Norm
ABGB §294Kopf
SZ 24/273
Spruch
Hat der Mieter die Wohnung mit dazugehörigen Gegenständen übernommen und diese dann durch eigene ersetzt, so kann er über die eigenen frei verfügen und hat nur gemäß § 1109 ABGB. bei Beendigung des Mietverhältnisses die Gegenstände des Vermieters in der Wohnung wieder entsprechend aufzustellen.
Sind dagegen die vom Mieter eingebrachten Gegenstände durch Verbindung unselbständige Bestandteile des Hauses geworden, so kann er sie außer im Falle der Ersatzleistung nach § 1097 ABGB. bei Beendigung der Miete entfernen, muß aber sofort die alten wieder aufstellen.
Entscheidung vom 17. Oktober 1951, 1 Ob 381/51.
I. Instanz: Bezirksgericht Döbling; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Die Klägerin, die nach einem Tausch mit dem früheren Mieter Erich K. die Wohnung Tür Nr. 6 im Hause W., A.gasse 30, bezogen hat, erwarb vom früheren Mieter K. eine dort befindliche Badezimmereinrichtung und einen braunen Kachelofen und ließ weiters in einem Zimmer einen Kamin und in einem Kabinett einen eisernen Füllofen aufstellen. Sie hat die Hausinhabung zur Anerkennung ihres Eigentums an diesen Gegenständen aufgefordert, worauf die Hausverwalterin brieflich erklärte, das Eigentumsrecht der Klägerin hieran nicht anzuerkennen. Sie begehrt daher die Feststellung, daß diese Gegenstände ihr Eigentum seien.
Das Erstgericht wies mit Urteil vom 16. Jänner 1951 das Klagebegehren mit der Begründung ab, die Klägerin habe ihr rechtliches Interesse zunächst in der Streitverhandlung vom 22. September 1950 dahin erläutert, die der Tauschgenehmigung durch das Wohnungsamt zugrundeliegende Anforderung sei von der beklagten Partei mit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof angefochten worden, die Klägerin müsse die Wohnung im Falle eines Unterliegens beim Verwaltungsgerichtshof räumen und sei für diesen Fall die Mitnahme der Gegenstände angesichts der Bestreitung ihres Eigentumes durch die beklagte Partei gefährdet. Als dann die Klägerin während des Verfahrens, wie außer Streit gestellt worden sei, vor dem Verwaltungsgerichtshof obsiegt habe, habe sie ihr rechtliches Interesse damit begrundet, daß sie im Alter von 66 Jahren im Jahre 1950 bereits zwei Schlaganfälle erlitten habe, daher mit ihrem Ableben in absehbarer Zeit zu rechnen sei und zur Vermeidung eines späteren Beweisnotstandes die Klärung der Eigentumsfrage noch zu ihren Lebzeiten nötig sei. Durch die Einräumung eines Wegnahmerechtes seitens der Beklagten sei aber die Klägerin oder ihre Rechtsnachfolgerin in die Lage versetzt, die Klagsgegenstände wie Gegenstände ihres Eigentumes an einen anderen Ort zu verbringen oder sonst beliebig darüber zu verfügen. Die Frage, ob dies nur gegen ersatzweise Beistellung gleichartiger Sachen geschehen könne, gehöre aber dem Schuldrecht an, sei nicht Gegenstand dieses Verfahrens und hänge ihre Lösung nicht davon ab, ob die Klagsgegenstände Eigentum der Klägerin seien oder nicht, so daß ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung des Eigentums der Klägerin nicht vorliege.
Das Berufungsgericht bestätigte mit dem angefochtenen Urteil die Entscheidung des Erstgerichtes, sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 10.000 S übersteige, schloß sich der Ansicht des Erstgerichtes über das Fehlen eines Feststellungsinteresses an und pflichtete ihm auch darin bei, daß die Gefahr eines späteren Beweisnotstandes höchstens einen Grund für einen Beweissicherungsantrag, nicht aber für eine Feststellungsklage bilden könne.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei Folge, hob die untergerichtlichen Urteile auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Soweit die Klägerin ihr rechtliches Interesse mit der Möglichkeit ihres baldigen Ablebens und den sich dann ergebenden Beweisschwierigkeiten begrundet, kann ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 228 ZPO. zwar nicht anerkannt werden, da Beweisschwierigkeiten ein solches nicht zu begrunden vermögen (vgl. Pollak, ZPR., 2. Aufl., S. 12, Neumann, Kommentar, II, S. 884, und die Entscheidungen und GlUNF. 3093). Die Klägerin hat aber ihr Interesse auch damit begrundet, daß die beklagte Partei ausdrücklich erklärt habe, das Eigentumsrecht der Klägerin an den Gegenständen nicht anzuerkennen, und daß die Mitnahme der Sachen angesichts der Bestreitung ihres Eigentumsrechtes durch die Beklagte gefährdet sei. Im Schreiben der Hausverwalterin der Beklagten heißt es, die Klägerin sei verpflichtet, bei Auflösung des Bestandverhältnisses entweder die ursprünglich in der Wohnung vorhandenen Gegenstände oder die von ihr eingebrachten Gegenstände zurückzulassen, die Hauseigentümerin verlange entweder Herstellung des status quo ante oder aber Ersatz durch die zurückzulassenden Gegenstände und anerkenne daher die Gegenstände nicht als Privateigentum des Mieters. Im Verfahren hat die beklagte Partei vorgebracht, daß die Gegenstände in ihr Eigentum übergegangen seien, daß aber der Klägerin das Recht eingeräumt werde, sie durch andere gleichartige Gegenstände zu ersetzen. Dieser Stellungnahme der Beklagten liegt offenbar die von Michlmayr (Immobilienzeitung 1951, S. 3 ff.) vertretene Ansicht zugrunde, daß dem Mieter, wenn er an Stelle der zur Wohnung gehörigen Gegenstände gebracht wurden oder nicht, in diesem Zusammenhang stellt, wenn er Eigentümer dieser gewesen und geblieben ist, kein unbedingtes Eigentumsrecht, sondern nur ein Rückaustauschrecht zusteht, nämlich, daß er die eingebrachten Gegenstände nur gegen gleichzeitigen Austausch gegen die früheren Gegenstände wegnehmen darf. Das Gesetz bietet dafür allerdings keinen Anhaltspunkt, sondern kennt nur in § 1109 ABGB. und § 18 MietG. die Pflicht zur Wiederherstellung des vorigen Zustandes bei Beendigung des Bestandverhältnisses. Dies bedeutet, daß der Bestandnehmer verpflichtet ist, die von ihm eingebrachten Gegenstände wegzuschaffen und die entfernten alten Sachen wieder an ihren früheren Platz in entsprechender Weise aufzustellen. Im Sinne dieser Vorschriften kommt es somit nur darauf an, daß die alten Gegenstände vom Mieter entfernt wurden und bei Beendigung des Bestandverhältnisses von ihm wieder aufgestellt werden müssen, während der Umstand, ob inzwischen an ihre Stelle neue Gegenstände gebracht wurden oder nicht, in diesem Zusammenhang irrelevant wäre. Wenn der Mieter statt Wiederherstellung des früheren Zustandes die von ihm eingebrachten Gegenstände zurückläßt und der Vermieter sich damit zufriedengibt, liegt datio in solutum vor. Sind die neuen Gegenstände nicht durch Verbindung mit dem Bestandgegenstand Eigentum des Bestandgebers geworden, sondern Eigentum des Bestandnehmers geblieben, so steht diesem die freie Verfügung darüber kraft seines Eigentumsrechtes zu. Die Wiederherstellungspflicht stellt keine Beschränkung des Eigentumsrechtes dar, sondern ist eben nur eine davon unabhängige schuldrechtliche Verbindlichkeit, die nicht durch die Einbringung der neuen Gegenstände des Mieters, sondern durch die Entfernung der zur Wohnung gehörigen Sachen entsteht. Daher kann in einem solchen Fall der Mieter über die ihm gehörigen Gegenstände frei verfügen und muß nur bei Beendigung des Mietverhältnisses die alten Sachen wieder in der Wohnung entsprechend aufstellen. Anders ist dies jedoch bei jenen Gegenständen, die durch die Verbindung mit dem Bestandobjekt unselbständige Bestandteile wurden und in das Eigentum des Bestandgebers übergingen. Hier steht dem Mieter naturgemäß kein freies Verfügungsrecht darüber zu, sondern kommt nur, sofern der Mieter nicht vom Vermieter dafür Ersatz nach § 1097 ABGB. verlangen kann und auch wirklich verlangt, ein Wegnahmerecht in Frage. Hat der Mieter zur Wohnung gehörige Gegenstände entfernt und die eingebrachten an ihre Stelle gesetzt, so besteht das Wegnahmerecht und zugleich die in der Wiederherstellungsverpflichtung enthaltene Wegnahmepflicht, die als Teil der Verbindlichkeit zur Wiederherstellung des früheren Zustandes uno actu, also durch Entfernung der eingebrachten Sachen und sofortige Aufstellung der alten zu erfüllen ist. Handelt es sich also um Gegenstände des Mieters, die in das Eigentum des Vermieters übergegangen sind, ohne daß der Mieter vom Vermieter dafür Ersatz verlangen kann und verlangt, kann von einem Rücktauschrecht gesprochen werden. Würden solche Gegenstände vom Mieter ohne Wiederherstellung des früheren Zustandes entfernt, so wäre, wie Michlmayr zutreffend bemerkt, die Wegnahme Besitzstörung, ja allenfalls ein strafbares Delikt. Hier stunde dem Vermieter auch die Eigentumsklage zu. Anders ist es aber bei Gegenständen, die Eigentum des Mieters geblieben sind. Hier hat der Mieter die freie Verfügung und trifft ihn nur die Verpflichtung zur Wiederherstellung des früheren Zustandes bei Beendigung des Bestandverhältnisses, sofern er die Wohnung mit Gegenständen des Vermieters übernommen und diese daraus entfernt hat. Die Stellung des Mieters ist demnach, je nachdem, ob er noch Eigentümer der Gegenstände ist oder ob sie in das Eigentum des Vermieters übergegangen sind, verschieden. Im vorliegenden Falle behauptet nun die Beklagte, Eigentümerin der Gegenstände geworden zu sein, und anerkennt nur ein "Rücktauschrecht" der Klägerin, zum Unterschied von der gesetzlichen Regelung allerdings nicht bloß bei Ende des Bestandverhältnisses, sondern jederzeit und nicht nur das Recht zum Austausch gegen die alten Sachen, sondern überhaupt gegen gleichartige Gegenstände. Damit hat aber die Beklagte der Klägerin noch nicht eine Stellung gleich jener einer Eigentümerin eingeräumt, da sie ja die Befugnis der Klägerin zu freier Verfügung negiert und nur eine bedingte Wegnahme, nämlich bei gleichzeitigem Ersatz durch gleichartige, wenn auch nicht unbedingt die alten Gegenstände, zubilligt. Demnach ist die Feststellung des behaupteten Eigentumsrechtes der Klägerin doch für diese von wesentlicher Bedeutung. Die Beklagte hat das Eigentum der Klägerin bestritten und bei der Angabe von Gründen behauptet, daß die Gegenstände ihr gehören, weiters hat die Beklagte mit Schreiben der Hausverwaltung ausdrücklich verlangt, daß die Klägerin entweder den früheren Zustand wiederherstelle oder diese Gegenstände als Ersatz in der Wohnung belasse. Im Verfahren hat sie der Klägerin nur das Recht, die Gegenstände durch gleichartige zu ersetzen, zugebilligt und damit erklärt, daß die Klägerin sie nur gegen gleichzeitigen Ersatz aus der Wohnung entfernen dürfe. In dieser Stellungnahme der Beklagten liegt für die Klägerin die ständige Bedrohung, daß die Beklagte bei Entfernung der Gegenstände ohne gleichzeitigen Ersatz sofort Schritte gegen sie unternimmt, die in Besitzstörungs- und Eigentumsklage, ja in Strafanzeigen bestehen könnten. Damit ist eine erhebliche objektive Ungewißheit des Bestandes des behaupteten Eigentumsrechtes der Klägerin und der Möglichkeit seiner Betätigung entstanden, die durch die Rechtskraft des Feststellungsurteiles beseitigt werden kann (vgl. Pollak, ZPR., 2. Aufl., S. 12). Denn dann wäre die rechtliche Stellung der Klägerin zu den Gegenständen endgültig geklärt und bedürfte nur die Frage der Wiederherstellungspflicht bei Beendigung des Benützungsverhältnisses einer Lösung. Daß die Klägerin nach ihrem Vorbringen nicht Mieterin der Wohnung ist, sondern ihr nur das Benützungsrecht auf Grund eines Verwaltungsaktes des Wohnungsamtes zusteht, ist ganz ohne Bedeutung, wenn sie Eigentümerin der Gegenstände ist. Wäre sie nicht in das frühere Mietverhältnis eingetreten, so würde sie eine Wiederherstellungspflicht nur dann treffen, wenn sie die Wohnung mit den dazugehörigen Gegenständen der Beklagten übernommen und diese Gegenstände entfernt hätte. Würde ihr das Recht gegen die Hauseigentümerin auf Zustimmung zur Vornahme von Änderungen nach § 18 MietG. selbst als bloße Benützungsberechtigte zugebilligt, so obliegt ihr die Wiederherstellung nach dieser Vorschrift. Ohne Einwilligung der Hauseigentümerin wäre dagegen die Vornahme der Änderung, sofern nicht die Hauseigentümerin nach § 18 MietG. die Vornahme nicht untersagt hatte, eine rechtswidrige schuldhafte Handlung, die sie zur sofortigen Wiederherstellung des früheren Zustandes als Schadenersatz verpflichtet. Wären die Gegenstände nicht mehr ihr Eigentum, käme wohl überhaupt nur das ihr von der Beklagten zugebilligte Austauschrecht in Frage. Demnach spielt für die Klägerin als bloße Benützungsberechtigte die Frage ihres Eigentumsrechtes dieselbe Rolle wie für eine Mieterin und muß demnach im Hinblick auf das Verhalten der Beklagten ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 228 ZPO. für gegeben erachtet werden. Ist dies aber der Fall, so mußte die Frage des Eigentumsrechtes gelöst werden, was jedoch nicht nur das Berufungsgericht, sondern auch das Erstgericht unterlassen hat. Das Erstgericht hat bloß dazu Stellung genommen, ob die einzelnen Gegenstände unselbständige Bestandteile des Hauses geworden sind oder nicht.
Daher war der Revision Folge zu geben und die Rechtssache nach Aufhebung der Urteile beider Untergerichte zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Anmerkung
Z24273Schlagworte
Austausch von Gegenständen des Vermieters durch solche des Mieters, Badezimmereinrichtung des Mieters, Beendigung des Mietverhältnisses, übernommene Gegenstände, Bestandteil des Hauses, Gegenstände des Mieters als -, -Verfügung über die übernommenen Gegenstände (Zubehör), Entfernung von fest mit dem Hause verbundenen Gegenständen des Mieters, Ersatzleistung nach § 1097 ABGB. bei Entfernung von Gegenständen des, Vermieters, Ersatzleistung von Gegenständen des Vermieters durch solche des Mieters, Mieter Ersatz der übernommenen Gegenstände durch den -, Mietvertrag Verfügung und Veränderung des übernommenen Zubehörs, Unselbständiger Bestandteil des Hauses, Gegenstände des Mieters als -, Verbindung von Gegenständen des Mieters mit dem Hause, Verfügung des Mieters über die übernommenen Gegenstände, Wohnung Räumungsklage des Vaters gegen selbsterhaltungsfähiges Kind, Zubehör Gegenstände des Mieters als -European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1951:0010OB00381.51.1017.000Dokumentnummer
JJT_19511017_OGH0002_0010OB00381_5100000_000