Norm
Außerstreitgesetz §272Kopf
SZ 24/292
Spruch
Zulässigkeit der Aufschiebung eines vom Spediteur auf Grund seiner gesetzlichen Pfandrechte beantragten und vom Exekutionsgericht bewilligten exekutiven Verkaufes, wenn der präsumptive Empfänger eine Exszindierungsklage einbringt.
Entscheidung vom 31. Oktober 1951, 2 Ob 704/51.
I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Der Spediteur B. hat beim Erstgericht auf Grund eines gesetzlichen Pfandrechtes die exekutive Versteigerung eines Personenkraftwagens Marke Studebaker beantragt. Die Exekutionsbewilligung erwuchs in Rechtskraft. Klägerin, die behauptet, daß B. verpflichtet sei, den Wagen, den er vom Auftragsgeber des Spediteurs gekauft habe und der bereits in sein Eigentum übergegangen sei, an ihn auszufolgen, brachte gegen B. eine Klage nach § 37 EO. ein und gleichzeitig einen Antrag auf Aufschiebung der Exekution.
Der Erstrichter wies den Aufschiebungsauftrag ab, weil die Klägerin gemäß § 435 HGB. einen Anspruch auf Übergabe des Frachtgutes nur gegen Bezahlung der Forderungen des Frachtführers aus dem Frachtvertrag hat; dieser Anspruch berechtige nur zur Klage auf Herausgabe des Wagens Zug um Zug gegen Erfüllung der sich aus dem Frachtvertrag ergebenden Verpflichtungen, nicht aber zur Erhebung des Widerspruches gemäß § 37 EO. Die Klage erscheine daher aussichtslos.
Das Rekursgericht hat die Versteigerung des Personenkraftwagens bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Unzulässigkeitsstreites gegen Erlag einer Sicherheit von 10.000 S aufgeschoben. Das Rekursgericht läßt es dahingestellt, ob die gegenständliche Klage, in der die Unzulässigkeitserklärung des vom Erstgericht bewilligten Pfandverkaufes beantragt wird, eine Feststellungsklage allgemeiner Natur oder eine Klage nach § 37 EO. ist und ob die gegenständliche Versteigerung als Pfandverkauf im Sinne der §§ 1233 ff. Deutsches Bürgerliches Gesetzbuch überhaupt aufgeschoben werden kann; es begrundet die Aufhebung mit einem Hinweis auf § 1246 DBGB., demzufolge dann, wenn eine von den Vorschriften der §§ 1235 bis 1240 abweichende Art des Pfandverkaufes nach billigem Ermessen den Interessen der Beteiligten entspricht, das Gericht von diesen Vorschriften abgehen und verfügen kann, daß der Verkauf in dieser Art erfolgt. Dazu gehört nach Meinung des Rekursgerichtes auch die Ermächtigung, den Pfandverkauf nicht sofort durchzuführen, sondern mit der Durchführung solange zuzuwarten, bis streitige Rechte in einem Rechtsstreit geklärt sind, sofern wichtige Interessen eines Beteiligten einen solchen Aufschub verlangen. Die vorliegende Klage könne nicht als völlig aussichtslos bezeichnet werden, weil die klagende Partei möglicherweise Eigentum erworben haben konnte. Doch könnte der Aufschub der Versteigerung nur gegen angemessene Sicherheit für allfälligen Schaden zugemutet werden, weshalb der Aufschub gegen eine Sicherheitsleistung von 10.000 S angeordnet wurde.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des B. keine Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Dem Revisionsrekurs ist zuzugeben, daß § 1246 DBGB. nur Abweichungen von den Modalitäten der Durchführung des Pfandverkaufes im Auge hat, also zum Beispiel abweichende Maßnahmen, durch die ein höherer Erlös erzielbar ist, daß jedoch unter der "von den Vorschriften der §§ 1235 bis 1240 abweichenden Art des Pfandverkaufes" eine Aufschiebung des Verkaufes nicht verstanden werden kann.
Die Entscheidung der Frage, ob es sich beim Pfandverkauf nach § 368 HGB. um ein Exekutionsverfahren handelt oder nicht, ist im gegebenen Fall nicht mehr von Bedeutung, weil die beklagte Partei zur Durchführung des von ihr auf § 368 HGB. gestützten Rechtes bei Gericht einen Antrag auf öffentlichen Verkauf eingebracht, das Gericht diesem Antrag Folge gegeben hat und die Anordnung der Versteigerung durch das Gericht rechtskräftig geworden ist. Damit ist ein Exekutionsverfahren tatsächlich anhängig gemacht worden und derzeit noch anhängig. Es bedarf daher nicht der Heranziehung des § 272 AußstrG. und der vom Rekursgericht angeführten Entscheidungen zur Rechtfertigung der eingebrachten Widerspruchsklage und es ist anderseits gleichgültig, ob sich aus den §§ 1221, 1235, 1237 und 1245 DBGB. die Unmöglichkeit ergibt, die Regeln der Exekutionsordnung allgemein anzuwenden.
Ist ein Exekutionsverfahren tatsächlich anhängig, dann besteht für den Dritten, der an einem durch die Exekution betroffenen Gegenstand ein Recht behauptet, welches die Vornahme der Exekution unzulässig machen würde, keineswegs die Notwendigkeit oder die Möglichkeit, die Eigentumsklage, verbunden mit dem Antrag auf einstweilige Verfügung einzubringen, er kann vielmehr ohne weiteres die Widerspruchsklage des § 37 EO. erheben. Ob in einem solchen Fall der Schuldner auch die Möglichkeit einer Oppositionsklage hätte, kann für den vorliegenden Fall dahingestellt bleiben.
Zuzustimmen ist dem Rekursgericht, daß die vorliegende Klage, die die Unzulässigkeitserklärung der Zwangsvollstreckung bezweckt, nicht von vornherein als völlig aussichtslos bezeichnet werden kann. In der Klage wird ja auch behauptet, daß der beklagten Partei gleich bei der Auftragserteilung und später bei wiederholten Unterhandlungen zwischen der beklagten Partei, dem Inhaber der Firma R. E. H. & Co. und dem Generaldirektor der klagenden Partei bekanntgegeben wurde, daß der Personenkraftwagen zur alleinigen Verfügung der klagenden Partei nach Wien zu bringen ist; es wurde in der Klage auch auf § 50d der Allgemeinen Österreichischen Spediteurbedingungen Bezug genommen, demzufolge der Spediteur bei einem Auftrag, das Gut zur Verfügung eines Dritten zu halten oder einem Dritten herauszugeben, ein Pfand- oder Zurückbehaltungsrecht wegen Forderungen gegen einen Dritten, die mit dem Gut nicht in Zusammenhang stehen, nicht ausüben darf, soweit und solange die Ausübung der Weisung und den berechtigten Interessen des ursprünglichen Auftragsgebers zuwiderlaufen würde. Beizupflichten ist schließlich auch der in der Klage (mit Berufung auf den Kommentar von Neumann - Lichtblau vertretenen) Ansicht, daß das Recht der klagenden Partei auf Herausgabe des gegenständlichen Personenkraftwagens, der nicht zum Vermögen der Firma R. E. H. & Co. gehört, die Geltendmachung des Pfandrechtes bzw. Zurückbehaltungsrechtes der beklagten Partei hinsichtlich jener Forderungen, die mit dem Personenkraftwagen als Speditionsgut nicht im Zusammenhang stehen, unzulässig macht.
Es kann daher - wenn auch zum Teil aus anderen Gründen als jenen des Rekursgerichtes - nicht von vornherein gesagt werden, daß die vorliegende Klage an und für sich verfehlt und daher aussichtslos wäre.
Anmerkung
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ECLI:AT:OGH0002:1951:0020OB00704.51.1031.000Dokumentnummer
JJT_19511031_OGH0002_0020OB00704_5100000_000