TE Vwgh Erkenntnis 2005/2/24 2003/11/0232

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Veröffentlicht am 24.02.2005
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
90/01 Straßenverkehrsordnung;
90/02 Führerscheingesetz;

Norm

FSG 1997 §26 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des P in T, vertreten durch Dr. Johannes Barbist, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kaiserjägerstraße 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 3. April 2003, Zl. IIb2-3-7-1- 176/8, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 3. April 2003 entzog der Landeshauptmann von Tirol dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für die Klassen A und B auf die Dauer von 24 Monaten ab Zustellung des Mandatsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 17. Juni 2002, welche am 20. Juni 2002 erfolgte; ferner wurde - soweit hier gegenständlich -

der Ausspruch der Erstbehörde, der Beschwerdeführer habe sich einer amtsärztlichen Untersuchung beim Amtsarzt der Erstbehörde und einer Nachschulung zu unterziehen, bestätigt. In der Begründung führte der Landeshauptmann von Tirol aus, die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck habe mit Bescheid vom 17. Juni 2002 dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 1 iVm § 25 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG) die Lenkberechtigung für die Klassen A und B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf die Dauer von 24 Monaten entzogen. Der dagegen erhobenen Vorstellung habe die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck mit Bescheid vom "17. Juni 2002" (ein offensichtlicher, schon der Erstbehörde unterlaufener Schreibfehler) keine Folge gegeben. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 2. September 2002 sei der Beschwerdeführer für schuldig erkannt worden, er habe am 8. Juni 2002 in Innsbruck gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht die Durchführung zweier Alkotests verweigert, obwohl er sich vermutlich in einem durch Alkohol und Suchtgift beeinträchtigten Zustand befunden habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 2 StVO 1960 begangen. Die gegen das oben genannte Straferkenntnis erhobene Berufung sei vom Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol mit Bescheid vom 24. Feber 2003 als unbegründet abgewiesen und insoweit präzisiert worden, als sich der Berufungswerber zur näher angeführten Tatzeit und am näher angeführten Ort geweigert habe, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl er sich vermutlich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Er sei dazu von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht am 8. Juni 2002 um 9.61 Uhr, in Innsbruck, Völserstraße 63, aufgefordert worden, nachdem er ca. 20 Minuten zuvor ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug von der Völserstraße in den Bereich des Parkplatzes der Justizanstalt Innsbruck, Völserstraße 63, gelenkt habe.

Die belangte Behörde führte weiter aus, durch die Bindungswirkung des Berufungserkenntnisses des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol stehe obzitierter Sachverhalt für die erkennende Behörde fest und es sei somit eine bestimmte Tatsache im Sinn des § 7 Abs. 3 Z. 1 FSG als erwiesen anzunehmen. Bei der Wertung der bestimmten Tatsache sei die Erstbehörde zu Recht davon ausgegangen, dass das Lenken bzw. die Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeuges unter Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 StVO (Alkoholdelikte) nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes an sich bereits als besonders gefährlich und verwerflich zu beurteilen ist. Hinsichtlich der Prognoseentscheidung müsse weiters berücksichtigt werden, dass dem Beschwerdeführer bereits im Jahre 1993 die Lenkberechtigung auf die Dauer von 4 Wochen, im Jahre 1996 auf die Dauer von 6 Monaten, im Juni 1997 auf die Dauer von 12 Monaten und "im Dezember 1997 auf die Dauer von 18 Monaten" entzogen worden sei. Bei Erstellung der Prognose gemäß § 7 Abs. 7 FSG sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer innerhalb von 10 Jahren fünfmal einschlägig in Erscheinung getreten ist. Der Beschwerdeführer scheine somit nicht willens, die grundlegendsten Vorschriften im Straßenverkehr einzuhalten. Alkoholdelikte gehörten zu den schwerst wiegenden Übertretungen, welche die Straßenverkehrsordnung kenne, und es sei die von der erstinstanzlichen Behörde ausgesprochene Entzugsdauer erforderlich, um wieder die Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers annehmen zu können. Die von der Erstbehörde angeordneten zusätzlichen Maßnahmen seien nach dem Führerscheingesetz zwingend vorgesehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben. Der Beschwerdeführer sieht sich im Rahmen des Beschwerdepunktes in seinem subjektiven öffentlichen Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf ein gesetzmäßiges Verfahren unter Wahrung des Parteiengehörs verletzt, zumal der Landeshauptmann es unterlassen habe, ein ordentliches Verfahren einschließlich mündlicher Verhandlung durchzuführen. Darüber hinaus verletze der angefochtene Bescheid das subjektive öffentliche Recht des Beschwerdeführers, "ohne das Vorliegen bestimmter Tatsachen im Sinne des § 7 Abs. 3 Z 1 FSG einen Führerscheinentzug und ohne das Vorliegen des Tatbildes nach den §§ 24, 26 FSG eine Nachschulung und eine amtsärztliche Untersuchung hinnehmen zu müssen."

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Insoweit der Beschwerdeführer zunächst die Zuständigkeit des Landeshauptmannes zur Erlassung des angefochtenen Bescheides bestreitet, ist ihm Folgendes zu entgegnen:

Die mit dem Verwaltungsreformgesetz 2001, BGBl. I Nr. 65/2002, erfolgten Änderungen der §§ 35 Abs. 1 und 36 Abs. 1 FSG (Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate im Berufungsverfahren für die im FSG vorgesehenen Amtshandlungen) sind auf den Beschwerdefall nicht anzuwenden, weil gemäß § 41 Abs. 1a FSG in der genannten Fassung für die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Verwaltungsreformgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 65/2002 (siehe hiezu § 43 Abs. 11 FSG), anhängigen Verfahren die §§ 35 Abs. 1 und 36 Abs. 1 FSG in der vorher geltenden Fassung maßgeblich bleiben. Eine Unzuständigkeit der belangten Behörde liegt demnach, da sich diese Bestimmung auf das Anhängigmachen des Entziehungsverfahrens und nicht, wie der Beschwerdeführer vermeint, auf die Einleitung des Berufungsverfahrens bezieht, nicht vor.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Kraftfahrbehörden an die rechtskräftigen Bestrafungen durch die Strafbehörden gebunden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. April 2002, Zl. 2000/11/0099, mwN). Wegen des auch hier relevanten Alkoholdeliktes wurde der Beschwerdeführer mit dem Straferkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 24. Feber 2003 rechtskräftig bestraft. An dieses Straferkenntnis war die belangte Behörde gebunden. Schon aus diesem Grund geht das Beschwerdevorbringen, soweit es darauf gerichtet ist, die Behörde habe es unterlassen, Ermittlungen hinsichtlich des hier in Rede stehenden Deliktes vorzunehmen, ins Leere.

Die Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen das Straferkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates ändert nichts an dessen Rechtskraft und beseitigt nicht die Bindungswirkung. Im Übrigen wurde die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen das genannte Straferkenntnis mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Februar 2004, Zl. 2003/02/0197, als unbegründet abgewiesen.

Im Hinblick auf die rechtskräftige Bestrafung des Beschwerdeführers wegen Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 lagen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 FSG vor, wonach die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen ist, wenn der Betreffende eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen hat. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer nicht erstmals ein derartiges Delikt begangen hat, weil auf Grund eines gebotenen Größenschlusses die in § 26 Abs. 2 FSG vorgesehene zwingende Entziehung der Lenkberechtigung für mindestens vier Monate jedenfalls auch im Wiederholungsfall zu erfolgen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. August 2003, Zl. 2002/11/0168, mwN).

Im Rahmen der Wertung hatte die belangte Behörde schließlich die wiederholte Begehung von Alkoholdelikten durch den Beschwerdeführer - und zwar auch die länger zurückliegenden und getilgten Übertretungen - zu berücksichtigen. Anhand des Inhaltes der Verwaltungsakten und insbesondere auch des den Beschwerdeführer betreffenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. August 1998, Zl. 98/11/0132, lässt sich nachvollziehen, dass der Beschwerdeführer bereits mehrfach Alkoholdelikte begangen hat (und ihm deshalb die Lenkberechtigung entzogen worden war, und zwar im Jahr 1993 für 4 Wochen, im Jahr 1996 für 6 Monate, im Jahr 1997 für 12 Monate und zuletzt mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 19. März 1998 für die Dauer von 24 Monaten wegen des am 26. Oktober 1997 erfolgten Lenkens eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand - Atemluftalkoholkonzentration 0,85 mg/l -, wie aus dem zuvor genannten hg. Erkenntnis hervorgeht). Die von der belangten Behörde vertretene Auffassung, der Beschwerdeführer sei für die Zeit von 24 Monaten (ab der Zustellung des Mandatsbescheides) verkehrsunzuverlässig gewesen, kann somit nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Die vom Beschwerdeführer im Rahmen des Beschwerdepunktes bekämpften, von der Behörde verfügten weiteren Maßnahmen waren im Hinblick auf das vom Beschwerdeführer verwirklichte Alkoholdelikt zwingend anzuordnen.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 24. Februar 2005

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2003110232.X00

Im RIS seit

31.03.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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