TE OGH 1951/3/7 2Ob144/51

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Veröffentlicht am 07.03.1951
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Norm

ABGB §156
ABGB §1444
Familienrechtsangleichungsverordnung §6
Fristengesetz §1

Kopf

SZ 24/66

Spruch

Ein vom Mann gegenüber seiner Ehegattin erklärter Verzicht auf die Bestreitung der ehelichen Geburt ist unwirksam.

Entscheidung vom 7. März 1951, 2 Ob 144/51.

I. Instanz: Kreisgericht Wels; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Die Mutter des beklagten Kindes war bereits im zweiten Monat schwanger, als der Kläger sie kennen lernte. Aus Mitleid erklärte er ihr, er wolle als Vater des zu erwartenden Kindes gelten, und ehelichte sie am 30. Oktober 1943. Das beklagte Kind wurde am 16. Jänner 1944 geboren. Der Kläger begehrte die Feststellung, daß er nicht der Vater des beklagten Kindes sei, daß dieses nicht aus der Ehe mit der Mutter des Kindes stamme und sohin unehelich sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Kläger habe nicht nur vor der Eheschließung, sondern auch nachher deutlich zu erkennen gegeben, daß er das beklagte Kind als sein (eheliches) Kind anerkenne und daß er auf das Bestreitungsrecht verzichte. Das Fristengesetz finde auf den Kläger keine Anwendung, weil er seit dem Jahre 1945 genügend Gelegenheit zur Erhebung der Klage gehabt hätte.

Das Berufungsgericht entschied im Sinne des Klagebegehrens. Der Kläger habe auf das Bestreitungsrecht nicht rechtswirksam verzichtet, weil er die Verzichtserklärung nicht einer annahmebefugten Person gegenüber erklärt habe. Die Bestreitungsfrist stehe aber dem Kläger auf Grund der 2. Kriegsmaßnahmenverordnung und des Fristengesetzes noch offen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des beklagten Kindes nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Schon die ältere Rechtsprechung hat den Grundsatz ausgesprochen, daß der Verzicht auf das Recht zur Bestreitung der ehelichen Geburt einer annahmebefugten Person gegenüber abgegeben werden muß, um wirksam zu sein. Durch die Tatsache der Geburt erwachsen für das Kind gegen seinen Erzeuger Rechte, die durch den einseitigen Verzicht eines Gatten nicht berührt werden können (Entscheidung vom 4. März 1924, SZ. VI/96). Auch öffentlich-rechtliche Rücksichten sprechen dafür, daß der wahre Vater festgestellt werde. Nach den Feststellungen der Untergerichte hätte der Kläger die Ehelichkeit des beklagten Kindes lediglich gegenüber seiner Ehegattin anerkannt, die aber zur Annahme einer solchen Erklärung nicht befugt war. Der Kläger hat sein Bestreitungsrecht nicht verloren. Es erübrigt daher die Erörterung der Frage, ob für den Verzicht auf das Bestreitungrecht seit der Verordnung vom 6. Feber 1943. DRGBl. I S. 80, nur mehr die Verstreichung der Frist zur Erhebung der Klage in Betracht komme und nicht ein tatsächlicher Umstand, der erkennen läßt, daß der Ehemann dem Kinde dauernd die Stellung eines ehelichen Kindes geben wolle.

Mit Recht verweist das Berufungsgericht darauf, daß die Frist zur Erhebung der Bestreitungsklage vom Kläger noch nicht versäumt wurde.

Für den Kläger galten als Wehrmachtsangehörigen zunächst die Bestimmungen der §§ 30, 31 der Vertragshilfeverordnung, DRGBl. 1939

I S. 2329, seit 15. Oktober 1944 auch die der §§ 32, 33 der 2. Kriegsmaßnahmenverordnung vom 27. September 1944, DRGBl. I S. 229, die zu dem Grundsatz der allgemeinen Hemmung der Fristen zurückkehrte. Das Fristengesetz, dessen Wortlaut sich den beiden vorgenannten Verordnungen anschließt, sieht eine Verlängerung der "sonstigen" Fristen für die Beschreitung des Rechtsweges oder der anderweitigen Geltendmachung von Rechten im gerichtlichen Verfahren vor. Unter "sonstigen" Fristen sind auch die sogenannten Ausschlußfristen zu verstehen, die nicht den allgemeinen Bestimmungen des ABGB. über die Verjährung unterliegen, wie die Frist zur Bestreitung der ehelichen Geburt. Ob der Kläger bereits früher in der Lage war, die Bestreitungsklage einzubringen, bleibt für die Anwendung des Fristengesetzes belanglos.

Anmerkung

Z24066

Schlagworte

Abstammungsverfahren Verzicht der Bestreitung der ehelichen Geburt, gegenüber der Ehegattin wirkungslos, Bestreitung der ehelichen Geburt, Verzicht auf - unwirksam, Ehegattin vom Manne der - gegenüber erklärter Verzicht auf Bestreitung, der ehelichen Geburt unwirksam, Eheliche Verzicht auf die Bestreitung der - unwirksam, Ehemann ein vom - der Gattin gegenüber erklärter Verzicht auf, Bestreitung der ehelichen Geburt unwirksam, Geburt eheliche, Verzicht auf Bestreitung der -, Unwirksamkeit des vom Ehemann gegenüber der Gattin erklärten Verzicht, auf Bestreitung der ehelichen Geburt, Verzicht auf Bestreitung der ehelichen Geburt unwirksam

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1951:0020OB00144.51.0307.000

Dokumentnummer

JJT_19510307_OGH0002_0020OB00144_5100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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