Norm
ABGB §181Kopf
SZ 25/110
Spruch
Bestätigungen von Adoptionsverträgen zwischen amerikanischen Staatsbürgern (Michigan und Minnesota) und österreichischen Kindern unterliegen nicht der österreichischen Gerichtsbarkeit.
Entscheidung vom 30. April 1952, 2 Ob 25/52.
I. Instanz: Bezirksgericht Linz; II. Instanz: Landesgericht Linz.
Text
Otto W. schloß als der eheliche Vater der am 9. Juli 1948 geborenen Helmut und Herta W. - die Ehe der Kindeseltern ist geschieden - mit den Ehegatten H., die Angehörige des Staates Minnesota (oder allenfalls des Staates Michigan) sind, einen Adoptionsvertrag. Die Ehegatten H. beantragten beim Pflegschaftsgericht der Kinder die Bestätigung des Adoptionsvertrages. Die eheliche Mutter der Kinder widersprach dem Vertrage.
Das Erstgericht wies den Antrag ab.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des ehelichen Vaters und der Ehegatten statt und bestätigte den Vertrag.
Der Oberste Gerichtshof hob anläßlich der vom Erstrichter und der Mutter eingebrachten Revisionsrekurse die vorgerichtlichen Beschlüsse und das ihnen vorangegangene Verfahren auf und wies den Antrag der Ehegatten H. zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Bevor in eine sachliche Prüfung der Rekurse eingegangen werden kann, hat der Oberste Gerichtshof von Amts wegen die Frage zu untersuchen, ob für die beantragte Bestätigung des Adoptionsvertrages die österreichische Gerichtsbarkeit gegeben ist. Die Frage ist zu verneinen.
Gemäß § 13 der 4. DVzEheG. bestimmt sich die Adoption nach dem Recht jenes Staates, dem der Annehmende zur Zeit der Annahme angehört, hier also nach dem Recht jenes Einzelstaates der USA., dessen Bürger die Wahleltern sind, das ist nach dem Recht des Staates Minnesota, vielleicht des Staates Michigan. Die Behörden eben dieses Staates sind berufen, den Akt zu setzen, durch welchen die Adoption zustande kommt (Chlanda, Adoption bei nicht österreichischer Staatsangehörigkeit des Wahlvaters (oder der Wahleltern) oder des Wahlkindes in ÖJZ. 1949, S. 584 ff.; Leo Raape, Internationales Privatrecht, Berlin und Frankfurt a. M. 1950, S. 249 ff.; Martin Wolff, Das Internationale Privatrecht Deutschlands, Berlin - Göttingen - Heidelberg 1949, S. 189 ff.).
Nach diesen Sätzen ist im vorliegenden Fall die Adoption nach amerikanischem Recht zu beurteilen und sind auch zur Mitwirkung bei der Adoption die amerikanischen Behörden berufen.
Die Verweisung des § 13 der 4. DVzEheG. ist aber eine Gesamtverweisung, d. h. sie begreift auch die Bestimmungen des internationalen Privatrechtes des Heimatstaates der Wahleltern in sich. Es müssen daher zunächst diese Vorschriften festgestellt werden.
Sowohl das Recht von Michigan wie von Minnesota kennen die Adoption. In Michigan muß eine Person, die ein minderjähriges Kind adoptieren will, einen Antrag an den probate court (das Außerstreitgericht) des Bezirkes ihres Aufenthaltsortes (residence) stellen. Die Zustimmung zur Adoption muß unter anderem durch die Eltern der Kinder (also auch durch die Mutter) beigebracht werden. Das Gericht führt Erhebungen darüber durch, ob die vorgeschlagene Adoption zweckmäßig ist. Bejahendenfalls kann die order of adoption (Adoptionsverfügung) in der Regel ein Jahr später, aber auch unter Umständen sofort erlassen werden. Ähnliche Bestimmungen gelten in Minnesota (Martindale - Hubbel, Law Directory 1950, Volume III, New Jersey, Art. Adoption unter Michigan und Minnesota).
Eine Rückverweisung auf das österreichische Recht könnte diesen Bestimmungen dann entnommen werden, wenn nach den Vorschriften des amerikanischen Rechtes ein Aufenthalt (residence) der Ehegatten H. in Österreich anzunehmen ist.
Ernst Rabel, The conflict of Law, Chicago 1945, S. 637 ff. teilt mit, daß für die Gerichtsbarkeit in Adoptionssachen zwei verschiedene Anknüpfungspunkte zur Verfügung stehen. In erster Linie könne ein Kind in seinem Domizilstaat adoptiert werden, ohne Rücksicht auf Wohnsitz (domicil) und Aufenthalt (residence) der Adoptiveltern. In zweiter Linie werde von der herrschenden Lehre die konkurrierende Gerichtsbarkeit des Staates angenommen, wo die Adoptiveltern wohnen. Das Domizil des Kindes als Basis der Gerichtsbarkeit sei immerhin bestritten.
Bei dieser Rechtslage im Heimatstaat der Adoptiveltern könnte eine Rückverweisung des amerikanischen Rechtes auf das österreichische Recht in Betracht kommen. Dennoch ist die österreichische Gerichtsbarkeit keinesfalls gegeben, weil auch bei Annahme einer Rückverweisung. diese sich nur auf das materielle Recht beziehen könnte. Unter keinen Umständen kann durch eine ausländische Vorschrift, hier das amerikanische Recht, die Zuständigkeit eines österreichischen Gerichtes begrundet werden (Erwin Riezler, Internationales Zivilprozeßrecht, Berlin - Tübingen 1949, S. 204 ff.). Hiezu bedürfte es einer ausdrücklichen Norm, wie sie etwa in § 14 der 4. DVzEheG. oder § 23 AußStrG. gegeben ist.
Im übrigen entstunden, wenn man durch eine allfällige Rückverweisung des amerikanischen Rechtes die österreichische Gerichtsbarkeit begrunden lassen wollte, kaum lösbare Schwierigkeiten, weil das Verfahren bei der Adoption im amerikanischen und im österreichischen Recht verschieden geregelt ist. Während nach österreichischem Recht die Adoption bloß bestätigt zu werden braucht, hat nach dem oben berichteten amerikanischen Recht das Gericht eine eigene Adoptionsverfügung - in der Regel erst nach Ablauf eines Jahres - zu erlassen. Da aber das inländische Gericht nur die lex fori anzuwenden hat (Riezler, 91 ff.), könnten sich gerade aus diesem Umstand für die Anerkennung des österreichischen Verfahrens im Heimatstaate der Adoptiveltern und auch infolge der materiellrechtlichen Abweichungen (Zustimmung der Mutter) Schwierigkeiten ergeben.
Nicht übergangen werden soll der Umstand, daß sich deutsche Gerichte zur Bestätigung von Adoptionsverträgen in letzter Zeit auch dann zuständig erachteten, wenn die ausländischen Wahleltern ihren Wohnsitz oder Aufenthalt in Deutschland hatten (Raape, 249; Martin Wolff, 190). Eine gesetzliche Grundlage für eine solche Praxis kann aber jedenfalls für das österreichische Recht nicht gefunden werden.
§ 113 JN. sieht allerdings ähnlich dem § 66 FGG. vor, daß bei einer Annahme an Kindes Statt das Vormundschaftsgericht oder das Gericht, bei dem der Wahlvater den allgemeinen Gerichtsstand hat, zur Bestätigung berufen ist. Diese Bestimmung begrundet aber nicht die österreichische Gerichtsbarkeit, sondern setzt sie voraus. Die obigen Ausführungen haben aber dargetan, daß sie im vorliegenden Fall fehlt.
Bei dieser Rechtslage mußte der Antrag der Wahleltern auf Bestätigung der Adoption wegen Fehlens der österreichischen Gerichtsbarkeit zurückgewiesen werden.
Abschließend bleibt noch zu untersuchen, ob nicht allenfalls eine Mitwirkung des österreichischen Gerichtes als Pflegschaftsbehörde der Kinder in Betracht kommt. § 181 ABGB. bestimmt allerdings, daß die Annahme an Kindes Statt, wenn das Kind minderjährig ist, nur mit Einwilligung des ehelichen Vaters oder in dessen Ermanglung nur mit Einwilligung der Mutter, des Vormundes und des Gerichtes zustande kommt. Aus diesem Wortlaut könnte geschlossen werden, daß bei ehelichen minderjährigen Kindern, die unter der Gewalt des Vaters stehen, eine Genehmigung des Adoptionsvertrages durch das Pflegschaftsgericht nicht erforderlich ist (so etwa Ehrenzweig, System, Familien- u. Erbrecht 1937, S. 229; Bartsch in Klangs Komm.,
1. Auflage, zu § 181, S. 966). Dabei ist aber übersehen, daß sogar in Rücksicht der Vermögensverwaltung der eheliche Vater in allen Geschäften, welche nicht zum gewöhnlichen Wirtschaftsbetrieb gehören und welche von größerer Wichtigkeit sind, nichts ohne gerichtliche Einwilligung vornehmen darf (§ 233 ABGB.; SZ. XX/169). Es kann daher nicht angenommen werden, daß durch die bloße Nichtnennung des Gerichtes in § 181 ABGB. der Gesetzgeber bei der für das Kind besonders weittragenden Frage, ob ein Adoptionsvertrag zu schließen ist, die gerichtliche Mitwirkung ausschalten wollte. Dazu kommt, daß dem Adoptionsvertrag, insbesondere wegen der mit ihm verbundenen Unterhaltsfolgen, auch weitgehende vermögensrechtliche Bedeutung zukommt, sodaß sich auch aus diesem Gründe die Notwendigkeit der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung auch bei Kindern, die durch den ehelichen Vater vertreten sind, ergibt (vgl. auch Raape 250 f.; Sperl in NotZ. 1937, S. 204). Sollte also hier der eheliche Vater um die pflegschaftsbehördliche Genehmigung des Adoptionsvertrages nachsuchen, so wäre hierüber sachlich zu entscheiden. Allerdings würden für eine solche Entscheidung, insbesondere im Hinblick auf die Ausführungen im Rekurs des Erstrichters, die bisherigen Verfahrensergebnisse nicht ausreichen.
Anmerkung
Z25110Schlagworte
Adoption österr. Kinder durch Amerikaner, Amerika, Adoption, Annahme an Kindesstatt durch Amerikaner, Wahleltern, AmerikanerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1952:0020OB00025.52.0430.000Dokumentnummer
JJT_19520430_OGH0002_0020OB00025_5200000_000