TE OGH 1950/11/29 3Ob322/50

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Veröffentlicht am 29.11.1950
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Norm

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §1
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §7

Kopf

SZ 23/355

Spruch

Die Voraussetzungen des § 7 UnlWG. sind gegeben, wenn ein Gemeinschaftsplakat mehrerer Unternehmungen, in dem dazu aufgefordert wird, nur konzessionierte Detektivunternehmen zu beschäftigen, auf den flüchtigen Leser den Eindruck erweckt, als ob nur die plakatierenden Unternehmungen behördlich konzessioniert wären.

Entscheidung vom 29. November 1950, 3 Ob 322/50.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Die Beklagten ließen ein Plakat mit folgendem Inhalt anschlagen:

"Wollen Sie sich vor Schaden bewahren .., dann beauftragen Sie nur die altbewährten konzessionierten Detektivunternehmen: - Wählen Sie das Büro ihres Vertrauens." (Es folgen dann, nach Bezirken geordnet, die Namen oder Betriebsbezeichnungen und die Adressen der neun Beklagten). "WarnungÜ Nach der Gewerbeordnung macht sich jeder Auftraggeber strafbar, der nichtkonzessionierte Detektive beschäftigt. - Bitte teilen Sie alle Unzukömmlichkeiten sowie durch Pfuscher entstandene Schäden dem Club der konzessionierten Detektivunternehmen mit Sitz Wien ... mit".

Die fünf Kläger, die gleichfalls Inhaber konzessionierter Detektiv-Unternehmungen sind, aber dem im Plakat angeführten Club nicht angehören, haben Klage auf Unterlassung und Urteilsveröffentlichung erhoben.

Die erste Instanz wies ab, das Berufungsgericht gab der Klage statt. Der Oberste Gerichtshof bestätigte.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen des Obersten Gerichtshofes:

Die Revision der Beklagten erblickt den Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens zunächst darin, daß sich das Berufungsgericht mit der von den Beklagten in erster Instanz erhobenen Einwendung, daß sie zur Klage nicht passiv legitimiert seien, sich das Klagebegehren vielmehr gegen den behördlich genehmigten Verein "Club der konzessionierten Detektivunternehmen" zu richten gehabt hätte, nicht befaßt hat. Diese Unterlassung ist aber nicht geeignet, den behaupteten Revisionsgrund zu bilden, weil sie eine erschöpfende Erörterung und grundliche Beurteilung der Streitsache nicht verhindert hat. Denn es scheinen, wie die Revisionsbeantwortung zutreffend hervorhebt, die Beklagten selbst namentlich oder durch Anführung ihrer Betriebsbezeichnungen im Plakate als diejenigen auf, von denen die Werbeaktion ausgeht, und der Club der konzessionierten Detektivunternehmen wird nur als die Stelle namhaft gemacht, an die alle Unzukömmlichkeiten und durch Pfuscher verursachten Schäden mitzuteilen sind. Es ist also aus dem Inhalte des Plakates die Unstichhältigkeit der Einwendung ohne weiteres zu erkennen.

Unter Anrufung des Revisionsgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung macht die Revision geltend, daß entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes durch den Inhalt des Plakates keines der Tatbestandsmerkmale der §§ 1 und 7 UnlWG. verwirklicht sei. Es ist der Revision aber auch hierin nicht beizupflichten.

Da das Berufungsgericht den Sondertatbestand des § 7 UnlWG. als erwiesen angenommen hat, ist bei Überprüfung des Berufungsurteiles von diesem Tatbestande auszugehen; die Generalklausel des § 1 UnlWG. wäre nur heranzuziehen, wenn ein Tatbestand nach dem § 7 nicht gegeben wäre (vgl. die bei Langer - Saxl, Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 2. Aufl., S. 87 f. unter 11. bis 14. angeführte Rechtsprechung).

Es ist demnach zu prüfen, ob die Beklagten durch die Verbreitung des Plakates zu Zwecken des Wettbewerbes über die Unternehmen oder die Leistungen der Kläger Tatsachen behauptet haben, die geeignet sind, den Betrieb der Unternehmen der Kläger oder deren Kredit zu schädigen, und ob die Beklagten die Wahrheit der Behauptung erwiesen haben.

Beide Streitteile sind, wie unbestritten feststeht, Inhaber von konzessionierten Detektivunternehmen, sie stehen demnach im geschäftlichen Wettbewerbe.

Das in Rede stehende Plakat dient den Zwecken dieses Wettbewerbes, denn es sucht für die Beklagten Kunden zu werben, es ist, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ein Reklameplakat der Beklagten, deren Namen oder Betriebsbezeichnungen sowie Adressen im Plakate angeführt sind. Daß es daneben auch gegen das Pfuschertum Stellung nimmt, vermag entgegen der Ansicht der Revision an dieser Kennzeichnung nichts zu ändern; auch die Warnung vor unbefugter Konkurrenz fällt in den Bereich der Reklame.

Der von der Revision hervorgehobene Umstand, daß den Namen oder Betriebsbezeichnungen der Beklagten keine Telephonnummern beigefügt sind, spricht nicht gegen die Wettbewerbsabsicht der Beklagten, denn die Telephonnummern sind ein Detail, das unschwer jedem Telephonverzeichnisse entnommen werden kann. Die Revision bezeichnet es als eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, daß das Berufungsgericht die schon in der Klagebeantwortung geführten Zeugen darüber, daß den einzigen Zweck des Plakates die Bekämpfung des Pfuschertums gebildet habe, nicht vernommen hat; dieser Vorwurf ist unbegrundet, weil, wie oben ausgeführt wurde, der Wettbewerbszweck aus dem Inhalte des Plakates eindeutig zu entnehmen ist.

Daß die Beklagten das Plakat durch Anschlag in einer größeren Anzahl von Stücken verbreitet haben, ist unbestritten.

Die wesentliche und entscheidende Frage des Prozesses geht dahin, ob im Plakate über die Unternehmen oder die Leistungen der Kläger schädigende Behauptungen aufgestellt werden. Es ist der Revision zuzugeben, daß dem Plakate ausdrückliche Behauptungen in dieser Richtung nicht zu entnehmen sind. Es ist aber, wie das Berufungsgericht zutreffend hervorgehoben hat, davon auszugehen, welchen Eindruck die Lektüre des Plakates bei der breiten Masse des Publikums, an die es sich wendet, zu erwecken geeignet ist. Bei Betrachtung des Inhaltes des Plakates unter diesem Gesichtspunkte ergibt sich aber, daß jemand, der das Plakat so überliest, wie dies ein gewöhnlicher Straßenpassant zu tun pflegt, den Eindruck gewinnen kann, als ob hier alle konzessionierten Detektivunternehmen Wiens sich zu einem Klub zusammengeschlossen hätten, um für sich zu werben und vor der Heranziehung anderer als der im Plakate angeführten Detektivunternehmen zu warnen, weil diese nicht konzessioniert seien, und der Auftraggeber sich durch ihre Heranziehung nach der Gewerbeordnung strafbar machen könnte. Dieser Irrtum kann, wie die Revisionsbeantwortung zutreffend hervorhebt, um so leichter entstehen, als die Gesamtzahl der in Wien bestehenden Detektivunternehmen nicht groß ist, es dem Uneingeweihten daher durchaus möglich erscheinen könnte, daß nur die auf dem Plakate angeführten zu ihnen gehören.

Dieser Eindruck, der sich bei der Lektüre des Plakates geradezu aufdrängt, ist für die Beurteilung seines Inhaltes nach dem § 7 UnlWG. entscheidend. Er ergibt sich vor allem daraus, daß das Plakat den Leser auffordert, nur die altbewährten konzessionierten Detektivunternehmen, die dann bezirksweise geordnet angeführt werden, je nach Vertrauen zu beauftragen, und daß am Schlusse des Textes der "Club der konzessionierten Detektivunternehmen", dessen Sitz angegeben wird, als die Stelle namhaft gemacht ist, an die alle infolge Heranziehung von Pfuschern entstandenen Unzukömmlichkeiten und Schäden mitzuteilen wären. Erst eine genauere Analyse des Textes, die dem Beschauer eines Plakates aber nicht zugemutet werden kann, ergibt, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, Zweifel in der Richtung, ob die im Plakate angeführten Detektivunternehmen die einzigen konzessionierten Unternehmen dieser Art seien.

Die Revision führt ins Treffen, es könne aus dem Fehlen eines Doppelpunktes nach den Worten "konzessionierten Detektivunternehmen" und aus dem Umstande, daß zwischen diesen Worten und der Aufzählung der Namen oder Betriebe der Beklagten der Satz "Wählen Sie das Büro Ihres Vertrauens" eingeschoben ist, ersehen werden, daß im Plakate nicht alle konzessionierten Detektivunternehmen Wiens aufgezählt werden, während das Berufungsgericht wieder darauf hinweist, daß in der Bezeichnung "Club der konzessionierten Detektivunternehmen" der Gebrauch des bestimmten Artikels "der" den Eindruck verstärke, daß auf dem Plakat alle konzessionierten Detektivunternehmen Wiens angeführt seien. Wenn auch den beiderseitigen Anführungen sachliche Richtigkeit nicht abgesprochen werden kann, so ist doch zu beachten, daß es sich hiebei um Denkvorgänge handelt, zu denen ein Teil der Leser des Plakates kaum befähigt ist, die aber ganz allgemein für die Lektüre eines Werbeplakates, das auf einen Gesamteindruck berechnet ist, wenig von Bedeutung sind. Was im besonderen das Fehlen des Doppelpunktes anlangt, so wird die von der Revision daraus gezogene Schlußfolgerung auch noch durch die Tatsache entkräftet, daß Plakate häufig keinen zusammenhängenden Text, sondern nur einzelne, besonders eindrucksvolle Worte oder Wendungen enthalten, die nicht durch Satzzeichen voneinander getrennt sind, so daß das Fehlen eines solchen Zeichens in einem Plakate wenig auffällt. Die Wendung "Wählen Sie das Büro ihres Vertrauens" enthält aber nur die Einladung, sich bei Bedarf je nach Vertrauen an eines der im nachfolgenden aufgezählten Unternehmen zu wenden.

Der Inhalt des Plakates ist demnach zweifellos zur Irreführung in der Richtung geeignet, daß nur die dort angeführten Detektivbetriebe konzessioniert, die übrigen aber unbefugte Pfuscher seien. Auf diesen Gedankengang wird der Leser noch besonders verwiesen durch die im Plakate enthaltene Warnung vor der Heranziehung nicht konzessionierter Detektive und den Hinweis auf den "Club der konzessionierten Detektivunternehmen", dem die durch Pfuscher verursachte Schäden mitzuteilen wären.

Der Inhalt des Plakates ist daher geeignet, alle konzessionierten Detektivunternehmen, die dort nicht angeführt sind, in ihrem Betriebe zu schädigen, weil sie in den Verdacht geraten, ihr Gewerbe unbefugt auszuüben, und der Leser des Plakates durch den Hinweis auf die Strafbestimmung der Gewerbeordnung von einer Auftragserteilung an diese Unternehmen abgehalten werden kann.

Da die Kläger unbestrittenermaßen auch Inhaber von Detektivunternehmen sind, war das Plakat geeignet, sie in ihrem Betriebe zu schädigen.

Wenn die Revision eine Schädigungsabsicht verneint, so ist ihr entgegenzuhalten, daß der Unterlassungs- und Schadenersatzanspruch nach dem § 7 UnlWG. ein Verschulden des Beklagten nicht voraussetzt, vielmehr schon objektive Rechtswidrigkeit des Handelns den Anspruch begrundet (s. die bei Langer - Saxl, a. a. O., auf S. 201 f. unter 4. bis 6. bezogene Rechtsprechung).

Das Vorbringen der Revision, daß der Auftrag des erstrichterlichen Urteiles zur Beseitigung der Plakate einer sachlichen Grundlage entbehre, weil zur Zeit der Fällung des Urteiles kein Plakat mehr angeschlagen gewesen sei, erledigt sich mit dem Hinweis darauf, daß die Urteile der Untergerichte eine derartige Feststellung nicht enthalten. Das Schreiben der Gewista vom 15. April 1949, auf das sich die Revision offensichtlich bezieht, spricht übrigens davon, daß ein neuer Anschlag der Plakate zu einem noch festzusetzenden Termine vorgesehen sei, so daß es nicht ausgeschlossen ist, daß zur Zeit der Urteilsfällung wieder Plakate angeschlagen waren.

Anmerkung

Z23355

Schlagworte

Herabsetzung von Unternehmen, unlauterer Wettbewerb, Plakat, Herabsetzung anderer Unternehmen, Reklame, Herabsetzung anderer Unternehmen, Unlauterer Wettbewerb Herabsetzung von Unternehmen, Unternehmensherabsetzung, unlauterer Wettbewerb, Wettbewerb unlauterer Herabsetzung von Unternehmen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1950:0030OB00322.5.1129.000

Dokumentnummer

JJT_19501129_OGH0002_0030OB00322_5000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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