TE OGH 1952/2/26 4Ob9/52

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Veröffentlicht am 26.02.1952
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Norm

Geschäftsordnung1937 §190
ZPO §64
ZPO §104

Kopf

SZ 25/49

Spruch

Verweigerung der Portozahlung durch den das Armenrecht genießenden Adressaten rechtfertigt die Hinterlegung nicht.

Entscheidung vom 26. Februar 1952, 4 Ob 9/52.

I. Instanz: Arbeitsgericht Wien; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 3. Juli 1950 wurde dem Kläger das Armenrecht bewilligt. Mit Urteil vom 15. September 1951 wurde die Beklagte schuldig erkannt, dem Kläger 1361.33 S zu bezahlen, das Mehrbegehren auf Zahlung von 17.638.67 S wurde abgewiesen und Kläger zu elf Dreizehntel der mit 2063.42 S bestimmten Kosten verurteilt. Das Urteil wurde dem Kläger am 22. September 1951, obwohl er das Armenrecht genießt, portopflichtig zugestellt; da er aus diesem Gründe die Annahme verweigerte, wurde das Urteil am 22. September 1951 hinterlegt.

Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers als verspätet verworfen, weil die Berufungsfrist von der Hinterlegung des Urteils am 22. September 1951 an laufe. Die Annahmeverweigerung sei ungerechtfertigt und die Hinterlegung des Gerichtsstückes rechtlich begrundet, weil eine zu Unrecht erfolgte portopflichtige Zustellung nicht zur Annahmeverweigerung berechtigt. Der Kläger hätte die Gerichtssendung übernehmen und sich wegen Rückersatzes des zu Unrecht erhobenen Portos an das Erstgericht halten müssen.

Der Oberste Gerichtshof hob über Rekurs des Klagers diesen Beschluß auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach § 192 Abs. 1 Z. 2 lit. a Geo. (nunmehr § 190 Abs. 1 Z. 2 lit. a Geo.) erlangt die arme Partei durch die Bewilligung das Recht, daß Briefsendungen des Gerichtes an sie unter monatlicher Gebührenstundung zur Post gegeben werden. Der Kläger hatte daher ein Recht darauf, daß ihm das in Frage stehende Urteil portofrei zugestellt werde und hat deshalb mit Recht die Zahlung des Portos verweigert. Nur dann, wenn ihm die Sendung portofrei angeboten worden wäre und er die Annahme abgelehnt hätte, könnte gesagt werden, daß er die Annahme ohne gesetzlichen Grund verweigert habe; denn zur Zahlung der Briefgebühr war er nicht verpflichtet und wenn die Post ihm die Sendung nicht portofrei ausfolgen wollte, worauf er Anspruch hatte, so trägt er nicht die Folgen, wenn er sich weigerte, eine Zahlung zu leisten, zu der er nicht verpflichtet war. Die Praxis des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien, die eine Hinterlegung trotz gerechtfertigter Verweigerung der Zahlung des nachgenommenen Portos für wirksam erklärt, ist gesetzwidrig und widerspricht dem klaren Sinn des Gesetzes. Es gibt keine gesetzliche Vorschrift, die eine arme Partei zur vorläufigen Zahlung des von ihr gesetzwidrig verlangten Portos - das sie vielleicht gar nicht hat - verpflichten und ihr nur das Recht einräumen würde, vom Gericht den Rückersatz des Portos zu verlangen.

Die Hinterlegung des Urteils am 12. September 1951 war demnach unwirksam; erst die am 12. Oktober 1951 erfolgte Zustellung setzte die Berufungsfrist in Lauf, die innerhalb der Berufungsfrist erhobene Berufung ist daher wirksam. Die Verwerfung der Berufung als verspätet erfolgte infolgedessen zu Unrecht.

Anmerkung

Z25049

Schlagworte

Armenrecht, keine Hinterlegung wegen Verweigerung der Portozahlung bei -, Hinterlegung, keine wegen Verweigerung der Portozahlung bei Armenrecht, Porto, keine Hinterlegung wegen Verweigerung der Zahlung von - bei, Armenrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1952:0040OB00009.52.0226.000

Dokumentnummer

JJT_19520226_OGH0002_0040OB00009_5200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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