Norm
ABGB §833Kopf
SZ 24/246
Spruch
Wenn die Ehegattin bei einer Gütergemeinschaft unter Lebenden ihrem Manne die Verwaltung ihres Vermögens durch Widerspruch entzieht, steht ihr gemäß § 833 ABGB. Besitz und Verwaltung des gemeinschaftlichen Vermögens gemeinsam mit ihrem Ehemann zu. Für einen Ausspruch dieser kraft Gesetzes eintretenden Wirkung durch den Außerstreitrichter fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage.
Entscheidung vom 26. September 1951, 3 Ob 473/51.
I. Instanz: Bezirksgericht Hollabrunn; II. Instanz: Kreisgericht Korneuburg.
Text
Das Erstgericht verwies die Antragstellerin mit ihrem Antrage, ihr als Miteigentümerin zur Hälfte der Liegenschaften EZ. 1500 und 348, Grundbuch R., und EZ. 2035, Grundbuch H., die Verwaltung dieser Liegenschaften miteinzuräumen und auszusprechen, daß der Antragsgegner zur Verwaltung derselben nur mit ihr gemeinsam, bzw. nur beschränkt auf seinen Hälfteanteil befugt sei, auf den Rechtsweg. Es stellte fest, daß die Parteien mit Notariatsakt eine allgemeine Gütergemeinschaft unter Lebenden über ihr gesamtes gegenwärtiges und zukünftiges Vermögen errichtet haben und daß sich der Antrag nicht auf freies, sondern auf gebundenes Vermögen der Antragstellerin beziehe. Nach Meinung des Erstgerichtes sei daher, wenngleich die Antragstellerin Widerspruch gegen die Verwaltung des Mannes gemäß § 1238 erhoben habe, nicht diese Gesetzesstelle, sondern § 1241 ABGB. anzuwenden. Die Frage, ob die Voraussetzungen der letzteren Gesetzesstelle vorlägen, könne jedoch nicht im Verfahren außer Streitsachen geklärt werden, weil hiezu ein förmliches Beweisverfahren notwendig sei, weshalb die Antragstellerin gemäß § 2 Z. 7 AußstrG. auf den Rechtsweg zu verweisen sei.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß.
Der Oberste Gerichtshof wies den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der außerordentliche Revisionsrekurs erblickt eine offenbare Gesetzwidrigkeit darin, daß die Vorinstanzen die Antragstellerin auf den Rechtsweg verwiesen haben, obwohl die Entscheidung über den Antrag im Verfahren außer Streitsachen zu erfolgen habe und die Verweisung auf den Rechtsweg nur dann zulässig sei, wenn diese Verweisung als ultima ratio in Betracht komme; im vorliegenden Falle sei aber ein formelles Beweisverfahren entbehrlich, weil aus den vorgelegten gerichtlichen Urkunden sich bereits ergebe, daß die Voraussetzungen des § 1241 ABGB. vorlägen. Außerdem sei nicht § 1241, sondern § 1238 ABGB. anzuwenden.
Es ist dem außerordentlichen Revisionsrekurs beizupflichten, daß, wie sich aus § 1237 ABGB. und der Marginalrubrik bei § 1237 ABGB. ergibt, unter dem Begriff "freies Vermögen" im Sinne des § 1238 ABGB. das eigene Vermögen der Ehegattin zu verstehen ist, also das Vermögen, über welches sie frei zu verfügen berechtigt ist. Die Ehegattin ist zwar nicht berechtigt, dem Ehegatten die Verwaltung jenes Vermögens nach § 1238 ABGB. zu entziehen, welches sie unter Wahrung ihres Eigentums dem Manne als Heiratsgut bestellt hat und an welchem ihm gemäß § 1227 ABGB. der Fruchtgenuß gebührt. Die Gütergemeinschaft unter Lebenden macht aber das Vermögen der Gattin nicht zu einem gebundenen, die Hälfte des der Gütergemeinschaft unterzogenen Vermögens bildet zwar kein Alleineigentum, wohl aber ein Sondergut, ein freies Vermögen jedes Ehegatten. Auf die Gütergemeinschaft unter Lebenden finden nicht die Bestimmungen der §§ 1234 ff., die sich auf die Gütergemeinschaft auf den Todesfall beziehen, sondern die Grundsätze des 16. und 27. Hauptstückes des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches Anwendung. Hat die Ehegattin bei einer Gütergemeinschaft unter Lebenden dem Ehemann die Verwaltung durch Widerspruch gemäß § 1238 ABGB. entzogen, so steht ihr gemäß § 833 ABGB. gemeinsam mit dem Ehemann der Besitz und die Verwaltung des gemeinschaftlichen Vermögens zu (GlU. 14868, GlUNF. 2407, SZ. X/196, siehe auch GlUNF. 2224 und 2332). Diese Wirkung des Widerspruches nach § 1238 ABGB. tritt aber ex lege ein. Für einen Ausspruch dieser Wirkung im Verfahren außer Streitsachen fehlt jede gesetzliche Grundlage. Sollte sich der Antragsgegner weigern, der Antragstellerin die dieser gemäß § 835 ABGB. zustehende gemeinschaftliche Verwaltung zu überlassen, was sich aus dessen Stellungnahme im Verfahren ergibt, so kann die Antragstellerin die Einräumung der gemeinsamen Verwaltung nur im Rechtswege durchsetzen, ebenso wie sie die Bestellung eines Verwalters der gemeinsamen Sache nur im Rechtswege begehren könnte.
Wenn auch nun die Gründe für die Entscheidungen der Untergerichte nicht zutreffen, so beruht doch die Verweisung der Antragstellerin auf den Rechtsweg aus den vorangeführten Gründen nicht auf einer offenbaren Gesetzwidrigkeit, weshalb der außerordentliche Revisionsrekurs mangels der Voraussetzungen des § 16 AußstrG. zurückzuweisen war.
Anmerkung
Z24246Schlagworte
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ECLI:AT:OGH0002:1951:0030OB00473.51.0926.000Dokumentnummer
JJT_19510926_OGH0002_0030OB00473_5100000_000