Norm
Ehegesetz §47Kopf
SZ 24/73
Spruch
Ehebruch ist auch dann als Scheidungsgrund zu werten, wenn die Ehe im Zeitpunkte des Ehebruches bereits gänzlich zerrüttet war.
Entscheidung vom 7. März 1951, 3 Ob 117/51.
I. Instanz: Kreisgericht Krems; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.
Text
Das Prozeßgericht hat die Ehe der Prozeßparteien "über die Klage des Ehemannes" für geschieden erklärt und die Widerklage der Ehegattin abgewiesen. Einen Ausspruch über das Verschulden enthält das Urteil nicht.
Infolge Berufung der Ehegattin hat das Berufungsgericht dieses Urteil abgeändert, die Ehe der Prozeßparteien aus dem Verschulden beider Ehegatten für geschieden erklärt und ausgesprochen, daß das Verschulden der Ehegattin überwiege.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers und Widerbeklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Vorinstanzen haben festgestellt, daß der Ehemann seit Weihnachten 1947 wiederholt mit Hermine H. Geschlechtsverkehr gepflogen hat und mit ihr eine Lebensgemeinschaft eingegangen ist. Während das Prozeßgericht der Ansicht war, daß dieses Verhalten des Ehemannes ihm nicht als Ehescheidungsgrund nach § 47 EheG. angelastet werden könne, weil im Zeitpunkte dieser Verfehlungen die Ehe infolge der Verfehlungen der Ehegattin schon völlig zerrüttet gewesen sei, ist das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung von der Rechtsansicht ausgegangen, daß der Ehebruch des Ehemannes einen absoluten Ehescheidungsgrund bilde und daher ohne Rücksicht auf den Grad der Zerrüttung der Ehe im Zeitpunkte dieser Verfehlung von der Ehegattin mit Erfolg als Ehescheidungsgrund geltend gemacht werden könne. Die Ausführungen der Revision vermögen die Unrichtigkeit dieser Rechtsansicht nicht darzutun. Im Ehegesetz werden die Ehescheidungsgrunde des § 47 und des § 49 getrennt behandelt. Aus den Bestimmungen der §§ 47 und 56 EheG. geht klar hervor, daß dem Ehebruch nur in zwei Fällen die Bedeutung eines Ehescheidungsgrundes nicht zuerkannt werden kann, nämlich 1. wenn der andere Ehegatte dem Ehebruch zugestimmt oder ihn absichtlich ermöglicht oder erleichtert hat (§ 47 Abs. 2 EheG.), oder 2. wenn der andere Ehegatte den Ehebruch verziehen oder ihn nicht als ehezerstörend empfunden hat (§ 56). Daraus muß gefolgert werden, daß der Ehebruch, der eine der gröblichsten Verletzungen der durch die Ehe begrundeten Verpflichtungen der Ehegatten ist, ohne Rücksicht darauf, ob zur Zeit des Ehebruches die Ehe schon gänzlich zerrüttet war, als Ehescheidungsgrund gewertet werden muß (siehe Volkmar - Antoni, Kommentar zum Ehegesetz, S. 162, 173; Scanzoni, Kommentar zum Ehegesetz, S. 103).
Aus den Feststellungen der Vorinstanzen ergibt sich aber weder, daß die Ehegattin dem Ehebruch ihres Ehemannes zugestimmt oder ihn absichtlich ermöglicht oder erleichtert hat, noch daß sie diesen Ehebruch verziehen oder nicht als ehestörend empfunden hat. Das Berufungsgericht hat daher mit Recht ein Verschulden des Ehegatten an der Ehescheidung wegen des von ihm begangenen Ehebruches angenommen.
Anmerkung
Z24073Schlagworte
Abwägung des Verschuldens, Ehebruch bei bereits bestehender, Ehezerrüttung, Ehebruch bei bestehender Zerrüttung der Ehe, Ehescheidung Ehebruch bei bestehender Zerrüttung, Ehezerrüttung, Ehebruch bei bestehender -, Scheidungsgrund, Ehebruch ein absoluter -, Schuldausspruch, Berücksichtigung des Ehebruches trotz bestehender, Ehezerrüttung, Verschuldensausspruch, Berücksichtigung des Ehebruches trotz, bestehender Ehezerrüttung, Zerrüttung der Ehe, Ehebruch bei bereits bestehender -European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1951:0030OB00117.51.0307.000Dokumentnummer
JJT_19510307_OGH0002_0030OB00117_5100000_000