TE OGH 1951/4/25 3Ob422/50

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Veröffentlicht am 25.04.1951
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Norm

Urheberrechtsgesetz §11 Abs1
Urheberrechtsgesetz §26

Kopf

SZ 24/112

Spruch

Zum Begriff der Miturheberschaft im Sinne des § 11 UrhG.

Entscheidung vom 25. April 1951, 3 Ob 422/50.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Die Klage ist auf Feststellung gerichtet, daß die Klägerin als Urheberin die Romane "Gerda und der Zobel", "Troy in der Kurve" und "Du wunderschöne Stadt" geschaffen habe, und darauf, daß die Beklagte die ihr als Treuhänderin von der Klägerin eingeräumten Werknutzungsbewilligungen an den drei Romanen, insbesondere die Rechte gegenüber dem Verlag der S.Druckerei und dem F.-Verlag, auf die Klägerin rückzuübertragen und die dazu nötigen Erklärungen abzugeben habe. Um die Jahreswende 1938/1939 habe die Klägerin, die Halbjüdin sei, mit der Beklagten vereinbart, daß diese das Erscheinen der Romane der Klägerin, die während der nationalsozialistischen Herrschaft nicht habe hervortreten können, veranlasse. Dafür sollte die Beklagte 5 - 15% Provision erhalten. Es habe sich um eine bloß treuhändige Tätigkeit der Beklagten für die Zeit der politischen Behinderung der Klägerin gehandelt. Demgegenüber wendete die Beklagte ein, daß sie Miturheberin der drei Romane sei. Sie habe in dem zu skizzenhaft behandelten Roman "Gerda und der Zobel" verzeichnete und verschwommene Figuren wirksamer dargestellt, eine andere Hauptperson in den Vordergrund gerückt und das Leitmotiv des Vorspieles deutlicher herausgearbeitet. Die beiden anderen Romane seien überhaupt in gemeinsamer Arbeit der beiden Parteien zustande gekommen. Insbesondere der Roman "Du wunderschöne Stadt" sei in seinem Aufbau und der Ausarbeitung auf die Besprechungen der Beklagten mit dem Verleger H. in F., ihre Studien des Lokalkolorits und ihre Ideen zur Gestaltung des Themas zurückzuführen. Die Werknutzungsbewilligungen seien ihr zur freien Verfügung eingeräumt worden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es nahm die von der Klägerin behauptete Vereinbarung des Jahres 1938/1939 als erwiesen an, stellte auf Grund des Beweisverfahrens, insbesondere des Gutachtens des Sachverständigen Dr. Edwin Z., fest, daß sich die Mitarbeit der Beklagten auf das sogenannte "Einrichten", das heißt Marktgängigmachen der Romane, beschränkt habe und daß von einer Miturheberschaft mangels einer mitschaffenden Tätigkeit nicht gesprochen werden könne. Es müsse daher festgestellt werden, daß die Klägerin allein die Urheberin der drei Romane sei. Die Vermutung des § 12 UrhG. treffe nicht zu, weil die Parteien außer Streit gestellt hätten, daß die Verwendung des Pseudonyms "Elisabeth H." zunächst für die Werke der Klägerin gedacht gewesen sei. Aus der Anführung dieses Pseudonyms der Beklagten auf den Romanen der Klägerin könne daher nicht der Schluß gezogen werden, daß die Romane von der Beklagten geschaffen worden seien. Da es sich nach den Abmachungen der Parteien nur um ein auf die Zeit der politischen Behinderung der Klägerin beschränktes treuhändiges Verhältnis gehandelt habe, sei die Beklagte verpflichtet, die ihr überlassenen Werknutzungsbewilligungen an die Klägerin rückzuübertragen.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

In rechtlicher Beziehung meint die Revisionswerberin, ihre Miturheberschaft an den drei Romanen sei von den Untergerichten zu Unrecht nicht angenommen worden. Es ist der Revisionswerberin zuzugeben, daß die in Frage stehenden Werke keine überragenden geistigen Schöpfungen, sondern Unterhaltungsromane leichterer Art sind. Es ist auch klar, daß die Erzeugung solcher "Kommerzware", wie sich der Sachverständige ausgedrückt hat, mit gewaltsamen und schmerzhaften Schöpfungsakten im allgemeinen nicht verbunden ist. Darauf kommt es aber bei der Feststellung, ob es sich um eine eigentümliche geistige Schöpfung handelt (§ 1 Abs. 1 UrhG.) und wer das Werk geschaffen hat, nicht an. Maßgeblich ist nur, ob das Wesentliche der geistigen Schöpfung, nämlich die Idee, der Aufbau, die Charakteristik und die sprachliche Gestaltung, von der Klägerin allein stammt, oder ob auch der Beklagte daran teilhat (Mitteis, Grundriß des österreichischen Urheberrechtes, S. 29 ff., 55). Ein Vergleich der in Frage stehenden Romane mit anderen Werken der Klägerin und der Beklagten ergibt genügend klar, daß das Gutachten des Sachverständigen, die Darstellungsweise der drei Romane nähere sich den früheren Werken der Klägerin, richtig ist. Es handelte sich bei der Mitarbeit der Beklagten nur um Hilfsarbeiten, wie das Beschaffen des Materials und das Einrichten der Romane zur Gangbarmachung, ohne daß in dieser Tätigkeit eine selbständige geistige Mitarbeit inniger Art, wie sie § 11 Abs. 1 UrhG. fordert (SZ. XIX/179, Lissbauer, Die österreichischen Urheberrechtsgesetze, S. 192), erblickt werden könnte. Es genügt, in dieser Richtung auf die erschöpfenden Ausführungen des Berufungsgerichtes zu verweisen. Auch der Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung liegt nicht vor.

Wenn aber die Klägerin alleinige Urheberin der drei Romane ist und die treuhändige Überlassung der Werknutzungsrechte an die Beklagte nur für die Zeit der politischen Behinderung der Klägerin gedacht war, die jetzt weggefallen ist, erweist sich das Klagebegehren in beiden Richtungen als berechtigt, und die Untergerichte haben der Klage mit Recht stattgegeben (§ 26 UrhG.).

Anmerkung

Z24112

Schlagworte

Autor, Begriff der Miturheberschaft, Geistige Schöpfung, Begriff der Miturheberschaft, Güterrecht immaterielles -, Begriff der Miturheberschaft, Idee, geistige -, Begriff der Miturheberschaft, Immaterielles Miturheberschaft, Kunst, Werk der -, Begriff der Miturheberschaft, Literatur, Begriff der Miturheberschaft, Miturheberschaft, Begriff der -, Schmerzengeld für Beischlafunfähigkeit, Schöpfung, Begriff der Miturheberschaft, Urheberschaft, Begriff der Miturheberschaft, Werk geistiges -, Begriff der Miturheberschaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1951:0030OB00422.5.0425.000

Dokumentnummer

JJT_19510425_OGH0002_0030OB00422_5000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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