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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde des G in K, vertreten durch Mag. Titus Trunez, Rechtsanwalt in Rohrbach, Stadtplatz 11, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 29. September 2004, Zl. Wa-602459/2-2004- Ort/Br, betreffend Dienstbarkeitsfeststellung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde O), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft R (BH) vom 24. Jänner 2000 wurde der mitbeteiligten Partei die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung einer Ortskanalisation erteilt (Spruchabschnitt I).
Punkt 30 der dieser Bewilligung beigefügten Nebenbestimmungen lautet:
"Nach Durchführung der Bauarbeiten sind die in Anspruch genommenen Grundstücksflächen wieder in einen ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen. Hiebei ist außerhalb von befestigten Flächen besonders zu beachten, dass vor Baubeginn der Humus abgezogen und vom übrigen Aushubmaterial getrennt gelagert wird. Nach Abschluss der Bauarbeiten ist hier der Humus wieder in der vorigen Stärke als oberste Schicht aufzubringen, wobei auf die Beseitigung von Bodenverdichtungen und Versteinungen besonders Bedacht zu nehmen ist. Betroffene Wiesenflächen sind der Nutzung entsprechend zu besamen. Allenfalls auftretende Flurschäden, Nutzungsentgang sowie Wirtschaftserschwernisse durch Schächte sind nach den Richtlinien der Landwirtschaftskammer für Oberösterreich zu vergüten. Zur Feststellung des Schadens ist vor und nach Abschluss der Bauarbeiten unter Heranziehung eines landwirtschaftlichen Sachverständigen eine Beweissicherung vorzunehmen."
Punkt 31 der Nebenbestimmungen ordnet an, dass den Forderungen des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin (Beilage C der Verhandlungsschrift) zu entsprechen ist.
Beilage C der Verhandlungsschrift vom 23. November 1999 enthält ein Schreiben des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin vom 22. November 1999 mit folgendem Wortlaut:
"Der Strang des Kanalnetzes M 1 ist laut Plan durch unser Grundstück Nr. 3537 und 3530 und 3535/2 es bestehen mit folgender Auflage keine Einwendungen.
Und zwar, sollte durch irgendwelche bauliche Maßnahmen oder dergleichen, das Kanalnetz auf unserem Grund ein Hindernis darstellen, so sind auf Kosten des Kanalbetreibers zufriedenstellende Lösungen aus unserer Sicht zu suchen bzw. eventuell den Kanalstrang auf Kosten des Kanalbetreibers zu verlegen.
Hierüber fordere ich eine schriftliche Einverständniserklärung!" Spruchabschnitt II dieses Bewilligungsbescheides lautet:
"II. Dienstbarkeit:
Es wird festgestellt, dass mit Eintritt der Rechtkraft des Spruchabschnittes I dieses Bescheides die Dienstbarkeit der Errichtung und des Betriebes und im erforderlichen Ausmaß der Wartung und Instandhaltung der Ortskanalisation (Leitungen samt Nebenanlagen) zu Lasten der bei bewilligungsgemäßer Ausführung berührten Grundstücke als eingeräumt anzusehen ist.
Rechtsgrundlage: §§ 98 und 111 Abs. 4 WRG 1959"
Der wasserrechtliche Bewilligungsbescheid wurde rechtskräftig.
Mit Schreiben vom 29. Juni 2004 wandte sich der Projektant der mitbeteiligten Partei an die BH und teilte mit, dass die wasserrechtlich bewilligten Anlagen sich derzeit im Bau befinden. Fristgerecht sei der Beschwerdeführer vor Baubeginn zu einem Lokalaugenschein geladen worden. Bei diesem habe er allerdings Bedenken hinsichtlich der Kanalverlegung geäußert. In einem Schreiben vom 10. Mai 2004 habe der Beschwerdeführer vor Beginn einer Trassenbegehung eine Vereinbarung bezüglich der Vergütung für die Inanspruchnahme des Privatgrundes verlangt. Am 29. Mai 2004 habe der Beschwerdeführer neuerlich mitgeteilt, dass seiner Ansicht nach eine Vereinbarung bezüglich der Entschädigung vor Baubeginn Voraussetzung für die Inanspruchnahme seiner Grundstücke sei. Um dieses Missverständnis klarzustellen, werde seitens der mitbeteiligten Partei um Feststellung der Rechtmäßigkeit des mit dem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid erlangten Rechtes zur Errichtung des Kanalstranges M 1 auf den Grundstücken 3530 und 3537 ersucht. Die mitbeteiligte Partei werde selbstverständlich allen betroffenen Grundeigentümern für die erworbene Leitungsservitut entsprechende Entschädigungen nach einem Schätzungsgutachten, welches durch ein Organ der Landwirtschaftskammer erstellt werde, leisten.
Die BH informierte den Beschwerdeführer von diesem Antrag und ersuchte ihn, gegenüber der mitbeteiligten Partei ehestens schriftlich die Zustimmung zur Kanalverlegung zu erteilen; ansonsten müsse von der BH ein Feststellungsbescheid erlassen werden, mit dem nochmals ausdrücklich festgestellt werde, dass die Dienstbarkeit der Kanalverlegung über die Grundstücke des Beschwerdeführers rechtmäßig bestehe bzw. begründet worden sei. Dem Beschwerdeführer wurde die Möglichkeit eingeräumt, zu diesem Schreiben Stellung zu nehmen.
Unter dem Datum des 22. Juli 2004 erließ die BH einen Bescheid mit folgendem Spruch:
"Es wird festgestellt, dass mit der Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung an die Marktgemeinde O betreffend die Errichtung einer Ortskanalisation für verschiedene Ortschaften in der Gemeinde O (Detailprojekt 'Ortskanalisation O') mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft R vom 24. Jänner 2000, Zl. Wa 10-109-3-1999, u.a. hinsichtlich der Kanalstränge Strang M 1, Strang M 1.3 und Strang M 1.4 die Dienstbarkeit der Errichtung und des Betriebes, der Wartung und Erhaltung ob den von diesen Anlagenteilen der systematischen Ortskanalisation in unerheblichem Ausmaß betroffenen Grundstücken 3537, 3530 und 3535/2, KG O, rechtswirksam begründet worden ist.
Demgemäß sind die grundbücherlichen Eigentümer der Grundstücke 3537, 3530 und 3535/2, KG O, (Beschwerdeführer und Ehegattin), aufgrund der Bestimmung des § 111 Abs. 4 WRG 1959 verpflichtet, die Errichtung und den Betrieb, die Wartung und Erhaltung dieser Anlagenteile der systematischen Ortskanalisation durch die Marktgemeinde O zu dulden."
Der Beschwerdeführer berief. Er machte geltend, vor Inanspruchnahme seiner Grundstücke müsse die Frage der Entschädigungen geklärt sein.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 29. September 2004 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Beschwerdeführer bringt vor, es sei nicht ersichtlich, wer einen Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides gestellt habe. Darüber hinaus habe die BH ihren Bescheid noch vor Ablauf der Frist erlassen, die sie dem Beschwerdeführer zur Stellungnahme eingeräumt habe.
Die BH sei verpflichtet gewesen, eine Verhandlung über die Entschädigung noch vor Bauausführung durchzuführen und diesbezüglich einen Nachtragsbescheid zu erlassen. Weiters hätte die BH im Sinne des Punktes 30 des Bewilligungsbescheides einen Sachverständigen zur Feststellung des Schadens vor den Bauarbeiten beizuziehen gehabt. Dies sei nicht geschehen. Die belangte Behörde habe diese Mängel ebenfalls nicht aufgegriffen.
Die Voraussetzungen zur Erlassung eines Feststellungsbescheides lägen im Beschwerdefall nicht vor. Wenn die nach § 111 Abs. 4 WRG 1959 als eingeräumt anzusehenden "kleinen Dienstbarkeiten" im wasserrechtlichen Bescheid eindeutig bestimmt seien, so könne höchstens unmittelbar eine Vollstreckungsverfügung ergehen; ansonsten sei vorerst der Bewilligungsbescheid zu erlassen. Dieser sei bereits im Jahr 2000 erlassen worden. Bereits mit diesem Bescheid sei exakt bestimmt worden, welche Grundstücke in welchem Ausmaß betroffen seien und in welchem Umfang diese verwendet werden dürften. Unstrittig sei auch, dass die Beeinträchtigung nur ein unerhebliches Ausmaß erreiche. Es habe daher über den Umfang der Duldungsverpflichtung kein wie immer gearteter Zweifel bestanden. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Zweifel bezögen sich nicht auf die zu seinen Lasten begründete Legalservitut, sondern einzig und allein auf die Vorgangsweise, dass die Auflagen des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides nicht eingehalten worden seien, was die Erzielung einer Übereinkunft über die Entschädigung vor Baubeginn betreffe. Gleiches gelte für die Beweissicherung vor den Bauarbeiten.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die mitbeteiligte Partei hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet und beantragt, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 111 Abs. 4 WRG 1959 lautet:
"§ 111. (4) Hat sich im Verfahren ergeben, dass die bewilligte Anlage fremden Grund in einem für den Betroffenen unerheblichen Ausmaß in Anspruch nimmt, und ist weder vom Grundeigentümer eine Einwendung erhoben noch von diesem oder vom Bewilligungswerber ein Antrag auf ausdrückliche Einräumung einer Dienstbarkeit nach § 63 lit. b gestellt noch eine ausdrückliche Vereinbarung über die Einräumung einer solchen getroffen worden, so ist mit der Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung die erforderliche Dienstbarkeit im Sinne des § 63 lit. b als eingeräumt anzusehen. Allfällige Entschädigungsansprüche aus diesem Grunde können in Ermangelung einer Übereinkunft binnen Jahresfrist nach Fertigstellung der Anlage geltend gemacht werden (§ 117)."
Die Rechtsfolgen des § 111 Abs. 4 WRG 1959 treten bei Zutreffen der in dieser Bestimmung enthaltenen Voraussetzungen mit der Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung ein, ohne dass es eines diesbezüglichen bescheidmäßigen Ausspruches bedarf. Es ist zulässig, einen den Eintritt dieser Rechtsfolgen feststellenden Ausspruch in den wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid aufzunehmen. Er hat aber nur deklarativen Charakter. Einem solchen Ausspruch kommt (nur) dann normativer Charakter zu, wenn die nach § 111 Abs. 4 WRG 1959 als eingeräumt anzusehenden Dienstbarkeiten im wasserrechtlichen Bescheid eindeutig bestimmt werden, weil dann erforderlichenfalls unmittelbar eine Vollstreckungsverfügung ergehen kann, während ansonsten vorerst ein eigener Bescheid zu erlassen ist, mit dem die Dienstbarkeiten eindeutig bestimmt werden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Juli 1996, 96/07/0063). Fehlt im Bewilligungsbescheid eine eindeutige Feststellung der im Sinne des § 111 Abs. 4 WRG 1959 als eingeräumt anzusehenden Dienstbarkeiten, so hat die zuständige Wasserrechtsbehörde eine entsprechende Feststellung mit gesondertem Bescheid zu treffen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Jänner 1980, 2559/79, VwSlgNF 10.021/A).
Im wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid der BH vom 24. Jänner 2000 findet sich zwar unter Spruchabschnitt II die Feststellung, dass mit Eintritt der Rechtskraft des Spruchabschnittes I dieses Bescheides die Dienstbarkeit der Errichtung und des Betriebes und im erforderlichen Ausmaß der Wartung und Instandhaltung der Ortskanalisationsanlage (Leitungen samt Nebenanlagen) zu Lasten der bei bewilligungsgemäßer Ausführung berührten Grundstücke als eingeräumt anzusehen ist. Eine nähere Bestimmung der betroffenen Grundstücke fehlt aber. Es war daher zulässig, dass die BH einen entsprechenden Bescheid erließ (vgl. zu einem ähnlich gelagerten Sachverhalt das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Oktober 1999, 99/07/0019).
Die Frage der Entschädigung und der Beweissicherung hat mit der Feststellung der als eingeräumt anzusehenden Dienstbarkeiten nichts zu tun. Dass keine Verhandlungen über eine Entschädigung durchgeführt wurden und dass keine Beweissicherung vorliegt, hinderte nicht die Erlassung des angefochtenen Bescheides.
Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers ist aus dem Akt eindeutig ersichtlich, dass der erstinstanzliche Bescheid über Antrag der mitbeteiligten Partei erlassen wurde.
Welche Bedeutung es für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides haben soll, dass der erstinstanzliche Bescheid vor Ablauf der dem Beschwerdeführer zur Stellungnahme eingeräumten Frist erlassen wurde, erläutert der Beschwerdeführer nicht. Er hatte im Berufungsverfahren die Möglichkeit, alles vorzubringen, was für seinen Standpunkt sprach.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 24. Februar 2005
Schlagworte
Bescheidcharakter Bescheidbegriff Bejahung des Bescheidcharakters Trennbarkeit gesonderter AbspruchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004070177.X00Im RIS seit
22.03.2005