Norm
Kündigungsschutz-Ausführungsverordnung vom 5. September 1939. DRGBl. I S. 1671 §3Kopf
SZ 24/285
Spruch
Die Entscheidung der Mietkommission über die Frage, ob ein Bestandvertrag den Bestimmungen des Mietengesetzes unterliegt, schafft nicht Rechtskraft gegenüber einer Klage auf Feststellung, daß auf den Bestandvertrag die Bestimmungen des Mietengesetzes nicht anzuwenden sind.
Entscheidung vom 24. Oktober 1951, 3 Ob 584/51.
I. Instanz: Bezirksgericht Linz; II. Instanz: Landesgericht Linz.
Text
Die Klägerin begehrt die Feststellung, daß das zwischen ihr und dem Beklagten hinsichtlich der vom Beklagten gemieteten, aus Küche, drei Zimmern und Nebenräumen bestehende Mietverhältnis (gemeint offenbar "bestehende Wohnung") hinsichtlich der Mietzinsbildung nicht den Bestimmungen der §§ 2 ff. MietG. unterliege.
Das Prozeßgericht gab dem Klagebegehren statt, ohne über die vom Beklagten erhobene Einrede der rechtskräftig entschiedenen Streitsache zu entscheiden.
Das Berufungsgericht hob aus Anlaß der Berufung das Urteil des Prozeßgerichtes und das vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück. Es stellte fest, daß die Klägerin, die zwei durch Bombeneinwirkung zerstörten Räume der dem Beklagten vermieteten Wohnung aus eigenen Mitteln hatte herstellen lassen, nach dem Wiederaufbau beim Amte für allgemeine Verwaltungsangelegenheiten des Magistrates L. eine Mietpreisfestsetzung beantragt hatte, daß dieses Amt sich im Zuge des Verfahrens mit dem Antrag auf Entscheidung gemäß § 7 MietG. über die Erhöhung des Hauptmietzinses an die Mietkommission gewendet hatte, daß die Mietkommission sich zunächst auf die Frage der Zuständigkeit beschränkte und mit Beschluß vom 14. Jänner 1949, 1 Msch ../48-8, der von der Beschwerdeinstanz mit Entscheidung vom 24. April 1949 bestätigt wurde, sich hinsichtlich der Wohnung des Beklagten für zuständig erklärt habe. Da die Einrede der Rechtskraft nicht nur gegenüber Urteilen, sondern auch gegenüber Beschlüssen in Streitsachen und im außerstreitigen Verfahren zulässig sei, eine Gleichheit der Parteien und der Rechtsverhältnisse vorliege und die Mietkommission in den Gründen ihrer Entscheidung, die für die Auslegung der Tragweite des Spruches heranzuziehen seien, ausdrücklich erklärt habe, daß auf das Mietverhältnis die Voraussetzungen der §§ 2 ff. MietG. zuträfen, verhindere die Rechtskraft der Entscheidung der Mietkommission die Erhebung der Feststellungsklage.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Klägerin Folge und trug dem Berufungsgericht die sachliche Entscheidung über die Berufung des Beklagten auf.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Wirkungskreis der Mietkommissionen ist auf die im Mietengesetz und einigen Nebengesetzen, wie § 3 der Verordnung zur Ausführung der Verordnung über Kündigungsschutz für Miet- und Pachträume in der Ostmark vom 5. September 1939, DRGBl. I, S. 1671, § 2 Wohnungseigentumsgesetz und § 14 Wohnhauswiederaufbaugesetz angeführten Entscheidungen beschränkt. Der Umstand, daß die Mietkommission gemäß § 26 MietG. auch über die Zulässigkeit des vom Vermieter begehrten Mietzinses nach den §§ 2 und 16 MietG. zu entscheiden hat, soweit es sich um die Miete von Räumen handelt, die den in diesem Gesetze enthaltenen Bestimmungen über die Mietzinsbildung unterworfen sind, steht der Entscheidung der ordentlichen Gerichte nicht im Wege, wenn der Vermieter behauptet, es handle sich um einen Bestandgegenstand, auf den das Mietengesetz überhaupt nicht anwendbar ist oder der nicht den Bestimmungen der §§ 2 ff. über die Mietzinsbildung unterliegt. Eine Entscheidung darüber, ob ein Bestandgegenstand den Bestimmungen des Mietengesetzes unterliegt, fällt in die ausschließliche Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte. Die Mietkommission könnte über diese Frage lediglich als Vorfrage entscheiden (SZ. IX/187, SZ. XVIII/166 und die in dieser Entscheidung zitierte Rechtsprechung; 1 Ob 624/50, MietSlg., II, Nr. 1293). Die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte zur Entscheidung über die vorliegende Feststellungsklage wird unter anderem auch von den Entscheidungen ZBl. 1934, Nr. 190, 1935, Nr. 387, und RZ. 1936, S. 287, bejaht. Die Rechtsprechung des Landesgerichtes für ZRS. Wien als Beschwerdeinstanz in Mietkommissionssachen verneint sogar in letzter Zeit die Frage, ob die Mietkommission berechtigt sei, über die Vorfrage der Mieterschutzfreiheit selbst zu entscheiden, und vertritt die Ansicht, daß für den Fall, als es strittig sein sollte, ob das Bestandverhältnis den Mietzinsbestimmungen des Mietengesetzes unterliegt, das Verfahren von der Mietkommission zu unterbrechen sei und die Parteien wegen Einbringung einer Feststellungsklage auf den Rechtsweg zu verweisen seien. Aber auch dann, wenn man der Mietkommission die Zuständigkeit zur Entscheidung über diese Frage als Vorfrage einräumen wollte, könnte diese Entscheidung der Mietkommission über die erwähnte Vorfrage niemals eine Rechtskraftwirkung gegenüber einer Feststellungsklage vor den ordentlichen Gerichten ausüben. Die Mietkommission hat im vorliegenden Falle über ein anderes Begehren entschieden, als dem vorliegenden Rechtsstreit zugrunde liegt. Sie hat lediglich ausgesprochen, daß sie zur Entscheidung über den Antrag auf Erhöhung des Mietzinses zuständig sei, mit dem allein sie sich zu befassen hatte. Mit der vorliegenden Klage wird aber die Feststellung begehrt, daß das Mietverhältnis nicht den Mietzinsbeschränkungen des Mietengesetzes unterliege, es fehlt somit die Nämlichkeit des Begehrens, weshalb die Rechtskraft der Entscheidung der Mietkommission über ihre Zuständigkeit der Geltendmachung des Feststellungsanspruches nicht entgegensteht.
Da somit die Voraussetzungen des § 411 ZPO. nicht vorliegen, war dem Rekurse Folge zu geben, der angefochtene Beschluß aufzuheben und dem Berufungsgerichte die sachliche Entscheidung über die Berufung des Beklagten aufzutragen.
Anmerkung
Z24285Schlagworte
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ECLI:AT:OGH0002:1951:0030OB00584.51.1024.000Dokumentnummer
JJT_19511024_OGH0002_0030OB00584_5100000_000