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21/01 Handelsrecht;Norm
BAO §188;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Twardosz LL.M., über die Beschwerde der K GmbH & Co KEG in G, vertreten durch Herburger & Allgäuer, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 6800 Feldkirch, Schloßgraben 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom 1. Oktober 2002, RV 1638/1-V6/02, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 2000, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist eine GmbH & Co KEG. Sie wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 19. November/3. Dezember 1997 errichtet, wobei einziger Komplementär die M-GmbH war. Ihr Gesellschaftskapital betrug 1 Mio S; es resultiert aus den Pflichteinlagen der sieben Kommanditisten (jeweils 83.333 S oder 166.667 S), welche zugleich deren Hafteinlagen darstellen. Der Unternehmensgegenstand der Beschwerdeführerin besteht in der Vermietung und Verpachtung von Liegenschaften.
Am 4. Oktober 2001 ist die M-GmbH als Komplementärin ausgeschieden und die K-GmbH als neue Komplementärin eingetreten.
Nachdem die Beschwerdeführerin in den Jahren 1997 bis 1999 einen Werbungskostenüberschuss aus Vermietung und Verpachtung von insgesamt ca 7 Mio S ermittelt hatte (der in den Feststellungsbescheiden für diese Jahre den Kommanditisten zugewiesen wurde), ergab sich für das Jahr 2000 ein solcher von 3,062.833 S. Im Bescheid vom 20. September 2001 betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für 2000 rechnete das Finanzamt diesen Verlust zur Gänze der Komplementärin (M-GmbH) zu. Zur Begründung wurde ausgeführt, die aus einem Werbungskostenüberschuss einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft resultierenden Verluste seien, soweit sie über die Hafteinlage der Kommanditisten hinausgingen, nicht ihnen, sondern dem Komplementär zuzurechnen. Der Gesellschaftsvertrag sehe keine Nachschusspflicht für die Kommanditisten vor.
In der Berufung gegen den Bescheid betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 2000 begehrte die Beschwerdeführerin die uneingeschränkte Zurechnung der Verluste an die Kommanditisten. Es wurde ein Nachtrag vom 10. August 2001 zum Gesellschaftsvertrag der Beschwerdeführerin vorgelegt, in welchem im Wesentlichen festgelegt ist:
"Die Gesellschafter können über die Beträge der Hafteinlage hinaus die Einforderung von weiteren Einzahlungen (Nachschüssen bis zum 15fachen der Vermögenseinlage) zum Zeitpunkt der Beschlussfassung durch die Gesellschafterversammlung festsetzen, welche Beträge innerhalb von 14 Tagen fällig werden."
In der Berufung wurde darauf verwiesen, dass diese gesellschaftsvertragliche Verpflichtung zur Leistung von Nachschüssen die für das Jahr 2000 festgestellten Verluste aus der Vermietung erheblich übersteige.
In der abweisenden Berufungsvorentscheidung führte das Finanzamt aus, der Nachtrag vom 10. August 2001 zum Gesellschaftsvertrag halte zwar einleitend fest, dass die Vertragsparteien unmittelbar nach Gründung der beschwerdeführenden KEG "mündlich die nachfolgenden Änderungen des Gesellschaftsvertrages vereinbart haben, die nunmehr nachfolgend schriftlich festgehalten werden." Nach Ansicht des Finanzamtes sei aber entscheidend, dass der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung zufolge lediglich die Möglichkeit bestehe, Nachschüsse festzusetzen. Daher liege keine ernst gemeinte Haftungserweiterungs- bzw Garantieerklärung vor.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Aufgrund des Nachtrages zum Gesellschaftsvertrag sei eine Erweiterung der Haftung der Kommanditisten über die Pflichteinlage hinaus zwar möglich, sie komme aber nur zum Tragen, wenn sich die Gesellschafter dazu aus freien Stücken entschlössen. Es werde nämlich weder der genaue Zeitpunkt noch die konkrete Höhe oder ein bestimmter Anlassfall für die Erweiterung der Haftung der Kommanditisten festgelegt. Selbst wenn, wie dies die Beschwerdeführerin in der mündlichen Berufungsverhandlung vorgebracht habe, ein solcher Beschluss mit einfacher Mehrheit gefasst werden könnte - solches gehe aber aus dem Nachtrag gar nicht hervor - , läge die tatsächliche Einforderung von weiteren Nachzahlungen im Ermessen der Gesellschafterversammlung. Daher könne von einer tatsächlich drohenden Inanspruchnahme der Kommanditisten nicht ausgegangen werden. Im Berufungsjahr sei daher eine über die Kommanditeinlage hinausgehende Nachschusspflicht bzw tatsächliche Haftung der Kommanditisten nicht gegeben und völlig ungewiss, ob eine solche Haftung jemals eintreten werde. Der Nachtrag zum Gesellschaftsvertrag sei nicht geeignet, eine Nachschusspflicht der Kommanditisten erkennen zu lassen. Die Gesellschafter hätten lediglich eine Haftungserhöhung festsetzen wollen, ohne dass faktisch eine höhere Haftung gegeben sei. Sie hätten erreichen wollen, dass einkommensteuerlich höhere Verlustzuweisungen vorgenommen werden.
Im Übrigen sei der Nachtrag zum Gesellschaftsvertrag im Jahr 2001 abgeschlossen worden. Da rückwirkende Rechtsgeschäfte für den Bereich des Steuerrechts grundsätzlich nicht anzuerkennen seien, könne die nach Ablauf des Berufungsjahres fixierte Gesellschaftervereinbarung im gegenständlichen Fall keine Bedeutung haben. Die Ausführungen, wonach der Nachtrag bereits unmittelbar nach Gründung der Beschwerdeführerin mündlich vereinbart worden sei, sei als bloße Zweckbehauptung zu werten.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 21. Februar 2001, 2000/14/0127 bis 0130, in Bezug auf eine KG ausgesprochen, dass die gesellschaftsrechtliche Haftungsbeschränkung des Kommanditisten einer vermögensverwaltenden KG die Zuweisung von über das Ausmaß seiner Hafteinlage hinausgehenden Verlusten steuerlich nicht zulasse, weil der Kommanditist dem seine Einlage übersteigenden Verlustanteil wirtschaftlich nicht zu tragen habe. Die steuerliche Verlustzurechnung an Kommanditisten sei von deren Haftung abhängig und daher bei Fehlen einer Nachschusspflicht mit der Einlage begrenzt. Da Kommanditisten auf Grund ihrer handelsrechtlichen Stellung nicht über mehr die Verfügungsmacht verlieren könnten als über ihre Einlage, finde der bei der Personengesellschaft erfolgte Abfluss von Ausgaben auf der Ebene der Gesellschafter für die Frage der Zuweisung des Verlustes im Ausmaß der Kommanditeinlage seine Grenze. Aus einem Werbungskostenüberschuss resultierende Verlustanteile könnten daher über die Einlage des Kommanditisten hinaus im Jahr der Entstehung nicht den Kommanditisten, sondern nur den Komplementär treffen. Verluste dürften einem Gesellschafter nur zugerechnet werden, wenn sie sich bei ihm wirtschaftlich belastend auswirken könnten. "Die Zurechnung des Werbungskostenüberschusses wird allerdings über die handelsrechtliche Haftung des Kommanditisten hinaus insoweit zu erfolgen haben, als diesem Gesellschafter insbesondere auf Grund einer ernst gemeinten Haftungserweiterungs- bzw. Garantieerklärung für die Gesellschaft eine Inanspruchnahme tatsächlich droht (Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 28 Tz 90)".
Dass die im zitierten Erkenntnis für die Kommanditgesellschaft getroffene Aussage für die Kommanditerwerbsgesellschaft entsprechend gilt, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 9. September 2004, 2002/15/0196, zum Ausdruck gebracht.
Von seiner Rechtsansicht betreffend die Verlustzuweisung bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften mit beschränkt haftenden Gesellschaftern abzugehen sieht sich der Verwaltungsgerichtshof durch den Beschwerdefall nicht veranlasst. Eine abweichende Beurteilung hat, entgegen dem Beschwerdevorbringen, auch nicht dann zu erfolgen, wenn im Gesellschaftsvertrag vereinbart ist, dass Gewinne und Verluste ausschließlich den Kommanditisten zugewiesen werden, oder wenn die Verluste aus der Abschreibung von Anschaffungskosten resultieren, zumal jede Form der steuerlich zu berücksichtigenden Abschreibung eine - möglicherweise erst in einer Folgeperiode eintretende - Abnutzung und Wertminderung des Vermögens zur Voraussetzung hat.
Für die Frage der Zurechnung eines Werbungskostenüberschusses an die Kommanditisten über die gesellschaftsvertraglich festgelegte Hafteinlage hinaus ist im Beschwerdefall entscheidend, ob die belangte Behörde zutreffend beurteilt hat, dass den Kommanditisten (trotz voll einbezahlter Pflichteinlagen und diese deutlich übersteigende Verlustzuweisungen in Vorjahren) im Hinblick auf den Nachtrag zum Gesellschaftsvertrag vom 10. August 2001 eine Inanspruchnahme für weiter gehende Verluste (des Jahres 2000) tatsächlich drohte. Entscheidend ist, ob aufgrund der Situation im Jahr 2000 die Kommanditisten im Ernstfall für den Verlust einzustehen hatten.
In dem dem hg Erkenntnis 2002/15/0196 zugrunde liegenden Fall haben sich die Kommanditisten (und die KEG) der Hauptgläubigerin der KEG gegenüber vertraglich verpflichtet, im Fall von wirtschaftlichen Schwierigkeiten auf deren Verlangen eine Gesellschaftsvertragsänderung vorzunehmen, die zur Nachschusspflicht führt. Der Gerichtshof hat darauf verwiesen, dass es nicht erkennbar sei, aus welchem Grund die Hauptgläubigerin (Bank, die ca 82 Mio S Kredit gewährt hatte) von der ihr eingeräumten Befugnis nicht Gebrauch machen sollte, wenn die Bedienung der Kredite durch die KEG nicht mehr hinreichend sichergestellt sein sollte. Bei einer solchen Konstellation treffe es nicht zu, dass die Kommanditisten nicht mit der Inanspruchnahme für Verluste der Beschwerdeführerin rechnen müssten.
Im Beschwerdefall bedarf es hingegen eines (freien) Beschlusses der Kommanditisten (Gesellschafterversammlung), um eine Nachschussverpflichtung dieser Kommanditisten zu begründen (im Gesellschaftsvertrag wird das Stimmrecht der Komplementärin ausgeschlossen). Unabhängig von der Frage, ob der Gesellschafterbeschluss einstimmig oder mit einfacher Mehrheit zu fassen ist, ist entscheidend, dass es ausschließlich von einem Willensakt von Personen mit gleicher Interessenlage (Kommanditisten) abhängt, ob eine diese Kommanditisten betreffende Nachschusspflicht (in der Zukunft) begründet wird. Der Beschwerdefall unterscheidet sich sohin maßgeblich von dem dem hg Erkenntnis 2002/15/0196, zu Grunde liegenden Fall, bei welchem der außerhalb des Gesellschaftsverhältnisses stehende Hauptgläubiger (Bank) Nachschüsse der Kommanditisten erzwingen konnte.
Schon deshalb kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegen getreten werden, wenn sie bei der im Beschwerdefall gegebenen Vertragslage im Hinblick auf die in den Vorjahren erfolgten, die Pflicht- bzw Hafteinlage deutlich übersteigenden Verlustzuweisungen davon ausgegangen ist, dass im Streitjahr 2000 für die Kommanditisten eine latente Gefahr des Einstehensmüssens für weitere Verluste nicht bestanden hat, eine solche vielmehr erst gegeben ist, wenn ein entsprechender Gesellschafterbeschluss gefasst ist.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war somit gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Von der Durchführung einer Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 24. Februar 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003150070.X00Im RIS seit
13.04.2005