TE OGH 1951/5/31 2Ob64/51

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Veröffentlicht am 31.05.1951
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Norm

ABGB §1447

Kopf

SZ 24/154

Spruch

Die Verurteilung des Hauseigentümers zur Zuhaltung eines Mietvertrages stellt keinen Kündigungsgrund gegenüber einem anderen Mieter dar, der die gleiche Wohnung derzeit benützt.

Entscheidung vom 31. Mai 1951, 2 Ob 64/51.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Emanuel B. war seit dem Jahre 1937 Hauptmieter der nunmehr von dem Beklagten bewohnten Wohnung. Während des Krieges war er wegen Leistung des Kriegsdienstes abwesend, seine Gattin war mit dem Kind seit Feber 1944 wegen der Gefahr von Luftangriffen nach Oberösterreich gezogen. In diese Wohnung wurde Karl F. auf Grund einer Verfügung der Bezirksvertretung für den 10. Bezirk in Wien vom 17. April 1945 eingewiesen. Von Karl F. erwarb der Beklagte mit Genehmigung des Magistrates der Stadt Wien vom 12. Juli 1946 die Wohnung im Tauschwege. Der Kläger wurde mit dem Urteile vom 5. Juni 1950 schuldig erkannt, das Mietverhältnis mit dem Beklagten aufzukundigen und die Wohnung dem Emanuel B. zu übergeben. Gestützt auf dieses Urteil kundigte der Kläger dem Beklagten die Wohnung gemäß § 19 Abs. 1 MietG. auf.

Das Prozeßgericht erklärte die Kündigung für rechtswirksam.

Das Berufungsgericht hob sie auf.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Da der Kläger die klagsgegenständliche Wohnung dem Beklagten vermietet hat, so ist er ihm gegenüber verpflichtet, den Bestandvertrag zuzuhalten; daß er früher bereits einen Bestandvertrag mit einem anderen Bestandnehmer abgeschlossen hat, berührt die Rechtsstellung des Beklagten nicht. Sein Rechtstitel gegen den Kläger ist dadurch, daß er jünger ist als ein konkurrierender Rechtstitel eines Dritten, nicht schwächer als dieser. Wer eine Sache zweimal verkauft hat, kann dem späteren Käufer, der Erfüllung verlangt, nicht entgegenhalten, er habe eine ältere Verpflichtung zu erfüllen. Er muß erfüllen und es den beiden konkurrierenden Gläubigern überlassen, den Streit um ihr besseres Recht untereinander auszutragen. Er kann die Klage des späteren Käufers nicht einmal dann abwehren, wenn das Eigentum bereits an den früheren Käufer übertragen wurde, wenn der spätere Erwerber auf Grund seines obligatorischen Anspruchs Erfüllung verlangt, weil ein dingliches Recht eines Dritten der Erfüllung einer obligatorischen Verpflichtung gemäß dem Grundsatz der Unzulässigkeit der Einwendungen ex jure tertii nicht entgegensteht. Der Kläger ist daher, obwohl er durch die Vermietung der gegenständlichen Wohnung ein älteres Recht verletzt hat, nicht berechtigt, die Zuhaltung des Bestandvertrages zu verweigern.

Es kann ihm aber auch nicht das Recht zuerkannt werden, deshalb, weil er von dem früheren Mieter auf Zuhaltung des Vertrages geklagt und verurteilt wurde, nunmehr das Bestandverhältnis, das unter Mieterschutz steht, gemäß § 19 Abs. 1 MietG. aufzukundigen, weil nur dem Abschluß des Mietvertrages nachfolgende Tatbestände als Kündigungsgrund geltend gemacht werden können; daher kann Eigenbedarf, der bereits im Zeitpunkt der Vermietung bestand, nicht mehr als Kündigungsgrund nach Z. 5 geltend gemacht werden (vgl. E. v. 16. Juni 1948, 1 Ob 607/47, Heller - Radl, MietSlg. 619). Wenn der Hauptmieter entgegen einer getroffenen Vereinbarung untervermietet hat, so kann er das Untermietverhältnis nicht kundigen, weil der Vermieter droht, die für den Fall der Übertretung dieser Verpflichtung vereinbarte Konventionalstrafe geltend zu machen. Hat der Vermieter in Mißachtung bestehender vertraglicher Bindungen ein Lokal vermietet, so kann er die Folgen seines vertragswidrigen Verhaltens nicht auf einen Dritten abwälzen und den Bestandvertrag aufkundigen. Es ist abwegig, zu behaupten, daß ihm nicht zuzumuten ist, sich der Exekution auf Grund des vom älteren Mieter gegen ihn ergangenen Urteils auszusetzen. Wenn er eine nicht mietergeschützte Wohnung auf 20 Jahre vermietet hatte, mußte er zweifellos die Folgen seines Verhaltens auf sich nehmen; es fehlt daher jeder Grund, bei mietergeschützten Wohnungen, die vertragswidrig vom Hausherrn zweimal vermietet wurden, anders zu entscheiden.

Anmerkung

Z24154

Schlagworte

Anwaltszwang Verletzung des - im Berufungsverfahren durch, Nichterledigung des Antrages auf Bestellung eines Armenvertreters, Doppelvermietung, kein Kündigungsgrund für den Hauseigentümer, Eigenbedarf keine Kündigung wegen Verurteilung des Hauseigentümers zur, Zuhaltung eines Mietvertrages, Hauseigentümer, Verurteilung des - auf Zuhaltung des Mietvertrages kein, Kündigungsgrund, Kündigungsgrund bezüglich des Nachmieters, Verurteilung des, Hauseigentümers kein -, Unmöglichkeit der Leistung, Kündigung auf Grund einer Verurteilung auf, Zuhaltung eines Mietvertrages, Vermieter Verurteilung des - zur Zuhaltung des Mietvertrages kein, Kündigungsgrund hinsichtlich des Nachmieters, Verurteilung des Hauseigentümers auf Zuhaltung des Mietvertrages kein, Kündigungsgrund, Wohnung Verurteilung des Hauseigentümers zur Zuhaltung des, Mietvertrages über gleiche - kein Kündigungsgrund bezüglich des, Nachmieters, Zuhaltung eines Mietvertrages, kein Kündigungsgrund für den, Hauseigentümer bei Verurteilung zur -

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1951:0020OB00064.51.0531.000

Dokumentnummer

JJT_19510531_OGH0002_0020OB00064_5100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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