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90/02 Führerscheingesetz;Norm
FSG 1997 §34 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des Dr. H in L, vertreten durch Dr. Manfred Meyndt, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Huemerstraße 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 14. Mai 2004, Zl. VwSen-520604/3/Kof/Sta, betreffend Enthebung als sachverständiger Arzt nach dem Führerscheingesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 24. April 2003 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 1 FSG als sachverständiger Arzt für Allgemeinmedizin zur Begutachtung der gesundheitlichen Eignung von Bewerbern um eine Lenkberechtigung für die Wirkungsbereiche der Bundespolizeidirektion Linz und der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land bis einschließlich 31. März 2008 bestellt.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 20. April 2004 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 1 und 2 FSG in Verbindung mit § 128 Abs. 2 KFG 1967 von seiner Funktion als sachverständiger Arzt für Allgemeinmedizin zur Begutachtung der gesundheitlichen Eignung von Bewerbern um eine Lenkberechtigung für die Wirkungsbereiche der Bundespolizeidirektion Linz und der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land mit sofortiger Wirkung enthoben.
Die Erstbehörde führte zur Begründung ihrer Entscheidung im Wesentlichen aus, "von der Bundespolizeidirektion" sei die Anzeige vom 11. Oktober 2003 übermittelt worden, welcher zu entnehmen sei, dass der Beschwerdeführer am 11. Oktober 2003 gegen 22.30 Uhr als Lenker eines nach dem Kennzeichen bestimmten Kraftfahrzeuges im Zuge einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle zur Untersuchung der Atemluft mittels eines Alkomattests aufgefordert worden sei, diese jedoch verweigert habe. Dieses Verhalten gebe Anlass, die Vertrauenswürdigkeit als Sachverständiger in Zweifel zu ziehen. Der Beschwerdeführer sei in Kenntnis gesetzt worden, dass seine Enthebung beabsichtigt sei, und er sei aufgefordert worden, hiezu Stellung zu nehmen. In seinen Stellungnahmen vom 28. Jänner 2004 bzw. 26. Feber 2004 habe sein Rechtsvertreter im Wesentlichen vorgebracht, ein Missverständnis habe dazu geführt, dass eine Verweigerung angenommen worden sei; der Beschwerdeführer habe die Situation erklären wollen und daher zur Aufforderung zur Durchführung des Alkomattests nicht Stellung genommen. Dies sei von den Polizeiorganen als Verweigerung aufgefasst worden. Er habe sich deshalb sofort nach dem Vorfall zum Wachzimmer begeben, um dort den Alkotest durchführen zu lassen, dieser sei aber ebenso wie die Annahme der Auswertungsergebnisse der vom Beschwerdeführer veranlassten Blutabnahme verweigert worden. Der Beschwerdeführer habe ferner darauf verwiesen, dass keine Beanstandungen über seine Gutachtertätigkeit vorlägen. Der Vorfall habe sich außerhalb der Dienstzeit oder Bereitschaft in der Freizeit ereignet, was nicht dazu führen könne, dass nun die Vertrauenswürdigkeit nicht gegeben sei.
Dem setzte die Erstbehörde entgegen, dass sie keinen Grund habe, die Angaben der unter Wahrheitspflicht stehenden Polizeiorgane zu bezweifeln, insbesondere auch deshalb, weil sich der Beschwerdeführer bei der am 20. November 2003 bei der Bundespolizeidirektion Linz durchgeführten Verhandlung betreffend der gegenständlichen Übertretung schuldig bekannt habe. Für diese deshalb als erwiesen anzusehende Tat sei über den Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Straferkenntnis vom 20. November 2003 eine Geldstrafe verhängt worden. Der Beschwerdeführer habe sich mit dem der Bestrafung zugrundeliegenden Verhalten (Verweigerung der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt) über fundamentale Regeln für die Ausübung eines öffentlichen Amtes hinweggesetzt. Dass sich der Vorfall außerhalb seiner Tätigkeit als Sachverständiger ereignet habe, sei nicht von Bedeutung. Hinsichtlich seines Vorbringens, dass es bisher keine Beanstandungen bezüglich der Gutachtertätigkeit gegeben hätte, entgegnete die Erstbehörde dem Beschwerdeführer, dass die Vertrauenswürdigkeit nichts mit der fachlichen Eignung zu tun habe, sondern ausschließlich die persönliche Eignung betreffe.
Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 14. Mai 2004 wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Auch die belangte Behörde verwies auf das rechtskräftige Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz, auf Grund dessen bindend feststehe, dass der Beschwerdeführer am 11. Oktober 2003 als Lenker eines Kraftfahrzeuges eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 begangen habe. "Die Bestrafung wegen der Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO" stelle eine Tatsache dar, welche die Annahme der Vertrauenswürdigkeit ausschließe, wobei bereits eine einmalige Verfehlung nach § 5 StVO 1960 die Vertrauenswürdigkeit ausschließe. Nicht nur ein unmittelbar mit der Ausübung der jeweiligen Tätigkeit gesetztes Fehlverhalten führe zum Wegfall der Vertrauenswürdigkeit, sondern dies könne vielmehr auch die Folge eines außerberuflichen Fehlverhaltens sein. Die belangte Behörde verwies ferner darauf, dass "die viermonatige Entzugsdauer" bereits abgelaufen sei und dem Beschwerdeführer, weil er die Verkehrszuverlässigkeit wieder erlangt habe, am 12. Feber 2004 "die Lenkberechtigung/der Führerschein" wieder ausgefolgt worden sei. Seit dem vom Beschwerdeführer begangenen Alkoholdelikt sei ein Zeitraum von sieben Monaten vergangen, in welchem sich der Beschwerdeführer wohlverhalten habe, dieser Zeitraum falle aber noch nicht derart ins Gewicht, dass die Annahme einer Wiedererlangung seiner Vertrauenswürdigkeit gerechtfertigt sei.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 34 FSG lautet (auszugsweise):
"Sachverständige
§ 34. (1) Der Landeshauptmann hat zur Begutachtung
1. der fachlichen Befähigung von Personen, Kraftfahrzeuge zu lenken, sachverständige Fahrprüfer, und
2. der gesundheitlichen Eignung von Bewerbern um eine Lenkberechtigung sachverständige Ärzte für Allgemeinmedizin zu bestellen. Die Sachverständigen sind auf die Dauer von höchstens fünf Jahren zu bestellen, müssen für diese Begutachtung besonders geeignet sein und unterliegen den allgemeinen Bestimmungen des § 128 KFG 1967 über Sachverständige.
(2) Zu Sachverständigen dürfen nur vertrauenswürdige Personen bestellt werden, die EWR-Staatsbürger sind und die besonderen Anforderungen der gemäß Abs. 4 erlassenen Verordnung erfüllen. ..."
§ 128 KFG 1967 lautet:
"§ 128. Allgemeine Bestimmungen über die Sachverständigen
(1) Die in den §§ 124 bis 127 angeführten Sachverständigen sind auf die Dauer von höchstens fünf Jahren zu bestellen. Sie sind verpflichtet, die auf Grund dieses Bundesgesetzes von ihnen verlangten Gutachten zu dem von der Behörde bestimmten Zeitpunkt zu erstatten. Sie sind hinsichtlich der zur Erstattung des Gutachtens vorzunehmenden Prüfung bezüglich der dabei anzuwendenden Hilfsmittel und Methoden, insbesondere hinsichtlich von Verzeichnissen der zu erhebenden Umstände und zu stellenden Fragen, sowie hinsichtlich des Inhaltes und des Umfanges der Prüfung an die Weisungen der Behörde gebunden, von der sie bestellt wurden.
(2) Die Sachverständigen sind von ihrer Funktion zu entheben, wenn sie ihre Enthebung selbst beantragt haben, ihre besondere Eignung nicht mehr gegeben ist, sie Weisungen nach Abs. 1 nicht befolgen oder ihre Dienstbehörde die Zustimmung zu ihrer Heranziehung als Sachverständige widerruft. Sie können enthoben werden, wenn sie ohne berücksichtigungswürdige Gründe die Erstattung eines Gutachtens abgelehnt haben."
Die belangte Behörde ging davon aus, dass gemäß § 34 Abs. 2 FSG zu Sachverständigen - somit auch sachverständige Ärzte für Allgemeinmedizin (§ 34 Abs. 1 Z. 2 FSG) - nur vertrauenswürdige Personen bestellt werden dürfen, und stützte die Enthebung des Beschwerdeführers auf § 128 Abs. 2 KFG 1967, wonach die Sachverständigen von ihrer Funktion zu entheben seien, "wenn ihre besondere Eignung nicht mehr gegeben ist". Die belangte Behörde führte weiter aus, eine derartige Enthebung habe "somit - rechtlich zwingend - zu erfolgen", wenn beim Sachverständigen die Vertrauenswürdigkeit nicht mehr gegeben sei.
Damit hat die belangte Behörde jedoch verkannt, dass nach den hier maßgeblichen Regelungen als Voraussetzung für die Bestellung zum Sachverständigen die "besondere Eignung" einerseits (§ 34 Abs. 1 FSG) und die Vertrauenswürdigkeit der zu bestellenden Person andererseits (§ 34 Abs. 2 FSG) zu prüfen und zu beurteilen sind.
Gemäß § 34 Abs. 1 letzter Halbsatz unterliegen die Sachverständigen den allgemeinen Bestimmungen des § 128 KFG 1967. Nach der von der belangten Behörde herangezogenen Bestimmung des § 128 Abs. 2 KFG 1967 sind die Sachverständigen von ihrer Funktion zu entheben, wenn sie ihre Enthebung selbst beantragt haben, ihre besondere Eignung nicht mehr gegeben ist, sie Weisungen nach Abs. 1 nicht befolgen oder ihre Dienstbehörde die Zustimmung zu ihrer Heranziehung als Sachverständige widerruft. Sie können enthoben werden, wenn sie ohne berücksichtigungswürdige Gründe die Erstattung eines Gutachtens abgelehnt haben. Auch diese Bestimmungen sehen somit entgegen der Auffassung der belangten Behörde einen Widerruf der Bestellung als sachverständiger Arzt aus dem Grunde des Wegfalls der Vertrauenswürdigkeit - § 34 Abs. 2 FSG - im Gegensatz zum Grunde der nicht mehr gegebenen besonderen Eignung - § 34 Abs. 1 FSG - nicht vor. Der von der belangten Behörde - in der Gegenschrift - angestellte Vergleich mit den §§ 109 Abs. 1 lit. b KFG 1967 betreffend Fahrschulbesitzer, Fahrschulleiter, Fahrschullehrer und Fahrlehrer, § 6 Abs. 1 Z. 3 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr betreffend Taxilenker, § 5 Abs. 1 Z. 1 des Gelegenheitsverkehrsgeseztes betreffend die Konzession für Taxigewerbe, § 5 Abs. 1 Z. 1 des Güterbeförderungsgesetzes betreffend Konzession für Güterbeförderungsgewerbe und § 7 Abs. 1 Z. 1 Kraftfahrliniengesetz betreffend Konzession für Kraftfahrlinien scheitert schon an der anders gestalteten Rechtslage.
Schon aus diesem Grund ist der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, sodass nicht mehr geprüft werden muss, ob der von der belangten Behörde herangezogene Vorfall - zu dessen näheren Umständen die belangte Behörde im Übrigen keine Feststellungen getroffen hat - die Annahme rechtfertigte, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht vertrauenswürdig gewesen sei.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden musste.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung (des Berichters) über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 24. Februar 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004110130.X00Im RIS seit
31.03.2005Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008