TE Vwgh Erkenntnis 2005/2/24 2004/07/0155

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Veröffentlicht am 24.02.2005
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
10/10 Grundrechte;
19/05 Menschenrechte;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

ABGB §365;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
MRKZP 01te Art1 Abs1;
StGG Art5;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §12 Abs3;
WRG 1959 §60 Abs1 litc;
WRG 1959 §60 Abs1;
WRG 1959 §63 litb;
WRG 1959 §63;
WRG 1959 §64;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde 1. der Anna F,

2. des Florian F und 3. der Maria F, alle in K, alle vertreten durch Goldsteiner & Strebinger Rechtsanwaltspartnerschaft GmbH, 2483 Ebreichsdorf, Wiener Straße 3, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 26. August 2004, Zl. UW.4.1.6/0391-I/5/2004, betreffend Zwangsrechtseinräumung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde K, vertreten durch den Bürgermeister),

Spruch

1. den Beschluss gefasst:

Die von der Drittbeschwerdeführerin erhobene Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Drittbeschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

2. zu Recht erkannt:

Auf Grund der von der Erstbeschwerdeführerin und dem Zweitbeschwerdeführer erhobenen Beschwerde wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Erstbeschwerdeführerin und dem Zweitbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

Der mitbeteiligten Partei (MP) wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich (LH) vom 11. Mai 1956 die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung einer Quellwasserversorgungsanlage erteilt.

Mit Eingabe vom 29. Juni 2001 beantragte die MP beim LH die Einräumung eines Zwangsrechtes zum Einbau eines Wasserleitungsschiebers auf dem Grundstück Nr. 722, KG K, und begründete diesen Antrag damit, dass der Einbau des Schiebers aus Gründen der Trinkwasserversorgung aller Ortsbewohner erforderlich sei und die Zustimmung der Grundeigentümer nicht habe erreicht werden können.

Dieses Grundstück steht im grundbücherlichen Eigentum der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers. Deren Tochter, die Drittbeschwerdeführerin, ist Pächterin der genannten Liegenschaft.

Der vom LH um Stellungnahme ersuchte Amtssachverständige für Wasserbautechnik Dipl. Ing. Sch. gab mit Schreiben vom 6. September 2001 folgende Äußerung ab:

"... Absperrarmaturen sind in einem Wasserleitungsnetz u.a. erforderlich, um bei Rohrgebrechen die Versorgungssicherheit gewährleisten zu können. Durch 'Abschiebern' kann der Zulauf von Wasser zur schadhaften Stelle rasch unterbrochen und die Versorgung wieder hergestellt werden.

Mit der Länge eines Rohrabschnittes steigt natürlich auch die Gefahr eines Gebrechens, insbesondere bei älteren Rohrleitungen, wie dies im Abschnitt vom Hochbehälter 'Morgenbesser' bis zur Siedlung in der Maierhöfenstraße der Fall ist.

Die vorgesehene Einbaustelle befindet sich knapp nach dem letzten Hausanschluss und unmittelbar vor einer Gerinnequerung auf einem unbefestigten Zufahrtsweg zum Hochbehälter Morgenbesser. Nach der Gerinnequerung wird die Neigung des Weges steiler.

...

Aus technischer Sicht erscheint es sinnvoll, den Schieber auf dem Weg auf Gst. Nr. 722 zu situieren, es kann dadurch die Bachquerung als potentieller Gefahrenherd ausgeschaltet werden, außerdem ist eine bessere Begehbarkeit und Bedienbarkeit des Schiebers besonders im Winter möglich.

Der Einbau des Schiebers an der von der Marktgemeinde K beabsichtigten Stelle ist daher aus technischer Sicht gegenüber anderen Situierungen zu bevorzugen, da einerseits die bestmögliche Versorgungssicherheit erreicht und andererseits die Auswirkungen eines Rohrbruches minimiert werden.

In diesem Zusammenhang sei auch auf den Schlussentwurf der Europäischen Norm 'prEN' 805, Punkt 8.5.4.3 verwiesen, wonach die Anordnung von Absperrarmaturen so zu erfolgen habe, dass das Absperren im Notfall leicht möglich sei.

Dem Schreiben des ZI DI R ist außerdem zu entnehmen, dass der Schieber mit einer geländegleich eingebauten, befahrbaren Schieberabdeckkappe (Durchmesser ca. 15 cm) versehen wird. Der Schieber wird also nicht in einem eigenen Schieberschacht untergebracht, sondern unter geringem Platzbedarf mittels Einbaugarnitur installiert. Nachdem im Ausbauzustand nur die Schieberkappe auf dem Weg sichtbar ist und die Nutzung eines Weges üblicherweise in dessen Befahrung zu sehen ist, ergeben sich für den Grundeigentümer aus technischer Sicht keinerlei Nachteile. Allein für die Dauer des Einbaus kann der Weg in diesem Abschnitt nicht befahren werden."

Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer sprachen sich gegen den Antrag der MP mit der Begründung aus, dass der Schieber ebenso gut an einer anderen Stelle der Rohrleitung, so z.B. auf gemeindeeigenen Grundstücken, eingebaut werden könne und eine Wertminderung für das Grundstück der genannten Beschwerdeführer darstelle (Stellungnahme vom 2. Oktober 2001).

In der mündlichen Verhandlung vom 25. Oktober 2001, woran (u.a.) die Drittbeschwerdeführerin in Vertretung der übrigen Beschwerdeführer teilnahm, führte der Amtssachverständige Dipl. Ing. Sch. ergänzend aus, dass die von den Beschwerdeführern genannten alternativen Stellen zum Einbau des Schiebers aus technischer Sicht folgende Nachteile hätten:

"Der vorgeschlagene Einbau oberhalb der Bachquerung würde neben den in der Stellungnahme vom 06.09.2001 genannten Nachteilen nur einen Teil des Leitungsabschnittes vom Hochbehälter zum letzten Hausanschluss schützen, insbesondere ist außerdem auf den gefährdeten Bereich der Bachquerung hinzuweisen.

Der Einbau unterhalb des letzten Hausanschlusses auf öffentlichem Grund hätte den Nachteil, dass bei einem Gebrechen dieses letzte Haus (Fam. S) auf Grund der Absperrung nicht versorgt werden könnte. Eine Versorgung wäre dann nur nach Verlegung des Hausanschlusses möglich.

Zur Frage nach einer möglichen Wertminderung des Grundstückes, auf dem der Schieber eingebaut werden soll, ist wiederholt festzuhalten, dass die Befahrung des Weges in keiner Weise beeinträchtigt und die Schieberkappe (Querschnitt ca. 15 cm Durchmesser) derart eingebaut werden kann, dass optisch keine Änderung des Wegaufbaues erkennbar ist (Schieberkappe kann je nach Bedarf überdeckt werden)."

Die MP erklärte in dieser Verhandlung, es ergebe sich die Notwendigkeit des Einbaus des Schiebers an der vorgesehenen Stelle auf Grund des öffentlichen Versorgungsauftrages und der damit zusammenhängenden Störfallvorsorge und des (Gebotes eines) möglichst kostensparenden Ressourceneinsatzes an Budget und Wasserverbrauch.

In ihrer Stellungnahme vom 6. November 2001 brachten die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer ergänzend vor, die Eigentumsbeschränkung bestehe außer der Wertminderung hauptsächlich darin, dass der Wasserschieber bei der Bearbeitung dieses Waldgrundstückes behindere, weil in diesem Bereich Holz gelagert werde. Das Holz müsse dort gelagert werden, weil es nur von dieser Stelle aus abtransportiert werden könne. Auch das Aufstellen und Arbeiten mit Fahrzeugen, wie z.B. Traktor, Holzanhänger, Holzbearbeitungsmaschinen, usw., sei in diesem Bereich notwendig. Durch den Einbau auf gemeindeeigenem Grund würde auch eine Erleichterung der Betätigung für die Gemeinde erreicht.

In einer Stellungnahme vom 6. Dezember 2002 brachte die Drittbeschwerdeführerin (u.a.) vor, dass sich für das vom Amtssachverständigen genannte letzte Haus (gemeint: der Fam. S) keine Nachteile ergäben, wenn der Wasserschieber 5 m weiter unterhalb auf gemeindeeigenem Grundstück installiert werde. Wolle die Gemeinde den letzten Hausanschluss auch absperren, bestehe die Möglichkeit, den Hausanschluss kostengünstig bei Einbau des Schiebers gleichzeitig 5 m nach vor zu verlegen. Alle übrigen Schieber auf der Mstraße seien in der Straße eingebaut. Bei Einbau des Schiebers auf dem öffentlichen Grundstück werde eine bessere Begehbarkeit und Bedienbarkeit für die Gemeinde erreicht. Nach wie vor könne sie keine zwingende Notwendigkeit für diesen Schieber erkennen, weil die Wasserleitung 40 Jahre ohne diesen Zusatz funktioniert habe.

Mit Bescheid des LH vom 14. März 2003 wurde der MP unter Spruchabschnitt I "(Bewilligung)" gemäß den §§ 10, 11, 12, 13, 14, 99, 105 und 111 Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 die wasserrechtliche Bewilligung für die Adaptierung der Wasserversorgungsanlage durch Einbau eines Schiebers (Absperrvorrichtung) in die Hauptwasserleitung zum Hochbehälter "Morgenbesser" auf Grundstück Nr. 722, KG K, 26 m nach dem bestehenden Hausanschluss "S" und 6,5 m von der nordöstlichen Grundstücksecke des Grundstücks Nr. 728/2, KG K, (Richtung Hochbehälter "Morgenbesser") entfernt nach Maßgabe des zu Grunde liegenden, mit der Bezugsklausel versehenen Projektes und der folgenden Auflagen erteilt:

"1. Die Grabarbeiten und der Einbau des Schiebers haben so zu erfolgen, dass das betroffene Grundstück auf die kürzest notwendige Dauer in Anspruch genommen wird sowie die Nutzung der restlichen Grundstücksteile durch die Grundeigentümer möglichst wenig behindert wird.

2. Die Schieberkappe ist so in den Straßenuntergrund einzubauen bzw. das Gelände so wiederherzustellen, dass nach Fertigstellung der Arbeiten keine Beeinträchtigung bei der Nutzung und Befahrung des Grundstückes, mit Ausnahme der Erreichbarkeit des Schiebers, eintreten kann.

3. Die Lage des Schiebers ist der Grundeigentümerin nachweislich bekannt zu geben und durch eine Hinweistafel zu kennzeichnen."

Ferner wurde mit diesem Bescheid unter Spruchabschnitt II. "(Zwangsrecht)" gemäß den §§ 10, 60 Abs. 1 lit. c iVm § 63 lit. b, §§ 99 und 105 WRG 1959 zu Lasten des Grundstückes Nr. 722 folgende Dienstbarkeit zu Gunsten der MP eingeräumt:

"Die Eigentümer des durch das unter Spruchabschnitt I wasserrechtlich bewilligte Vorhaben betroffenen Grundstückes Nr. 722, KG K, werden verpflichtet, die Errichtung, den Bestand, den Betrieb und die Instandhaltung des unter Spruchteil I bewilligten Anlagenteiles (Wasserschieber) zu dulden.

Mangels Eintritt eines zusätzlichen Schadens entfällt die Festsetzung einer Entschädigung."

In seiner Bescheidbegründung führte der LH zusammenfassend aus, dass dem öffentlichen Interesse an der gesicherten Versorgung aller angeschlossenen Liegenschaften im Gebrechensfall die geplante Beeinträchtigung des Grundstückes, nämlich die Errichtung des Schiebers durch einen Einbausatz an einer ohnehin bereits durch eine bestehende Leitungsservitut zu Gunsten der MP belasteten Stelle, welche sich auf einen verbleibenden Schieberdeckel auf Grundstücksniveau beschränke, gegenüberstehe. Diese Beeinträchtigung verändere oder hindere nicht die bisherige Nutzung des Grundstückes. Stelle man diese beiden Interessen unter dem Aspekt, dass bereits eine Leitungsservitut für die Hauptleitung existiere, in welche der Schieber eingebaut werden solle, gegenüber, so überwiege das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Versorgung das Interesse der belasteten Grundeigentümer. Das Bestehen einer Leitungsservitut sei auch das ausschlaggebende Argument, dass der Eingriff (Schiebereinbau) als geringfügiger anzusehen sei als die Verlegung des letzten Hausanschlusses und der Einbau des Schiebers auf öffentlichem Grund (Straße). Neben dem Mehraufwand für die technisch schwierigere Herstellung (Asphaltstraße) mit allen sich daran knüpfenden Belastungen für den öffentlichen Verkehr sei damit zwangsläufig auch ein Eingriff in die Rechte des Eigentümers des letzten anschließenden Hauses verbunden. Die Verneinung eines Entschädigungsanspruches stütze sich auf die Stellungnahmen des Amtssachverständigen und auch auf die Tatsache, dass die Wasserleitung ohnehin bereits rechtmäßig über das Grundstück verlaufe und der Einbau des Schiebers eine geringfügige technische Abänderung darstelle. Ein Entschädigungsanspruch sei daher nicht gegeben.

Gegen diesen Bescheid erhob die Drittbeschwerdeführerin unter Hinweis auf ihre Stellung als bevollmächtige Vertreterin der Grundeigentümer, der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers, Berufung mit dem Vorbringen, dass es sich bei dem Grundstück um ein Waldgrundstück handle und die vorgesehene Einbaustelle genau an jenem Platz liege, den sie bisher zur Lagerung des geschlägerten Holzes verwendet habe, was in Zukunft nicht mehr möglich wäre. Die Lagerung sei nur in diesem Bereich möglich, weil das Holz nur von hier aus abtransportiert werden könne. In unmittelbarer Nähe befinde sich ein öffentliches Straßengrundstück. Der Einbau des Schiebers dort sei von der Lage her genauso effektiv wie auf ihrem Grundstück.

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (die belangte Behörde) zog den wasserbautechnischen Amtssachverständigen Dipl. Ing. P. bei und beauftragte ihn, dazu, ob die Situierung des Absperrschiebers auf dem Grundstück Nr. 722 aus wasserbautechnischer Sicht erforderlich sei, Stellung zu nehmen. Dieser Amtssachverständige führte in seinem Gutachten vom 2. Dezember 2003 Folgendes aus:

"... Die grundsätzliche Notwendigkeit einer Unterteilung von Wasserversorgungsnetzen in entsprechende Abschnitte ist aus Versorgungs- bzw. Störfallsicherungsgründen jedenfalls gegeben und als Stand der Technik anzusehen. Daher ist die Nachrüstung des gegenständlichen Wasserversorgungsnetzes mit einem Absperrschieber im strategisch wichtigen Übergangsbereich zwischen Siedlungsgebiet und Transportleitung vom Hochbehälter aus fachlicher Sicht erforderlich.

Eine Situierung des Absperrschiebers östlich der Querung des Maierhöferbaches kommt jedoch aus ho. fachlicher Sicht aus folgenden Gründen nicht in Frage:

-

Das Gelände jenseits der genannten Bachquerung ist steil und daher sowohl für den Einbau als auch für die Bedienung des Schiebers schlecht zugänglich (insbesondere im Winter).

-

Mit dieser Einbaustelle müsste ebenfalls Privatgrund in Anspruch genommen werden. Sie liegt darüber hinaus weit abseits von Weg- bzw. Straßenflächen.

Bei einer Situierung des Absperrschiebers im Bereich der angrenzenden öffentlichen Straße (Parz. Nr. 729/31, KG K) gelten nach ho. Ansicht dieselben fachlichen Argumente wie für die Einbaustelle auf Parz. Nr. 722, KG K, laut dem gegenständlichen Bescheid, und zwar:

-

Die Zugängkeit ist sowohl am Zufahrtsweg zum Hochbehälter (Parz. Nr. 722) als auch auf der öffentlichen Straße (Parz. Nr. 729/31) gegeben. Eine Situierung auf öffentlichem Gut hätte sogar den Vorteil, dass diese Fläche durch den Winterdienst schneefrei gehalten wird, was auf dem privaten Weg nicht in dem Maße der Fall sein wird. Dem stehen allerdings etwas höhere Herstellungskosten gegenüber, da im Straßenbereich den Verkehrsbelastungen Rechnung zu tragen ist (Aushub und Wiederherstellung der Frost-, Trag- und Verschleißschicht, entsprechende Verdichtung etc.). Das Argument der Berufungswerber, dass die Einbaustelle auf Parz. Nr. 722 für Holzlagerungen benötigt wird, kann aus ho. Sicht nicht nachvollzogen werden, da der Fahrweg zum Hochbehälter, in welchem der Schieber zu liegen käme, befahrbar (frei von Ablagerungen) zu halten ist.

-

Die Wahl der Absperrstelle oberhalb oder unterhalb des letzten Hausanschlusses bewirkt lediglich, dass der Hausanschluss entweder dem unteren oder dem oberen Teilabschnitt der Versorgungsleitung zugeordnet wird. Je nach dem, in welchem Teilabschnitt ein allfälliges Rohrgebrechen auftritt, muss der entsprechende Abschnitt durch Abschiebern außer Betrieb genommen werden.

Ob sich für diesen genannten letzten Hausanschluss (Parz. Nr. 728/2) bei der einen oder anderen Teilabschnittzuordnung ein Vorteil ergibt, hängt davon ab, ob in einem Abschnitt häufiger Schadensfälle zu erwarten sind als im jeweils anderen Abschnitt. Eine derartige Abschätzung ist jedoch fachlich schwer begründbar.

Zusammenfassend ist daher aus der Sicht des Unterfertigten festzustellen, dass für eine Situierung des Absperrschiebers auf Grundstück Nr. 722, KG K, und somit für die Einräumung eines Zwangsrechtes keine ausreichende sachliche Begründung gefunden werden kann."

Die MP nahm mit Schreiben vom 18. Dezember 2003 zu diesem Gutachten dahin Stellung, dass der Schieber dazu diene, die Hauptleitung absperren zu können, wenn der Hochbehälter zu reinigen oder zu reparieren sei, und, wenn der Schieber an der beantragten Stelle eingebaut würde, das letzte Haus mitversorgt werden könnte, ansonsten es für einige Tage ohne Wasser sein bzw. notdürftig von der Feuerwehr versorgt werden müsste.

Die Drittbeschwerdeführerin brachte mit Schreiben vom 7. Jänner 2004 (u.a.) vor, auf das Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen zu verweisen, wonach durch den Einbau des Wasserschiebers auf öffentlichem Grund der gleiche Erfolg zu erzielen sei und sich dadurch sowohl für die Gemeinde als auch für den letzten Hausanschluss größere Vorteile ergäben, weil der Wasserschieber bei jeder Jahreszeit auf der Straße, besser bedient werden könne. In der Siedlung unterhalb des letzten Hausanschlusses sei die Wasserleitung früher errichtet worden, und deshalb seien dort auch häufiger Schadensfälle zu erwarten.

Die MP ergänzte ihre Stellungnahme mit Schreiben vom 29. Jänner 2004 (u.a.) wie folgt:

"...

In den Jahren 1997 bis 2003 musste die Marktgemeinde K die komplette Wasserversorgung erneuern, wobei auch die beiden Hochbehälter nach 40 Jahren einer kompletten Sanierung unterzogen werden mussten (ein zweiter Hochbehälter ist auf der gegenüberliegenden Hangseite des Krumbachtales im Bereich vom Schloss K situiert). Jeder der beiden Hochbehälter war monatelang außer Betrieb und musste dafür abgesperrt werden.

Es war daher notwendig, im Jahr 2000 einen Absperrschieber einzubauen; als bestgeeigneter Standort wurde die strittige Position am Zufahrtsweg gewählt: eine ebene Fläche und das Haus davor kann auch mitversorgt werden (zwischen Zufahrtsweg und Hochbehälter gibt es nur sehr steiles Gelände und eine Bachquerung).

...

Die Gemeinde benötigt nun unbedingt einen Absperrschieber für den Hochbehälter, weil jederzeit ein Gebrechen oder Verunreinigungen auftreten können. Wir haben auch eine moderne Steuerung unseres kompletten Versorgungssystems (zwei Brunnen, zwei Hochbehälter) eingerichtet. Es kann jederzeit zu einer tage- bzw. wochenlangen Sperre des Hochbehälters kommen.

Wenn nun der Absperrschieber vorne auf der Mstraße errichtet wird, hat das letzte Haus der Familie S dann während der Sperre keine Wasserversorgung; es müsste in diesem Fall ein Tankwagen der Feuerwehr hingestellt werden, weil ja auch kein größerer Behälter im Haus vorhanden ist, der gefüllt werden könnte.

Das wären sicher enorme Kosten und eine unnötige Sekkiererei der Familie S. ...

Die Gemeinde ist verpflichtet, alle angeschlossenen Häuser und so auch das Haus der Fam. S mit Trinkwasser zu versorgen, und zwar in einer für den Abnehmer zumutbaren Weise. ...

Ich sehe daher im Gegensatz zu ihrem Sachverständigen sehr wohl einen großen Unterschied zwischen beiden Möglichkeiten des Schieberstandortes: sowohl höhere Herstellungskosten als auch unnötige Benachteiligung der Familie S und auch enorme Versorgungskosten im Anlassfalle.

...

Das Siedlungsgebiet endet für mich nach dem letzten Haus; da Ihr Sachverständiger auch betont, dass ein Einbau des Schiebers östlich des Baches nicht in Frage kommt, ergibt sich daher auch aus meiner Sicht zwingend die Notwendigkeit des Einbaues an der von uns vorgesehenen Stelle.

..."

Zu den Äußerungen der Drittbeschwerdeführerin und der MP erstattete der Amtssachverständige Dipl. Ing. P. das ergänzende Gutachten vom 16. März 2004, in dem er Folgendes ausführte:

"Die MG K weist in ihrer Stellungnahme vom 29.1.04 besonders darauf hin, dass der Strangabschnitt oberhalb des strittigen Absperrschiebers vor allem wegen Gebrechen am oder Verunreinigung des Hochbehälters öfters außer Betrieb zu nehmen sein wird als der Strangabschnitt unterhalb des gegenst. Absperrschiebers. Diese Argumente treffen nach Ansicht des Unterfertigten aus folgenden Gründen nicht zu:

-

Der Hochbehälter wurde, wie dem Schreiben der MG K zu entnehmen ist, erst vor kurzem einer kompletten Sanierung unterzogen. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass ein derartiger Sanierungsfall mit erforderlicher Abschieberung der angrenzenden Leitungsbereiche nicht so bald wieder durchgeführt werden muss.

-

Für planmäßige Außerbetriebnahmen des Hochbehälters für Reinigungsarbeiten und sonstige Arbeiten im Behälter stehen ja auch die gemäß dem bewilligten Projekt vorgesehenen Absperreinrichtungen in der Schieberkammer des Hochbehälters selbst zur Verfügung.

Die Schlussfolgerung in der ho. Stellungnahme vom 2.12.03, dass für die Einräumung eines Zwangsrechtes keine ausreichende sachliche Begründung gefunden werden kann, wird daher aufrechterhalten."

In ihrer Stellungnahme vom 23. April 2004 zu diesem Gutachten beharrte die MP auf ihrem Standpunkt und ersuchte um einen Besprechungstermin mit dem zuständigen Beamten der belangten Behörde und dem Amtssachverständigen. Die belangte Behörde führte am 17. Mai 2004 die von der MP angeregte Besprechung durch, woran auch der Amtssachverständige Dipl. Ing. P. teilnahm.

Mit Schreiben vom 14. Juni 2004 legte die MP einen Wasserleitungsnetzplan und eine Kostenaufstellung für eine Notversorgung des Hauses S vor und brachte dazu vor, dass ein Schaden oberhalb des gewünschten Schiebers ein längeres und kostenintensiveres Ereignis darstelle (Bachquerung, steiles Gelände, Verrohrung Hochbehälter), als wenn unterhalb ein Schaden auftrete. Im Fall eines Schadens oberhalb müsste das Haus S auf einige Zeit notversorgt werden mit einer Schlauchverbindung vom nächstgelegenen Hydranten (ca. 80 m entfernt). Dazu habe die Planungsfirma Dipl. Ing. R. einen Kostenvoranschlag zusammengestellt (Beilage). Zu den Kosten kämen die Unannehmlichkeiten und Einschränkungen für die Fam. S, wobei Trinkwasser in Mineralwasserform bereit gestellt werden müsste.

Der Amtssachverständige Dipl. Ing. P. erstattete sodann das ergänzende Gutachten vom 13. Juli 2004 mit folgendem Inhalt:

"Bei der bisherigen Beurteilung, ob ein Standort des gegenständlichen Absperrschiebers oberhalb oder unterhalb des Hausanschlusses des Objektes auf Parz. Nr. 728/2 (S) betriebliche bzw. wirtschaftliche Vor- bzw. Nachteile bringt, wurde von der Häufigkeit zu erwartender Störfälle und den damit verbundenen Versorgungsunterbrechungen dieses Hausanschlusses ausgegangen. Diesbezüglich konnten keine gravierenden Unterschiede der beiden Varianten festgestellt werden und damit auch keine entscheidenden Argumente für eine Zwangsrechtseinräumung auf Parz. Nr. 722, KG K.

Im Zuge der Besprechung am 17.05.2004 wurden nun von Bürgermeister DI T noch folgende Argumente vorgebracht:

-

Im Falle eines Rohrgebrechens oberhalb des gegenständlichen Absperrschiebers ist mit einer wesentlich längeren Außerbetriebnahme des Strangabschnittes zu rechnen gegenüber einem Schadensfall im Straßenbereich. Dies wird damit begründet, dass der obere Strangbereich im steilen Gelände verläuft und auch eine Bachquerung beinhaltet. Eine Bauführung unter den genannten Begleitumständen ist daher wesentlich schwieriger und entsprechend zeitaufwendig (Zufahrt, Einsatz von Spezialmaschinen, Wasserhaltung, teilweise händische Arbeit erforderlich etc.).

-

Auf Grund dieser längeren Reparaturdauer ist für den Fall, dass im betroffenen Strangabschnitt auch der genannte Hausanschluss (bei Situierung des gegenständlichen Absperrschiebers unterhalb des HA S) inkludiert ist, eine Notversorgungsleitung vom letzten Hydranten zum Objekt S zu installieren. Die Kosten hiefür werden vom planenden Ziv.- Ing. Büro R mit ca. 2.000,-- EUR geschätzt.

Diese Argumente sprechen also für eine Situierung (bzw. Beibehaltung) des gegenständlichen Absperrschiebers auf der Parz. Nr. 722, die sich im Eigentum der Berufungswerberin befindet. Für die Einräumung des Zwangsrechtes können daher folgende öffentliche Interessen geltend gemacht werden:

-

Bei der Situierung des Absperrschiebers auf Parz. Nr. 722 fallen im Gebrechensfall keine Kosten für die Notversorgung an (Einsparung öffentlicher Mittel).

-

Im Gebrechensfall im oberen Leitungsbereich tritt keine Unterbrechung der Wasserversorgung (öffentlicher Versorgungsauftrag) des Anschlussobjektes Steinreiber auf."

Die Drittbeschwerdeführerin brachte dazu mit Schreiben vom 3. August 2004 vor, dass die Ausführungen des Amtssachverständigen so nicht zur Kenntnis genommen werden könnten, führe doch der Sachverständige zu Beginn aus, dass keine gravierenden Unterschiede der beiden Varianten festgestellt würden. Weshalb die Behörde nunmehr dennoch eine Zwangsrechtseinräumung befürworte, sei überhaupt nicht nachvollziehbar, dies umso weniger, als derselbe Sachverständige in dem vorangegangenen Schreiben für die Einräumung eines Zwangsrechtes keine ausreichende sachliche Begründung habe finden können. Die im jetzigen Schreiben gezogene Schlussfolgerung der Befürwortung eines Zwangsrechtes stelle daher einen Widerspruch zu den eindeutigen gutachterlichen Äußerungen des Sachverständigen dar. Die belangte Behörde habe sich offensichtlich den Argumenten des Bürgermeisters der MP angeschlossen, ohne diese Behauptungen zu hinterfragen bzw. durch einen Gutachter prüfen zu lassen, und es reiche die bloße Übernahme der Behauptungen keineswegs aus, um das Gutachten des Sachverständigen zu entkräften.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 26. August 2004 wurde die Berufung der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers, beide vertreten durch die Drittbeschwerdeführerin, gegen den Bescheid des LH vom 14. März 2003 gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des vorangegangenen Verwaltungsverfahrens im Wesentlichen aus, der wasserbautechnische Amtssachverständige habe zuletzt festgestellt, dass im Gebrechensfall keine Kosten für die Notversorgung anfielen und im oberen Leitungsbereich keine Unterbrechung der Wasserversorgung (öffentlicher Versorgungsauftrag) des Anschlussobjektes S auftrete, weshalb die Zwangsrechtseinräumung befürwortet werde. Daraus ergebe sich, dass aus fachlicher Sicht die Verlegung des Absperrschiebers auf dem Grundstück der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers als erforderlich angesehen werde. Die Verlegung des Absperrschiebers sei im öffentlichen Interesse gelegen, weil dies die Sicherstellung der öffentlichen Trinkwasserversorgung der MP erlaube. Eine Sanierung bzw. Reparatur oder Wartungsarbeiten könnten ohne Unterbrechung der Wasserversorgung durchgeführt werden (kürzere Außerbetriebnahme des Strangabschnittes, keine Notversorgungsleistung vom letzten Hydranten zum Objekt Steinreiber, weniger aufwendige Bauführung).

Dass von einer Absperrung der Wasserversorgung vor allem die Familie S betroffen sei, ändere an der Beurteilung des öffentlichen Interesses nichts, weil entscheidend sei, dass die Maßnahme im Zuge der öffentlichen Wasserversorgung erfolge. Ein Zugang zur öffentlichen Wasserversorgung müsse für alle Gemeindebürger im gleichen Maße und im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten gewährleistet sein. Die Situierung auf dem Grundstück Nr. 722 bringe auch zusätzliche Vorteile, wie eine weniger aufwendige Bauführung, mit sich. Dem stünden die Nachteile für die genannten Beschwerdeführer gegenüber. Dies betreffe vor allem die Ablagerung und Aufarbeitung von Holz. Hiezu werde festgestellt, dass aus fachlicher Sicht ihr Grundstück nur bedingt zur Holzablagerung geeignet sei, weil der Fahrweg zum Hochbehälter, in welchem der Schieber liege, frei zu halten sei, wie im Gutachten festgestellt worden sei. Weitere Nutzungsbeschränkungen seien durch die genannten Beschwerdeführer nicht geltend gemacht worden und auch nicht erkennbar. Die Zwangsrechtseinräumung sei erforderlich, weil das vorgetragene Argument der MP, sie verfüge über eine vertragliche Leitungsservitut und der Einbau sei als Sanierungsmaßnahme anzusehen, nicht zutreffend sei. Bei Berücksichtigung der privaten Interessen der genannten Beschwerdeführer und des öffentlichen Interesses an einer einwandfreien Trinkwasserversorgung müsse zu Gunsten des Antrages der MP entschieden werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Die MP hat keine Gegenschrift erstattet.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

A. Zur Beschwerde der Drittbeschwerdeführerin:

Dieser Beschwerdeführerin kommt - abgesehen davon, dass sie unbestrittenermaßen nicht grundbücherliche Eigentümerin des von der Zwangsrechtseinräumung betroffenen Grundstückes Nr. 722 ist und daher durch die Zwangsrechtseinräumung nicht in ihren Rechten verletzt sein kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1998, Zl. 98/07/0034) - schon deshalb keine Beschwerdelegitimation zu, weil sie nicht Adressatin des vorliegend angefochtenen Bescheides ist und dieser nicht ihr gegenüber erlassen wurde (vgl. etwa die in Mayer, B-VG3, zu Art. 131 B-VG Anm. II.2. zitierte hg. Judikatur; ferner etwa den hg. Beschluss vom 11. September 2003, Zl. 2000/07/0285, mwN).

Die von der Drittbeschwerdeführerin erhobene Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG - in einem gemäß § 12 Abs. 3 leg. cit. zusammengesetzten Senat - mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.

B. Zur Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers:

Die mit "Enteignung von Liegenschaften und Bauwerken" überschriebene Bestimmung des § 63 lit. b WRG 1959 lautet:

"§ 63. Um die nutzbringende Verwendung der Gewässer zu fördern, um ihren schädlichen Wirkungen zu begegnen, zur geordneten Beseitigung von Abwässern und zum Schutz der Gewässer kann die Wasserrechtsbehörde in dem Maße als erforderlich,

...

b) für Wasserbauvorhaben, deren Errichtung, Erhaltung oder Betrieb im Vergleich zu den Nachteilen von Zwangsrechten überwiegende Vorteile im allgemeinen Interesse erwarten lässt, die notwendigen Dienstbarkeiten einräumen oder entgegenstehende dingliche Rechte einschließlich Nutzungsrechte im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, einschränken oder aufheben, damit die genehmigte Anlage mit den zur ihr gehörigen Werken und Vorrichtungen hergestellt, betrieben und erhalten sowie der Vorschreibung sonstiger Maßnahmen entsprochen werden kann;

..."

Nach ständiger hg. Rechtsprechung muss ein Zwangsrecht im Sinn des § 63 lit. b WRG 1959 zur Erreichung des im öffentlichen Interesse gelegenen Zieles geeignet (adäquat) sein, darf nach Art und Umfang nicht unverhältnismäßig sein und das angestrebte Ziel nicht durch andere - gelindere - Maßnahmen zu erreichen sein. Aus den Bestimmungen der §§ 63 und 64 WRG 1959 geht hervor, dass eine Enteignung nur dann zulässig ist, wenn diese Maßnahme zum Zwecke der Förderung der nutzbringenden Verwendung der Gewässer oder der Begegnung ihrer schädlichen Wirkung erforderlich ist. Es muss also ein Bedarf nach diesem Eingriff in Rechte Dritter gegeben sein. Unter "Bedarf" ist begrifflich ein Mangelzustand zu verstehen. Ein solcher Zustand ist vernünftigerweise nicht anzunehmen, wenn hinreichende andere Befriedigungsmöglichkeiten bestehen. Jemand, zu dessen Lasten ein Zwangsrecht eingeräumt werden soll, hat ein Recht darauf, dass dieses nicht ohne eine diese Maßnahme rechtfertigende Interessenabwägung im Sinne des Gesetzes begründet wird. Es ist daher festzustellen, ob und in welchem Ausmaß mit einem Wasserbauvorhaben, für das Zwangsrechte eingeräumt werden sollen, Vorteile im allgemeinen (= öffentlichen) Interesse verbunden sind und ob diese Vorteile die Nachteile der Zwangsrechtseinräumung überwiegen. Die Entscheidung, welche Interessen überwiegen, muss in der Regel eine Wertentscheidung sein, weil die konkurrierenden Interessen meist nicht in Geld bewertbar und damit nicht berechen- und vergleichbar sind. Gerade dieser Umstand erfordert es jedoch, die für und gegen ein Vorhaben sprechenden Argumente möglichst umfassend und präzise zu erfassen und einander gegenüber zu stellen, um die Wertentscheidung transparent und nachvollziehbar zu machen. Der Bestand überwiegender Vorteile im allgemeinen Interesse muss daher sorgfältig geprüft werden (vgl. zum Ganzen etwa die hg. Erkenntnisse vom 21. Februar 2002, Zl. 2001/07/0168, und vom 21. Jänner 2003, Zl. 2002/07/0135, mwN).

Die Notwendigkeit der Enteignung liegt somit dann vor, wenn einerseits das durch ein Zwangsrecht zu belastende Grundstück für die Durchführung des Projekts zur technischen und wirtschaftlich einwandfreien Ausübung des Wasserrechts erforderlich ist und wenn andererseits der für das Projekt erforderliche Grund nicht auf andere Weise als durch das Zwangsrecht zu beschaffen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 2003, Zl. 2002/07/0110, mwN).

Die Beschwerde bringt vor, dass der im Berufungsverfahren beigezogene Amtssachverständige (Dipl. Ing. P.) in sämtlichen (drei) Gutachten ausgeführt habe, dass der Wasserschieber auch auf öffentlichem Gut errichtet werden könne. Während er in seinen ersten beiden Gutachten die Ansicht vertreten habe, dass die Situierung des Wasserschiebers auf öffentlichem Gut vorteilhaft sei, weil diese Fläche durch den Winterdienst schneefrei gehalten werde, und die Wahl der Absperrstelle für den letzten Hausanschluss insoweit unerheblich sei, als der letzte Hausanschluss je nach Situierung des Wasserschiebers entweder dem einen oder anderen Teilabschnitt (des Wasserleitungsnetzes) zugeordnet werden könne und nicht beurteilt werden könne, in welchem Teilabschnitt eine häufigere Störanfälligkeit gegeben sei, habe er erst nach Intervention durch den Bürgermeister der MP in seinem letzten (dritten) Gutachten die Auffassung vertreten, dass die Situierung des Wasserschiebers auf der Liegenschaft Nr. 722 wegen angeblicher geringerer Kosten für die Notversorgung und des öffentlichen Versorgungsauftrages von Vorteil sei. Dem Amtssachverständigen seien von Beginn an sämtliche von der MP angeführten Umstände bekannt gewesen. Wenn er ausführe, dass im Gebrechensfall im oberen Leitungsabschnitt keine Unterbrechung der Wasserversorgung für das Anschlussobjekt S auftrete und keine Notversorgungskosten anfielen, so habe er aus unerfindlichen Gründen nicht die Folgen eines Gebrechensfalles im unteren Leitungsabschnitt für dieses Anschlussobjekt erörtert. In diesem Fall wäre nämlich dieses Objekt ohne Wasser und wäre ebenso eine Notversorgung durchzuführen, zumal der Amtssachverständige in seinem Gutachten angegeben habe, dass, je nach dem, in welchem Teilabschnitt ein allfälliges Rohrgebrechen auftrete, der entsprechende Abschnitt durch Abschieber außer Betrieb genommen werden müsse. Es gebe somit keinen Unterschied zwischen den beiden Situierungsmöglichkeiten außer dem, dass in einem Fall eine Enteignung durchzuführen wäre. Da sich die belangte Behörde auf das dritte Gutachten des Amtssachverständigen gestützt habe, ohne sich mit den Widersprüchen zu seinen beiden vorangegangenen Gutachten auseinander gesetzt zu haben, sei das Verfahren mangelhaft.

Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.

Wie oben dargelegt wurde, erfordert eine sorgfältige Prüfung des Bestandes überwiegender Vorteile im allgemeinen Interesse, die für und gegen ein Vorhaben sprechenden Argumente möglichst umfassend und präzise zu erfassen.

Die belangte Behörde hat ihre zur Frage der widerstreitenden Interessen getroffenen Feststellungen auf das letzte Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen Dipl. Ing. P. (vom 13. Juli 2004) gestützt. Dieser Amtssachverständige hatte noch in seinen vorangegangenen beiden Gutachten vom 2. Dezember 2003 und 16. März 2004 den Standpunkt vertreten, dass bei einer Situierung des Absperrschiebers im Bereich der angrenzenden öffentlichen Straße dieselben fachlichen Argumente wie bei einem Einbau auf dem Grundstück Nr. 722 Geltung hätten - so u.a., dass auch bei einem Gebrechen im unteren Teilabschnitt der Versorgungsleitung dieser Abschnitt außer Betrieb genommen werden müsse, wobei die Häufigkeit von Schadensfällen nicht abgeschätzt werden könne -, weshalb für eine Situierung des Absperrschiebers auf dem Grundstück Nr. 722 keine ausreichende sachliche Begründung gefunden werden könne. Von diesem Standpunkt ist er in seinem Gutachten vom 13. Juli 2004 - der Argumentation der MP folgend - mit der Begründung abgegangen, dass im Falle eines Rohrgebrechens oberhalb des Absperrschiebers mit einer wesentlich längeren Außerbetriebnahme dieses Strangabschnittes und längeren Reparaturdauer (wegen des steilen Geländes und des dadurch bedingten höheren Arbeits- und Zeitaufwandes für die Bauführung) gerechnet werden müsse. Bei einer Situierung des Schiebers unterhalb des Hausanschlusses zum Objekt S wäre in einem solchen Fall eine Notversorgungsleitung zum nächstgelegenen (laut Schreiben der MP vom 14. Juni 2004: ca. 80 m entfernten) Hydranten zu installieren, welche Kosten mit ca. EUR 2.000,-- geschätzt worden seien. Demgegenüber würden bei einer Situierung des Schiebers auf dem Grundstück Nr. 722 bei einem Gebrechensfall im oberen Leitungsbereich keine Kosten für eine Notversorgung des Objektes S anfallen und keine Unterbrechung der Wasserversorgung für dieses Objekt auftreten.

Diese gutachterlichen Ausführungen lassen indes die Frage unbeantwortet, mit welchen Folgen für die Wasserversorgung des Objektes S bei einem Gebrechensfall im unteren Teilabschnitt des Leitungsbereiches zu rechnen wäre, müsste doch - wie die MP in ihrer Argumentation zugesteht - auch in einem derartigen Gebrechensfall eine Außerbetriebnahme des betreffenden Strangabschnittes erfolgen. Ein Vergleich zwischen den beiden Varianten der Situierung des Schiebers und die Beurteilung, ob und gegebenenfalls welche Vorteile im allgemeinen Interesse bei Verwirklichung einer Variante überwiegen, bedarf einer näheren Darstellung, von welcher voraussichtlichen Reparaturdauer bei einem Gebrechensfall im Bereich des unteren Strangabschnittes der Wasserleitung auszugehen ist.

Wenn die belangte Behörde in ihrer im Beschwerdeverfahren erstatteten Gegenschrift vom 11. November 2004 in diesem Zusammenhang vorgebracht hat, dass eine Wasserleitungsunterbrechung über möglicherweise Tage hinweg andere Vorkehrungen erfordere als eine wenige Stunden dauernde Unterbrechung, so finden sich in den zitierten Gutachten des Amtssachverständigen Dipl. Ing. P. keine Ausführungen dahingehend, dass eine Reparatur in diesem Strangbereich nur wenige Stunden dauern würde.

Das Gutachten des Amtssachverständigen Dipl. Ing. P. vom 13. Juli 2004 und die darauf gegründeten Feststellungen der belangten Behörde erweisen sich daher als ergänzungsbedürftig, sodass der angefochtene Bescheid mit einem wesentlichen Verfahrensmangel belastet ist.

Demzufolge war dieser Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

C. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Hiebei waren die Drittbeschwerdeführerin einerseits und die übrigen Beschwerdeführer andererseits nach ihrem verschiedenen Erfolg gesondert zu betrachten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. März 2002, Zl. 2000/07/0064, mwN). Der Erstbeschwerdeführerin und dem Zweitbeschwerdeführer waren Kosten im Rahmen des von ihnen gestellten Begehrens zuzuerkennen. Die Abweisung ihres Mehrbegehrens betrifft den Ersatz von Umsatzsteuer, der im pauschaliert festgelegten Schriftsatzaufwand bereits abgegolten ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2004, Zl. 2003/07/0158).

Wien, am 24. Februar 2005

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004070155.X00

Im RIS seit

25.03.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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