TE OGH 1951/8/22 1Ob435/51

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Veröffentlicht am 22.08.1951
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Norm

ABGB §986
Kärntner Höfegesetz vom 16. September 1903 LGBl, für Kärnten Nr. 33 §9
Kärntner Höfegesetz vom 16. September 1903 LGBl, für Kärnten Nr. 33 §11
Kärntner Höfegesetz vom 16. September 1903 LGBl, für Kärnten Nr. 33 §14
Kärntner Höfegesetz vom 16. September 1903 LGBl, für Kärnten Nr. 33 §14a
Reichshaftpflichtgesetz §1
Reichshaftpflichtgesetz §7

Kopf

SZ 24/203

Spruch

Bei der Bestimmung der vom Anerben an den weichenden Erben zu leistenden Zahlungen kann das Gericht keine Wertsicherungsklausel festsetzen.

Entscheidung vom 22. August 1951, 1 Ob 435/51.

I. Instanz: Bezirksgericht Klagenfurt; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt.

Text

Das Verlassenschaftsgericht hat die von der erblasserischen Witwe Klara R. zu ein Viertel und die von den erblasserischen Töchtern Margarethe Sch., Magdalena J., Barbara P. sowie die vom erblasserischen Enkel mj. Josef R. zu je drei Sechszehntel aus dem Rechtsgrunde des Gesetzes abgegebenen bedingten Erbserklärungen angenommen und die nach Kärntner Erbhöferecht gepflogene Verlaßabhandlung mit folgenden Feststellungen bzw. das Erbübereinkommen betreffenden Ergänzungen für den mj. Josef R. vormundschaftsbehördlich genehmigt:

1. Festgestellt wird, daß das bei der Liegenschaft EZ. 50, Katastralgemeinde G., einverleibt haftende Ausgedinge der erblasserischen Witwe Klara R.- aus dem Übergabe- und Ehevertrag vom 6. Dezember 1913 nicht als Hoflast zu berücksichtigen und mit einem Betrage von 13.000 S nicht in Abzug zu bringen ist;

2. die Anerbinnen Magdalena J. und Barbara P. sind zur ungeteilten Hand schuldig, den auf den mj. Josef R. entfallenden Erbteil von 10.000 S in drei gleichen aufeinanderfolgenden Jahresraten, u. zw. die erste Jahresrate am 1. Juni 1951, die zweite Jahresrate am 1. Juni 1952 und die dritte Jahresrate bis zum 15. Feber 1953 auszuzahlen und das Erbteil bis zum Fälligkeitstermine der letzten Jahresrate mit 4% zu verzinsen und im Falle des Verzuges 5% Verzugszinsen zu bezahlen. Zum Zwecke der Wertsicherung des Erbteiles von 10.000 S sind die Anerbinnen verpflichtet, bei den Zahlungen zu berücksichtigen, daß sich die Jahresraten im gleichen Maße erhöhen oder vermindern, wie der vom österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung errechnete Lebenshaltungsindex seit 20. März 1950 gestiegen oder gefallen ist, bzw. steigt oder fällt. Ein Schwanken von 10% auf oder ab bleibt jedoch unberücksichtigt. Zur Sicherung der Zahlungsverpflichtung der beiden Anerbinnen wird in der Einantwortungsurkunde die Einverleibung des Pfandrechtes bei den EZ. 51 und 50, Katastralgemeinde G., u. zw. bei der ersten als Haupteinlage und bei der zweiten als Nebeneinlage für die Erbteilsforderung des mj. Josef R. im Betrage von 10.000 S samt 4% Zinsen und 5% Verzugszinsen und dem Haftgelde von 1000 S zur Deckung aller nicht schon gesetzlich denselben Rang mit der Hauptsache genießenden Nebenverbindlichkeiten, insbesondere für die mehr als drei Jahre rückständigen Zinsen, bzw. Verzugszinsen und die Anmerkung der Gesamthaftung bei beiden Einlagen angeordnet werden.

3. Der Antrag des mj. Josef R. auf Einverleibung des Pfandrechtes für den Höchstbetrag von 10.000 S zur Deckung aller allfälligen Ersatzansprüche wegen Nichterfüllung der Teilungsverpflichtung des Mehrerlöses gemäß § 14a KHG. durch Magdalena J. und Barbara P. für den mj. Josef R. bei den Nachlaßliegenschaften EZ. 51 und 50, Katastralgemeinde G., wird abgewiesen.

4. Der Antrag des mj. Josef R., ihm auf den übernommenen Nachlaßliegenschaften EZ. 51 und 50, Katastralgemeinde G., das Heimgehrecht einzuräumen, wird abgewiesen.

Gegen obigen Beschluß haben sowohl die beiden Anerben Magdalena J. und Barbara P. wie auch der erblasserische Enkel mj. Josef R. Rekurs erhoben.

Das Rekursgericht hat dem Rekurse der Anerben teilweise Folge gegeben, den Beschluß erster Instanz im Punkt I 1 und 2 - ausgenommen die Annahme der Erbserklärungen - aufgehoben und dem Erstgerichte neuerliche Entscheidung aufgetragen, im übrigen jedoch keinem der beiden Rekurse Folge gegeben.

Der Beschluß des Rekursgerichtes wird nun insoweit von den Anerben Magdalena J. und Barbara P. bekämpft, als er dem Rekurse nicht, bzw. nur teilweise Folge gab und hiebei dem Erstgerichte bindende Weisungen erteilte, so daß das Ausgedinge der erblasserischen Witwe keine Hoflast darstellt, daß eine bücherliche Sicherstellung von verschiedenen Zinsen und Verzugszinsen bewilligt, eine Wertsicherungsklausel zum Schutz gegen Geldentwertung und hiefür die Einverleibung einer Höchstbeitragshypothek für zulässig erklärt, für den Fall der Zulassung einer Wertsicherung des Erbteils des Minderjährigen den Anerben nicht das Recht der sofortigen Auszahlung der Erbteilsforderung eingeräumt und eine allfällige neuerliche Schätzung zur Feststellung des Übernahmswertes des Hofes für zulässig erachtet wird.

Der Rekursantrag geht dahin, dem Rekurse Folge zu geben, den angefochtenen Beschluß aufzuheben, bzw. im Sinne der Rekursausführungen abzuändern und auszusprechen, daß das Ausgedinge der erblasserischen Witwe eine Hoflast darstellt, daß eine bücherliche Sicherstellung von Verzugszinsen neben laufenden Zinsen nicht Platz greift, daß eine Wertsicherungsklausel gegen Geldentwertung und eine Einverleibung eines Höchstbetragspfandrechtes hiefür unzulässig ist, daß eine neuerliche Schätzung und Feststellung des Übernahmswertes und damit der ziffernmäßigen Bestimmung der Erbteilsforderung des mj. Josef R. als weichenden Erben nicht Platz zu greifen hat und daß den Anerben das Recht jederzeitiger Auszahlung der Erbteilsforderung zusteht.

Der Oberste Gerichtshof hat dem Revisionsrekurs nicht Folge gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach dem Antrage der Parteien hatte das Verlassenschaftsgericht eine Entscheidung über die Frage der Abzugsfähigkeit des Auszuges der erblasserischen Witwe und der Zahlungsbedingungen für die Erbteilsforderung des mj. erblasserischen Josef R. zu treffen. Daran hat sich das Erstgericht nicht genau gehalten, sondern seine Entscheidung in den Punkten I 1 und 2 so gefaßt, als ob es die Genehmigung des zwischen den großjährigen Erben getroffenen Erbteilungsübereinkommens von Auflagen abhängig machen wollte. Zumindestens sind die im angefochtenen Beschluß aufgeworfenen Zweifel über das vom Erstgericht Gewollte nicht ganz unbegrundet. Nun wird die rekursgerichtliche Entscheidung (Aufhebung des Beschlusses erster Instanz in den Punkten I 1 und 2) an sich vom Rekurswerber nicht bekämpft, sondern lediglich deren Begründung. Der Rekurs wendet sich dagegen, daß das Ausgedinge der erblasserischen Witwe mit 13.000 S nicht als Hoflast gemäß § 8 Kärntner HöfeG. und § 10 Abs. 9 und 10 Vollzugsverordnung (JMVBl. Nr. 2/1904) in Abzug gebracht werden soll. Eine nähere Begründung für den Standpunkt der Rekurswerber wird nicht gegeben. Nun hat schon das Erstgericht zutreffend und im Einklang mit der Aktenlage festgestellt, daß ein Ausgedinge zwar intabuliert war, dieses jedoch bis zum Tode des Erblassers nur bedingt, d. h. für den Fall einer Zwangsversteigerung der Liegenschaft wirksam werden sollte, welche Bedingung aber nie eingetreten ist, und nach der Erklärung der erblasserischen Witwe selbst das im übrigen für den Todesfall versprochene Ausgedinge nicht als Vorausvermächtnis gedacht war. Fest steht nunmehr, daß die erblasserische Witwe auf das ursprüngliche Ausgedinge Verzicht geleistet und der neubegrundete Auszug an Zahlungs Statt für ihren Erbteil gewährt worden ist, Erbteilsforderungen jedoch nicht zu den Hoflasten zählen.

Dagegen muß den sonstigen Rekursausführungen im wesentlichen beigetreten werden. Durch die Einführung des Höferechtes und des Anerbenrechtes sollten mittlere Bauerngüter zugleich vor Zersplitterung und Überschuldung bewahrt werden. Diesem Zwecke diente in erster Linie die Schaffung des Reichsgesetzes vom 1. April 1889, RGBl. Nr. 52, das wiederum innerhalb gewisser Schranken der Landesgesetzgebung anheimstelle, durch besondere Vorschriften die Teilung landwirtschaftlicher Güter mittlerer Größe auszuschließen, und zugleich Erbteilungsvorschriften enthält, deren Einführung der Landesgesetzgebung überlassen bleibt. Das Landesgesetz vom 16. September 1903, Nr. 33, in der Fassung des Gesetzes vom 11. Juli 1930, BGBl. Nr. 235, für Kärnten begnügt sich damit, ohne im übrigen Teilungsbeschränkungen einzuführen, dafür zu sorgen, daß bei der gesetzlichen Erbfolge ein Miterbe den Hof übernimmt. Hier gilt also Anerbenrecht, aber nicht das eigentliche Höferecht. Gegenstand des Erbrechtes sind landwirtschaftliche, mit einem Wohnhaus versehene Bezitzungen (Höfe) mittlerer Größe (§ 1 RG.). In der Regel werden die Erben nicht Miteigentümer, der Hof wird auch nicht in natura geteilt oder versteigert. Bei der Erbteilung übernimmt der Anerbe den Hof für den lastenfreien Wert; bis zu dessen Höhe wird er Schuldner der Verlassenschaft. Geteilt wird also statt des Hofes der Übernahmspreis. Den Übernahmswert kann zunächst der Erblasser bestimmen, nur kann er nicht den Pflichtteil des Anerben durch eine zu hohe oder den des Miterben durch eine zu niedrige Bewertung schmälern (§ 11 RG.). In Ermanglung einer letztwilligen Verfügung entscheidet die Vereinbarung der Miterben. Der Eigenberechtigte kann vereinbaren, was er will, und der Vereinbarung des Pflegebefohlenen kann das Gericht die Genehmigung versagen. Kommt eine Vereinbarung nicht zustande - und das ist auch dann der Fall, wenn das Gericht die pflegschaftsbehördliche Genehmigung versagt - dann setzt das Abhandlungsgericht auf Grund einer Schätzung den Übernahmspreis nach billigem Ermessen fest, so "daß der Übernehmer wohl bestehen kann" (§ 7 RG., § 9 Kärntner HöfeG.).

Der Übernehmer wird also gewollt begünstigt. Die Erbengelder sind auf dem Hofe pfandrechtlich sicherzustellen. Der Anerbe muß sie nicht sofort auszahlen. Er kann die Festsetzung einer Frist von drei Jahren verlangen (§ 9 RG. und § 11 Kärntner HöfeG.). Von besonderem Wert sind die Beschränkungen des Pflichtteilsrechtes. Dieser wird nach dem vereinbarten oder gerichtlich bestimmten Übernahmswerte berechnet. Auch für die Auszahlung des Pflichtteiles gilt die für die Erbengelder überhaupt festgesetzte Frist (§ 13 RG., § 14 Kärntner HöfeG.). Die Ermittlung des Hofwertes dient dem Zwecke der Berechnung der Erbabfindungen, welche sich durch Teilung des nach Abzug der Hofschulden errechneten reinen Hofwertes ergeben. Dasselbe gilt für den Pflichtteil. Wenn die Parteien sich über die Frist, die Raten der Auszahlung und die mittlerweilige Verzinsung des den Miterben auszuzahlenden Betrages nicht einigen, so hat das Gericht hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden. Ebenso ist eine gütliche Einigung wegen der mittlerweiligen Sicherstellung der auszuzahlenden Beträge zu versuchen. Insoweit eine solche nicht zustandekommt, ist in der Einantwortung zu verfügen, daß das Eigentumsrecht des Übernehmers auf den zugewiesenen Hof nur bei gleichzeitiger pfandrechtlicher Sicherstellung der auszuzahlenden Beträge für die Miterben auf den Hof grundbücherlich eingetragen wird (§ 11 Kärntner HöfeG.).

Aus dem Gesagten folgt, daß neben Zinsen nicht noch Verzugszinsen und Haftgelder festzusetzen sind und auch die Bestimmung der Abfindungsgelder, bzw. des Hofwertes nicht offenbleiben kann. Das Rekursgericht verkennt, daß es sich beim Höferecht um eine Spezialregelung handelt, die vor allem dem Schutz des Hofübernehmers dient. Es würde in der Tat zu ganz ungereimten Ergebnissen führen, wenn die Abfindungsbeträge der weichenden Erben für lange, unabsehbare Zeit gar nicht bestimmbar wären, der Übernehmer also mit unliebsamen Überraschungen zu rechnen hätte. Die Vorschrift des § 11 Kärntner HöfeG. spricht deutlich genug aus, worauf sich das Gericht bei seiner Ermessensentscheidung zu beschränken hat. Wertsicherungsklauseln mögen heute in Verträgen zum Schutze des Gläubigers vielfach angewendet werden, daraus läßt sich aber noch nicht ableiten, daß solche Klauseln einseitig vom Gerichte dem Schuldner diktiert werden können. Da fehlt es an einer positiven gesetzlichen Vorschrift. Es wäre wohl auch nicht vertretbar, dem Schuldner das Risiko einer Geldentwertung ohne weiteres allein aufzubürden. Ganz unverständlich bleibt es, wieso das Rekursgericht aus der Bestimmung des § 14a Kärntner HöfeG. eine Möglichkeit zur Wertsicherung von Erbteilsforderungen abzuleiten glaubt. Abgesehen von dem im Revisionsrekurs mit Recht aufgezeigten Widerspruch der rekursgerichtlichen Begründung, ist nicht zu übersehen, daß die im § 14a Kärntner HöfeG. vorgesehene Möglichkeit einer Nachtragserbteilung eben deshalb geschaffen wurde, weil mit der Veräußerung des Erbhofes auch jeder Grund zur Schonung des Anerben wegfällt. Aus dieser Bestimmung kann somit für den Standpunkt des Rekursgerichtes nichts gewonnen werden, wohl aber rechtfertigt sie den Umkehrschluß, daß der weichende Erbe bei Nichtveräußerung an der Wertsteigerung des Hofes nicht teilzunehmen hat. Es unterliegt auch keinen Bedenken, dem Anerben die Auszahlung der Abfindungsbeträge noch vor Ablauf der dreijährigen Frist zu ermöglichen, weil auch die Fristenbestimmung in erster Linie dem Schutz des Hofübernehmers dient.

Das Erstgericht wird somit bei seiner neuerlichen Beschlußfassung auf die hier dargestellten rechtlichen Gesichtspunkte Bedacht zu nehmen haben.

Dem Rekurs konnte daher, soweit er den Spruch betrifft, kein Erfolg beschieden sein.

Anmerkung

Z24203

Schlagworte

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1951:0010OB00435.51.0822.000

Dokumentnummer

JJT_19510822_OGH0002_0010OB00435_5100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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