TE OGH 1951/12/08 Präs198/51

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Veröffentlicht am 08.12.1951
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Norm
JN §§54 ff JN §55 JN §60 ZPO §11 Abs2 ZPO §227 ZPO §500 Abs2 ZPO §502 Abs3 ZPO §527 Abs1 ZPO §528 Abs1 Kopf

SZ 24/335

Spruch

Judikatenbuch Nr. 56.

Nach § 502 Abs. 3 ZPO. ist in vermögensrechtlichen Streitigkeiten für die Zulässigkeit der Revision nicht der Wert des Revisionsgegenstandes, sondern jener des gesamten Streitgegenstandes maßgebend, auf den sich das Urteil des Berufungsgerichtes erstreckt. Die Vorschriften der §§ 500 Abs. 2 und 502 Abs. 3 ZPO. sind auf bloß teilweise bestätigende Urteile nicht anzuwenden. Für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision sind mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche, die in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang stehen, gemäß § 55 JN. insoweit zusammenzurechnen, als das Berufungsgericht darüber entschieden hat. Ansprüche von und gegen Streitgenossen im Sinne des § 11 Z. 2 ZPO. sind nicht zusammenzurechnen.

Plenarbeschluß vom 8. Dezember 1951, Präs 198/51.

Rechtliche Beurteilung

Begründung:

§ 502 Abs. 3 ZPO. in der geltenden Fassung bestimmt, daß gegen ein bestätigendes Urteil des Berufungsgerichtes die Revision dann unzulässig ist, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, an Geld- oder Geldeswert 10.000 S nicht übersteigt.

Diese Bestimmung wird verschieden ausgelegt. Während ein Teil der Lehre und Rechtsprechung an dem Gesetzeswortlaut festhält und daher den Wert des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, für die Frage der Zulässigkeit der Revision allein für maßgebend erachtet, wird von Sperl und einer Reihe ihm folgender Entscheidungen dem Wert des Revisionsgegenstandes entscheidende Bedeutung beigemessen.

Schrutka (Grundriß des Zivilprozeßrechtes, 2. Aufl., S. 282, Anm. 1), Neumann (Komm. zu den Zivilprozeßgesetzen, 4. Aufl., II, S. 1350 f.) und Pollak (Zivilprozeßrecht, 2. Aufl., S. 567) sowie Wolff (Grundriß des Zivilprozeßrechtes, 2. Aufl., S. 361 f.) halten sich an den Gesetzeswortlaut; die beiden letzteren lehnen die Ansicht ausdrücklich ab, daß die Zulässigkeit der Revision nach dem Revisionsgegenstande zu beurteilen sei (so auch schon Löw, GZ. 1914, S. 291 und Allerhand, Uwagi do noweli procesowej z. dnia 1. czerwka 1914, dz. u. p. Nr. 118, Lemberg 1914, S. 162).

Diesen Standpunkt teilen die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes vom 27. Oktober 1925, Ob I 895/25, ZBl. 1925, Nr. 137 = SZ. VII/340, 26. Feber 1930, 3 Ob 120/30, SZ. XII/55, 10. April 1931, 4 Ob 162/31, JBl. 1931, S. 289, 12. Juli 1932, 2 Ob 675/32, AnwZ. 1933, S. 134, 4. April 1934, 4 Ob 125/34, ZBl. 1934, Nr. 193, 15. Mai 1934, 3 Ob 403/34, AnwZ. 1934, S. 437, 2 Mai 1935, 1 Ob 325/35, Rsp. 1935, Nr. 187, 24. Oktober 1935, 4 Ob 383/35, RZ. 1936, S. 67, 20. Mai 1936, 1 Ob 434/36, SZ. XVIII/88, 9. Juni 1936 1 Ob 450/36 ZBl. 1936, Nr. 446, 19. Oktober 1937, 3 Ob 816/37, SZ XIX/285, 3. November 1938, 2 Ob 643/38, SZ. XX/219, 22. November 1938, 2 Ob 642/38, SZ. XX/241, zum Teil unter ausdrücklicher Ablehnung der abweichenden Ansicht Sperls.

Auch das Reichsgericht in seiner Entscheidung vom 14. März 1940, VIII 773/39, DREvBl. 1940, Nr. 216, und die AV. des RJM. vom 11. Jänner 1940, Deutsche Justiz 1940, S. 96, gehen von diesem Standpunkte aus und vertreten daher die Meinung, daß erst durch § 6 der Überleitungsverordnung vom 28. Feber 1939, DRGBl. I S. 358, GBlÖ. Nr. 307, diese Rechtslage zwecks Anpassung an die Bestimmungen der deutschen ZPO. in der Richtung geändert wurde, daß seither der Wert des Beschwerdegegenstandes, also des Revisionsgegenstandes, für die Zulässigkeit der Revision maßgebend war. Durch das Gesetz vom 3. Oktober 1945, StGBl. Nr. 188, über Maßnahmen zur Wiederherstellung der bürgerlichen Rechtspflege wurde dann die frühere Rechtslage wieder hergestellt.

Dementsprechend hielten auch die folgenden Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes aus der jüngsten Zeit im wesentlichen am Gesetzeswortlaut fest, u. zw.: Entscheidung vom 15. Feber 1950, 1 Ob 293/49, Entscheidung vom 15. Feber 1950, 2 Ob 573/49, E. v. 6. März 1950, 4 Ob 3/50; 3. April 1950, 4 Ob 60, 61/49, Entscheidung vom 6. Mai 1950, 1 Ob 405/49, Entscheidung vom 23. August 1950, 3 Ob 440/50, Entscheidung vom 20. Dezember 1950, 2 Ob 807/50, Entscheidung vom 7. März 1951, 2 Ob 38/51, Entscheidung vom 7. März 1951, 2 Ob 58/51.

Sperl (Lehrbuch der bürgerlichen Rechtspflege, S. 645 f., 653) führt zur Begründung seiner Ansicht, daß der Wert des Revisionsgegenstandes bestimmend sei, aus, das Gesetz habe geringwertige Dinge, die zweimal gleichlautend beurteilt wurden, vom drittinstanzlichen Rechtsmittel ausschließen wollen. Hätten die zwei Urteile zwar beide mehr als 1.500 S (jetzt 10.000 S) zum Gegenstand gehabt, wurde aber die Revision nur wegen eines diese Summe nicht übersteigenden Teiles erhoben, so sei sie nicht zulässig. Man würde sonst unausweichlich zu der Folgerung kommen, daß auch wegen Beträgen unter 100 S an den Obersten Gerichtshof gegangen werden könnte, was den Verboten der §§ 502 Abs. 2 und 501 ZPO. widerstreite.

Dieser Ansicht folgten zum Teil unter ausdrücklichem Hinweis auf Sperl die Entscheidungen: vom 4. Jänner 1928, Ob III 1169/27, SZ. X/270, vom 17. Feber 1931, 1 Ob 111/31, ZBl. 1931, Nr. 149, vom 9. Feber 1932, 1 Ob 957/31, JBl. 1932, S. 292, vom 30. August 1934, 1 Ob 530/34, JBl. 1935, S. 19, vom 27. Feber 1935, 2 Ob 88/35, ZBl. 1935, Nr. 183, vom 6. September 1935, 2 Ob 603/35, AnwZ. 1935, S. 447, und aus der jüngsten Zeit: vom 28. März 1950, 2 Ob 198/50, Ev.Bl. Nr. 475/50, vom 29. März 1950, 3 Ob 148/50, vom 13. Oktober 1950, 2 Ob 326/50, vom 14. Feber 1951, 2 Ob 30/51.

Die Entscheidung vom 27. September 1950, 2 Ob 617/50, hat dagegen die Zulässigkeit der Revision, ohne sich für eine der vorgenannten Meinungen auszusprechen, vom Standpunkte beider Ansichten geprüft und verneint.

Da zur Rechtfertigung der vom Gesetzeswortlaut abweichenden Meinung über die entscheidende Bedeutung des Revisionsgegenstandes auf die vermeintliche Absicht und den Zweck des Gesetzes hingewiesen wird, ist zunächst die gesetzgeberische Absicht klarzustellen. Die Revisionsbeschränkungen des § 502 Abs. 3 ZPO. gehen auf die erste Gerichtsentlastungsnovelle (Kaiserliche Verordnung vom 1. Juni 1914, RGBl. Nr. 118) zurück. Die erste Gerichtsentlastungsnovelle ist aus zwei Gesetzentwürfen hervorgegangen, u. zw. dem Entwurf eines Gerichtsentlastungsgesetzes und dem Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Änderung der Bestimmungen über die Revision und den Rekurs, wovon nur der letztere hier von Interesse ist. Die Entstehungsgeschichte der Normen über den letzteren Gegenstand ist aus Nr. 535 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Abgeordnetenhauses, XXI. Session, 1911, zu entnehmen. Nach Art. I der 1. Regierungsvorlage hätte § 502 Abs. 3 ZPO. lauten sollen:

"In Rechtsstreitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche ist die Revision gegen ein bestätigendes Urteil des Berufungsgerichtes unzulässig, wenn der Wert des Revisionsgegenstandes 1000 K und, falls in zweiter Instanz ein Oberlandesgericht entschieden hat, 2000 K nicht übersteigt."

Nach Art. II dieser Regierungsvorlage sollten dann in den neu einzufügenden §§ 502a und 502b Bestimmungen über die Berechnung des Wertes des Revisionsgegenstandes getroffen werden, von denen die Anordnung hervorzuheben ist, daß der Wert des Revisionsgegenstandes nach dem Beginne des Tages zu berechnen ist, an dem die Revision erhoben wird. Diese Regierungsvorlage sah überdies in Art. VII auch eine Änderung des § 528 Abs. 1 ZPO. vor, wonach der Rekurs gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz über den Kostenpunkt sowie über Gebühren der Sachverständigen unzulässig ist, wenn der Beschwerdegegenstand (§§ 502a und 502b) den Betrag von 100 K nicht übersteigt.

In den erläuternden Bemerkungen hiezu wurde nach eingehender Darlegung der dringenden Notwendigkeit einer Entlastung des Obersten Gerichtshofes und einer Darstellung verschiedener Abhilfemöglichkeiten ausgeführt, daß nach dem deutschen Beispiel der Weg der Beschränkung der Rechtsmittel gegen zweitinstanzliche Entscheidungen gewählt wurde, damit der Oberste Gerichtshof erst mit Streitigkeiten von einer gewissen Werthöhe befaßt werde, und daß der Entwurf glaube, gewissen Schwierigkeiten der Rechtsanwendung, die sich anderwärts bei der Berechnung des Wertes des Beschwerdegegenstandes ergeben hätten, durch die neu einzufügenden Vorschriften (gemeint §§ 502a und 502b) vorgebeugt zu haben. Die Kommission für Justizgegenstände des Herrenhauses hat sich gegen diese vorgeschlagene Regelung u. a. aus dem Gründe ausgesprochen, daß die Statuierung einer Revisionssumme eine große Zahl verwickelter Streitfragen hervorrufen werde, die häufige Zwischenentscheidungen notwendig machen, dadurch das Revisionsverfahren schädigen und die angestrebte Entlastung des Obersten Gerichtshofes auf einem Umwege wieder illusorisch machen würden. Die Kommission schlug deshalb eine Regelung vor, wonach die Revision gegen ein bestätigendes Urteil des Berufungsgerichtes dann unzulässig sein sollte, wenn in erster Instanz ein Bezirksgericht entschieden habe, oder wenn in Prozessen, die Wechselgeschäften entspringen, die Klagssumme 1000 K nicht übersteigt. Rekurse gegen Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz über den Kostenpunkt oder über Gebühren der Sachverständigen wollte die Kommission überhaupt ohne Rücksicht auf die Höhe ausschließen. Daraufhin wurde eine zweite Regierungsvorlage eingebracht, nach deren Art. I der Wortlaut des § 502 Abs. 3 ZPO., abgesehen davon, daß die Revisionssumme mit 1000 K festgesetzt war, der heutigen Fassung entsprach. Nach Art. II sollte § 500 ZPO. ein dem heutigen Abs. 2 entsprechender Absatz beigefügt werden, der sich vom geltenden Wortlaut allerdings dadurch unterschied, daß das Berufungsgericht hienach in der Ausfertigung des Urteiles den Wert des Streitgegenstandes anzugeben hätte. In Art. VI wurde die vom Herrenhaus vorgeschlagene Fassung des § 528 Abs. 1 ZPO. übernommen. In den erläuternden Bemerkungen zu dieser Regierungsvorlage wird auf die Bedenken des Herrenhauses gegen die erste Regierungsvorlage hingewiesen und ausgeführt, diese Bedenken würden zwar nicht geteilt, auch erschienen die Vorschläge des Herrenhauses als nicht akzeptabel; im Hinblick auf die gegen die erste Regierungsvorlage erhobenen, lebhaften Bedenken werde aber die Neuerung vorgeschlagen, daß der Streitwert, über den das Berufungsgericht entschieden habe, maßgebend sein soll. Dies komme dem Gedanken, der der Festsetzung einer Revisionssumme zugrunde liege, erheblich näher. Das Punktum im Berufungsverfahren werde in der Mehrzahl der Fälle auch das Interesse an der Revision bezeichnen, weil die Fälle doch wohl selten seien, in denen zwischen der zweiten und dritten Instanz ein Wechsel der Ansicht hinsichtlich des Ausmaßes eines Anspruches stattfinde. Die Bewertung des Streitgegenstandes solle vollzählig dem Berufungsgerichte zufallen. Ein nicht unerwünschter Nebenvorteil dieser Regelung möge darin erblickt werden, daß die Frage der Statthaftigkeit und des Ausschlusses der Revision für beide Streitteile in allen Fällen gleich zu beantworten sei, daher das volle prozessuale Gleichgewicht zwischen den Parteien im vollen Maße gewahrt sei.

Diese Regierungsvorlage wurde ebenso wie der Entwurf des Gerichtsentlastungsgesetzes von den gesetzgebenden Körperschaften nicht mehr erledigt und es kam dann dazu, daß diese Entlastungsmaßnahmen im Verordnungswege als erste Gerichtsentlastungsnovelle in Kraft gesetzt wurden. Im Vortrage des Justizministers Dr. Hochenburger an den Kaiser betreffend die Erlassung dieser Kaiserlichen Verordnung wird wieder darauf hingewiesen, daß damit gewissen Bedenken des Herrenhauses gegen die erste Regierungsvorlage Rechnung getragen worden sei (Akt des k. k. Justizministeriums, fortlaufende Zahl 32/66 Zl. 15.101/241). Diese Revisionsbeschränkungen wurden allerdings dann durch Art. IV Punkt 15 und 17 der 3. Gerichtsentlastungsnovelle vom 2. Dezember 1921, BGBl. Nr. 743, aufgehoben, jedoch durch Art. IV Punkt 16 und 17 der 4. Gerichtsentlastungsnovelle vom 17. Juli 1922, BGBl. Nr. 532, in der heutigen Fassung wieder eingeführt. In der Begründung der 4. Gerichtsentlastungsnovelle (Nr. 1075 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, 7. Band, 1922) wird bloß auf die Bemerkungen zur Regierungsvorlage, aus der die erste Gerichtsentlastungsnovelle hervorgegangen ist, verwiesen. Auch aus dem Berichte des Justizausschusses (Nr. 1122 der Beilagen wie oben) ist nur zu entnehmen, daß eine Wiederherstellung der früheren Revisionsbeschränkungen beabsichtig war.

Aus der Entstehungsgeschichte der §§ 502 Abs. 3 und 500 Abs. 2 ZPO. ergibt sich somit eindeutig, daß absichtlich davon abgegangen wurde, die Zulässigkeit der Revision von dem Werte des Revisionsgegenstandes abhängig zu machen, und eine Regelung getroffen werden sollte, wonach die Frage der Zulässigkeit und des Ausschlusses der Revision für beide Streitteile gleich zu beantworten ist. Demnach deckt sich der Gesetzeswortlaut völlig mit der Absicht des Gesetzgebers und stimmt die Ansicht Sperls nicht bloß mit dem Gesetzeswortlaut nicht überein, sondern steht auch mit der klaren Absicht des Gesetzgebers im Widerspruch. Aus der Auslegung Sperls müßten sich übrigens besondere Komplikationen dadurch ergeben, daß das Berufungsgericht gemäß § 500 Abs. 2 ZPO. auszusprechen hat, ob der Wert des Streitgegenstandes, über den es selbst entschieden hat, nicht aber, ob jener des Revisionsgegenstandes, nämlich des von der einzelnen Revision betroffenen Teiles des angefochtenen Urteiles, 10.000 S übersteigt; der Ausspruch des Berufungsgerichtes wäre dann bei einer Verschiedenheit des Revisionsgegenstandes und des Gegenstandes des Berufungsurteiles geradezu bedeutungslos. Dem Berufungsgericht wäre es aber anderseits gar nicht möglich, in sein Urteil einen Ausspruch über den Wert des Revisionsgegenstandes aufzunehmen, weil es ja nicht voraussehen könnte, inwieweit sein Urteil angefochten werden wird und wieviel der Wert des Revisionsgegenstandes, für den doch nur der Zeitpunkt der Einbringung der Revision maßgebend sein kann, ausmachen werde. Wäre der Wert des Revisionsgegenstandes maßgebend, dann hätte eben an Stelle des § 500 Abs. 2 ZPO. eine den §§ 502a und 502b ZPO. der ersten Regierungsvorlage entsprechende Regelung getroffen werden müssen. Diese Notwendigkeit hat sich bei dem Inkrafttreten des § 6 der Überleitungsverordnung vom 28. Feber 1939, DRGBl. I S. 358, GBlÖ. Nr. 307, gezeigt, als nach der AV. des Reichsjustizministers vom 11. Jänner 1940, Deutsche Justiz, S. 96, die Vorschrift des § 500 Abs. 2 ZPO. als mit der Neuregelung nicht vereinbar als außer Kraft gesetzt betrachtet wurde und diese AV. mangels einer entsprechenden gesetzlichen Regelung über die Bestimmung des Wertes des Revisionsgegenstandes die Gerichte eigentlich auf den Weg freier Rechtsfindung verweisen mußte. Daß es bei der Frage der Zulässigkeit der Revision nicht auf den Wert des Revisionsgegenstandes ankommen kann, ergibt sich somit auch aus der Regelung des § 500 Abs. 2 ZPO.

Als Argument für die Richtigkeit der gegenteiligen Meinung wird bisweilen auf die Vorschrift des § 528 Abs. 1 ZPO., wonach Rekurse gegen Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz über einen Beschwerdegegenstand, der oder dessen Wert 500 S nicht übersteigt, unzulässig sind, hingewiesen. Nun können aber die Beschränkungen für die Revision und den Rekurs ganz verschieden gestaltet sein. Dies trifft nach der Zivilprozeßordnung auf jeden Fall in der Hinsicht zu, daß diese in vermögensrechtlichen Streitigkeiten Revisionen gegen difforme Entscheidungen unbeschränkt zuläßt und nur solche gegen konforme Entscheidungen in § 502 Abs. 3 ZPO. beschränkt, während nach § 528 Abs. 1 ZPO. Rekurse gegen bestätigende Beschlüsse der zweiten Instanz überhaupt ausgeschlossen und bloß solche gegen difforme Entscheidungen bei einem 500 S übersteigenden Wert des Beschwerdegegenstandes zugelassen sind. Schon aus diesem Gründe kann die Art der Regelung der Rekursbeschränkungen nicht als Argument für die Auslegung der Revisionsbeschränkungen herangezogen werden. Hievon abgesehen handelt es sich aber im § 528 Abs. 1 ZPO., wenn auch dessen Wortlaut nicht so klar ist wie jener des § 502 Abs. 3 ZPO., bei dem Wert des Beschwerdegegenstandes gar nicht um den Wert des Gegenstandes des Revisionsrekurses, sondern um jenen des Beschwerdegegenstandes, über den das Rekursgericht, also das Gericht zweiter Instanz entscheidet (Entsch. vom 4. September 1934, 3 Ob 702/34, ZBl. 1934, Nr. 410, und Wolff a. a. O., S. 368). Dies zeigt § 527 Abs. 1 ZPO., wonach das Rekursgericht dann, wenn der Beschwerdegegenstand, über den es entscheidet, nicht ausschließlich in einem Geldbetrag besteht, in seinem dem Rekurse stattgebenden Beschluß aussprechen kann, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes 500 S nicht übersteigt. Wie sich aus Nr. 283 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, 4.

Gesetzgebungsperiode, ergibt, wurden übrigens die neuen Vorschriften der §§ 527 Abs. 1 und 528 Abs. 1 ZPO. in die 7. Gerichtsentlastungsnovelle erst im Justizausschuß eingefügt und heißt es hiezu in dem Berichte des Ausschusses bloß, daß entsprechend den schon bestehenden Bestimmungen über die Beschränkung der Revision gemäß der Anregung des Obersten Gerichtshofes auch der Revisionsrekurs, insbesondere durch Einführung einer Beschwerdesumme beschränkt werden soll. Demnach war offensichtlich eine der Bestimmung des § 502 Abs. 3 ZPO. analoge Regelung für Revisionsrekurse gegen difforme Entscheidungen der zweiten Instanz beabsichtigt und wurde in dem Bericht des Justizausschusses das Wort "Beschwerdesumme" offensichtlich versehentlich verwendet. Der Oberste Gerichtshof hat daher in seiner Entscheidung vom 4. September 1934, 3 Ob 702/34, ZBl. 1934, Nr. 410, ausgeführt, es komme nach den §§ 527, 528 Abs. 1 ZPO. nur auf die Höhe des Beschwerdegegenstandes, über den das Rekursgericht entschieden hat, nicht aber jenes, über den die dritte Instanz entscheiden soll, an, wie sich aus der sinngemäßen Anwendung des § 502 Abs. 3 ZPO. ergebe. Dagegen vermochte die Entscheidung vom 12. Dezember 1933, 2 Ob 1106/33, ZBl. 1934, Nr. 163, die gegenteilige Ansicht eigentlich bloß durch den Hinweis auf die Absicht des Gesetzgebers, den Obersten Gerichtshof von der Entscheidung über Rechtssachen zu entlasten, deren Wert oder Betrag die Rekursgrenze nicht übersteige, zu begrunden, ein Argument, das auch für die angeblich maßgebliche Bedeutung des Revisionsgegenstandes verwendet wurde und sich bereits bei der Revision als unstichhältig gezeigt hat. Demnach kann § 528 Abs. 1 ZPO. zur Stützung der Ansicht Sperls keinesfalls dienen, da auch nach den §§ 527, 528 Abs. 1 ZPO. nur der Wert des Gegenstandes maßgebend ist, über den das Rekursgericht entschieden hat.

Somit ist, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 502 Abs. 3 ZPO., aber auch aus der Entstehungsgeschichte und aus den mit § 502 Abs. 3 ZPO. zusammenhängenden oder ähnlichen Vorschriften klar ergibt, für die Zulässigkeit der Revision nur der Wert des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, nicht aber jener des Revisionsgegenstandes, nämlich des Gegenstandes des mit der einzelnen Revision angefochtenen Teiles des zweitinstanzlichen Urteiles, maßgebend und kann daher die gegenteilige Meinung nicht mehr aufrechterhalten werden.

Wurde von der ersten Instanz einer Klage vollständig stattgegeben oder sie vollständig abgewiesen und hat das Berufungsgericht der dagegen erhobenen Berufung keine Folge gegeben, so richtet sich die Zulässigkeit der Revision des allein anfechtungsberechtigten unterlegenen Teiles ohne jeden Zweifel selbst bei nur teilweiser Anfechtung nach dem Werte des gesamten Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat. Daß dem anderen Teil, der ohnehin vollständig obsiegt hat, deshalb die Möglichkeit der Anfechtung nicht zusteht, hat also mit der Revisionsbeschränkung nichts zu tun. In solchen Fällen, in denen jede Partei teils obsiegt hat, teils unterlegen ist und deshalb auf jeden Fall nur den für sie ungünstigen Teil des Urteiles des Berufungsgerichtes anfechten könnte, taucht dagegen die Frage auf, ob auch hier für die Zulässigkeit jeder Revision der Wert des gesamten Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, oder nur der Wert jenes Teiles maßgebend ist, über den die zweite Instanz zuungunsten des betreffenden Revisionswerbers entschieden hat. Die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes haben sich mit dieser Frage insbesondere bei der Erledigung von Revisionen gegen bloß teilweise Bestätigungen befaßt.

Die erstere Lösung haben die Entscheidungen vom 12. Juli 1932, 2 Ob 675/32, AnwZ. 1933, S. 134, vom 15. Mai 1934, 3 Ob 403/34, AnwZ. 1934, S. 437, vom 9. Juni 1936, 1 Ob 450/36, ZBl. 1936, Nr. 446, vom 20. Mai 1936, 1 Ob 434/36, SZ. XVIII/88, vom 3. November 1938, 2 Ob 643/38, SZ. XX/219, vom 15. Feber 1950, 2 Ob 573/49, vom 6. Mai 1950, 1 Ob 405/49, vom 23. August 1950, 3 Ob 440/50, und vom 20. Dezember 1950, 2 Ob 807/50, zum Teil allerdings ohne ausdrückliche Stellungnahme zu dieser Frage sowie auch M. Allerhand, a. a. O., S. 163, gewählt, während sich die Entscheidungen vom 8. Feber 1933, 1 Ob 128/33, ZBl. 1933, Nr. 166, vom 6. September 1935, 2 Ob 603/35, AnwZ. 1935, S. 447, vom 7. Oktober 1949, 2 Ob 442/49, SZ. XXII/148, vom 6. März 1950, 4 Ob 3/50, und vom 3. April 1950, 4 Ob 60, 61/49, für die zweite Lösung ausgesprochen haben.

Dem Wortlaut der §§ 500 Abs. 2 und 502 Abs. 3 ZPO. entspricht offensichtlich die erstere Lösung; denn mit dem Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entscheidet, bzw. entschieden hat, kann nur der gesamte Streitgegenstand, auf den sich das Urteil der zweiten Instanz erstreckt, nicht aber bloß jener des für den einzelnen Revisionswerber nachteiligen Teiles der Entscheidung des Berufungsgerichtes gemeint sein.

Eine ausdrückliche Stellungnahme des Gesetzgebers zu dieser Frage ist zwar nicht zu finden. Seine Absicht kann aber aus den erläuternden Bemerkungen zur zweiten Regierungsvorlage eines Gesetzes, betreffend die Änderung der Bestimmungen über die Revision und den Rekurs, erschlossen werden. Wie schon erwähnt, heißt es dort u. a., ein nicht unerwünschter Nebenvorteil der vorgeschlagenen (in die 1. Gerichtsentlastungsnovelle übernommenen) Regelung möge darin erblickt werden, daß die Frage der Statthaftigkeit und des Ausschlusses der Revision für beide Streitteile in allen Fällen gleich zu beantworten sei, daher das prozessuale Gleichgewicht zwischen den Parteien im vollen Maße gewahrt sei. Damit kann weder gemeint sein, daß die abstrakten Voraussetzungen für die Anfechtungsmöglichkeit beider Parteien gleich geregelt sind, noch daß nach dieser Regelung in jedem Falle entweder beide Parteien die Entscheidung der zweiten Instanz anfechten können oder keiner der beiden diese Möglichkeit offensteht; denn ersteres traf ja auch bei der zuerst vorgeschlagenen Regelung, wonach für die Zulässigkeit jeder Revision ihr Gegenstand, richtiger der Gegenstand des mit der Revision angefochtenen Teiles des zweitinstanzlichen Urteiles maßgebend war, zu. Letzteres ist aber auch bei der nunmehrigen Regelung nicht unbedingt der Fall, weil ohne Rücksicht auf die Revisionsbeschränkungen jeder nur eine für ihn ungünstige Entscheidung oder einen solchen Teil der Entscheidung anfechten kann. Überdies bringt es die Abhängigkeit der Revisibilität von einem bestimmten Wert des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, mit sich, daß bei teilweiser Abweisung der Klage durch die erste Instanz diese Revisionsgrenze in gewissen Fällen nur dann überschritten wird, wenn beide Parteien das Urteil des Erstgerichtes mit zulässiger Berufung angefochten haben. Da nach der vorgeschlagenen Regelung der ersten Regierungsvorlage für die Zulässigkeit der Revision der Wert des Gegenstandes des den einzelnen Revisonswerber benachteiligenden und von ihm angefochtenen Teiles des bestätigenden Urteiles des Berufungsgerichtes maßgebend war, also die Zulässigkeit der Revision beider Parteien von verschiedenen Gegenständen abhängig war, kann der Unterschied der in der zweiten Regierungsvorlage vorgeschlagenen Regelung, die dann Gesetzeskraft erlangte, von der ersten nur darin bestehen, daß nunmehr für die Zulässigkeit der Revision beider Teile ein und derselbe Gegenstand maßgebend ist. Dies kann aber nur der gesamte Streitgegenstand sein, über den das Berufungsgericht entschieden hat. Die Abhängigkeit des Umfanges dieses Streitgegenstandes - und damit in gewissen Fällen der Revisibilität - von der erfolgten Anfechtung des erstgerichtlichen Urteiles mit Berufung durch beide Teile ist eine notwendige Folge davon, daß der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, und nicht jener der ersten Instanz für maßgebend erklärt wurde. Das Anfechtungsrecht kann einer der Parteien übrigens auch sonst durch Prozeßhandlungen des Gegners, so durch Klagseinschränkung, genommen werden. Daraus kann also in Verbindung mit der zitierten Bemerkung im Motivenbericht kein Schluß gegen die maßgebliche Bedeutung des gesamten Streitgegenstandes, auf den sich die zweitinstanzliche Entscheidung erstreckt, gezogen werden, zumal bei Verknüpfung der Zulässigkeit der Revision jeder Partei bloß mit dem Gegenstande des für sie nachteiligen Teiles des Urteils des Berufungsgerichtes die Zulässigkeit der Revisionen beider Teile ebenso wie bei der Abhängigkeit vom Werte des Revisionsgegenstandes sich wieder nach verschiedenen Gegenständen richten würde.

Somit ist nach dem Gesetzeswortlaut, aber auch nach der aus der bezogene Stelle der erläuternden Bemerkungen zur zweiten Regierungsvorlage zu erschließenden Absicht des Gesetzgebers immer der Wert des gesamten Streitgegenstandes, auf den sich das Urteil des Berufungsgerichtes erstreckt, für die Zulässigkeit jeder Revision maßgebend. Es muß daher auch die Meinung, daß es auf den Gegenstand des für den Revisionswerber ungünstigen Teiles der zweitinstanzlichen Entscheidung ankommt, abgelehnt werden. Nun ist die Frage zu prüfen, ob die Vorschrift des § 502 Abs. 3 ZPO., und damit auch jene des § 500 Abs. 2 ZPO. auch auf bloß teilweise bestätigende Urteile anzuwenden ist.

Der überwiegende Teil der Entscheidungen hat diese Frage, vielfach allerdings ohne weitere Begründung, bejaht, so Entscheidungen vom 3. Juli 1923, Ob III 482/23, SZ. V/179, 4. Jänner 1928, Ob III 1169/27, SZ. X/270, 20. Juni 1928, 3 Ob 536/28, SZ. X/190, 8. Feber 1933, 1 Ob 128/33, ZBl. 1933, Nr. 166, 26. April 1933, 3 Ob 323/33, ZBl. 1933, Nr. 232, 15. Mai 1934, 3 Ob 403/34, AnwZ. 1934, S. 437, 27. Feber 1935, 2 Ob 88/35, ZBl. 1935, Nr. 183, 2. Mai 1935, 1 Ob 325/35, Rsp. 1935, Nr. 187, 20. Mai 1936, 1 Ob 434/36, SZ. XVIII/88, 5. Juni 1936, 2 Ob 386/36, Rsp. 1936, Nr. 202, 9. Juni 1936, 1 Ob 450/36, ZBl. 1936, Nr. 446, 7. Oktober 1949, 2 Ob 442/49, SZ. XXII/148, 15. Feber 1950, 2 Ob 573/49, 6. März 1950, 4 Ob 3/50, 3. April 1950, 4 Ob 60, 61/49, 6. Mai 1950, 1 Ob 405/49, 23. August 1950, 3 Ob 440/50, 11. Oktober 1950, 2 Ob 326/50, 20. Dezember 1950, 2 Ob 807/50, 28. Feber 1951, 2 Ob 30/51.

Dagegen vertrat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung vom 13. Feber 1923, Ob II 34/23, SZ. V/31, den Standpunkt, daß die Revision im Sinne des § 502 Abs. 3 ZPO. nur dann unzulässig sei, wenn das Berufungsgericht das erstrichterliche Urteil vollständig bestätigt habe, und meinte, dies müsse namentlich dann gelten, wenn ein Zwischenantrag auf Feststellung und das Klagebegehren in einem solchen Zusammenhange stehen, daß eine verschiedene Entscheidung überhaupt ausgeschlossen sei.

In der Entscheidung vom 24. Oktober 1935, 4 Ob 383/35, RZ. 1936, S. 67, führte der Oberste Gerichtshof gegen die Anwendbarkeit des § 502 Abs. 3 ZPO. auf teilweise Bestätigungen aus, daß die Zulässigkeit der Revision für beide Teile gleich behandelt werden müsse und nicht einzusehen sei, daß bei einer teilweisen abändernden, teilweise bestätigenden Entscheidung nur der Partei die Möglichkeit der Revision offen gelassen wäre, die den abändernden Teil bekämpfe. Es sei auch unmöglich, eine einheitliche Entscheidung des Berufungsgerichtes in zwei Entscheidungen aufzulösen. Eine solche Teilung sei bei einem Zwischenurteil nicht möglich und könne es nicht von der Prozeßleitung abhängen, ob die zweitinstanzliche Entscheidung anfechtbar sei oder nicht. Auch müsse sonst das Revisionsgericht dann, wenn es zu dem Ergebnisse komme, daß das Klagebegehren vollständig abzuweisen wäre, materielles Unrecht bestehen lassen. Das Berufungsgericht habe überdies auch bei einem teilweise bestätigenden Urteil über den ganzen Streitgegenstand entschieden. Die Absicht des Gesetzgebers sei dahin gegangen, den Schwerpunkt der Wertbestimmung in die zweite Instanz zu verlegen und den Obersten Gerichtshof damit nicht zu befassen. Demnach sei ein bloß teilweise bestätigendes Urteil kein bestätigendes Urteil im Sinne des § 502 Abs. 3 ZPO.

In der Entscheidung vom 1. März 1951, 1 Ob 148/51, hielt der Oberste Gerichtshof die Revision gegen den bestätigenden Teil des zweitinstanzlichen Urteiles einfach deshalb für zulässig, weil es sich um einen einheitlichen Schadenersatzanspruch handle, über den das Berufungsgericht entschieden habe und der vom Revisionsgericht auch nur einheitlich, d. h. hinsichtlich des bestätigenden und des abändernden Teiles zu prüfen sei.

Die Meinung, daß bei teilweiser bestätigenden und teilweise abändernden Entscheidungen die Revision immer zulässig sein müsse, weil es sich sonst ergeben könnte, daß der vom Obersten Gerichte überprüfte Teil der Entscheidung mit dem anderen im Widerspruch stehe, wird dagegen in den Entscheidungen vom 20. Mai 1936, 1 Ob 434/36, SZ. XVIII/88, vom 5. Juni 1936, 2 Ob 386/36, Rsp. 1936, Nr. 202, und vom 9. Juni 1936, 1 Ob 450/36, ZBl. 1936, Nr. 446, ausdrücklich abgelehnt und ihr entgegengehalten, daß sonst, wenn bei vollständiger Bestätigung eine Revision ausgeschlossen wäre, gleichwohl gegen ein teilweise bestätigendes, günstigeres Urteil die Revision zustehen würde, und weiters, daß die Rechtsordnung auch sonst keine Sicherung dagegen geschaffen habe, daß einander widersprechende Entscheidungen in Rechtskraft erwachsen. Die Entstehungsgeschichte der ersten Gerichtsentlastungsnovelle, insbesondere die erläuternden Bemerkungen zu dem zweiten Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Änderung der Bestimmungen über die Revision und den Rekurs, aber auch die Materialien zur 4. Gerichtsentlastungsnovelle enthalten keinen ausdrücklichen Hinweis in der Richtung, ob die Vorschriften der §§ 502 Abs. 3 und 500 Abs. 2 ZPO. auch für teilweise bestätigende Urteile der Berufungsgerichte gelten sollen.

Die Regelung in diesen Vorschriften ist ganz offensichtlich auf den Fall der vollständigen Bestätigung des erstinstanzlichen Urteiles zugeschnitten. Schon der Wortlaut zeigt dies. Nur eine Entscheidung, die den erhobenen Berufungen nicht Folge gibt, damit über den Streitgegenstand im Umfange der Anfechtung konform mit dem Erstgericht entscheidet, also den Spruch der ersten Instanz vollständig billigt, ist eben ein bestätigendes Urteil. Das Berufungsgericht bestätigt hinsichtlich seines gesamten Streitgegenstandes, also des Streitgegenstandes der ersten Instanz, soweit auf Grund der Berufung(en) das Gericht zweiter Instanz darüber zu entscheiden hat, und ist demgemäß der Wert dieses gesamten Streitgegenstandes für die Zulässigkeit der Revision maßgebend. Ergibt sich somit schon aus dem Wortlaut der §§ 500 Abs. 2 und 502 Abs. 3 ZPO. und der ganzen Art der Regelung die Geltung der Revisionsbeschränkungen nur für vollständige Bestätigungen, so deutet darauf, daß dies auch der Absicht des Gesetzgebers entspricht, der Umstand hin, daß weder die erläuternden Bemerkungen zur zweiten Regierungsvorlage noch auch die Materialien zur 4. Gerichtsentlastungsnovelle teilweise Bestätigungen auch nur erwähnen, obwohl ein solcher Hinweis schon im Hinblick auf den bloß auf vollständige Bestätigungen abgestellten Gesetzeswortlaut geboten und naheliegend wäre, wenn die Revisionsbeschränkungen auch auf teilweise Bestätigungen angewendet werden sollten. M. Allerhand bezieht daher in seiner früher genannten Schrift S. 162 diese Revisionsbeschränkungen geradezu als selbstverständlich nur auf vollständige Bestätigungen. Für die Richtigkeit dieser Einschränkungen spricht schon die Erwägung, daß die gegenteilige Auslegung dem Obersten Gerichtshof in einem erheblichen Teile der Fälle die Möglichkeit nehmen würde, außer über die Höhe des geltend gemachten Anspruches vor allem über dessen Grund zu entscheiden. Hat nämlich das Berufungsgericht in jenen Fällen, in denen der Wert des gesamten Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, 10.000 S nicht übersteigt, gleich dem Erstgericht zwar das Bestehen des Anspruches dem Gründe nach, jedoch nur in einer geringeren als der vom Kläger verlangten Höhe bejaht, so müßte der Oberste Gerichtshof bei bloßer Anfechtbarkeit des abändernden Teiles der zweitinstanzlichen Entscheidung, auch wenn er selbst das Bestehen des Anspruches dem Gründe nach verneint, den teilweisen Zuspruch durch die Untergerichte unberührt lassen und müßte sich darauf beschränken, der Revision allenfalls mit der Begründung einen Erfolg zu versagen, daß der Anspruch eigentlich überhaupt nicht besteht. Ein solcher Vorgang wäre in solchen Fällen oft nicht einmal prozeßökonomisch, nämlich dann nicht, wenn das Revisionsgericht auch bei beschränkter Revisibilität sich ohnehin mit Grund und Höhe des einheitlichen Anspruches zu befassen hätte und trotzdem nur über die Höhe, also einen Teil des Anspruches entscheiden könnte. Nun ist es zwar richtig, daß auch sonst die Möglichkeit verschiedener Entscheidungen über einen einheitlichen Anspruch nicht ausgeschlossen ist, und insbesondere das Revisionsgericht durch eine bloß teilweise Anfechtung seitens der Parteien in dieselbe Lage kommen kann. In solchen Fällen wurde jedoch diese Situation durch das Vorgehen der Parteien selbst herbeigeführt, die ja schließlich auch auf einen Teil ihres Anspruches verzichten oder ihn trotz Nichtbestehens anerkennen können. Dies ist eben eine Folge der Dispositionsmaxime und letzten Endes der materiellrechtlichen Verfügungsmacht der Parteien, so daß in solchen Fällen die Möglichkeit eines verschiedenen Schicksals von Teilen eines einheitlichen Anspruches nur durch einen Eingriff in die Handlungsfreiheit ausgeschlossen werde könnte. Die Revisonsbeschränkungen bedeuten dagegen eine Einschränkung der Möglichkeit der Vornahme weiterer prozessualer Handlungen zur Wahrung der Rechtssphäre der Parteien.

Die Einschränkung der Anwendbarkeit der §§ 500 Abs. 2 und 502 Abs. 3 ZPO. auf vollständige Bestätigungen führt allerdings dazu, daß bei vollständiger Bestätigung dem dadurch Benachteiligten die Revision versagt sein kann, während sie ihm bei einer für ihn günstigeren, teilweisen Bestätigung offenstunde. Dieser Umstand allein vermag jedoch eine Anwendung der genannten Vorschriften auf teilweise Bestätigungen noch nicht zu rechtfertigen, zumal sie nur auf dem Wege extensiver Interpretation möglich wäre. Dieser aber steht entgegen, daß vollständig konforme Entscheidungen zweier Instanzen vielfach eine größere Gewähr für ihre Richtigkeit bieten als solche, die zumindest zum Teil divergieren, und daß lediglich bei vollständigen Bestätigungen von allen damit befaßten Instanzen über einheitliche Ansprüche dem Gründe und der Höhe nach entschieden wird, während bei Einschränkung der Revisibilität auf die abändernden Teile bloß teilweiser Bestätigungen der Revisionsinstanz zumeist entgegen dem Willen des Benachteiligten bloß die Entscheidung über die Höhe zustunde, während sie hinsichtlich des Gründes auf die bloße Prüfung der Entscheidung über die Höhe des Anspruches beschränkt bliebe, was nicht einmal der Prozeßökonomie entspricht.

Aus allen diesen Erwägungen muß die Anwendung der Revisionsbeschränkungen des § 502 Abs. 3 ZPO. gemäß dem Gesetzeswortlaut auf vollständig bestätigende Urteile der Berufungsgerichte, also solche, die den erhobenen Berufungen nicht Folge geben, ihnen keinen Erfolg zuerkennen, beschränkt bleiben und die Meinung, die diesen Revisionsbeschränkungen auf dem Wege ausdehnender Auslegung auch für Teilbestätigungen Geltung zubilligen will, fallengelassen werden.

Über die Berechnung des Streitwertes bei Geltendmachung mehrerer Ansprüche in einer Klage für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision besteht ebenfalls nicht volle Übereinstimmung in Lehre und Rechtsprechung. Während Allerhand (a. a. O., S. 167), Neumann (Komm., I, S. 156) und Pollak (ZPR., S. 285, 382) in dem Punkte übereinstimmen, daß nach § 55 JN. die Ansprüche nur dann zusammenzurechnen sind, wenn sie in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang stehen, ist Allerhand (a. a. O.) der Meinung, daß eine Zusammenrechnung im Sinne des § 55 JN. auch im Falle des § 500 Abs. 2 ZPO. stattzufinden hat - ebenso anscheinend Neumann (a. a. O.) - wogegen Pollak (a. a. O., S. 567) die Zusammenrechnung für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision offensichtlich ausschließen will. Sperl (Lehrbuch, S. 109) will hingegen alle nach § 227 ZPO. in einer Klage vereinigten Ansprüche gemäß § 55 JN. zusammenrechnen, mißt jedoch der Zusammenrechnung nur die Bedeutung bei, daß die Summe der Ansprüche, sollen diese zusammen bei dem Bezirksgericht geltend gemacht werden können, die in § 49 Abs. 1 JN. festgesetzte Grenze nicht überschreiten dürfe. Ebenso negiert Wolff (Grundriß, S. 9), daß Erfordernis für die Zusammenrechnung nach § 55 JN. der tatsächliche oder rechtliche Zusammenhang der Ansprüche sei. Einige Entscheidungen vertreten die Ansicht, daß mehrere Ansprüche nur bei rechtlichem und tatsächlichem Zusammenhange zusammenzurechnen seien, so die Entscheidungen vom 5. November 1930, 2 Ob 1006/30, SZ. XII/279, und vom 19. Dezember 1930, 4 Ob 877/30, Rsp. 1931, Nr. 105. Andere wieder besagen, daß die Ansprüche in rechtlich unlösbarem Zusammenhang stehen müssen (Entsch. vom 26. November 1935, 1 Ob 882/35, ZBl. 1936, Nr. 155) oder daß es sich um Ansprüche aus demselben rechtlichen und tatsächlichen Gründe (Entsch. vom 18. Oktober 1935, 1 Ob 748/35, Rsp. 1935, Nr. 284) oder aus demselben Rechtsgrunde (Entsch. vom 24. März 1936, 3 Ob 258/36, SZ. XVIII/57) handeln müsse. Hingegen verlangen die Entscheidungen vom 22. Juni 1928, 4 Ob 160/28, ZBl. 1928, Nr. 275, vom 14. Feber 1933, 2 Ob 106/33, Rsp. 1933, Nr. 233, vom 18. Oktober 1935, 1 Ob 748/35, Rsp. 1935, Nr. 284, und vom 19. Oktober 1937, 3 Ob 816/37, SZ. XIX/285, für die Revision bloß einen rechtlichen oder tatsächlichen Zusammenhang der Ansprüche. Die letzteren Entscheidungen halten demnach § 55 JN. erster Satz bei dem Ausspruch nach § 500 Abs. 2 ZPO. für anwendbar und gehen von der Auslegung des § 55 JN., daß ein rechtlicher oder tatsächlicher Zusammenhang gegeben sein muß, aus, die mit der überwiegenden Rechtsprechung zu § 55 JN. übereinstimmt (so Entscheidungen vom 7. April 1927, Ob I 223/27, Rsp. 1927, Nr. 132, vom 27. September 1932, 3 Ob 814/32, SZ. XIV/188, vom 16. Mai 1933, 3 Ob 425/33, RZ. 1933, S. 241, vom 18. März 1936, 1 Ob 215/36, RZ. 1936, S. 145, und die Bemerkungen Wahles in Rsp. 1927, S. 91). Die Meinung, daß § 55 JN. erster Satz auch bei dem Ausspruch nach § 500 Abs. 2 ZPO. anzuwenden ist, entspricht dem Wortlaut der letzteren Bestimmung, wonach auf die Berechnung des Wertes des Streitgegenstandes die §§ 54 bis 60 JN. sinngemäß anzuwenden sind, also auch § 55 JN. Sinngemäß heißt aber bei diesen Bestimmungen wohl nur, daß bloß solche Ansprüche bei der Zusammenrechnung zu berücksichtigen sind, über die das Berufungsgericht entschieden hat, und daß der Wert im Zeitpunkt der Fällung des zweitinstanzlichen Urteiles maßgebend ist, da es ja lediglich auf den Gegenstand des Berufungsurteiles ankommt (Entsch. vom 2. Mai 1923, Ob II 260/23, SZ. V/106). Demnach muß jedenfalls die Anwendbarkeit des ersten Satzes des § 55 JN. auch bei dem Ausspruch nach § 500 Abs. 2 ZPO. bejaht werden und ist § 55 JN. in Verbindung mit § 227 ZPO. dahin auszulegen, daß mehrere Ansprüche gegen einen Beklagten nur dann zusammenzurechnen sind, wenn sie in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhange stehen, was natürlich auch bei der Anwendung nach § 500 Abs. 2 ZPO. gelten muß, da diese Bestimmung in dieser Hinsicht keinerlei Abweichung normiert. Somit sind bei dem Ausspruch nach § 500 Abs. 2 ZPO. mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche, soweit das Berufungsgericht darüber entschieden hat, dann zusammenzurechnen, wenn sie in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang stehen. Klagen Streitgenossen oder werden Streitgenossen im Sinne des § 11 Z. 2 ZPO. geklagt, so findet eine Zusammenrechnung nach § 55 JN. mangels eines solchen Zusammenhanges nicht statt, wohl aber kommt ein solcher Zusammenhang bei Streitgenossen im Sinne des § 11 Z. 1 ZPO. in Betracht (vgl. Entsch. vom 27. Oktober 1925, Ob I 895/25, ZBl. 1925, Nr. 137 = SZ. VII/340, vom 15. Jänner 1929, 4 Ob 12/29, SZ. XI/18, vom 18. Oktober 1935, 1 Ob 748/35, Rsp. 1935, Nr. 284, vom 15. Feber 1938, 2 Ob 128/38, SZ. XX/40, Neumann, Komm., I, S. 429, II, S. 1346, Allerhand a. a. O., S. 166).

Der Plenarsenat des Obersten Gerichtshofes hat in der Sitzung vom 8. Dezember 1951 beschlossen, die obigen Rechtssätze unter Nr. 56 in das Judikatenbuch einzutragen.

Schlagworte
Berechnung der Revisionsgrenze, Berufungsgericht Entscheidung des - maßgeblich für Zulässigkeit der, Revision, Beschwerdegegenstand Zulässigkeit der Revision, Bestätigendes Urteil des Berufungsgerichtes, Zulässigkeit der Revision, gegen teilweise -, Formelle Streitgenossen, keine Zusammenrechnung der Ansprüche zur, Zulässigkeit der Revision, Konforme Urteile der Unterinstanzen, Berechnung der Revisionsgrenze, Materielle Streitgenossen, Zusammenrechnung der Ansprüche zur, Zulässigkeit der Revision, Rechtlicher Zusammenhang mehrerer Ansprüche, Zusammenrechnung für, Zulässigkeit der Revision bei -, Rechtsmittel Zulässigkeit der Revision nach § 502 Abs. 3 ZPO., Revision Zulässigkeit bei teilweise bestätigenden Urteilen, Revision Zulässigkeit der - bei Zusammenrechnung mehrerer Ansprüche, Revision Zulässigkeit der -, Revisionsgrenze, Revisionsgegenstand, Zulässigkeit der Revision nach § 502 Abs. 3 ZPO., Streitgenossen, Zusammenrechnung von Ansprüchen für die Zulässigkeit, der Revision, Streitwert des Berufungsurteiles, Zulässigkeit der Revision, Tatsächlicher Zusammenhang mehrerer Ansprüche, Zusammenrechnung für, Zulässigkeit der Revision, Teilweise bestätigendes Urteil, Zulässigkeit der Revision bei -, Urteil des Berufungsgerichtes, Zulässigkeit der Revision richtet sich, nach dem Streitwert, über den das - entschieden hat, Zulässigkeit der Revision bei bloß teilweise bestätigenden Urteil, Zulässigkeit der Revision, Grundlage der Wertberechnung für -, Zulässigkeit der Revision, Zusammenrechnung von mehreren Ansprüchen, Zulässigkeit der Revision nach § 502 Abs. 3 ZPO., Zusammenhang mehrerer Ansprüche, Zusammenrechnung für die Zulässigkeit, der Revision, Zusammenrechnung mehrerer Ansprüche für die Zulässigkeit der Revision Anmerkung
Z24335 Präs198.51
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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