Norm
ZPO §57 (1)Kopf
SZ 25/140
Spruch
Keine Verpflichtung italienischer Staatsbürger zur Bestellung einer Prozeßkostensicherheit.
Entscheidung vom 21. Mai 1952, 2 Ob 385/52.
I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.
Text
Der Kläger ist italienischer Staatsbürger und lebt als Kaufmann in Triest. Die Beklagten haben den Antrag gestellt, daß ihm der Erlag einer aktorischen Kaution aufgetragen werde.
Das Erstgericht hat den Antrag abgewiesen.
Das Rekursgericht hat den erstgerichtlichen Beschluß unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben.
Der Oberste Gerichtshof hat den erstgerichtlichen Beschluß wieder hergestellt.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Kläger, der die gegenständliche Klage allein und im eigenen Namen als Einzelperson erhebt, ist laut dem von ihm vorgelegten unverdächtig erscheinenden Staatsbürgerschaftszeugnis, dessen Unrichtigkeit nicht dargetan worden ist, italienischer Staatsbürger. Nur auf seine Staatsbürgerschaft, nicht aber auf seinen Wohnsitz kommt es, wie das Rekursgericht richtig erkannt hat, bei der Beurteilung der Kautionspflicht im Sinne des § 57 ZPO. an. Das Rekursgericht hat aber auch weiter richtig erkannt, daß auf italienische Staatsbürger Art. 1 des Rechtshilfevertrages zwischen Österreich und Italien vom 6. April 1922, BGBl. Nr, 261/24, zur Anwendung gelangt (vgl. Rechtshilfeerlaß vom 29. Oktober 1951, JABl. Nr. 12, § 53 Abs. 1 Z. 4 und Anhang I, Abschnitt B, Z. 10, Punkt I, Z. 1 und Punkt II Z. 2 lit. a), demzufolge (in Auswirkung der mit diesem Vertragsartikel festgesetzten formellen Reziprozität) italienische Staatsangehörige in Österreich in Ansehung des gerichtlichen Schutzes die gleiche Behandlung wie Österreicher genießen, vor den österreichischen Gerichten unter denselben Bedingungen und in derselben Weise wie Österreicher auftreten können, was insbesondere hinsichtlich der Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten Anwendung findet. Der Kläger ist daher als italienischer Staatsbürger wie ein Inländer von der Leistung einer aktorischen Kaution befreit, da nach § 57 Abs. 1 ZPO. Ausländer nur dann eine solche aktorische Kaution zu leisten haben, wenn nicht durch Staatsverträge etwas anderes festgesetzt ist. Ist schon durch einen Staatsvertrag (wie im gegenständlichen Fall der Kläger als italienischer Staatsbürger durch Art. 1 des Rechtshilfevertrages zwischen Österreich und Italien) der Ausländer von der Kautionsleistung befreit, ist der Vorgang des Rekursgerichtes rechtsirrig, sich noch auf eine Prüfung einzulassen, ob auch einer der in § 57 Abs. 2 ZPO. aufgezählten Befreiungsfälle vorliegt, und auf diesem Wege, die Befreiung von der Prozeßkostensicherheit unter Berufung auf § 57 Abs. 2 Z. 1 ZPO. vom Vorliegen der materiellen Reziprozität abhängig zu machen. Denn § 57 Abs. 2 ZPO. bestimmt nur die Fälle, in denen ein Ausländer entgegen der Vorschrift des § 57 Abs. 1 ZPO. keine Sicherheit zu leisten hat, kommt also gar nicht zur Anwendung, wenn schon nach der Vorschrift des § 57 Abs. 1 ZPO. eine Kautionspflicht deshalb nicht besteht, weil eine solche durch Staatsvertrag ausgeschlossen ist. Die vom Rekursgericht bezogene oberstgerichtliche Entscheidung SZ. XXII/18 hatte einen Fall zum Gegenstand, in dem ein Staatsvertrag im Sinne des § 57 Abs. 1 ZPO. nicht in Frage kam (weil der Ausländer Bürger des Staates New York war).
Daher ist der erstrichterliche Beschluß, mit dem der Antrag der Beklagten, dem Kläger eine aktorische Kaution aufzuerlegen, abgewiesen wurde, wiederherzustellen.
Anmerkung
Z25140Schlagworte
Aktorische Kaution italienischer Staatsbürger, Ausländer (Italiener), Prozeßkostensicherheit, Italienischer Staatsbürger, Prozeßkostensicherheit, Kaution, aktorische, italienischer Staatsbürger, Prozeßkostensicherheit italienischer StaatsbürgerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1952:0020OB00385.52.0521.000Dokumentnummer
JJT_19520521_OGH0002_0020OB00385_5200000_000