TE OGH 1952/5/21 1Ob433/52

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Veröffentlicht am 21.05.1952
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Norm

ABGB §896
ZPO §11 Z1
ZPO §46

Kopf

SZ 25/137

Spruch

Kein Kostenregreßanspruch bei nicht einheitlicher Streitpartei.

Entscheidung vom 21. Mai 1952, 1 Ob 433/52.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Folgender Sachverhalt ist unbestritten: Im Rechtsstreite 28 Cg 166/50 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien ging das Klagebegehren auf Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft einer Liegenschaft durch deren gerichtliche Feilbietung. Zehn von den elf Beklagten haben mit Ausnahme der damals an erster Stelle Beklagten, die schon bei der ersten Tagsatzung das Klagebegehren anerkannt hatte, zunächst bestritten. Im Laufe des Prozesses ist bezüglich der an dritter bis siebenter Stelle Beklagten "Ruhen des Verfahrens" eingetreten, weil der für sie bestellte Kurator zur fortgesetzten mündlichen Streitverhandlung nicht erschienen ist und der Klagevertreter, der anwesend war, bezüglich dieser Beklagten keinen Antrag stellte. Ob dieses Ruhen aus rechtlichen Gründen eintreten konnte, ist augenblicklich nicht zu erörtern. In der Folge ist das Klagebegehren bezüglich der Zweitbeklagten und der an achter bis elfter Stelle Beklagten auf Kostenersatz eingeschränkt worden, nachdem der Machthaber der Zweitbeklagten und der Kurator der anderen soeben genannten Beklagten erklärt haben, ihre Einwendungen gegen das Klagebegehren in der Hauptsache nicht mehr aufrechtzuerhalten.

Das Erstgericht verurteilte die Zweitbeklagten und die an achter bis elfter Stelle Beklagten zum Kostenersatz von 2830.64 S zur ungeteilten Hand, überdies verurteilte es die Zweitbeklagte zur Zahlung von 889.84 S weiterer Prozeßkosten. Dem Kostenrekurs aller verurteilten Beklagten wurde nicht Folge gegeben. Beide Gerichte gingen davon aus, daß die Art der Prozeßkostenhaftung durch die Natur des materiellrechtlichen Rechtsverhältnisses der Streitparteien untereinander bestimmt werde, so zwar, daß im vorliegenden Fall die Miteigentümer, gegen welche eine Teilungsklage nach § 830 ABGB. erhoben wurde, eine einheitliche Streitpartei bilden.

Nach Beendigung dieses Vorprozesses erhob die damals an zweiter Stelle beklagte Partei die vorliegende Klage mit der Behauptung, die ursprünglich an dritter bis siebenter Stelle im Vorprozesse Beklagten hätten sich an den Prozeßkosten, die die damalige zweitbeklagte Partei und heutige Klägerin im ermäßigten Betrage von 3000 S tatsächlich bezahlt habe, insofern zu beteiligen, als sie ihr von dem soeben genannten Betrage ein Drittel - das ist den Klagsbetrag von 1000 S - zu bezahlen hätten. Denn die Anteile der an dritter bis siebenter Stelle Beklagten betragen insgesamt ein Sechstel der ganzen Liegenschaft, während der Zweitbeklagten auch ein Sechstel, der Erstbeklagten gleichfalls ein Sechstel und dem damaligen Kläger die halbe Liegenschaft gehörten.

Das Erstgericht hat durch Versäumungsurteil das Klagebegehren als rechtlich unschlüssig abgewiesen und ausgesprochen, daß die Klägerin wegen der ihr im Vorprozeß auferlegten Kosten aus dem Gründe der Judikatschuld nicht Regreß nehmen könne.

Das Berufungsgericht gab der Berufung Folge und änderte das Versäumungsurteil dahin ab, daß es die jetzt erst- und zweitbeklagte Partei, das sind die im Vorprozeß an dritter und vierter Stelle Beklagten zur Zahlung eines Teilbetrages von je 333.33 S, die Drittbis Fünftbeklagte, das sind die im Vorprozeß an fünfter bis siebenter Stelle Beklagten zur Zahlung von je 111.11 S, alle diese Beträge samt 4% Zinsen seit 24. Juli 1951 verurteilte, und das Begehren auf Zahlung in solidum abwies.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision aller Beklagten Folge und stellte das Urteil des Erstgerichtes wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Sie ist gemäß § 502 Z. 3 ZPO. zulässig (Punkt 2 des Judikates Nr. 56 neu - auch soweit die drei letztgenannten Beklagten zur Zahlung von je 111.11 S verurteilt wurden).

Die Revision ist auch begrundet:

Es ist zwar nicht richtig, daß der Kostenausspruch eine "abstrakte" Judikatobligation begrundet, sodaß die Klägerin den Beklagten gegenüber die erwähnte Forderung überhaupt nicht mehr einklagen könnte. Die Revision aber ist im Recht, wenn sie die Revisionswerber nicht als Mitschuldner in concreto bezeichnet und deshalb die Anwendung des § 896 ABGB. ablehnt.

Was die angeblich unzulässige Klagbarkeit der Prozeßkosten aus dem Vorprozesse anlangt, so hätten die Revisionswerber nur dann recht, wenn die Klägerin derartige - bisher nicht begehrte - Kosten gegenüber ihrem Gegner (Kläger im Vorprozesse) geltend machen würde. Hier liegt aber der Fall völlig anders, weil die Klägerin (eine der Beklagten im Vorprozesse) einen Kostenanspruch gegenüber ihren früheren Mitbeklagten erhebt, was an sich zulässig ist (§ 896 ABGB.). Im vorliegenden Falle - und dies ist entscheidend - begehrt aber die Klägerin nicht etwa die von ihr bezahlten Prozeßkosten nunmehr von den mit ihr gleichzeitig zur Zahlung dieser Prozeßkosten verurteilten Mitbeklagten, sondern von solchen Mitbeklagten, die zur Zahlung nicht verurteilt worden sind. Daran ändert der Umstand nichts, daß die Klägerin meint, die Beklagten (im vorliegenden Prozeß) seien ebenso zur Zahlung von Prozeßkosten (im Vorprozeß) zu verurteilen gewesen, wie alle anderen damaligen Beklagten, sodaß es nicht angehe, daß sich die heutigen Beklagten durch einen außergerichtlichen Ausgleich und durch Ausbleiben von der Streitverhandlung aus der Kostenersatzpflicht heraushalten könnten. Das Gericht hat im Vorprozeß den Eintritt des Ruhens gegenüber dem

3. bis 7. Beklagten zur Kenntnis genommen, ist also davon ausgegangen, daß keine einheitliche Streitpartei vorliege. Die 3. bis 7. Beklagten können daher auch nicht kostenrechtlich als einheitliche Streitpartei der 2. Beklagten behandelt werden. Der Vorprozeß zwischen dem damaligen Kläger und den Beklagten von heute ist daher noch nicht beendet, ohne daß im vorliegenden Kostenregreßprozeß überprüft werden durfte, ob diese Behandlung der Sache im Vorprozeß richtig gewesen ist. Wesentlich ist, daß zwischen den Prozeßparteien in der vorliegenden Sache das Gericht daran gebunden ist, daß kein einheitliches Prozeßverhältnis im Vorprozeß bestanden hat und daß daher die Grundlage für einen Kostenregreßanspruch fehlt, weil bei einer nicht einheitlichen Streitpartei jede Partei die Kosten allein zu tragen hat, zu deren Zahlung sie verurteilt worden ist.

Es war somit der Revision Folge zu geben und in Abänderung des angefochtenen Urteiles das Urteil des Erstgerichtes, wenn auch teilweise aus anderen Gründen, herzustellen.

Anmerkung

Z25137

Schlagworte

Kosten kein Regreß bei nicht einheitlicher Streitpartei, Prozeßkosten, kein Regreß bei nicht einheitlicher Streitpartei, Regreß bezüglich Kosten bei nicht einheitlicher Streitpartei, Streitpartei, nicht einheitliche, kein Kostenregreß

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1952:0010OB00433.52.0521.000

Dokumentnummer

JJT_19520521_OGH0002_0010OB00433_5200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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