TE OGH 1952/2/27 2Ob131/52

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Veröffentlicht am 27.02.1952
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Norm

Notwegegesetz §1
Notwegegesetz §2

Kopf

SZ 25/52

Spruch

Kein Anspruch auf Einräumung von zwei Notwegen für dasselbe Grundstück.

Anspruch auf Einräumung eines Notweges, obwohl die Gelegenheit, ein Grundstück mit einem unmittelbaren Anschluß an das öffentliche Wegenetz zu erwerben, nicht ausgenützt wurde.

Entscheidung vom 27. Februar 1952, 2 Ob 131/52.

I. Instanz: Bezirksgericht Mattighofen; II. Instanz: Kreisgericht Ried i. I.

Text

Die Eheleute Gottlieb und Marianne F. haben im Mai 1951 die Liegenschaft EZ. X des Grundbuches Y, bestehend aus den Wiesengrundstücken Nr. 1234/2 und 1236/2, in der Absicht erworben, darauf ein Wohnhaus errichten zu lassen. Zur Liegenschaft führt kein öffentlicher Weg. Die nächsten öffentlichen Wege (Grundstück Nr. 1630, nach M. führend, und Nr. 1638, die Ortschaften H. und S. verbindend) sind durch einen Privatweg verbunden, der im Eigentum der jeweiligen Anrainer steht. Sämtliche Anrainer - mit Ausnahme der Antragsgegner - haben den Ehegatten F. gestattet, das ihnen gehörige Teilstück des Weges zu Geh- und Fahrzwecken zu benützen. Die Antragsgegner sind an zwei voneinander getrennten Stellen Eigentümer des Privatweges, einerseits mit den Grundstücken Nr. 1223 und 1224, und andererseits mit dem Grundstück Nr. 1177/8; das letzte Grundstück ist nahe dem öffentlichen Weg zwischen H. und S. gelegen, während die beiden anderen Grundstücke in der Nähe des nach M. führenden liegen. Mit Rücksicht auf die Weigerung der Antragsgegner, ihnen eine Servitut einzuräumen, haben die Eheleute F. unter Bezugnahme auf das Notwegegesetz die Einräumung der Dienstbarkeit des Fußsteiges und des Fahrweges auf den über die Grundstücke der Antragsgegner führenden Teilen des Privatweges beantragt.

Das Erstgericht hat dem Antrage zur Gänze stattgegeben und die Entschädigungssumme, die von den Antragstellern den Antragsgegnern zu leisten ist, mit 210 S bestimmt.

Das Rekursgericht hat in teilweiser Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses den Antrag, soweit er das Grundstück Nr. 1177/8 betroffen hat, abgewiesen und die Entschädigungssumme für die Einräumung des Notweges an den Grundstücken Nr. 1223 und 1224 mit 140 S festgesetzt.

Der Oberste Gerichtshof hat dem Revisionsrekurs der Antragsteller nicht Folge gegeben und den der Antragsgegner zurückgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

a) Zum Revisionsrekurs der Antragsteller.

Die Antragsteller rügen das Rekursverfahren als mangelhaft, weil das Rekursgericht ihnen die Servitut über das Grundstück Nr. 1177/8 versagt hat, ohne Feststellungen darüber getroffen zu haben, ob sie nicht auch diesen Teil des Weges dringend benötigen. Diese Rüge steht jedoch in einem unlösbaren Zusammenhang mit der von den Rekurswerbern ebenfalls bekämpften Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse nach einer Verbindung mit den öffentlichen Wegen die Einräumung eines Notweges genügt. Der Oberste Gerichtshof teilt die Rechtsansicht des Rekursgerichtes und glaubt, zur Widerlegung der Rekursausführungen lediglich auf die Bestimmung des § 2 Abs. 2 NotwegeG. verweisen zu müssen, nach der zur Erzielung einer kürzeren als der bestehenden Wegeverbindung ein Notweg nicht gewährt werden darf. Die Antragsteller hätten demnach, wenn sie eine Verbindung zum öffentlichen Weggrundstück Nr. 1630 gehabt hätten, niemals einen Antrag nach dem Notwegegesetz stellen können, um eine Verbindung zu einem zweiten öffentlichen Weg, nämlich dem Grundstück Nr. 1638, zu erreichen; daraus folgt aber, daß den Bedürfnissen der Antragsteller mit der Einräumung des Notweges zum Grundstück Nr. 1630 ausreichend Rechnung getragen wird. Hiebei ist es rechtlich unerheblich, ob die 2 m breite Verbindung zwischen den beiden öffentlichen Wegen als Straße oder nur als Weg anzusehen ist. Ebenso belanglos ist es, aus welchen Beweggrunden die Antragsgegner die Einräumung der Servitut überhaupt ablehnen und ob sie dadurch, daß den Antragstellern eine zweite Servitut über das Grundstück Nr. 1177/8 eingeräumt wird, einen besonderen Nachteil erleiden würden. Es ist ausschließlich entscheidend, daß die Antragsteller bereits mit der einen Servitut die für sie notwendige Verbindung zum öffentlichen Straßenverkehr erlangt haben.

Ihr Revisionsrekurs ist daher unbegrundet, weshalb ihm ein Erfolg zu versagen war.

b) Zum Revisionsrekurs der Antragsgegner.

Das Rechtsmittel der Antragsgegner ist als außerordentlicher Revisionsrekurs nur unter den Voraussetzungen des § 16 AußstrG. zulässig, u. zw. sowohl hinsichtlich des die Einräumung des Notweges über die Grundstücke Nr. 1223 und 1224 bestätigenden Teiles der rekursgerichtlichen Entscheidung als auch hinsichtlich der Neufestsetzung der Entschädigungssumme, da von den Antragsgegnern bloß die Höhe der Entschädigungssumme überhaupt, nicht aber auch ihre Aufteilung auf die beiden Wegstücke bekämpft wird. Nach dem Inhalte des Revisionsrekurses ist lediglich zu untersuchen, ob und inwieweit der Beschluß des Rekursgerichtes offenbar gesetzwidrig ist. Der Hinweis auf die Entscheidung SZ. X/232 ist im allgemeinen fehl am Platz und noch weniger geeignet, die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß den Antragstellern ein Anspruch auf einen Notweg zusteht, als offenbar gesetzwidrig hinzustellen. Daß die Antragsteller nicht ein Grundstück mit einem unmittelbaren Anschluß an das öffentliche Wegenetz gekauft haben, kann ihren Anspruch nach § 1 Abs. 1 NotwegeG. nicht berühren und nicht dazu führen, einen selbstverschuldeten Notstand anzunehmen; von einer ausdehnenden Auslegung des Notwegegesetzes kann hiebei nicht die Rede sein. Eine offenbare Gesetzwidrigkeit kann aber noch weniger in der Festsetzung des Entschädigungsbetrages erblickt werden, zumal dieser Teil der Entscheidung durch das Sachverständigengutachten gedeckt ist und die Antragsgegner ihren dieses ablehnenden Standpunkt bei der Tagsatzung lediglich dadurch bekundet haben, daß die Unterfertigung des Protokolles verweigert worden ist.

Anmerkung

Z25052

Schlagworte

Notweg nur einer zulässig, Notweg selbstverschuldeter Bedarf

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1952:0020OB00131.52.0227.000

Dokumentnummer

JJT_19520227_OGH0002_0020OB00131_5200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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