Norm
EO §251 Z6Kopf
SZ 25/57
Spruch
Nach § 251 Z. 6 EO. kommt der Anzahl der im Betrieb beschäftigten Hilfskräfte allein keine ausschlaggebende Bedeutung zu, wohl aber kann dies in Verbindung mit anderen Merkmalen, wie Anzahl und Größe der Betriebsräume, Umfang der Produktion oder des Umsatzes und die gesamte maschinelle Einrichtung der Fall sein.
Entscheidung vom 5. März 1952, 1 Ob 172/52.
I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt - Wien; II. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Das Erstgericht hat den Antrag des Verpflichteten auf Einstellung der Exekution bezüglich der unter PZ. 6 des Pfändungsprotokolles bezeichneten zwei Drehbänke gemäß § 39 Abs. 1 Z. 2 EO. mit der Begründung abgewiesen, daß nach Mitteilung der Gebietskrankenkasse im Monat August 1951 im Betrieb des Verpflichteten als Arbeitnehmer ein Mechaniker, ein Hilfsarbeiter, ein Gehilfe, zwei Lehrlinge und eine Angestellte, zusammen sechs Personen gemeldet gewesen seien und der Betrieb des Verpflichteten daher keinen Kleinbetrieb, sondern einen Mittelbetrieb darstelle.
Das Rekursgericht hat dagegen mit Punkt 2 des angefochtenen Beschlusses in Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung ausgesprochen, daß die Exekution hinsichtlich der unter Postzahl 6 bezeichneten Gegenstände gemäß § 251 Z. 6 EO. unzulässig sei und daher gemäß § 39 Z. 2 EO. eingestellt werde, und in der Begründung ausgeführt, unter den im Betriebe des Verpflichteten Beschäftigten befänden sich zwei Lehrlinge und eine Angestellte. Die Lehrlinge kämen aber überhaupt nur als Hilfsarbeiter in Betracht und handle es sich daher um einen Kleingewerbebetrieb im Sinne des § 341 Abs. 1
EO.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei Folge, hob den betreffenden Teil des Beschlusses der Unterinstanzen auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens auf.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Untergerichte sind bei Prüfung der Frage der Anwendbarkeit des § 251 Z. 6 EO. lediglich von der Zahl der im Betriebe beschäftigten Arbeitnehmer ausgegangen und hat sich das Rekursgericht hiefür ausdrücklich auf § 341 Abs. 1 EO. bezogen. Die Bestimmung des § 341 Abs. 1 EO., zweiter Satz, enthält jedoch gar keine Abgrenzung für Kleinbetriebe. So können auch Betriebe mit nicht mehr als vier Hilfskräften über den Rahmen des Kleinbetriebes hinausgehen (vgl. Judikat 40 neu). Nach § 251 Z. 6 EO. kommt daher der Anzahl der im Betrieb beschäftigten Hilfskräfte allein keine ausschlaggebende Bedeutung zu (vgl. Justizministerialerlaß v. 2. Juni 1914, VBl. 43, zit. bei Hermann, EO., 8. Auflage, S. 744; Walker, Exekutionsrecht,
4. Auflage, S. 68). Befindet sich unter den Arbeitnehmern eines Betriebes eine besondere, vollbeschäftigte Kraft für die Erledigung der schriftlichen Arbeiten (Korrespondent, Buchhalter usw.), so kann dies auf einen über den Rahmen eines Kleinbetriebes hinausgehenden Umfang hindeuten. Die zur Erledigung einzelner besonderer Arbeiten oder auch stunden- oder selbst tageweise Beschäftigung einer solchen Kraft mag dagegen allerdings heute selbst bei Kleinbetrieben im Hinblick auf die Zunahme des Umfanges und der Schwierigkeiten solcher Arbeiten vorkommen. Die Verwendung einzelner Maschinen ist heute zur Aufrechterhaltung der Konkurrenzfähigkeit selbst in gewissen Kleinbetrieben unbedingt erforderlich und sollten gerade solche Maschinen dem Verpflichteten durch § 251 Z. 6 EO. erhalten bleiben (vgl. JME. v. 2. Juni 1914, VBl. 43). Es mag aber wieder bei Betrieben vorkommen, daß sie gerade durch den Einsatz von Maschinen über den Rahmen des Kleingewerbes hinausgehen. Die bloße Feststellung der Anzahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer genügt somit zur Beurteilung, ob es sich um einen Kleinbetrieb handelt, nicht, wenngleich ihr in Verbindung mit anderen Merkmalen, wie Anzahl und Größe der Betriebsräume, dem Umfang der Produktion oder des Umsatzes und der gesamten maschinellen Einrichtung Bedeutung zukommen kann. Daher bedarf es zumindest in jenen Fällen, in denen nicht von vornherein eindeutig feststeht, daß es sich um einen Kleinbetrieb handelt oder daß dies nicht der Fall ist, einer eingehenderen Prüfung des Umfanges des Betriebes, wozu in der Regel nebst Erhebungen durch das Vollstreckungsorgan eine entsprechende Äußerung der zuständigen Innung oder Handelskammer, die sich allerdings nicht auf bloße Angaben, ob es sich um einen Kleinbetrieb handelt, beschränken darf, genügen wird. Dies ist auch im vorliegenden Fall erforderlich. Da sich die Untergerichte nur mit der Feststellung der Anzahl der im Betrieb des Verpflichteten beschäftigten Arbeitnehmer begnügt haben, aber auch die Erhebungen des Erstrichters nur in dieser Richtung gegangen sind, mußte dem Revisionsrekurs Folge gegeben und unter Aufhebung der Beschlüsse beider Untergerichte dem Erstgerichte die neuerliche Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens aufgetragen werden.
Anmerkung
Z25057Schlagworte
Betrieb mit Hilfskräften, Kleingewerbe, Unpfändbarkeit, Kleingewerbe, Begriffsmerkmale (Maschinen), Unpfändbarkeit bei Kleingewerbe (Maschinen)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1952:0010OB00172.52.0305.000Dokumentnummer
JJT_19520305_OGH0002_0010OB00172_5200000_000