TE OGH 1951/1/3 1Ob732/50

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Veröffentlicht am 03.01.1951
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Norm

Außerstreitgesetz §2 Z7
Außerstreitgesetz §10
Außerstreitgesetz §16
Ehegesetz §64
Ehegesetz §102 Abs1
Reichsgesetz über Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit §12

Kopf

SZ 24/2

Spruch

Eine Erklärung im Sinne des § 64 EheG. ist unwiderruflich.

Die Ernstlichkeit und Rechtswirksamkeit einer Erklärung nach § 64 EheG. kann in einem Verfahren nach § 47 PersStG. überprüft werden.

Entscheidung vom 3. Jänner 1951, 1 Ob 732/50.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Die geschiedene Frau Hilde B., geschiedene H., hat beim Erstgericht den Antrag gestellt, gemäß § 45 Personenstandsgesetz dem Standesbeamten die Löschung des Randvermerkes im Familienbuch 356/45, betreffend die Untersagung der Führung ihres ehelichen Namens H. aufzutragen, weil Adolf H. auf das Untersagungsrecht gemäß § 64 EheG. nach der Scheidungsverhandlung verzichtet, die Untersagungserklärung widerrufen und überdies diese in einer momentanen Verstimmung nicht ernstlich abgegeben habe, bzw. weil er damals nicht in der Verfassung gewesen sei, eine ernstliche Willenserklärung abzugeben.

Das Erstgericht hat diesen Antrag mit Beschluß vom 28. Juli 1950 im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, daß die Untersagungserklärung unwiderruflich sei, und es nicht Aufgabe des Richters im außerstreitigen Verfahren sei, zu untersuchen, ob der geschiedene Ehegatte bei der Abgabe der Untersagungserklärung unzurechnungsfähig gewesen sei.

Das Rekursgericht bestätigte mit dem angefochtenen Beschluß die erstrichterliche Entscheidung, schloß sich der Begründung des Erstrichters an und fügte noch bei, daß die Prüfung der von der Rekurswerberin als Gründe für die Unwirksamkeit der Untersagungserklärung ihres geschiedenen Ehegatten angegebenen Umstände mit den Mitteln des außerstreitigen Verfahrens nicht erfolgen könne, weshalb das Erstgericht mit Recht nicht darauf eingegangen sei.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurse der Antragstellerin Folge, hob die untergerichtlichen Beschlüsse auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Hinsichtlich der Unwiderruflichkeit der Untersagungserklärung kann von einer Gesetzwidrigkeit keine Rede sein. Die Ansicht der Untergerichte, daß eine Erklärung im Sinne des § 64 EheG. nicht widerrufen werden kann, ist vielmehr vollkommen zutreffend. Dagegen ist der Revisionsrekurs insofern berechtigt, als er sich gegen die Meinung der Untergerichte wendet, daß der behauptete Verzicht auf das Untersagungsrecht durch den geschiedenen Ehegatten und seine angebliche Handlungsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung im außerstreitigen Verfahren überhaupt nicht zu prüfen wäre. Es handelt sich im vorliegenden Falle nicht um einen Antrag im Sinne des § 45 Personenstandsgesetz, wie die Rechtsmittelwerberin in ihrem ersten Schriftsatz unrichtig angegeben hat, sondern um einen solchen nach § 47 Personenstandsgesetz. Nach § 47 Abs. 1 Personenstandsgesetz kann alles, was beurkundet, bzw. eingetragen ist, Gegenstand der Berichtigung sein und setzt diese Vorschrift nur voraus, daß die Eintragung von Anfang an unrichtig oder unvollständig war. So ist z. B. eine Eintragung auf Grund eines erdichteten Sachverhaltes nach § 47 Personenstandsgesetz zu löschen. Ein geschäftsunfähiger geschiedener Ehegatte (vgl. § 102 Abs. 1 EheG.) kann selbst eine Erklärung nach § 64 EheG. nicht abgeben, sondern müßte dies sein gesetzlicher Vertreter tun. Erscheint der geschiedene Ehegatte gleichwohl vor dem Standesbeamten und gibt die Untersagungserklärung ab, so kann der Standesbeamte, wenn er von der Geschäftsunfähigkeit weiß, diese Erklärung jedenfalls nicht als wirksam ansehen und zur Grundlage eines Randvermerkes nehmen. Dies wird aber auch dann der Fall sein, wenn der geschäftsfähige Ehegatte vorher auf das Untersagungsrecht ausdrücklich verzichtet hat und der Standesbeamte davon Kenntnis hat, weil ja dem Ehegatten dann ein Untersagungsrecht gar nicht mehr zusteht. Behandelt der Standesbeamte in solchen Fällen trotzdem die abgegebene Untersagungserklärung als wirksam, so wird das zuständige Bezirksgericht dann nach § 47 Personenstandsgesetz vorzugehen haben. Das gleiche wird aber wohl auch dann gelten müssen, wenn der Standesbeamte von der Geschäftsunfähigkeit oder dem Verzicht des Erklärenden keine Kenntnis hatte, dies jedoch dem Gericht in einem Berichtigungsantrag eines Beteiligten zur Kenntnis gebracht wird, da je nach den hier gemäß § 48 Personenstandsgesetz und § 5 Abs. 1 der Verordnung vom 23. Dezember 1938, DRGBl. I, S. 1919, anzuwendenden Vorschrift des § 10 AußstrG. selbst im Rechtsmittelverfahren ein Vorbringen von Neuerungen zulässig ist. Wird nun Geschäftsunfähigkeit oder Verzicht des geschiedenen Ehegatten in einem solchen Berichtigungsantrag geltend gemacht, so kann das Gericht dieses Vorbringen nicht einfach unberücksichtigt lassen, sondern muß darüber nach Anhörung der anderen Beteiligten (§ 47 Abs. 2 Personenstandsgesetz) entscheiden. Eine Verweisung des Berichtigungsbegehrens als solchen auf den Rechtsweg gemäß § 2 Z. 7 AußstrG. kann überhaupt nicht in Frage kommen, da nach den §§ 48, 50 Personenstandsgesetz über einen Antrag nach § 47 das zuständige Bezirksgericht im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden hat. Daher wird das Gericht, wenn auch § 12 des Reichsgesetzes über die Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Österreich nicht eingeführt wurde, gleichwohl die für ein Berichtigungsbegehren maßgebenden Tatsachen nach Möglichkeit zu ermitteln haben. Wenn die Untergerichte die behaupteten Tatsachen einfach mit der Begründung unberücksichtigt ließen, daß sie mit den Mitteln des außerstreitigen Verfahrens nicht festgestellt werden können, so liegt eine offenbare Gesetzwidrigkeit vor, zumal vor der Entscheidung über den Antrag entgegen der ausdrücklichen Vorschrift des § 47 Abs. 2 Personenstandsgesetz nicht einmal die übrigen Beteiligten vernommen wurden.

Der Revisionsrekurs ist deshalb nach § 16 AußstrG. zulässig und begrundet. Es ist ihm deshalb Folge zu geben und wegen Mangels der zufolge der Gesetzwidrigkeit unterlassenen Feststellung mit der Aufhebung der beiden untergerichtlichen Beschlüsse vorzugehen. Das Erstgericht wird zunächst gemäß § 47 Abs. 2 Personenstandsgesetz der Aufsichtsbehörde und den übrigen Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem auf die angebliche Geschäftsunfähigkeit und den Verzicht des geschiedenen Ehegatten gestützten Berichtigungsantrage Gelegenheit zu geben und nach Vornahme der erforderlichen Erhebungen neuerlich zu entscheiden haben.

Anmerkung

Z24002

Schlagworte

Ehegatte Untersagung der Namensführung durch -, Ehegattin Untersagung der Namensführung durch -, Ehescheidung Untersagung der Namensführung, Erklärung nach § 64 EheG., Ernstlichkeit des Verbots der Namensführung nach § 64 EheG., Familienname des Ehegatten, Untersagung der Führung des -, Führung des Namens, Untersagung der - nach Ehescheidung, Name Untersagung der Führung des - nach Ehescheidung, Namensführung, Untersagung der - nach Scheidung, Scheidung Untersagung der Namensführung, Überprüfung der Ernstlichkeit einer Erklärung nach § 64 EheG., Unwiderruflichkeit der Erklärung nach § 66 EheG., Verfahren nach § 47 PerStG.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1951:0010OB00732.5.0103.000

Dokumentnummer

JJT_19510103_OGH0002_0010OB00732_5000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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