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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Keine Gesetzwidrigkeit einer Verordnung betreffend die Neuanlage eines öffentlichen Interessentenweges und die Bildung einer öffentlich-rechtlichen WeggenossenschaftSpruch
Die Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Ratten vom 10. Juli 1997, GZ 612 Pu 1/1997, wird nicht als gesetzwidrig aufgehoben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist eine Beschwerde gemäß Art144 Abs1 B-VG gegen einen gemeindeaufsichtsbehördlichen Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung anhängig. Mit diesem - letztinstanzlichen - Bescheid ist ein Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Ratten bestätigt worden, mit welchem dieser ua. ausgesprochen hatte, daß die beiden Beschwerdeführer die Pflicht treffe, zu den voraussichtlichen Kosten der Neuanlage des öffentlich-rechtlichen Interessentenweges "Pusterhoferweg" Kostenbeiträge in Höhe von je S 22.500,-- zu leisten.
2. Aus Anlaß dieses Beschwerdeverfahrens hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Art139 Abs1 B-VG beschlossen, von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Ratten vom 10. Juli 1997 betreffend die Neuanlage des öffentlich-rechtlichen Interessentenweges "Pusterhoferweg" sowie die Errichtung der öffentlich-rechtlichen Weggenossenschaft "Pusterhoferweg" einzuleiten, weil diese Verordnung nicht dem Steiermärkischen Landesstraßenverwaltungsgesetz zu entsprechen schien.
Der Verfassungsgerichtshof formulierte seine Bedenken im einzelnen wie folgt:
"2.1. §7 Abs1 Z5 LStVG nennt jene Voraussetzungen, unter denen eine Straße zu einem öffentlichen Interessentenweg erklärt werden darf: Es hat sich dabei demnach um einen Verkehrsweg zu handeln, dem bloß örtliche Bedeutung zukommt und der überwiegend den Besitzern oder Bewohnern einer beschränkten Anzahl von Liegenschaften dient. Nach dem System des LStVG sind die öffentlichen Interessentenwege somit jene Straßen, welche die geringste öffentliche Verkehrsbedeutung haben (zu einem nach dem - dem LStVG in diesem Punkt ähnlichen - Tiroler Straßengesetz 1951, LGVBl. für Tirol Nr. 1/1951, beurteilten Fall vgl. VfSlg. 6062/1969); diese Überlegung wird dadurch unterstützt, daß ein öffentlicher Interessentenweg überwiegend einem durchaus beschränkten Personenkreis, nämlich all jenen, denen die Verfügungsbefugnis über eine beschränkte Anzahl von Liegenschaften zukommt, zu dienen bestimmt ist.
Das überwiegende individuelle Verkehrsinteresse des hier umschriebenen Personenkreises bildet den Grund dafür, ihn bis zu einem gewissen Ausmaß mit den Herstellungs- und Erhaltungskosten einer Straße zu belasten, obzwar diese dem öffentlichen Verkehr gewidmet ist (VfSlg. 7340/1974 (S 386)).
Im vorliegenden Fall erachtet der Verfassungsgerichtshof es indes als zweifelhaft, ob hinsichtlich des in Rede stehenden Verkehrsweges ein solches überwiegendes individuelles Verkehrsinteresse nur einer bestimmten Gruppe von Liegenschaftseigentümern oder -bewohnern gegeben ist. Dies zumal den von der Gemeinde Ratten vorgelegten Verwaltungsakten nicht entnommen werden kann, daß vor Beschlußfassung über die in Rede stehende Verordnung diese Frage anhand der Kriterien des §7 Abs1 Z5 LStVG überhaupt geprüft worden wäre.
Ein weiterer Anhaltspunkt für das Bedenken des Gerichtshofs ergibt sich daraus, daß der in Rede stehende - ca. 1,7 km lange - Interessentenweg offenbar (auch) als Verbindungsstraße zwischen zwei Gemeinden konzipiert ist und damit auch dem allgemeinen Verkehrsinteresse der übrigen Gemeindebewohner (wie auch jenem der Bewohner der Nachbargemeinde St. Kathrein/Hauenstein), zu dienen scheint. Wie aus der Niederschrift über die ordentliche Gemeinderatssitzung vom 10. Juli 1997 hervorgeht, ist überdies bereits im Vorfeld der Beschlußfassung über die Neuanlage des Pusterhoferweges vom Bürgermeister der Gedanke geäußert worden, dieser Verkehrsweg könne als Teil eines Panoramarundweges auch für den Tourismus von Bedeutung sein.
Der Verfassungsgerichtshof hegt daher das Bedenken, daß die vorgenommene Neuanlage des Pusterhoferweges als öffentlicher Interessentenweg nicht den gesetzlichen Erfordernissen entspricht, sondern bloß eine für die beteiligten Gemeinden günstigere Finanzierung erlauben soll.
Bei alledem wird nicht übersehen, daß die Gemeinde nach dem LStVG die Pflicht trifft, nach Maßgabe ihres Interesses am Bestand des Interessentenweges Kostenbeiträge zu leisten. Der Verfassungsgerichtshof nimmt jedoch - ebenso wie (stillschweigend) in dem mit hg. Erkenntnis VfSlg. 6062/1969 entschiedenen Fall, dem eine auch in diesem Punkt ähnliche Rechtslage zugrunde gelegen ist (vgl. §44 Abs3 Tiroler Straßengesetz 1951, welche Bestimmung nahezu wörtlich jener des §45 Abs1 letzter Satz LStVG entspricht) - vorläufig an, daß diesem Umstand nicht die Wirkung zukommt, die in §7 Abs1 Z5 LStVG anscheinend abschließend normierten gesetzlichen Voraussetzungen für die Einreihung eines Verkehrsweges als öffentlicher Interessentenweg zu modifizieren.
2.2. Der Verfassungsgerichtshof sieht es überdies als zweifelhaft an, ob die öffentlich-rechtliche Weggenossenschaft 'Pusterhoferweg' - in welche nach dem Inhalt des erstinstanzlichen Bescheides auch die Beschwerdeführer einbezogen sind - dem Gesetz entsprechend errichtet worden ist:
Wie der Gerichtshof bereits in seinem Erkenntnis VfSlg. 9593/1982 betont hat, steht nach dem Wortlaut des §45 Abs3 LStVG außer jedem Zweifel, daß eine Weggenossenschaft zur bloßen Herstellung eines Interessentenweges nicht errichtet werden darf. Die Zusammenfassung der (nach den Abs1 und 2 des §45 LStVG) Beitragspflichtigen mit der Wirkung, daß die Mitgliedschaft und damit die Beitragslast auf den jeweiligen Besitzer der beteiligten Liegenschaft übergeht, muß vielmehr zur Sicherstellung der - fortlaufenden - Erhaltung des Weges erforderlich sein. §45 Abs3 LStVG hat nicht einzelne - vorübergehende - Maßnahmen, sondern die wiederkehrenden Erfordernisse der Straßenerhaltung vor Augen, für die längerfristig Vorsorge getroffen werden soll.
Die in Prüfung genommene Verordnung faßt nun die Interessenten an einem 'Wegebau' zu einer Weggenossenschaft zusammen, deren Zweck die 'Herstellung und Erhaltung des (Pusterhoferweges), die Leistung der hiefür erforderlichen Sach-, Arbeits- und Geldaufwendungen sowie deren Umlegung auf ihre Mitglieder' (§2 Abs1 Satzung der öffentlich-rechtlichen Weggenossenschaft 'Pusterhoferweg') ist. Wie ihre Entstehungsgeschichte zu bestätigen scheint, dürfte es dabei jedoch vorrangig um den Ausbau des gemeindlichen Straßennetzes und dessen Finanzierung gehen. Erklärte Absicht der Gemeinde war es, den Interessentenweg nach Durchführung der Neuanlage in das öffentliche Gut zu übernehmen (vgl. die Niederschrift über die ordentliche Gemeinderatssitzung vom 10. Juli 1997) bzw. in das öffentliche Wegenetz der Gemeinde zu übernehmen (vgl. den zuvor wiedergegebenen Bescheid vom 30. September 1998).
Unter diesen Umständen dürfte die Errichtung der öffentlich-rechtlichen Weggenossenschaft 'Pusterhoferweg' nur die Durchführung einmaliger Ausbaumaßnahmen und - ungeachtet des zuvor wiedergegebenen Wortlautes des Bescheides vom 30. September 1998 - nicht die Sicherstellung wiederkehrender Erhaltungsarbeiten zum Ziel gehabt haben; sie scheint daher iSd §45 Abs3 LStVG nicht erforderlich und somit unzulässig zu sein (vgl. VfSlg. 9593/1982 (S 490))."
3. Im Verordnungsprüfungsverfahren erstatteten der Gemeinderat der Gemeinde Ratten, vertreten durch den Bürgermeister, sowie die Steiermärkische Landesregierung als Gemeindeaufsichtsbehörde schriftliche Äußerungen.
3.1. Der Gemeinderat der Gemeinde Ratten hielt den Bedenken des Verfassungsgerichtshofs folgendes entgegen:
"1.) Mit Gemeinderatsbeschluss vom 10. Juli 1997 hat die Gemeinde Ratten die Neuanlage des öffentlichen Interessentenweges 'Pusterhoferweg', beginnend bei der Abzweigung Gemeindeweg Jagerhoferweg II bis zur Gemeindegrenze St. Kathrein am Hauenstein mit einer Länge von 1.480 m laut Bestand bzw. Trassierung durch die Fachabteilung 2e verordnet und die am Pusterhoferweg als Interessenten beteiligten Liegenschaftsbesitzer und sonstigen Verkehrsinteressenten in die öffentlich-rechtliche Weggenossenschaft Pusterhoferweg zusammengefasst. In den vorangegangenen Jahren waren Grundeigentümer und Wegverantwortliche aus dem Ferienwohngebiet Waldheimat immer wieder an die Gemeinde herangetreten, ob nicht ein ganzjährig befahrbarer und den technischen Anforderungen entsprechender Zufahrtsweg zu diesem Ferienwohngebiet errichtet werden könnte. Die damals bestehende Zufahrt erfolgte über Privatwege, deren Benützung nur geduldet und deren Erhaltung völlig unzureichend war. Der bestehende Weg abzuweigend vom Hofzufahrtsweg Pusterhoferweg war in seiner Anlage viel zu steil und daher in der Erhaltung sehr kostenaufwendig und zeitweise unbefahrbar. Bei Starkregen traten ständig schwere Schäden auf und wurden Schadensmeldungen über die Gemeinde zur Wiederherstellung aus öffentlichen Mitteln gestellt (1994, 1997, 1998, 1999). Im Zuge einer Wegversammlung am 19. November 1994 stellten die damals anwesenden Grundeigentümer und Interessenten aus der Ferienwohnsiedlung über die Gemeinde den Antrag an die Kammer für Land- und Forstwirtschaft, Referat Wegebau, um Aufnahme in ein Wegbauprogramm zur Errichtung eines Aufschließungs- und Verbindungsweges zwischen dem Hofzufahrtsweg Anwesen Pusterhofer und dem Gemeindeweg in der angrenzenden Gemeinde St. Kathrein am Hauenstein.
2.) Nach mehreren Gesprächen und Verhandlungen sowohl mit der Kammer für Land- und Forstwirtschaft als auch mit der Fachabteilung 2e, ländlicher Wegebau, der Steiermärkischen Landesregierung wurde von Seiten der Fachabteilung 2e im Jahre 1996 die Neuerrichtung und teilweise die Neutrassierung im Rahmen eines Wegerrichtungsprogrammes für öffentliche Interessentenwege im ländlichen Bereich in Aussicht gestellt. Es handelte sich bei der Einstufung dieses neu zu errichtenden Weges laut §7 Abs1, Z. 5, LStVG und den dort angeführten Voraussetzungen eindeutig um einen öffentlichen Interessentenweg, dem vorwiegend örtliche Bedeutung zukommt und der überwiegend den Besitzern und Bewohnern einer beschränkten Anzahl von Liegenschaften dient. Es stimmt zwar, dass mit diesem Weg auch die Verbindung zwischen den beiden Gemeinden Ratten und St. Kathrein am Hauenstein hergestellt ist, doch ist laut beiliegender Karte diese (...) nur von kleinräumiger und daher untergeordneter Bedeutung, da es mehrere andere Verbindungsstraßen (Bundes- und Landesstraßen sowie Gemeindestraßen und öffentliche Wegverbindungen) zwischen den Hauptsiedlungsgebieten der Gemeinden Ratten und St. Kathrein am Hauenstein gibt. Diese oben angeführten Kriterien bildeten daher auch die Grundlage für die Verordnungen des Gemeinderates.
3.) Aus dem Sitzungsprotokoll vom 10.7.1997 geht ausschließlich hervor, dass im Zuge der Debatte verschiedene weitere Überlegungen bezüglich künftiger Erhaltung bzw. auch touristische(r) Nutzung getätigt wurden. Eine Beschlussfassung darüber erfolgte jedoch nicht. Erklärte Absicht der Gemeinde Ratten laut Sitzungsprotokoll der Sitzung vom 10.7.1997 und dem darauf beruhenden Bescheid vom 30.9.1998 war es, nach Fertigstellung des Wegbaues die Vermessung und Übernahme in das öffentliche Gut vorzunehmen. Im §12 LStrVG ist vorgesehen, dass die Verwaltung der Gemeindestra(ß)en und öffentlichen Interessentenwege den Ortsgemeinden obliegt. Es kann sich daher bei der Errichtung des öffentlichen Interessentenweges 'Pusterhoferweg' aufgrund seiner untergeordneten Bedeutung im gesamten Gemeindegebiet von Ratten keinesfalls vorrangig um den Ausbau des gemeindlichen Straßennetzes und dessen Finanzierung (ge)handelt haben."
3.2. Die Steiermärkische Landesregierung führte in ihrer Äußerung folgendes aus:
"Wie sich aus dem dieser Äußerung beigeschlossenen Plan ergibt, bestand schon vor der Beschlussfassung über die Neuanlage dieses Weges eine Wegverbindung zwischen der Gemeindestraße Kolonieweg Nr. 23 in der Gemeinde St. Kathrein am Hauenstein und dem Wegerhoferweg Nr. 37 in der Gemeinde Ratten. Diese Verbindung war, wie dem Kataster entnommen werden kann, nicht durchgehend als öffentlicher Weg bzw. eigenes Weggrundstück ausgeschieden. Die Wegverbindung dürfte allerdings der allgemeinen Benützung uneingeschränkt zur Verfügung gestanden sein. Dieser Weg befand sich nach Aussage des Bürgermeisters in einem schlechten baulichen Zustand. Er wies zum Beispiel im Bereich der Grundstücke der Beschwerdeführer eine Steigung von 16 % auf. Er dürfte jedoch für die dort stattfindende langjährige landwirtschaftliche Nutzung der Flächen ausreichend gewesen sein. In weiterer Folge wurden dann Grundstücke parzelliert und verkauft, um sie einer anderen Verwendung (Ferienwohngebiet) zuzuführen. Für diese Nutzung war offensichtlich dieser bestehende Weg nicht mehr geeignet, weshalb von einer Interessentengemeinschaft an die Gemeinde der Wunsch auf Ausbau dieses Weges herangetragen wurde (siehe Protokoll über die Sitzung des Gemeinderates vom 10. Juli 1997). Der Gemeinderat hat daher nach Erstellung eines Ausbauprojektes den projektierten Weg zu einem öffentlichen Interessentenweg erklärt. Das Wegprojekt sieht eine Verlegung und teilweise Neutrassierung der bisherigen Wegverbindung vor.
Dabei wird die Ferienwohnsiedlung 'Waldheimat' mit insgesamt 16 Liegenschaftseigentümern wesentlich günstiger aufgeschlossen als bisher und auch der Hofaufschließungsweg 'Kremnitzerweg' wird wesentlich günstiger angelegt.
Dieser Weg ist gleichzeitig auch an eine Gemeindestraße in St. Kathrein am Hauenstein und in der Gemeinde Ratten angeschlossen. Er wurde jedoch nicht von der Gemeinde deswegen errichtet, um hier eine bessere Verbindung zwischen den Gemeinden herzustellen, sondern war der Zweck der Errichtung dieses Weges eine bessere Erschließung der zwischenzeitig neu entstandenen Feriensiedlung 'Waldheimat' und den zwischen den beiden Gemeindewegen liegenden landwirtschaftlichen Betrieben. Durch diesen Weg ist es nunmehr auch möglich, diese Liegenschaften, sowohl von der Gemeinde St. Kathrein am Hauenstein als auch von der Gemeinde Ratten aus, zu erreichen. Dies ist insoferne von Bedeutung, da die Bewohner der Feriensiedlung von verschiedenen Hauptwohnsitzen aus anreisen.
§7 des Landesstraßenverwaltungsgesetzes kennt 2 Gattungen von Straßen, deren Einreihung durch Verordnung der Gemeinde zu erfolgen hat. Dabei ist die Gemeinde an die jeweiligen Beurteilungskriterien des §7 Abs(1 Z) 4 und 5 gebunden.
Gemäß §7 Abs(1 Z) 4 sind Gemeindestraßen Straßen, die vorwiegend dem Verkehr innerhalb von Gemeinden oder zwischen Nachbargemeinden dienen und gemäß §7 Abs(1 Z) 5 sind öffentliche Interessentenwege Straßen für den öffentlichen Verkehr, von örtlicher Bedeutung, die überwiegend nur für die Besitzer oder Bewohner einer beschränkten Anzahl von Liegenschaften dienen.
Betrachtet man die gegenständliche Straße vom Gesichtspunkt der Notwendigkeit ihrer Errichtung, so kann man der Meinung der Gemeinde durchaus folgen, dass diese Straße weder vorwiegend dem Verkehr innerhalb der Gemeinde oder zwischen den Nachbargemeinden Ratten und St. Kathrein am Hauenstein dient. Beide Gemeinden verfügen über eine Reihe von Verkehrsverbindungen, wobei die wichtigste die Bundesstraße Nr. 72 ist.
Ein Bedarf für die Errichtung dieser Straße unter den oben angeführten Gesichtspunkten lässt sich nicht ableiten und war es auch nicht Wille der Gemeinde, eine derartige Straße zu schaffen.
Ausgangspunkt für die Errichtung dieser Straße war vielmehr der Antrag einer Interessentengemeinschaft auf Errichtung einer Straße zur besseren Erreichbarkeit für die durch diese Straße aufgeschlossenen Liegenschaften bzw. Bauplätze. Dies lässt sich auch aus dem Umstand ableiten, dass alle übrigen Verkehrsinteressenten mit der Kostenbeteiligung an der Straßenerrichtung letztlich einverstanden waren.
Aus der Sicht der Aufsichtsbehörde war daher eine Gesetzwidrigkeit dieser Verordnung nicht gegeben.
Zur Verordnung der Gemeinde Ratten, mit der die Liegenschaftseigentümer und sonstigen Verkehrsinteressenten in die öffentlich-rechtliche Weggenossenschaft 'Pusterhoferweg' zusammengefasst werden, mit der Wirkung, dass die Mitgliedschaft und damit die Pflicht zur Beitragsleistung auf den jeweiligen Besitzer der beteiligten Liegenschaft übergeht, wird keine Äußerung abgegeben."
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zur Zulässigkeit:
Allfällige Verfahrenshindernisse, die eine meritorische Entscheidung über die Beschwerde ausschlössen, sind nicht hervorgekommen. Auch die Präjudizialitätsannahmen des Gerichtshofs haben sich als zutreffend erwiesen. Das Verfahren ist somit insgesamt zulässig.
2. In der Sache:
2.1. Das Bedenken des Verfassungsgerichtshofs, die in den Rede stehende Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Ratten betreffend die Einreihung des "Pusterhoferweges" als öffentlicher Interessentenweg widerspreche den in §7 Abs1 Z5 LStVG genannten Erfordernissen, ist nicht begründet.
Wie sich aus den vom Gemeinderat der Gemeinde Ratten vorgelegten Unterlagen ergibt, handelt es sich beim "Pusterhoferweg" in der Tat um eine Verkehrsverbindung, der lediglich örtliche Bedeutung zukommt und die daher nur für eine beschränkte Anzahl von Liegenschaftsbesitzern bzw. -bewohnern von Interesse ist. Insbesondere trifft die Annahme des Gerichtshofs nicht zu, der "Pusterhoferweg" sei (vorrangig) als Verbindungsstraße zwischen den Gemeinden Ratten und St. Kathrein/Hauenstein ausgelegt und daher im allgemeinen Verkehrsinteresse der Bewohner beider Gemeinden gelegen:
Dem vom Gemeinderat vorgelegten Plan ist vielmehr zu entnehmen, daß die Ortskerne der beiden Gemeinden bereits durch die Bundesstraße B 72 verbunden sind.
2.2. Auch das Bedenken des Verfassungsgerichtshofs, die Errichtung der öffentlich-rechtlichen Weggenossenschaft "Pusterhoferweg" widerspreche den gesetzlichen Erfordernissen, erweist sich als unbegründet.
Gemäß §45 Abs3 LStVG kann die Gemeinde durch Verordnung verfügen, daß die Beitragspflichtigen in eine öffentlich-rechtliche Weggenossenschaft zusammengefaßt werden, wenn eine solche Maßnahme zur Sicherstellung der Erhaltung eines öffentlichen Interessentenwegs erforderlich ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 9593/1982 (S 490) ausgesprochen hat, wäre die Errichtung einer derartigen Weggenossenschaft allein zur Herstellung eines öffentlichen Interessentenwegs unzulässig.
Eine solche Situation liegt hier nicht vor, wie das Verordnungsprüfungsverfahren ergeben hat: Wie der am 30. Juni 1997 beschlossenen Satzung der öffentlich-rechtlichen Weggenossenschaft "Pusterhoferweg" zu entnehmen ist (insbesondere ihrem §2), ist Zweck dieser Genossenschaft "die Herstellung und Erhaltung des ("Pusterhoferweges"), die Leistung der hiefür erforderlichen Sach-, Arbeits- und Geldaufwendungen sowie deren Umlegung auf ihre Mitglieder". Die Weggenossenschaft ist somit gegründet worden, um (auch) für die wiederkehrenden Erfordernisse der fortlaufenden Erhaltung des Weges langfristig Vorsorge zu treffen. Unter diesem Gesichtspunkt kann der Verfassungsgerichtshof - entgegen seinen vorläufigen Annahmen - nicht finden, daß die öffentlich-rechtliche Weggenossenschaft "Pusterhoferweg" in Verkennung der gesetzlichen Erfordernisse errichtet worden wäre.
3. Die Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Ratten vom 11. Juli 1997 war daher nicht als gesetzwidrig aufzuheben.
4. Diese Entscheidung konnte ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefällt werden (§19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953).
Schlagworte
Straßenverwaltung, Interessentenweg, WeggemeinschaftEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:V106.2000Dokumentnummer
JFT_09989388_00V00106_00