Norm
Mietengesetz §21Kopf
SZ 24/60
Spruch
Zwei für den gleichen Kündigungstermin eingebrachte Aufkündigungen desselben Bestandverhältnisses begrunden nicht Streitanhängigkeit, wenn sie sich auf verschiedene Tatbestände als Kündigungsgrund stützen.
Entscheidung vom 7. März 1951, 2 Ob 650/50.
I. Instanz: Bezirksgericht Hollabrunn; II. Instanz: Kreisgericht Korneuburg.
Text
Das Erstgericht hatte die Kündigung wegen Streitanhängigkeit zurückgewiesen, weil die klagende Partei bereits zum gleichen Termin die Kündigung gegen die beklagte Partei eingebracht hatte.
Das Rekursgericht hat in Abänderung dieser Entscheidung dem Erstgericht die Anordnung einer Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung aufgetragen, weil nach den Behauptungen der klagenden Partei der gegenständlichen Aufkündigung ein anderer Sachverhalt zugrunde liegt, als in der bereits anhängig gewesenen Kündigung K 41/50 behauptet worden ist.
Der Oberste Gerichtshof hat dem Revisionsrekurs der beklagten Partei nicht Folge gegeben.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Nach der eindeutigen Bestimmung des § 21 MietG. hat der Vermieter für den Fall, als gegen die Kündigung Einwendungen erhoben werden, nachzuweisen, daß der von ihm geltend gemachte Kündigungsgrund gegeben ist, d. h., daß der als Grundlage der Kündigung behauptete Sachverhalt sich tatsächlich zugetragen hat und unter einen der Kündigungsgrunde des Mietengesetzes untergeordnet werden kann. Das Bestandverfahren ist auf die in der Kündigung geltend gemachten Kündigungsgrunde und den zum Nachweis des Kündigungsgrundes behaupteten Sachverhalt beschränkt. Einen neuen Kündigungsgrund oder einen neuen Sachverhalt zur Fundierung des geltend gemachten Kündigungsgrundes kann der Vermieter nicht mehr geltend machen.
Auf den vorliegenden Fall angewendet bedeutet dies, daß der Kläger in dem über die frühere Kündigung anhängigen Verfahren den Vorfall vom 23. Juni 1950 nicht mit Aussicht auf Erfolg geltend machen kann. Man kann dem Kläger aber auch nicht zumuten, daß er die schon anhängige Kündigung zurücknimmt und alle Vorfälle gemeinsam in einer neuen Kündigung geltend macht, weil die beklagte Partei neuerlich sich unleidlich verhalten hat, zumal hieraus ein Verzicht auf die in der ersten Kündigung geltend gemachten Kündigungsgrunde abgeleitet werden könnte. Anderseits kann der Vermieter mit dem Geltendmachen eines Kündigungsgrundes nicht zuwarten, weil er Gefahr läuft, des Kündigungsgrundes verlustig zu werden.
Der Kläger war also gezwungen, das behauptete neuerliche unleidliche Verhalten in einer zweiten Aufkündigung geltend zu machen. Daß für diese Kündigung noch der gleiche Kündigungstermin zur Verfügung stand, zu dem die erste Kündigung angebracht worden war, kann die Streitanhängigkeit nicht begrunden. Die Verschiedenheit des Sachverhaltes, auf den die neue Kündigung gestützt wird, schließt trotz Identität der Prozeßparteien und des Klageanspruches Streitanhängigkeit aus.
Auch gegen die Verbindung des aus beiden Kündigungen sich ergebenden Verfahrens bestehen keine Bedenken, weil abgesehen von der Möglichkeit der Wiederaufhebung der die Verbindung des Verfahrens betreffenden Anordnung ohne weiteres die eine der beiden Kündigungen aufrechterhalten und die andere aufgehoben werden kann.
Anmerkung
Z24060Schlagworte
Aufkündigungen, Streitanhängigkeit zwischen zwei -, Bestandverfahren Streitanhängigkeit zwischen zwei Kündigungen zum, gleichen Termin, Bestandverhältnis, Streitanhängigkeit zwischen zwei Kündigungen, desselben -, Kündigung Streitanhängigkeit zwischen zwei -, Kündigungstermin Streitanhängigkeit zweier Kündigungen zum gleichen -, Litispendenz zweier Kündigungen zum gleichen Kündigungstermin, Mietvertrag Streitanhängigkeit zwischen zwei Aufkündigungen desselben -, Streitanhängigkeit zweier AufkündigungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1951:0020OB00650.5.0307.000Dokumentnummer
JJT_19510307_OGH0002_0020OB00650_5000000_000