TE OGH 1951/5/16 1Ob318/51

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Veröffentlicht am 16.05.1951
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Norm

EO §381
Handelsgesetzbuch §116 Abs2

Kopf

SZ 24/133

Spruch

Die für die Entziehung der selbständigen Vertretungs- und Zeichnungsbefugnis mit einstweiliger Verfügung erforderliche Gefährdung liegt vor, wenn ein Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft das Geschäftslokal der offenen Handelsgesellschaft aufgekundigt und versucht hat, eigenmächtig die offene Handelsgesellschaft im Handelsregister zur Löschung zu bringen.

Entscheidung vom 16. Mai 1951, 1 Ob 318/51.

I. Instanz: Handelsgericht Wien: II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Die Streitteile haben am 22. Dezember 1939 eine offene Handelsgesellschaft unter der Firma H. & Sch. gegrundet. Der Kläger begehrt nunmehr den Ausschluß des Beklagten aus der Gesellschaft und die Ermächtigung, den Betrieb ohne Liquidation mit Aktiven und Passiven zu übernehmen. Er hat auch den Antrag gestellt, dem Beklagten durch einstweilige Verfügung die diesem zustehende selbständige Vertretungs- und Zeichnungsbefugnis zu entziehen.

Das Erstgericht hat den Antrag abgelehnt.

Das Rekursgericht hat die einstweilige Verfügung erlassen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Beklagten und Gegners der gefährdeten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Schon das Erstgericht hat als bescheinigt erachtet, der Beklagte habe dadurch, daß er ohne Zustimmung des Klägers das Geschäftslokal der Gesellschaft aufgekundigt hat, eine gesellschaftsschädigende Handlung vorgenommen. Es hat jedoch offenbar deswegen, weil diese Handlung nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, zwei andere gefährdende Handlungen, nämlich die Löschung der Firma im Handelsregister vom Beklagten nicht allein und die Zurücklegung der Gewerberechte vom Beklagten nicht leicht allein vorgenommen werden können, und andere Gefährdungshandlungen nicht behauptet wurden, den Antrag abgewiesen.

Das Rekursgericht hat dagegen daraus, daß der Beklagte eine zwar nicht rückgängig zu machende schädigende Handlung durch Aufkündigung des Geschäftslokales vorgenommen hat und aus dem allerdings untauglichen Versuch, die Firma im Handelsregister löschen zu lassen, mit Recht die Gefahr abgeleitet, daß der Beklagte weitere schädigende Handlungen vornehmen könnte. Es ist richtig, daß das Rekursgericht keine einzige sonstige mögliche schädigende Handlung aufgezeigt und sich damit begnügt hat, darauf hinzuweisen, es sei nicht abzusehen, welche Schritte der Beklagte noch ausführen könnte. Aber es war nicht Sache des Rekursgerichtes, hier konkrete Möglichkeiten aufzuzeigen. Es genügt der sicher zutreffende Hinweis darauf, daß die Situation doch so unübersichtlich ist, daß sich nicht mit Sicherheit feststellen ließe, daß der Beklagte weitere schädigende Handlungen nicht mehr versuchen kann.

Der Revisionsrekurs, macht allerdings auch geltend, daß das Rekursgericht die von ihm geführten Auskunftspersonen Dr. A. und Eduard H. über die Behauptung, daß der Kläger mit der Auflösung des Mietvertrages einverstanden war, nicht zur Ergänzung des Bescheinigungsverfahrens habe vernehmen lassen. Das Erstgericht konnte, bei seiner Rechtsansicht, wie der Revisionsrekurs meint, über die Vernehmung der Auskunftspersonen hinweggehen. Der Beklagte hatte auch sicher im Hinblick auf die ihm günstige Entscheidung keinen Anlaß, die nicht verwertete ungünstige Feststellung des Erstgerichtes zu bekämpfen. Aber das Bescheinigungsverfahren setzt überhaupt nicht voraus, daß alle angebotenen Bescheinigungsmittel ausgeschöpft werden. Der Beklagte hat sich in seiner Äußerung darauf berufen, daß der Kläger zweimal in der Kanzlei des Ing. G. bei Besprechung mit diesem der Aufgabe des Lokales zugestimmt habe. Ing. G., der also von diesen angeblichen ausdrücklichen Erklärungen hätte wissen müssen, hat als Auskunftsperson lediglich berichtet, daß der Kurator des Beklagten ihm gesagt habe, er könne einen Bewerber für das Lokal namhaft machen, der 45.000 S dafür bezahlen wolle; er, der Kurator, sei bereit, das Lokal aufzugeben. Dies habe Sch. gehört, ohne zu widersprechen. Damit war der Sachverhalt genügend geklärt. Denn das Schweigen des Klägers läßt bei der gegebenen Situation durchaus nicht auf eine Zustimmung schließen. Es kann vielmehr seine Erklärung darin finden, daß der Kläger die Sache noch überlegen und erst die Stellungnahme des Ing. G. kennen lernen wollte. Jedenfalls konnte der Beklagte dieses Schweigen bei Besprechungen vor einem gemeinsamen Geschäftspartner, die nichts Endgültiges an sich hatten, nicht als bindende Zustimmung des Klägers werten und nunmehr die Kündigung vornehmen, ohne dessen ausdrückliche Zustimmung (§ 116 Abs. 2 HGB.) einzuholen.

Im übrigen bliebe, selbst wenn die Aufkündigung des Geschäftslokales mit Zustimmung des Klägers erfolgt wäre, immer noch der eigenmächtige Versuch, die Firma im Handelsregister zur Löschung zu bringen, als Indiz dafür bestehen, daß eigenmächtige Handlungen zur Auflösung der Gesellschaft und ihres Betriebes von seiten des Beklagten zu befürchten sind. Der Rekurs des Beklagten entbehrt also der Begründung.

Anmerkung

Z24133

Schlagworte

Aufkündigung des Geschäftslokales durch Gesellschafter einer OHG.„ eigenmächtige -, Einstweilige durch Entzug der Vertretungsbefugnis bei OHG., Entzug der Zeichnungsbefugnis für OHG., einstweilige Verfügung, Gefährdung für einstweilige Verfügung durch Entzug der, Vertretungsbefugnis einer OHG., Geschäftslokal einer OHG., eigenmächtige Kündigung durch Gesellschafter, Gesellschafter Entzug der Vertretungsbefugnis eines - einer OHG. durch, einstweilige Verfügung, Gesellschaftsrecht Entzug der Vertretungs- und Zeichnungsbefugnis, Handelsgesellschaft offene -, Entzug der Vertretungsbefugnis durch, einstweilige Verfügung, Eintragung Versuch der eigenmächtigen Löschung einer OHG. im - durch, einen Gesellschafter, Kündigung des Geschäftslokales der OHG., eigenmächtige - durch, Gesellschafter, Löschung einer OHG. im Handelsregister, eigenmächtiger Versuch der -, durch Gesellschafter, Nachweis der Gefährdung, einstweilige Verfügung durch Entzug der, Vertretungsbefugnis für OHG, Offene Entzug der Vertretungs- und Zeichnungsbefugnis durch, einstweilige Verfügung, Selbständige Vertretungsbefugnis des Gesellschafters, Entzug der -, Verfügung einstweilige, Entzug der selbständigen Vertretungsbefugnis, Vertretungsbefugnis bei OHG., Entzug der - durch einstweilige Verfügung, Zeichnungsbefungnis für OHG., Einstweilige Verfügung durch Entzug der -

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1951:0010OB00318.51.0516.000

Dokumentnummer

JJT_19510516_OGH0002_0010OB00318_5100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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