Norm
ZPO §530Kopf
SZ 25/91
Spruch
Wiederaufnahmsklage im Eheverfahren auch dann zulässig, wenn der Wiederaufnahmskläger in der Zwischenzeit eine neue Ehe geschlossen hat.
Entscheidung vom 9. April 1952, 2 Ob 243/52.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Die Ehe der Streitteile ist mit dem Urteile vom 20. November 1939 auf Grund einer Klage der Frau aus dem alleinigen Verschulden des Mannes (§ 49 EheG.) geschieden worden; der für den abwesenden Mann bestellte Kurator hat gegen das Urteil kein Rechtsmittel eingebracht. Im Jahre 1947 beantragte der Mann die Wiederaufnahme des Ehescheidungsverfahrens und machte insbesondere den Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs. 1 Z. 2 ZPO. geltend.
Das Erstgericht bewilligte die Wiederaufnahme und hob das Urteil vom 20. November 1939 auf.
Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen hat es zwischen den Streitteilen bis zur Ausreise des Klägers niemals Auseinandersetzungen gegeben und sind die Ehegatten in bestem Einvernehmen miteinander gestanden; auch ist der Kläger mit seiner Familie, solange es möglich war, in schriftlicher Verbindung gestanden und hat ihr sogar Lebensmittelpakete geschickt. Die Zeugenaussage der Hertha K. im Ehescheidungsverfahren ist bewußt unrichtig gewesen. Schließlich steht fest, daß der Kläger bereits wieder verheiratet ist.
Auf Grund dieser Feststellungen erachtete das Prozeßgericht unter Billigung durch das Berufungsgericht den Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs. 1 Z. 2 ZPO. für gegeben, während es das Vorliegen der übrigen vom Kläger geltend gemachten Wiederaufnahmsgrunde verneinte. In der Revision wird im allgemeinen die Zulässigkeit einer Wiederaufnahmsklage gegenüber einem Urteile, mit dem eine Ehe für geschieden erklärt worden ist, bezweifelt und im besonderen die rechtliche Beurteilung der Sache durch das Berufungsgericht bekämpft, insofern es darin, daß der Kläger nach der Ehescheidung eine neue Ehe geschlossen hat, nicht einen Verzicht auf sein Klagerecht erblickt habe.
Das Revisionsgericht hat jedoch keine Bedenken, den rechtlichen Ausführungen des Berufungsgerichtes zu folgen. Die von der Revisionswerberin vertretene Ansicht, daß ein Ehescheidungsverfahren, das mit einem die Scheidung aussprechenden Urteile beendet worden ist, nicht wieder aufgenommen werden könne, ist vom Obersten Gerichtshof bereits in wiederholten Entscheidungen, von denen abzugehen kein Anlaß vorliegt, widerlegt worden; das Berufungsgericht hat auch zutreffend auf die Rechtsliteratur Bezug genommen, in der mit nur geringen Ausnahmen die Zulässigkeit einer Wiederaufnahmsklage vertreten wird. Daß der Kläger nach der Ehescheidung neuerlich geheiratet hat, kann sein Klagerecht nicht berühren; insbesondere kann darin ein Verzicht auf das Klagerecht nicht erblickt werden. Welche Rechtsfolgen sich aus der Aufhebung des Ehescheidungsurteiles für den Kläger und seine neue Ehe ergeben, ist in diesem Rechtsstreit nicht zu untersuchen.
Anmerkung
Z25091Schlagworte
Ehescheidung Wiederaufnahmsklage trotz neuer Ehe, Wiederaufnahmsklage im Eheverfahren trotz neuer EheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1952:0020OB00243.52.0409.000Dokumentnummer
JJT_19520409_OGH0002_0020OB00243_5200000_000