Norm
ABGB §1151Kopf
SZ 24/1
Spruch
Wer zur Überwachung der Buchhaltung eines Unternehmens sowie des ganzen Betriebes und zur Beaufsichtigung des Büropersonals und der Arbeiter bestellt ist, ist Beschäftigter im Sinne des § 2 ArbGerG.
Entscheidung vom 3. Jänner 1951, 1 Ob 728/50.
I. Instanz: Bezirksgericht Fünfhaus; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Nach dem Inhalt der Klage betreibt der Beklagte die Textildruckerei. Im Jahre 1948 wurde die X-Treuhand A. G. zum öffentlichen Verwalter bestellt. Diese hat mit dem Kläger im Mai 1948 einen Vertrag abgeschlossen. Auf Grund dieses Vertrages schuldet der Beklagte dem Kläger für seine Tätigkeit ein Entgelt von 2100 S.
Das Erstgericht hat nach durchgeführter meritorischer Verhandlung dem Klagebegehren hinsichtlich eines Betrages von 800 S stattgegeben und das Mehrbegehren abgewiesen.
Aus Anlaß der Berufung des Klägers und des Beklagten gegen dieses Urteil hat das Berufungsgericht die Unzuständigkeit der ordentlichen Gerichte, die Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes und die Nichtigkeit des gesamten vorausgegangenen Verfahrens einschließlich des angefochtenen Urteiles ausgesprochen.
Der Oberste Gerichtshof gab den von beiden Teilen erhobenen Rekursen, die sich gegen den berufungsgerichtlichen Ausspruch der ausschließlichen Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes richten, nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Nach dem Inhalt des außer Streit stehenden Vertrages hatte der Kläger die Verpflichtung übernommen, bei der Beklagten die rückständigen Verbuchungen unter seiner Leitung raschest aufarbeiten zu lassen und dafür zu sorgen, daß in Zukunft keine nennenswerten Rückstände aufscheinen. Der Kläger war mit der Überwachung der gesamten Buchhaltung der beklagten Partei und der Beaufsichtigung des Büropersonals und der im Betriebe beschäftigten Arbeiter betraut. Zum Aufgabenkreis des Klägers gehörte ferner die Überwachung des ganzen Betriebes, die Kontrolle der Kassagebarung und des Einganges der rückständigen Forderungen. Der Kläger war ferner verpflichtet, der Leitung der beklagten Partei in Abständen von je zehn Tagen Bericht über die technische, finanzielle und wirtschaftliche Lage des Betriebes zu erstatten, Bilanzen und Rechenschaftsberichte anzufertigen, die gesamte Korrespondenz zu überwachen und die Gehalts- und Lohnverrechnung zu kontrollieren. Zu darüber hinausgehenden Verfügungen, insbesondere zu Neuanschaffungen oder sonstigen Ausgaben, hatte der Kläger die Zustimmung der Leitung der beklagten Partei einzuholen. Hiefür wurde nach dem Vertrag ein monatliches Pauschalhonorar von 700 S vereinbart. In diesem Honorar sollten die Selbstkosten des Klägers enthalten sein. Dieses von den Parteien als Werkvertrag bezeichnete Rechtsverhältnis war von beiden Parteien am 1. eines jeden Monates für die nächsten drei Monate kundbar. Die beklagte Partei nahm in diesem Vertrag zur Kenntnis, daß der Kläger diese Tätigkeit im Rahmen seines Gewerbebetriebes ausübe, so daß zwischen den Parteien, wie es in dem Vertrag weiters heißt, kein wie immer geartetes Dienstverhältnis entsteht.
Wird davon ausgegangen, daß unter den charakteristischen Merkmalen eines Dienstverhältnisses eine dauernde Verpflichtung zur persönlichen Arbeit unter Leitung und mit den Mitteln des Dienstgebers unter persönlicher und wirtschaftlicher Unterordnung des Dienstnehmers in dem Organismus des Unternehmens des Dienstgebers verstanden wird, so hat das Berufungsgericht mit Recht das zwischen den beiden Parteien geschaffene Rechtsverhältnis im Sinne des § 1 Abs. 1 ArbGerG. beurteilt, da der Kläger nach dem abgeschlossenen Vertrag nicht nur zur persönlichen Arbeit und der Leitung und mit den Mitteln des Beklagten verpflichtet war, sondern auch in die Gesamtorganisation des Betriebes des Beklagten als abhängige Arbeitskraft (Überwachung und Leitung der einzelnen Abteilungen des Unternehmens, Errichtung der Bilanzen- und Rechenschaftsberichte, Berichterstattung an die Leitung der Firma und Verbot der Neuanschaffung und sonstigen Ausgaben) eingegliedert wurde. An diesem Arbeitsverhältnis ändert auch nichts der Umstand, daß die Parteien selbst in rechtlicher Hinsicht den Vertrag als einen Werkvertrag bezeichnet und einen Dienstvertrag ausgeschlossen haben, da es hinsichtlich der rechtlichen Qualifikation nicht auf die Bezeichnung durch die Parteien, sondern auf den tatsächlichen Inhalt des Vertrages ankommt. Wenn schließlich noch ausgeführt wurde, daß der Kläger einen selbständigen Gewerbebetrieb besitzt, so ist dieser Umstand auch ohne Belang, weil der Kläger neben seinem Arbeitsverhältnis auch einen eigenen Betrieb ausüben kann.
Auf Grund dieses Sachverhaltes war daher den beiden Rekursen der Erfolg zu versagen.
Anmerkung
Z24001Schlagworte
Arbeitsgericht Zuständigkeit für Ansprüche aus der Tätigkeit zur Überwachung der Buchhaltung Arbeitsvertrag Überwachung der Buchhaltung eines Unternehmens, Tätigkeit als Beschäftigter nach § 2 ArbGerG. Beaufsichtigung der Buchhaltung und des Büropersonals ist Tätigkeit als Beschäftigter nach § 2 ArbGerG. Beschäftigter nach § 2 ArbGerG., Tätigkeit zur Überwachung der Buchhaltung eines Unternehmens Buchhaltung, Überwachung der - ist Tätigkeit als Beschäftigter nach § 2 ArbGerG. Büropersonal, Überwachung des - ist Tätigkeit als Beschäftigter nach § 2 ArbGerG. Dienstvertrag Beaufsichtigung der Buchhaltung und des Büropersonals ist Tätigkeit als Beschäftigter nach § 2 ArbGerG. Überwachung der Buchhaltung und des Büropersonals, Tätigkeit als - ist Beschäftigter gemäß § 2 ArbGerG. Unternehmer Überwachung der Buchhaltung eines - ist Tätigkeit als Beschäftigter nach § 2 ArbGerG.European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1951:0010OB00728.5.0103.000Dokumentnummer
JJT_19510103_OGH0002_0010OB00728_5000000_000