Norm
ABGB §1041Kopf
SZ 25/13
Spruch
Ein Anspruch nach § 1041 ABGB. setzt voraus, daß ein Vertrag oder ein vertragsähnliches Verhältnis zwischen dem Verwendungskläger und einem Dritten zur Beurteilung des Rechtsfalles nicht herangezogen werden kann, es sei denn, daß der Dritte wirtschaftlich keine selbständige Rolle spielt.
Entscheidung vom 16. Jänner 1952, 3 Ob 728/51.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Die klagende Partei begehrte die Verurteilung der beklagten Partei zur Bezahlung eines Betrages von 15.554.58 S mit nachstehender Begründung: Die Fabriksanlage der beklagten Partei sei während des Krieges von der deutschen Wehrmacht für Rüstungszwecke beschlagnahmt und für Panzerfertigung und -reparatur verwendet worden. Die klagende Partei habe im Auftrag des Heeresbauamtes Ausbesserungsarbeiten an der zu dieser Fabrik gehörigen Schleppgeleiseanlage und damit verbundene Pflasterungsarbeiten durchgeführt und darüber dem Heeresbauamt Rechnung gelegt; von diesen Rechnungen haften 14.651.04 S noch aus. Da die Bezahlung der Rechnungen infolge des militärischen Zusammenbruches unterblieben sei, die beklagte Partei aber seit dem Zusammenbruch wieder die Fabrik betreibe und ihr der mit den Leistungen der klagenden Partei verbundene Nutzen zugute komme, sei sie gemäß § 1041 ABGB. zum Ersatz des Betrages von 14.651.04 S plus 4% Zinsen seit 15. November 1948 bis zur Klagseinbringung, zusammen somit eines Betrages von 15.554.48 S samt 4% Zinsen seit dem Klagstage verpflichtet. Das Prozeßgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Rechtsmeinung, daß eine Versionsklage dann ausgeschlossen sei, wenn derjenige, dessen Sache zum Nutzen eines anderen verwendet worden ist, zur Erbringung dieser Leistung auf Grund eines Vertrages mit einem Dritten verpflichtet war; die Versionsklage stehe also nur dann zu, wenn nicht dem Kläger aus dem Vertrage oder dem Gesetz ein Anspruch auf die Leistung zustehe. Diese Voraussetzung treffe aber hier nicht zu, da das deutsche Heeresbauamt die Arbeiten bestellt habe, weshalb vom Deutschen Reich die Zahlung der Arbeiten verlangt werden müsse. Der Oberste Gerichtshof habe zwar in zwei Entscheidungen den Standpunkt vertreten, daß ein Versionsanspruch auch dann zustehe, wenn ein Auftragsverhältnis bestanden habe, doch handle es sich in diesen Fällen um Ansprüche gegen die Österreichischen Bundesbahnen für Leistungen, die von der Deutschen Reichsbahn in Auftrag gegeben wurden, deren Vermögen die Österreichischen Bundesbahnen übernommen haben, die auch den Nutzen genießen. Selbst wenn man einen Versionsanspruch grundsätzlich für gegeben annehmen wollte, stehe dieser nur dann zu, wenn die Forderung gegen den Vertragspartner erloschen oder uneinbringlich sei. Dies sei jedoch hier nicht der Fall, da eine Regelung der Schulden des Deutschen Reiches jedenfalls zustande kommen werde. Abgesehen davon sei das Klagebegehren aber auch deshalb abzuweisen, weil die Leistungen der klagenden Partei nicht zum Vorteil oder Nutzen der beklagten Partei erbracht worden seien. Die Herstellung der Kabelgräben habe keinen Nutzen für die beklagte Partei gebracht, weil die Hallen II und III, in denen die bezüglichen Arbeiten geleistet wurden, von der Beklagten nur als Lagerräume benützt würden; auch das Kleinstöckelpflaster in diesen Hallen diene nicht zum Nutzen der beklagten Partei, da in den Hallen ein Betonfußboden vorhanden gewesen sei und die beklagte Partei diesen hätte nur ausbessern lassen, sobald dies notwendig gewesen wäre, keinesfalls aber ein Kleinstöckelpflaster hätte anbringen lassen. Für die Geleisereparaturarbeiten stehe der Klägerin gleichfalls kein Anspruch zu, da es sich bei sämtlichen von der Klägerin für die deutsche Heeresverwaltung in dem Fabriksobjekt geleisteten sehr umfangreichen Arbeiten um einen einheitlichen Auftrag gehandelt habe und die Aufwendungen der klagenden Partei bereits durch die Zahlungen des Heeresbauamtes gedeckt seien, die klagende Partei aber den entgangenen Gewinn aus diesem Geschäft nicht durch eine Versionsklage von der beklagten Partei verlangen könne.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es teilte zwar nicht die Rechtsmeinung des Prozeßgerichtes, daß der Klägerin ein Anspruch nach § 1041 ABGB. grundsätzlich nicht zustehe, weil sie einen vertraglichen Anspruch gegen das Deutsche Reich habe, war aber gleichfalls der Ansicht, daß die beklagte Partei von den Leistungen der Klägerin keinen Nutzen oder Vorteil habe, wobei es hinsichtlich der Geleiseanlagen darauf verwies, daß nach der Aussage des Zeugen F. pro Tag kaum zwei Waggons der beklagten Partei die Schleppgeleiseanlage durchfahren hätten, so daß die Mitbenützung der Anlage durch die beklagte Partei so gering gewesen sei, daß sie praktisch vernachlässigt werden könne.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Verwendungsklage nach § 1041 ABGB. ist ein ergänzendes Mittel, das nur für den Fall anwendbar ist, als ein Vertrag oder ein vertragsähnliches Verhältnis zwischen dem Verwendungskläger und einem Dritten zur Beurteilung des Rechtsfalles nicht herangezogen werden kann. In einem Falle, wo ein Vertrag oder ein vertragsähnliches Verhältnis mit einem Dritten besteht, ist für den Rechtsgrund der rein tatsächlichen Verwendung kein Raum. Die Verwendungsklage dient nur zur Ausgleichung einer Vermögensverschiebung, die abgesehen von einem derartigen Verhältnis eingetreten ist. Im vorliegenden Falle Bestand aber ein Vertragsverhältnis zwischen der klagenden Partei und dem Heeresbauamt des Deutschen Reiches, aus welchem der Anspruch auf Ersatz der von der klagenden Partei erbrachten Leistungen abzuleiten ist, so daß ein Bedürfnis nach Zulassung eines weiteren Anspruches gegen einen Dritten, hier die beklagte Partei, gar nicht besteht. Ein Rechtsanspruch nach § 1041 ABGB. bei Verwendung einer Sache durch eine dritte Person besteht nur dann, wenn die dritte Person wirtschaftlich keine selbständige Rolle spielt, im Interesse des Versionsbeklagten handelt und ökonomisch nur Durchgangsstation ist, wie z. B. ein Strohmann. Im gegebenen Falle hat aber das deutsche Heeresbauamt im eigenen Interesse gehandelt, um die von der beklagten Partei angeforderten Räume für seine besonderen Zwecke (Rüstungszwecke) auszugestalten (Wellspacher, versio in rem, S. 133; Swoboda, Bereicherung, Geschäftsführung ohne Auftrag, versio in rem, S. 135, 146 ff.; SZ. XII/7 und 200, SZ. XVII/119, 1 Ob 471/49). Den Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes SZ. XXI/60 und 2 Ob 325/48 lag ein anders gelagerter Sachverhalt zugrunde. Dort wurden von der Deutschen Reichsbahn Leistungen bestellt und die Österreichischen Bundesbahnen, die nach der Befreiung Österreichs die Strecke, für die die Leistungen erbracht wurden, wieder befahren und denen daher diese Leistungen zugute kommen, wurden wegen Bezahlung dieser Leistungen in Anspruch genommen; das Deutsche Reich, das Österreich gewaltsam besetzt hatte, trat daher bei diesen Bestellungen nur als wirtschaftliche Mittelsperson auf. Im vorliegenden Fall hat aber das Heeresbauamt des Deutschen Reiches die Leistungen für seine besonderen, nämlich für Rüstungszwecke, bestellt und einen Teil auch bereits bezahlt; es ist daher nicht als wirtschaftliche Mittelsperson aufgetreten, weshalb im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des § 1041 ABGB. nicht gegeben sind.
Es ist aber auch den Untergerichten darin beizupflichten, daß die Leistungen der klagenden Partei nicht zum Vorteil der beklagten Partei erbracht wurden. Einen Beweis dafür, daß durch die Anlage der Kabelgräben sich der Wert der Hallen im Zeitpunkte der Freigabe an die beklagte Partei erhöht hat, wurde nicht erbracht. Da nach den Feststellungen der Vorinstanzen das Betonpflaster in den Hallen II und III von der beklagten Partei, sobald dies notwendig geworden wäre, nur ausgebessert und ein Kleinstöckelpflaster niemals angebracht worden wäre, ist auch in diesem Punkte kein Vorteil für die beklagte Partei aus der Anlage des Kleinstöckelpflasters zu erblicken. Was schließlich die Reparaturen an der Schleppgeleiseanlage anlangt, so ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichtes die Mitbenützung der Schleppgeleiseanlage durch die beklagte Partei während des Krieges verhältnismäßig so geringfügig gewesen, daß die von der klagenden Partei erbrachten Reparaturleistungen an der Schleppgeleiseanlage nicht auf diese Benützung, sondern auf die abnormale Beanspruchung durch das Heeresbauamt zurückzuführen sind. Die Untergerichte haben deshalb mit Recht angenommen, daß die Voraussetzungen für eine Klage nach § 1041 ABGB. nicht gegeben seien, weshalb der unbegrundeten Revision der Erfolg versagt bleiben mußte.
Anmerkung
Z25013Schlagworte
Versio in rem, ergänzende Funktion, Verwendungsklage hat ergänzende Funktion, Voraussetzungen eines Anspruches nach § 1041 ABGB.European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1952:0030OB00728.51.0116.000Dokumentnummer
JJT_19520116_OGH0002_0030OB00728_5100000_000