Norm
Allgemeines Grundbuchsanlegungsgesetz §§14 ffKopf
SZ 24/134
Spruch
In Angelegenheiten des Allgemeinen Grundbuchsanlegungsgesetzes gelten die Grundsätze des Verfahrens außer Streitsachen.
Entscheidung vom 16. Mai 1951, 1 Ob 321/51.
I. Instanz: Bezirksgericht Kindberg; II. Instanz: Kreisgericht Leoben.
Text
Das Grundstück Nr. 793 (M-Fluß, Kanal, Kunstgerinne) der Katastralgemeinde K. ist seit der Anlegung des Grundbuches (1875/1877) bis jetzt im Verzeichnis II des öffentlichen Gutes eingetragen gewesen. Im Protokoll über die "Grundbuchsanlegung in der Katastralgemeinde K." ist diese Liegenschaft "als Gemeindegut zum Gebrauche aller bestimmt, und gehört sie in kein Grundbuch". In der "Richtigstellungsurkunde" der Gemeinde K. vom 5. Dezember 1945 bestätigt der Bürgermeister, daß dieses Grundstück bei der Anlegung des Grundbuches in den Jahren 1872 bis 1874 irrig in das Verzeichnis II der Katastralgemeinde K. aufgenommen und somit zu Unrecht als öffentliches Gut eingetragen worden ist. Die Marktgemeinde K. anerkennt in dieser Urkunde, das das Grundstück aus dein erwähnten Verzeichnis ausgeschieden und in das Grundbuch der Katastralgemeinde K. eingetragen und dort der EZ. 192 zugeschrieben werde, was die Eigentümer dieser Einlagezahl, Karl und Alois G. zur Kenntnis nehmen. Die Bezirkshauptmannschaft M. genehmigte am 6. März 1946 die Richtigstellungsurkunde "im Sinne der Gemeindeordnung". .
Auf Grund dieser Richtigstellungsurkunde und der Bestätigung der Bezirkshauptmannschaft begehrten Karl und Alois G. am 1. April 1946 die Ausscheidung dieses Grundstückes aus dem öffentlichen Gut und die Zuschreibung dieses Grundstückes zur EZ. 192 der Katastralgemeinde K. Auf diesem Protokollarantrage findet sich der Vermerk des Grundbuchsführers "B. B. stimmtÜ" und als Erledigung "B. im Sinne des Antrages" Dieser Bewilligungsbeschluß wurde am gleichen Tage vollzogen.
Am 13. November 1950 gab Richard Sch. gegen diesen Beschluß einen Rekurs zu Protokoll mit der Behauptung, "es stehe ihm durch Ersitzung an dem Grundstücke Nr. 793, M-Fluß, die Servitut der Duldung der Errichtung einer Brücke und eines Magazins über dem Grundstück Nr. 793, M-Fluß, zu". Im Zuge des Grundbuchsergänzungsverfahrens hätte er dieses Recht an der einzubüchernden Grundfläche geltend machen können. Er beantragte im Wege der Vorstellung, allenfalls des Rekurses, die Abweisung des Antrages der Einschreiter G.
Das Rekursgericht gab dem Rekurse Folge und wies den Antrag ab.
Der Revisionsrekurs der Antragsteller ist nicht im Rechte.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Einen Grund zur Abweisung des Antrages durch das Rekursgericht bildete der Umstand, daß der Antrag entgegen den Vorschriften der §§ 14 ff. Allg. GAG. erledigt wurde.
Das Rekursgericht ist damit im Rechte, daß durch die Außerachtlassung der Vorschriften über die Grundbuchsanlegung der Rekurswerber im gegenständlichen Falle übergangen worden ist. Damit erledigt sich auch die Frage, ob dem angeblich Servitutsberechtigten überhaupt ein Rekursrecht zusteht. Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes war der Antrag des Karl und Alois G. nach dem Grundbuchsanlegungsverfahren zu erledigen. In diesem Verfahren ist der Servitutsberechtigte (Rekurswerber) antragsberechtigt (§§ 37 ff. Allg. GAG.) und Beteiligter im Sinne des § 9 AußstrG., weil in Angelegenheiten des Allg. GAG. die Grundsätze des Verfahrens außer Streitsachen gelten (Sattler, Rechtsmittel im Grundbuchsverfahren, NotZ. 1949, S. 19 ff.: "Die Anfechtung der im Richtigstellungsverfahren ergangenen Beschlüsse des Gerichtes richtet sich nach den Bestimmungen des Verfahrens außer Streitsachen"). Aber auch sonst hat sich in der Frage der Rekurslegitimation im allgemeinen in jüngster Zeit die Praxis herausgebildet, daß hiefür die Bestimmungen des § 9 AußstrG. maßgebend sind (Sattler, ebdt., S. 18). Es ist daher nicht einzusehen, warum dem Servitutsberechtigten dann, wenn der Antrag nach anderen Verfahrensvorschriften erledigt wurde, ein Rechtsmittel versagt sein soll. Hiemit ist die Rekurslegitimation des Richard Sch. gegeben.
Die Rechtsmittelwerber meinen, der Rekurs Richard Sch.'s der nach mehr als vier Jahren erhoben wurde, sei im Hinblick auf § 125 GBG. verspätet. Diese Gesetzesstelle wird jedoch vom Rekurswerber mißverstanden: Verfehlt ist die Meinung, daß Richard Sch. zum Rekurse nicht berechtigt gewesen sei, "weil die Zustellung des Beschlusses vom 23. April 1946 an ihn gar nicht erfolgt sei"; er ist vielmehr gerade deshalb zum Rekurse berechtigt, weil er Beteiligter im Sinne des § 9 AußstrG. sowohl im Grundbuchsverfahren als auch im Grundbuchsanlegungsverfahren ist (SZ. X/195, GlUNF. 5619). Denn die Bestimmung des § 125 GBG. bezieht sich nur auf den Dritten, nicht aber auf denjenigen, der im Grundbuchsanlegungsverfahren Partei oder Beteiligter ist. Ist aber der Rekurswerber ein Beteiligter gewesen, dann kann er auch außerhalb der Frist der §§ 127 ff. GBG. den Beschluß des Grundbuchsrichters vom 23. April 1946 anfechten, weil für den Rekurswerber - zufolge unterbliebener Zustellung - die Rekursfrist im Zeitpunkt der Anbringung des Rekurses noch nicht begonnen hatte. Somit ist auch die Ansicht der Revisionsrekurswerber verfehlt, die den Rekurswerber schon jetzt - wegen Rechtskraft des Beschlusses vom 23. April 1946 - auf den Rechtsweg verweisen will.
Erwägungen darüber, ob das Verfahren erster und zweiter Instanz nichtig ist, weil der Antrag vom 1. April 1946 im Grundbuchsanlegungsverfahren erledigt werden sollte, erübrigten sich, weil der Antrag zufolge § 94 GBG. nicht aufrecht erledigt werden konnte. Auf den Antrag findet zwar das Grundbuchsanlegungsverfahren Anwendung, er ist aber im Sinne des § 65 Allg. GAG. ein kombinierter Antrag, weil er nicht nur die Herausnahme des Grundstückes Nr. 793 aus dem Verzeichnis II des öffentlichen Gutes und die Verbücherung dieses Grundstückes durch Errichtung einer neuen Einlagezahl anstrebt, sondern auch eine Veränderung im Eigentumsrechte (früher öffentliches Gut der Gemeinde K. - jetzt Eigentum des Karl und Alois G.) grundbücherlich verlangt. In diesem Falle kommen nicht nur die Vorschriften des Allg. GAG. zur Anwendung, sondern auch die des § 94 GBG. Die Beachtung der letztgenannten Vorschrift führt im vorliegenden Falle zur Abweisung des grundbücherlichen Ansuchens. Es war daher das bisherige Verfahren nicht für nichtig zu erklären. Somit konnte auch der Antrag vom 1. April 1946 nicht mit dem Auftrag aufrechterhalten werden, das Verfahren nach dem Allgemeinen Grundbuchsanlegungsgesetz einzuleiten.
Aus diesen Gründen war der Beschluß des Rekursgerichtes zu bestätigen.
Anmerkung
Z24134Schlagworte
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ECLI:AT:OGH0002:1951:0010OB00321.51.0516.000Dokumentnummer
JJT_19510516_OGH0002_0010OB00321_5100000_000