Norm
ABGB §823Kopf
SZ 24/103
Spruch
Eine Erbserklärung, die darauf gestützt wird, daß die Ehe des Erblassers ungültig war, obgleich die Ehe nicht durch gerichtliches Urteil für nichtig erklärt wurde, und die der Erbserklärung des erblasserischen Witwers entgegensteht, ist vom Abhandlungsgericht zurückzuweisen.
Entscheidung vom 11. April 1951, 3 Ob 177/51.
I. Instanz: Bezirksgericht Bruck a. d. Leitha; II. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Das Abhandlungsgericht hat die vom erblasserischen Witwer auf Grund des Gesetzes zur Hälfte des Nachlasses bedingt abgegebene Erbserklärung zu Gericht angenommen, dagegen die von den erbl. Geschwistern und den Nachkommen der vorverstorbenen Geschwister auf Grund des Gesetzes zum ganzen Nachlasse abgegebene bedingte Erbserklärung nur insoweit angenommen, als sie sich auf die andere Hälfte des Nachlasses bezogen hat, und hat ihre darüber hinausgehenden Erbserklärungen zurückgewiesen.
Das Rekursgericht hat infolge Rekurses der erbl. Geschwister und ihrer Nachkommen diesen Beschluß dahin abgeändert, daß die Erbserklärungen der Geschwister und ihrer Nachkommen zum ganzen Nachlasse zu Gericht angenommen werden.
Es hat weiters ausgesprochen, daß die Frage, ob ihr Erbrecht zum gesamten Nachlasse begrundet erscheine, im Prozeßwege zu entscheiden sein wird und daß die Verteilung der Parteirollen dem Abhandlungsgerichte vorbehalten bleibe.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des erblasserischen Witwers Folge und stellte den Beschluß des Abhandlungsgerichtes wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Es ist zwar richtig, daß zufolge der Vorschrift des § 125 AußstrG. widerstreitende Erbserklärungen anzunehmen und die Beteiligten unter Bestimmung einer Frist auf den Rechtsweg zu verweisen sind, wobei das Abhandlungsgericht über die Verteilung der Parteirollen in diesem Prozeß zu entscheiden hat. Diese Vorschrift ist aber, wie der Oberste Gerichtshof in wiederholten Entscheidungen ausgesprochen hat, nur dann anzuwenden, wenn sich die abgegebene Erbserklärung, die mit anderen Erbserklärungen im Widerspruche steht, auf eine gesetzliche Grundlage stützt (siehe 2 Ob 798/50). Diese Voraussetzung fehlt jedoch im vorliegenden Falle hinsichtlich der Erbserklärungen der erbl. Geschwister und deren Nachkommen, soweit sich diese Erbserklärungen nicht auf die Hälfte des Nachlasses beschränken, sondern darüber hinaus den gesamten Nachlaß umfassen. Diese Erben stützen die erweiterte Erbserklärung hinsichtlich des ganzen Nachlasses lediglich auf die Behauptung, daß die Ehe des erbl. Witwers mangels des freien Willens der Erblasserin bei der Eheschließung ungültig sei und daß daher dem erbl. Witwer kein gesetzliches Erbrecht zustehe.
Diese Behauptung allein bildet keine hinreichende Grundlage für den Anspruch der erbl. Geschwister und ihrer Nachkommen auf die dem erbl. Witwer nach dem Gesetze gebührende Nachlaßhälfte, vielmehr muß bei der Annahme der Erbserklärungen die Ehe der Erblasserin, da sie zur Zeit des Ablebens noch bestanden hat und auch nicht angefochten war, berücksichtigt werden. Die Geschwister des Erblassers und ihre Nachkommen können sich insbesondere nicht darauf berufen, daß die Ehe der Erblasserin nichtig oder daß ein Aufhebungstatbestand gegeben gewesen sei, wie sich aus der deutlichen Bestimmung des § 27 EheG. ergibt. Nach den Vorschriften des Ehegesetzes und den Durchführungsverordnungen zum Ehegesetz sind die Geschwister des Erblassers und ihre Nachkommen auch nicht legitimiert, eine Klage auf Nichtigerklärung oder Aufhebung der Ehe einzubringen. Es kann daher ihre Verweisung auf den Rechtsweg zum Zwecke der Einbringung einer Klage nicht in Betracht kommen. Der erbl. Witwer, der zur Einbringung einer solchen Klage formell berechtigt wäre, hat aber die Gültigkeit der Ehe behauptet und kann nicht veranlaßt werden, seinen Rechtsstandpunkt im Prozeßwege zu erhärten. Das Abhandlungsgericht ist demnach in der Lage, die streitigen Rechtsfragen selbst zu entscheiden und auf Grund der abgegebenen Erbserklärungen das Abhandlungsverfahren durchzuführen.
Sollte über die Klage des Staatsanwaltes ein Urteil auf Nichtigerklärung der Ehe oder auf seinen Antrag ein Beschluß auf Feststellung eines Eheaufhebungsbestandes ergehen, würden die Erben trotz Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens ihre Ansprüche gemäß § 823 ABGB. im Prozeßwege geltend machen können.
Es war daher dem Revisionsrekurs Folge zu geben und der angefochtene Beschluß dahin abzuändern, daß der Beschluß des Gerichtes erster Instanz wiederhergestellt wird.
Anmerkung
Z24103Schlagworte
Zurückweisung einer auf eine behauptete Ungültigkeit der erblasserischen Ehe gestützten Erbserklärung Abhandlungsverfahren, Erbserklärung, die auf Ungültigkeit der erblasserischen Ehe gestützt ist Ehe des Erblassers, Erbserklärung, die auf Ungültigkeit der - gestützt ist Erblasser Erbserklärung, die auf Ungültigkeit der Ehe des - gestützt ist Erbserklärung Zurückweisung einer auf die Ungültigkeit einer gerichtlich nicht für nichtig erklärten Ehe gestützten - Ungültigkeit der Ehe des Erblassers; Erbserklärung, die auf - gestützt ist Verlassenschaftsverfahren Erbserklärung, die auf Ungültigkeit der Ehe des Erblassers gestützt ist Widersprechende Erbserklärungen behauptete Ungültigkeit der erblasserischen Ehe Zurückweisung einer Erbserklärung durch AbhandlungsgerichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1951:0030OB00177.51.0411.000Dokumentnummer
JJT_19510411_OGH0002_0030OB00177_5100000_000