Norm
ABGB §586Kopf
SZ 24/208
Spruch
Stimmen die Aussagen der Testamentszeugen über den Inhalt des mündlichen Testamentes nicht überein, so betrifft dies die äußere Form des Testamentes; es ist daher der Testamentserbe gegen den gesetzlichen Erben auf den Rechtsweg zu verweisen.
Entscheidung vom 22. August 1951, 3 Ob 467/51.
I. Instanz: Bezirksgericht Oberwart; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
In dem Abhandlungsverfahren nach der am 1. Mai 1949 verstorbenen Julie Sch. haben sich ihre Schwester Maria Sch. unbedingt auf Grund des Gesetzes und die Eheleute Franz u. Johanna L. auf Grund eines angeblich im März 1949 mündlich errichteten Testamentes bedingt erbserklärt.
Alle Erbserklärungen wurden zu Gericht angenommen und es wurden mit Beschluß des Abhandlungsgerichtes die Testamentserben angewiesen, gegen die gesetzliche Erbin die Klage zur Bestreitung ihres Erbrechtes einzubringen.
Gegen die Verteilung der Parteirollen für den Erbrechtsstreit erhoben die Testamentserben Rekurs.
Das Rekursgericht änderte den Beschluß des Abhandlungsgerichtes in der Weise, daß es der gesetzlichen Erbin die Klägerrolle zuwies.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der gesetzlichen Erbin Folge und stellte den Beschluß des Abhandlungsgerichtes wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Wie der Oberste Gerichtshof wiederholt, zuletzt in der Entscheidung vom 24. Jänner 1951, 3 Ob 29/51, ausgesprochen hat, kann von der in § 126 Abs. 1 AußerstreitG. vorgesehenen Wertung der Erbrechtstitel und der dadurch bedingten Verteilung der Parteirollen für einen Erbrechtsstreit im Verhältnis von testamentarischen und gesetzlichen Erben nur abgegangen werden, wenn gegen den stärkeren Erbrechtstitel wegen seiner äußeren Form Bedenken bestehen. Wenn die behaupteten Mängel aber nur die sogenannte innere Form betreffen, kommt dem Testamentserben die Stellung des Beklagten zu. Die im § 586 ABGB. für die Gültigkeit eines mündlichen Testamentes verlangte Übereinstimmung der Testamentszeugen betrifft aber, wie der Oberste Gerichtshofes in der Entscheidung vom 18. April 1916, NotZ. 1916, S. 291, ausgesprochen hat, die äußere Form des mündlichen Testamentes.
Deswegen nun, weil die Aussagen der Testamentszeugen nicht darin übereinstimmen, ob die Erblasserin ihr ganzes Vermögen oder nur die ihr noch gehörigen Grundstücke zum Gegenstand einer letztwilligen Verfügung gemacht hat, kann nicht ein die Verteilung der Parteirollen beeinflussender Mangel angenommen werden. Denn wenn ein Erblasser über den wertvollsten Teil seines Nachlasses verfügt, ohne das übrige Vermögen zu erwähnen, kann nicht von vornherein eine Erbseinsetzung ausgeschlossen werden (vgl. EvBl. Nr. 3/1950).
Von anderer Bedeutung ist aber der Umstand, daß die vernommenen Zeugen auch darin nicht übereinstimmen, welche Person die Erblasserin bedacht hat. Während der Testamentszeuge Josef R. die Familie L. als die Bedachten bezeichnet und Gustav St. den Franz L. als den Bedachten erklärt, geben drei andere Testamentszeugen an, daß der Name des Bedachten nicht ausdrücklich genannt wurde, sondern die letztwillige Erklärung dahinging, es falle der Nachlaß dem zu, der den Wunsch der Erblasserin nach einer besonders feierlichen Form der Beerdigung (Mitwirkung von drei Priestern) erfüllt. Zwei von diesen drei Zeugen geben allerdings der Meinung Ausdruck, daß die Erklärung der Erblasserin, wenn auch ohne Namensnennung, auf Franz L. gemünzt war.
Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes kann in diesem sehr wesentlichen Punkt von einer Übereinstimmung der Testamentszeugen und daher von dem Vorliegen eines wesentlichen Gültigkeitserfordernisses nicht die Rede sein.
Aus diesen Erwägungen mußte dem Revisionsrekurs Folge gegeben und der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt werden.
Anmerkung
Z24208Schlagworte
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ECLI:AT:OGH0002:1951:0030OB00467.51.0822.000Dokumentnummer
JJT_19510822_OGH0002_0030OB00467_5100000_000