Norm
Devisengesetz §1 Abs1 Z10Kopf
SZ 24/35
Spruch
Eine auf Zahlung gerichtete Klage eines Devisenausländers ist mangels Vorliegens einer devisenrechtlichen Genehmigung der Nationalbank nicht zur Gänze abzuweisen, sondern es ist auf gerichtlichen Erlag des Klagsbetrages (auch ohne diesbezüglichen Antrag des Klägers) zu erkennen und lediglich das auf Zahlung lautende Mehrbegehren abzuweisen.
Entscheidung vom 7. Feber 1951, 2 Ob 707/50.
I. Instanz: Landesgericht Innsbruck; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.
Text
Die Klägerin verlangte von den Beklagten den Ersatz des ihr durch einen Straßenbahnunfall entstandenen Schadens, und zwar einen Kapitalsbetrag von 4600 S und eine monatliche Rente von 200 S.
Das Erstgericht hat der Klägerin einen Betrag von 2350 S und eine monatliche Rente von 40 S zugesprochen, das Mehrbegehren aber abgewiesen.
Das Berufungsgericht hat über Berufung der Beklagten gegen den stattgebenden Teil des Ersturteiles - ohne auf diese Berufung einzugehen - das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen. Die Klägerin sei im Laufe des Rechtsstreites durch Übersiedlung ins Ausland Ausländerin im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 10 DevG. geworden. Da zur Leistung der Beklagten an die Klägerin gemäß § 3 Z. 2 DevG. eine Bewilligung der Nationalbank erforderlich sei, die Erteilung einer solchen Bewilligung von der klagenden Partei aber weder behauptet noch nachgewiesen wurde, sei die Verurteilung gem. § 22 Abs. 2 DevGes. unzulässig.
Der Oberste Gerichtshof hat der Revision der klagenden Partei teilweise Folge gegeben.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Ansicht der Revision, daß eine Bewilligung der Nationalbank im gegenständlichen Falle deshalb nicht erforderlich sei, weil die klagende Partei die Klagsforderung an ihre Mutter, eine Deviseninländerin, schon zu einer Zeit abgetreten habe, als sie noch nicht Devisenausländerin gewesen sei, und daß das Berufungsgericht vor seiner Entscheidung noch Feststellungen über die gesetzlichen Voraussetzungen der Erforderlichkeit einer solchen Bewilligung bzw. über ihr Vorliegen hätte machen müssen, kann vom Revisionsgericht nicht geteilt werden. Der unbestrittene Umstand, daß die Klägerin nunmehr, zur Zeit des Urteiles, eine sogenannte Devisenausländerin im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 10 DevG. ist und der Klageanspruch sich gegen Deviseninländer im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 9 DevG. richtet, läßt ohne Bewilligung der Nationalbank ein verurteilendes (der Klage stattgebendes) Erkenntnis gem. § 3 Z. 2 und § 22 Abs. 2 DevG. unzulässig erscheinen. Wird ein Anspruch verfolgt, zu dessen Erfüllung der Schuldner einer Bewilligung der Nationalbank bedarf - und das ist beim Klagsanspruch als der Forderung einer Devisenausländerin in inländischer Währung gegen Deviseninländer nach § 3 Z. 2 DevG. der Fall, und ist die diesbezügliche Rechtsansicht des Berufungsgerichtes zutreffend -, so darf das Gericht ohne den Nachweis dieser Bewilligung nach § 22 Abs. 2 und 3 DevG. bzw. einer entsprechenden Leistungsbewilligung der Klage nicht stattgeben, da es sonst den Schuldner zu einer verbotenen Leistung verurteilen würde (Kundmachung der Nationalbank Nr. 8 Z. 2, Wiener Zeitung vom 24. September 1946, Nr. 222). Da die Klägerin den Anspruch verfolgt und nicht etwa die behauptete Zessionarin, geht das Vorbringen bezüglich der angeblichen Zession - abgesehen davon, daß es eine unbeachtliche Neuerung darstellen würde - ins Leere. Es ist in diesem Zusammenhange auch auf § 4 Abs. 1 DevG. zu verweisen, nach welcher Gesetzesstelle auch die Verurteilung zur Zahlung an einen Inländer zugunsten eines Ausländers ohne Bewilligung der Nationalbank unzulässig erscheint, weshalb auch ein Begehren der Klägerin auf Zahlung zu Handen ihres inländischen Prozeßbevollmächtigten (das übrigens gar nicht gestellt worden ist) an der Rechtslage nichts ändern könnte. Das Berufungsgericht hat daher mit Recht die Zulässigkeit einer Verurteilung der beklagten Partei zu Zahlungen an die Klägerin verneint.
Das Berufungsgericht durfte auch von Amts wegen Erhebungen über ein von der klagenden Partei gar nicht behauptetes Vorliegen der Bewilligung der Nationalbank nicht durchführen oder gar einen Auftrag zur Beischaffung dieser Bewilligung erteilen. Es wäre Sache der klagenden Partei gewesen, rechtzeitig das Vorliegen einer solchen Bewilligung zu behaupten, die die im allgemeinen verbotene Leistung im besonderen Falle erlaubt macht, oder allenfalls den im § 22 Abs. 3 DevG. vorgesehenen Unterbrechungsantrag zu stellen. Es ist nicht Sache des Gerichtes, die Parteien zu einem ihrem Prozeßstandpunkt günstigen Vorbringen aufzufordern, zumal wenn sie anwaltlich vertreten sind.
Trotzdem erscheint die Sache vom Berufungsgericht zum Teil unrichtig rechtlich beurteilt und die Revision daher teilweise berechtigt.
Der gerichtliche Erlag stellt nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl. GlU. 592, SZ. X/314, Rsp. 1933, Nr. 122 und Rsp. 1935, Nr. 223, Klang, 1. Aufl., zu § 455, S. 283) nicht etwas von der Zahlung Verschiedenes, sondern eine weniger weitreichende Leistung dar, weshalb der Anspruch auf Erlag als in den auf Zahlung inbegriffen anzusehen und auch ohne darauf abzielenden Parteiantrag und ohne daß darin ein Verstoß gegen den Grundsatz des § 405 ZPO. erblickt werden könnte, dann der Entscheidung zugrunde zu legen ist, wenn zwar eine Verurteilung zur Zahlung, nicht aber eine Verurteilung zum gerichtlichen Erlag unzulässig ist (2 Ob 737/50). Der gerichtliche Erlag inländischer Zahlungsmittel zu Gericht wird nun durch § 4 Abs. 2 DevG. ohne Bewilligung der Nationalbank für zulässig erklärt. Inländische Zahlungsmittel können ohne solche Bewilligung zu Gericht erlegt werden, auch wenn der Erlag zugunsten eines Ausländers vorgenommen wird (Kundmachung Nr. 8 Z. 1 Abs. 2). Für den vorliegenden Fall ergibt sich daher folgendes: In dem auf Zahlung von Schilling gerichteten Klagebegehren ist das Begehren auf den gerichtlichen Erlag inländischer Zahlungsmittel enthalten, und die Entscheidung über dieses Erlagsbegehren konnte von einer devisenrechtlichen Bewilligung unabhängig erfolgen. Wenn daher das Berufungsgericht auch mit Recht zur Abweisung des Zahlungsbegehrens gelangte, wurde doch mit Unrecht das als Minus in dem Zahlungsbegehren enthaltenen Erlagsbegehren ebenfalls mangels Bewilligung der Nationalbank abgewiesen. Da auch im Umfange dieses Erlagsbegehrens das Berufungsgericht wegen seiner unrichtigen rechtlichen Beurteilung auf die Berufung gar nicht eingegangen ist, fehlen dem Revisionsgericht ohne Verschulden der Revisionsgegner die zur Fällung einer Sachentschädigung notwendigen Sachverhaltsfeststellungen und war daher in diesem Umfang das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur Verfahrensergänzung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (JB. 230).
Zur - zu Recht erfolgten - Abweisung des über das Erlagsbegehren hinausgehenden Zahlungsbegehrens ist noch zu bemerken: Wenn auch die Vorschrift des § 22 Abs. 2 DevG. den Mangel der Bewilligung der Nationalbank einem von Amts wegen in jeder Lage des Rechtsstreites zu beachtenden Prozeßhindernis, etwa dem Mangel einer erforderlichen besonderen Ermächtigung zur Prozeßführung, naherückt, ist doch bei einem solchen Mangel der Bewilligung der Nationalbank das materiellrechtliche Verbot der Leistung das Primäre, das prozeßrechtliche Verbot der Verurteilung erst das Sekundäre. Daher ist die amtswegige Behebung dieses Mangels in sinngemäßer Anwendung der §§ 6 f. ZPO. nicht zulässig, seine Nichtbehebung bewirkt nicht die Klagszurückweisung, sondern die Klagsabweisung.
Anmerkung
Z24035Schlagworte
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ECLI:AT:OGH0002:1951:0020OB00707.5.0207.000Dokumentnummer
JJT_19510207_OGH0002_0020OB00707_5000000_000