TE OGH 1952/2/13 2Ob96/52

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Veröffentlicht am 13.02.1952
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Norm

Anfechtungsordnung §12
KO §28

Kopf

SZ 25/39

Spruch

Für Klagen nach § 28 KO. gilt nicht die Vorschrift des § 12 AnfO.

Entscheidung vom 13. Februar 1952, 2 Ob 96/52.

I. Instanz: Kreisgericht Leoben; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.

Text

Paul L., der Gatte der Beklagten, ist Komplementär der Kommanditgesellschaft L., H. & Co., der die Beklagte als Kommanditistin angehört. Ihm ist am 10. Feber 1908 eine Gewerbeberechtigung für den Gemischtwarenhandel erteilt worden, auf Grund deren seither in X. ein Lebensmittelgeschäft unter dem Schild des Paul L. betrieben worden ist. Dieser hat im Mai 1950 seine Gewerbeberechtigung bedingt zugunsten der Beklagten zurückgelegt, worauf ihr am 3. Juni 1950 ein Gewerbeschein, lautend auf den Betrieb des Gemischtwarenhandels in X., unter gleichzeitiger Löschung der Gewerbeberechtigung des Paul L. ausgestellt worden ist. Die Beklagte hat ihrem Gatten für die Zurücklegung seiner Gewerbeberechtigung zu ihren Gunsten einen Gegenwert weder versprochen noch gewährt. Am 31. Mai 1950 ist über das Vermögen des Paul L. der Konkurs eröffnet worden; der Rechtsanwalt Dr. Alexander P. hat übrigens auch namens der Kommanditgesellschaft selbst Mitte Juni 1950 die Eröffnung des Konkurses beantragt. Der Kläger, der der Masseverwalter im Konkurs des Paul L. ist, beantragte den Urteilsspruch, daß die Rücklegung des Gewerbescheines durch Paul L. und die Übereignung des Lebensmittelgeschäftes an die Beklagte seinen Gläubigern gegenüber unwirksam sei.

Das Prozeßgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht gab ihm statt.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte das Urteil des Berufungsgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Prozeßgerichtes hat Paul L. nie ein Vermögen besessen. Nach seiner Eheschließung haben die Eltern der Beklagten dieser das Lebensmittelgeschäft eingerichtet und die Waren gekauft; sie haben in der Folge, u. zw. im Jahre 1909, beiden Ehegatten noch ein Darlehen in der Höhe von 5000 K (nach dem notariellen Schuldschein von 5600 K) gewährt, das von der Beklagten aus ihren Mitteln zurückgezahlt worden ist. Paul L. hat anfangs 1950 den Buchhalter Dr. Friedrich W. beauftragt, die Geschäftsbücher der Kommanditgesellschaft zu prüfen; nach der im Feber 1950 vorgenommenen Prüfung ist die Bilanz für das Jahr 1948 günstig gewesen, während die für das Jahr 1949 noch nicht endgültig erstellt werden konnte; es haben damals zwar Schwierigkeiten bestanden, doch hat ein anderer Buchprüfer erklärt, daß diese Schwierigkeiten von der Gesellschaft überwunden werden. Paul L. hat seinen Gewerbeschein deshalb zurückgelegt, weil er infolge seines hohen Alters (79 Jahre) nicht mehr ordentlich befähigt gewesen ist, das Geschäft zu führen. Die Beklagte hat sich im Frühjahr 1950 verpflichtet, sämtliche laufende Rechnungen und Rückstände, die sich auf das Lebensmittelgeschäft beziehen, aus eigenen Mitteln zu bezahlen, und auch eine größere Steuerschuld aus der Zeit vor 1950 beglichen.

Das Prozeßgericht hat auf Grund dieser Feststellungen die Rechtsansicht vertreten, daß das Lebensmittelgeschäft niemals Paul L. gehört hat, sondern stets ein Vermögen der Beklagten gewesen ist, daß auch die von ihm zurückgelegte Gewerbeberechtigung kein Vermögen dargestellt hat und daß ihm schließlich bei der Rücklegung seiner Gewerbeberechtigung die Absicht, seine Gläubiger zu benachteiligen, gefehlt hat. Auch ist es nach der Ansicht des Prozeßgerichtes "absolut nicht sicher", daß die Beklagte oder ihr Gatte im Mai 1950 die Zahlungsunfähigkeit der Kommanditgesellschaft gekannt haben, zumal die von Dr. Friedrich W. bezeugten Tatsachen ein Bewußtsein der Zahlungsunfähigkeit "fast" ausschließen. Abschließend hat das Prozeßgericht ausgeführt, es sei nicht erwiesen, daß Paul L. in Benachteiligungsabsicht gehandelt habe, und es sei noch weniger erwiesen, daß der Beklagten eine solche Absicht bekannt gewesen sei. Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die das Prozeßgericht der Sache zuteil werden ließ, abgelehnt, das Lebensmittelgeschäft als ein Vermögen des Paul L. und den der Beklagten nach § 28 Z. 3 KO. oblegenen Gegenbeweis als nicht erbracht angesehen.

In rechtlicher Beziehung wird von der Revisionswerberin vorerst gerügt, daß das Klagebegehren verfehlt sei, weil es entgegen der Vorschrift des § 12 AnfO. nicht auf Leistung oder Duldung gerichtet sei. Die Vorschrift des § 12 AnfO. betrifft jedoch nur Anfechtungsklagen, die außerhalb eines Konkurses erhoben werden; Klagen nach § 28 KO. werden von dieser Vorschrift nicht erfaßt. Das über die vorliegende Klage ergangene Urteil gibt den Gläubigern des Paul L., sofern sie bereits über einen Exekutionstitel verfügen, die Möglichkeit, ungeachtet der Zurücklegung seiner Gewerbeberechtigung und der Übereignung des Geschäftes auf die Beklagte auch auf diese Vermögensobjekte Exekution zu führen; daß aber die Gewerbeberechtigung und das Lebensmittelgeschäft, wie vom Berufungsgericht zutreffend ausgeführt worden ist, ein Vermögen des Paul L. dargestellt haben, wird in der Revision nicht mehr bekämpft. Das Revisionsgericht pflichtet aber auch dem Berufungsgericht dahin bei, daß die erstgerichtlichen Feststellungen nicht ausreichen, den nach dem Gesetz von der Beklagten zu erbringenden Gegenbeweis als erbracht anzusehen. Es ist im Verfahren unerörtert geblieben, warum eigentlich Paul L. anfangs 1950 eine Überprüfung der Geschäftsbücher der Kommanditgesellschaft veranlaßt hat; jedenfalls hat aber diese Prüfung ergeben, daß damals Zahlungsschwierigkeiten und insbesondere eine hohe Steuerforderung bestanden haben. Daß diese Schwierigkeiten von einigen Personen optimistisch beurteilt worden sind, kann Paul L. nicht entlasten; durch die unentgeltliche Rücklegung des Gewerbescheins und die Übereignung des Lebensmittelgeschäftes ist eine Benachteiligung seiner Gläubiger verursacht worden. Was in diesem Zusammenhang von dem Prozeßgericht festgestellt worden ist, läßt die gesetzliche Vermutung, daß Paul L. in Benachteiligungsabsicht gehandelt und daß die Beklagte diese Absicht gekannt hat oder zumindest hätte kennen müssen, nicht entkräften. Vor allem ist die von Paul L. für seine Rechtshandlungen gegebene Begründung (hohes Alter) in Verbindung mit dem eigenen Vorbringen der Beklagten über die bestandenen Voraussetzungen für seine Entmündigung nicht geeignet, die vom Gesetz vermutete Benachteiligungsabsicht auszuschließen.

Anmerkung

Z25039

Schlagworte

Anfechtung wegen Benachteiligung nach § 28 KO., Anfechtungsklage außerhalb eines Konkurses nach § 12 AnfO., Anfechtungsklage Formulierung des Klagebegehrens

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1952:0020OB00096.52.0213.000

Dokumentnummer

JJT_19520213_OGH0002_0020OB00096_5200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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