Norm
Urheberrechtsgesetz §1Kopf
SZ 23/378
Spruch
Ein Werknutzungsrecht kann sich nur auf einzelne oder alle nach den §§ 14 bis 18 UrhG. dem Urheber vorbehaltenen Verwertungsarten beziehen, nicht aber auf das Recht, eine bestimmte Urheberbezeichnung zu verwenden.
Entscheidung vom 13. Dezember 1950, 3 Ob 484/50.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Die klagende und gefährdete Partei hat beantragt, der beklagten Partei, ihrer Gegnerin, mit einstweiliger Verfügung zur Sicherung ihres diesbezüglichen Unterlassungsanspruches zu verbieten, weiterhin von der Klägerin der Beklagten zur Veröffentlichung übergebene Romane mit der früher vereinbarten Urheberbezeichnung Viki B., einem der mehreren Pseudonyme der Klägerin, bei der Veröffentlichung zu versehen. Sie begrundet diesen Antrag damit, daß sie das Vertragsverhältnis mit der beklagten Partei, soweit es den Gebrauch des erwähnten Pseudonyms betrifft, gemäß § 29 Abs. 1 UrhG. vorzeitig gelöst habe, da die beklagte Partei, soweit überhaupt, erst jetzt vor vielen Jahren erworbene Romane aus der Anfängerzeit der Klägerin vollkommen umgearbeitet unter diesem Pseudonym anstatt unter anderen ihr ebenfalls zur Verfügung gestellten Pseudonymen veröffentliche. Dadurch leide der von der Klägerin in der Zwischenzeit erworbene schriftstellerische Ruf Schaden.
Das Erstgericht hat den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abgewiesen. Das Rekursgericht hat unter Rechtskraftvorbehalt diesen Beschluß aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen. Die klagende Partei habe das Vertragsverhältnis, soweit es die Werknutzung ihres Schriftstellernamens "B" betrifft, gemäß § 29 Abs. 1 UrhG. vorzeitig gelöst. Eine solche teilweise Auflösung des Werknutzungsvertrages sei möglich und rechtlich zulässig. Es sei aber noch festzustellen, ob die beklagte Partei die Auflösungserklärung im Sinne des § 29 Abs. 4 UrhG. nicht rechtzeitig zurückgewiesen habe, in welchem Falle die Abweisung des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung mangels der entsprechenden Bescheinigung des Auflösungsrechtes der klagenden Partei und sohin des zu sichernden Unterlassungsanspruches gerechtfertigt wäre.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der beklagten Partei Folge und stellte den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Klägerin hat der Beklagten an ihren Romanen ein Werknutzungsrecht gemäß § 24 UrhG. eingeräumt, d. i. das Recht, ihre Romane auf einzelne oder alle nach den §§ 14 bis 18 UrhG. vorbehaltenen Verwertungsarten zu benutzen, ihr einzelne oder alle dort angeführten Verwertungsrechte übertragen. Das Werknutzungsrecht bezieht sich daher nur auf die Verwertungsrechte nach §§ 14 bis 18 UrhG. § 29 UrhG. behandelt nun die vorzeitige Auflösung des Vertragsverhältnisses über Werknutzungsrechte, also Verwertungsrechte.
Die Klägerin will aber gar nicht der beklagten Partei ein Verwertungsrecht entziehen, sondern nur das Recht, weiterhin die Romane der Klägerin mit einer bestimmten Urheberbezeichnung zu verwenden. Mit dieser Urheberbezeichnung hat die Klägerin diese Romane gemäß § 20 Abs. 1 UrhG. ursprünglich selbst versehen und am 6. Mai 1948 und 16. Juni 1948 der Beklagten ausdrücklich zugestanden, daß das gegenständliche Pseudonym (neben einem anderen, nämlich "Christine G.") ausschließlich den "Verlagserscheinungen" der beklagten Partei vorbehalten bleibt.
Der Oberste Gerichtshof ist der Ansicht, daß ein Zurücknehmen bloß der Urheberbezeichnung unter Weiterbelassung der Verwertungsrechte nicht auf § 29 UrhG. gestützt werden kann, weil, wie bereits erwähnt, diese Gesetzesstelle nur die vorzeitige Auflösung des Vertragsverhältnisses über Verwertungsrechte behandelt. Eine Teilkündigung nach § 29 UrhG. bezüglich eines von mehreren Werken ist möglich (Lißbauer, UrhG., S. 235). Hiebei wird eben ein Teil der Verwertungsrechte gekundigt. Die Kündigung der Urheberbezeichnung betrifft aber kein Verwertungsrecht. Die Urheberbezeichnung ist nicht in den die Verwertungsrechte behandelnden §§ 14 bis 18 UrhG., sondern in dem Abschnitt über den Schutz geistiger Interessen in § 20 UrhG. geregelt. Sie kann daher für sich allein nicht Gegenstand eines Werknutzungsrechtes sein oder als Teil eines solchen angesehen werden. Die Urheberbezeichnung allein, losgelöst von jedem Werke, ist nicht Gegenstand eines Urheberrechtes, das immer ein Werk voraussetzt (§ 1 Abs. 2 UrhG.). Quelle und Gegenstand des dem Urheber in § 20 Abs. 1 UrhG. gewährten Rechtes, zu bestimmen, mit welcher Urheberbezeichnung das Werk zu versehen ist, ist das Werk. Das erwähnte Recht dient dem Schutz der geistigen Interessen des Urhebers an dem Werke, an der Wahrung und Betonung der Verbundenheit des Werkes mit seinem Schöpfer. Dieses Recht kann daher nicht vom Werk getrennt werden (Lißbauer, S. 213). Die Urheberbezeichnung kann geradezu als ein wesentlicher Teil des Werkes bezeichnet werden, da - man denke an Modeliteraten - die Verwertbarkeit des Werkes entscheidend von ihr abhängen kann. § 29 UrhG. schützt unter den von ihm erwähnten "wichtigen Interessen" auch die geistigen Interessen des Urhebers und damit auch die Urheberbezeichnung, aber nur dadurch, daß das Vertragsverhältnis bezüglich des Werknutzungsrechtes, also eines Verwertungsrechtes, gelöst werden kann. Fürchtet der Urheber aus dem Gebrauch eines Werkes unter der ihm gegebenen Urheberbezeichnung die Beeinträchtigung wichtiger Interessen, kann er nur das Vertragsverhältnis bezüglich des Werknutzungsrechtes lösen, ein Recht, bloß die Urheberbezeichnung zu ändern, kann aus § 29 UrhG. nicht abgeleitet werden. Da sonach der Klägerin aus § 29 UrhG. ein Recht, der Beklagten zu verbieten, weiterhin die Romane der Klägerin mit der vereinbarten Urheberbezeichnung "Viki B." zu verwenden, und sonach der Anspruch, zu dessen Sicherung die einstweilige Verfügung beantragt wird, nicht zusteht, wird auch die Frage, ob die Beklagte die Erklärung der Klägerin rechtzeitig zurückgewiesen hat, gegenstandslos. Aber auch abgesehen von § 29 Abs. 1 UrhG. besteht für die Klägerin, die das Werknutzungsrecht nicht kundigen will, nach ihrem Vorbringen keine gesetzliche Möglichkeit, die Urheberbezeichnung für sich allein zu kundigen, den Werknutzungsvertrag damit einseitig abzuändern und die Beklagte entgegen dem Vertrag zu zwingen, eine andere Urheberbezeichnung zu verwenden, da es sich bei der Urheberbezeichnung, wie oben ausgeführt, nicht um einen absonderbaren Teil des Werknutzungsvertrages handelt. Die werknutzungsberechtigte Beklagte ist ebensowenig verpflichtet, eine nachträgliche vertragswidrige Änderung der Urheberbezeichnung zu dulden, wie etwa eine sonstige Abänderung der ihr zur Werknutzung überlassenen Romane. Auch die Annahme einer im Werknutzungsvertrag enthaltenen clausula rebus sic stantibus könnte nur allenfalls zur Aufhebung des Werknutzungsvertrages führen, nicht aber zur Änderung bloß der Urheberbezeichnung.
Anmerkung
Z23378Schlagworte
Deckname, nicht Gegenstand eines Werknutzungsrechtes, Künstlernamen, nicht Gegenstand eines Werknutzungsrechtes, Pseudonym, nicht Gegenstand eines Werknutzungsrechtes, Urheberrecht, Bezeichnung des Urhebers, Verlagsvertrag, Bezeichnung des Urhebers, Werknutzung, Recht auf bestimmte UrheberbezeichnungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1950:0030OB00484.5.1213.000Dokumentnummer
JJT_19501213_OGH0002_0030OB00484_5000000_000