 8. November 1950, 1 Ob 627/50.

I. Instanz: Landesgericht Innsbruck; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.

Text

Der Beklagte war im vorliegenden Rechtsstreit durch den am 12. Juli 1949 verstorbenen Rechtsanwalt Dr. Karl M. vertreten. Am 30. Mai 1950 zog der Kläger die Klage "in der Annahme zurück, daß der Beklagte damit einverstanden" sei. Eine Gleichschrift dieses Schriftsatzes wurde dem Rechtsanwalt Dr. Karl M. zugestellt; der Rückschein ist von einer Kanzleiangestellten gefertigt. Am 5. Juni 1950 erstattete der Beklagte, vertreten durch den mit Verfügung der Tiroler Rechtsanwaltskammer vom 22. Juni 1949 für den verstorbenen Dr. Karl M. bestellten mittlerweiligen Stellvertreter Rechtsanwalt Dr. Florenz T., eine Eingabe, die auf dem Rubrum den Vermerk "Vollmacht ausgewiesen in 1 Cg 12/50" trägt, in der er die Zurückweisung des Schriftsatzes der klagenden Partei vom 30. Mai 1950 mit einseitiger Rücknahme der Klage beantragt und gleichzeitig "des weiteren" den Antrag auf Anberaumung einer Streitverhandlung stellt, weil er ein begreifliches Interesse an der ehesten Erledigung des Prozesses habe.

Das Erstgericht wies daraufhin die Zurücknahme der Klage mangels erwiesener Zustimmung des Beklagten zurück; eine Streitverhandlung ordnete es nicht an. Anläßlich des klägerischen Rekurses gegen diesen Beschluß hat das Rekursgericht das Verfahren von der Überreichung des Klagszurücknahmeschriftsatzes vom 30. Mai 1950 an bis zu der am 5. Juni 1950 erfolgten Überreichung des Antragsschriftsatzes der Beklagten als rechtlich unwirksam erklärt und die diese Parteieingaben erledigenden Verfügungen vom 30. Mai 1950 und 19. Juni 1950 als nichtig aufgehoben. Die mit Schriftsatz der klagenden Partei vom 30. Mai 1950 abgegebene Erklärung auf Zurücknahme der Klage wurde als unzulässig zurückgewiesen, und die Kosten dieses Verfahrensteiles wurden gegenseitig aufgehoben.

Das Rekursgericht begrundete diesen Beschluß damit, daß durch den Tod Dris. Karl M. das Verfahren unterbrochen worden sei, daß bisher ein anderer Rechtsanwalt vom Beklagten nicht bestellt wurde und daß die Bestellung eines mittlerweiligen Stellvertreters durch die Rechtsanwaltskammer nicht geeignet sei, die dem Beklagten obliegende Bestellung eines anderen Rechtsanwaltes zu ersetzen. Die Unterbrechung dauere daher noch an, deshalb seien die in der Unterbrechungszeit gesetzten Prozeßhandlungen ohne rechtliche Wirkung.

Dieser Beschluß wurde vom Beklagten mit Revisionsrekurs angefochten; es sei nicht richtig, daß Dr. Florenz T. nur als mittlerweiliger Stellvertreter des verstorbenen Rechtsanwaltes Dr. Karl M. gezeichnet habe. Im Akt 1 Cg 12/50 erliege eine unmittelbar vom Beklagten dem Dr. Florenz T. erteilte Vollmacht, darauf sei durch den Vermerk im Rubrum der Eingabe vom 5. Juni 1950 "Vollmacht ausgewiesen in 1 Cg 12/50" hingewiesen worden. Der weitere Hinweis beim Namen Dr. Florenz T., daß dieser "mittlerweiliger Stellvertreter" sei, bezwecke nur intern die Causen Dr. Florenz T.'s von den übernommenen des Dr. Karl M. zu unterscheiden. Durch den Hinweis auf die im Akt 1 Cg 12/50 erliegende Vollmacht sei der Vorschrift des § 160 ZPO. Genüge geleistet. Auch habe der Beklagte Anordnung einer Streitverhandlung beantragt; das sei einem Antrag nach § 164 ZPO. gleichzuhalten.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der beklagten Partei keine Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Rekurs ist nicht begrundet. Es kann dahingestellt bleiben, ob, wie der Beklagte im Revisionsrekurs neu behauptet, im Akt 1 Cg 12/50 eine unmittelbare Vollmacht Dris. Florenz T. erliegt, weil aus dem Vermerk im Rubrum "Vollmacht in Akt 1 Cg 12/50" nicht erkennbar ist, daß dort eine Vollmacht Dris. Florenz T. und nicht etwa eine Dris. Karl M. erliegt, zumal da Dr. Florenz T. sich in der Rubrik als "mittlerweiliger Stellvertreter" bezeichnet. Aber selbst wenn man über diesen Mangel hinwegsehen wollte, so fehlt jedenfalls die im § 160 ZPO. geforderte Anzeige der Bestellung eines anderen Rechtsanwaltes an den Gegner, da durch einen bloßen Vermerk im Rubrum der vom Gesetz geforderten förmlichen Anzeige nicht Genüge geleistet wird. Der Beklagte wäre vielmehr verpflichtet gewesen, dem Gegner und dem Gericht im Text des Schriftsatzes mitzuteilen, daß er einen anderen Anwalt, Rechtsanwalt Dr. Florenz T., zu seinem Vertreter bestellt habe. Da dies nicht geschehen ist, so genügt auch der Antrag auf Anordnung einer Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung nicht zur Aufnahme des Verfahrens, insbesondere mit Rücksicht darauf, daß im Schriftsatz überhaupt kein Hinweis darauf enthalten ist, daß das Verfahren unterbrochen war. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die Tatsache der Unterbrechung gleichfalls nicht beschlußmäßig festgehalten war, weil die Unterbrechung nach § 160 ZPO. ipso jure eintritt und daher eine Beschlußfassung über den Eintritt der Unterbrechung überflüssig ist.

Da also eine Anzeige von der Bestellung eines anderen Anwaltes bisher nicht erfolgt ist, so hat das Rekursgericht mit Recht die Prozeßhandlungen beider Streitteile nach Eintritt der Unterbrechung für nichtig erklärt.

Anmerkung

Z23319

Schlagworte

Anwalt Unterbrechung des Verfahrens durch Tod, Anzeige der Bestellung eines Anwaltes, Aufnahme des durch Tod des Anwaltes unterbrochenen Verfahrens, Fortsetzung des durch Tod des Anwaltes unterbrochenen Verfahrens, Rechtsanwalt Unterbrechung des Verfahrens durch Tod, Tod des Anwaltes, Unterbrechung des Verfahrens, Unterbrechung durch Tod des Anwaltes

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1950:0010OB00627.5.1108.000

Dokumentnummer

JJT_19501108_OGH0002_0010OB00627_5000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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