Kopf
Der Oberste Gerichtshof als Revisionsgericht hat durch den Ersten Präsidenten Dr. Strobele als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten Dr. Wahle und die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hohenecker, Dr. Schmeisser und Dr. Schuster als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wilhelm C*****, vertreten durch Dr. Robert Hoffmann, Rechtsanwalt, Linz, Hofgasse 9, wider die beklagte Partei Matthias K*****, vertreten durch Dr. Viktor Heller, Rechtsanwalt, Kirchdorf a.d. Krems, wegen Unterlassung und Bezahlung von 80.000 S, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 15. Februar 1952, GZ 1 R 699/51-32, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Steyr vom 10. Juli 1951, GZ Cg 365/50-28, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit 1.825,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Erstgericht wies das Begehren des Klägers, der Beklagte müsse die weitere Erzeugung und den Vertrieb der vom Kläger erfundenen Bandschleifmaschine unterlassen und ihm 80.000 S bezahlen, ab. Die angebliche Erfindung des Klägers habe zwar am 14. 3. 1949 durch Eintragung in das Musterregister Musterschutz erlangt. Diese Registrierung sei aber mit dem rechtskräftig gewordenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems vom 6. 2. 1950 gemäß § 10a MusterschG als nichtig aufgehoben worden, weil noch vor dem Antrag des Klägers der Beklagte dreizehn gleichartige Bandschleifmaschinen in Verkehr gesetzt habe. Ebensowenig wie auf ein Musterrecht könne sich der Kläger auf ein Patentrecht berufen, weil ihm ein solches nicht erteilt worden sei. Er könne dem Beklagten auch nicht den Vorwurf unlauteren Wettbewerbes im Sinne des § 1 UnlWG machen, da zwischen den Parteien das Verhältnis des geschäftlichen Wettbewerbes nicht bestanden habe. Der Kläger sei Angestellter und der Beklagte Maschinenbauunternehmer. Schließlich könne der Kläger auch die allgemeine Schadenersatzbestimmung des § 1295 ABGB nicht heranziehen. Es sei zwar zuzugeben, dass der Erfinder einer Maschine schon vor der Patentierung seiner Erfindung gegen deren missbräuchliche Verwendung geschützt sei. Im vorliegenden Fall könne der Kläger aber sein Recht nicht mehr geltend machen, weil die Erfindung bereits im Jahre 1948 beim Welser Volksfest durch acht Tage öffentlich zur Schau gestellt und vorgeführt worden sei. Gemäß § 3 Abs 1 Z 2 PatG sei damit der Erfindung, wenn überhaupt von einer solchen geredet werden könne, der Charakter der Neuheit genommen worden und der Kläger habe sein allfälliges Recht auf Erteilung eines Patents verloren. Der Kläger habe seine Erfindung der Öffentlichkeit preisgegeben, weil er gegen die Schaustellung nichts unternommen habe. Er habe dadurch sein geistiges Eigentum verloren und könne wegen der Nachahmung vom Beklagten weder verlangen, dass er die Erzeugung und den Vertrieb der Bandschleifmaschine unterlasse, noch Schadenersatz begehren. Es sei vom Kläger nicht behauptet worden, dass die Veröffentlichung der Erfindung vom Beklagten veranstaltet worden sei, um ihr den Charakter der Neuheit im Sinne des § 3 Abs 1 PatG zu nehmen. Dies sei auch nicht anzunehmen, da der Beklagte sich seine Rechte von einer dritten Person, P*****, habe abtreten lassen und daher keine Ahnung gehabt habe, welche Folgen die öffentliche Schaustellung habe. Bei dieser Sach- und Rechtslage sei es nicht nötig gewesen zu untersuchen, ob eine Erfindung des Klägers überhaupt vorliege und ob ihm durch das Vorgehen des Beklagten ein Schaden entstanden sei.
Infolge Berufung des Klägers bestätigte das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil. Es übernahm die Feststellungen und im Wesentlichen auch die rechtliche Beurteilung der Sache durch das Erstgericht. Das Berufungsgericht könne zwar der Rechtsansicht des Erstgerichtes nicht folgen, dass zwischen den Parteien ein Wettbewerbsverhältnis nicht bestehen könne. Denn auch derjenige, der so wie der Kläger im Verhältnis zum Unternehmer L***** einem anderen die Verwertung der Erfindung gegen Anteil am Erträgnis überlassen habe, stehe im Wettbewerb mit einem anderen Unternehmer. Da dieses Wettbewerbsverhältnis aber erst nach dem Welser Volksfest des Jahres 1948 entstanden sei, weil der Kläger erst nachher die Zusammenarbeit mit L***** vereinbart habe, könne sich dieser auf die Bestimmungen des UnlWG nicht berufen. Was den Schadenersatzanspruch nach § 1295 ABGB betreffe, habe der Kläger mit der von ihm geduldeten Veröffentlichung der Bandschleifmaschine auf dem Welser Volksfest sein Recht auf Benützung verloren. Vorher habe der Kläger dem Beklagten nicht verboten, die Maschine nachzubauen. Es könne auch nicht gesagt werden, dass die Rechtsausübung des Beklagten dem Zweck gedient habe, dem Kläger absichtlich Schaden zuzufügen. Keinesfalls könne der Kläger vom Beklagten Unterlassung und Schadenersatz verlangen.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes, das den Wert des Streitgegenstandes mit mehr als 10.000 S angenommen hat, richtet sich die Revision des Klägers, worin die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend gemacht werden und der Revisionsantrag gestellt wird, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass der Klage stattgegeben werde, oder es aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Urteilsfällung an eines der Untergerichte zurückzuverweisen. Der Beklagte beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht begründet.
Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit dem Erstgericht festgestellt, dass der Beklagte die Bandschleifmaschine mit Duldung des Klägers der Öffentlichkeit übergeben habe. Diese Feststellung bezeichnet der Revisionswerber zu Unrecht als aktenwidrig. Er meint, dass nicht verständlich sei, woher diese Feststellung genommen sei. Sie widerspreche insbesondere dem Vorbringen des Klägers bei der Streitverhandlung vom 13. 6. 1951. Der Revisionswerber übersieht bei seiner Bemängelung, dass er in der Streitverhandlung vom 13. 6. 1951 zugegeben hat, gesehen zu haben, dass die von P***** nachgebaute Maschine beim Welser Volksfest vom Beklagten ausgestellt wurde und dass er dagegen nichts unternommen hat. Aus dieser Angabe allein konnten die Untergerichte, ohne sich einer Aktenwidrigkeit schuldig zu machen, den Schluss ziehen, dass der Kläger die Ausstellung der Maschine in Wels geduldet hat. Nach den Übungen des Verkehrs hätte der Kläger den Beklagten auf sein angeblich geistiges Eigentum an der Maschinenbauweise unverzüglich aufmerksam machen müssen. Im Übrigen haben auch die Zeugen Pf*****, B***** und H***** Angaben in diese Richtung gemacht. Der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit liegt nicht vor. Das Revisionsgericht ist vielmehr an die Feststellungen der Untergerichte, die in einwandfreier Weise getroffen wurden, gebunden. Es mag sein, dass der Kläger nicht die Absicht gehabt hat, seine Rechte an der Bandschleifmaschine aufzugeben. Dadurch, dass er gegen die Schaustellung der Maschine bis zum Schluss des Welser Volksfestes im Jahre 1948 nichts unternahm, bewirkte er aber, dass seiner Erfindung der Charakter der Neuheit genommen wurde und er nicht mehr in der Lage ist, die Patentierung durchsetzen zu können (§ 3 Abs 1 Z 2 und § 1 Abs 1 PatG). Der Kläger hat auf diese Weise sein geistiges Eigentum an der Maschine, wenn ein solches bestanden haben sollte, jedenfalls verloren.
Der Revisionswerber kann auch nicht mit Erfolg einwenden, dass er gegen das einmalige Nachbauen seiner Maschine durch P***** nichts habe unternehmen können. Denn wenn zunächst auch nur ein Stück der Maschine erzeugt worden ist, musste der Revisionswerber aus dem Anbieten der Maschine zum Kauf auf dem Welser Volksfest entnehmen, dass die weitere Erzeugung solcher Maschinen bevorstehe. Der Revisionswerber kann dem Beklagten auch nicht den Vorwurf sittenwidrigen Vorgehens und arglistiger Aneignung fremden geistigen Eigentums machen. Denn die Untergerichte haben festgestellt, dass der Beklagte nachdem er sich die Befugnis zum Nachbauen der Maschine von P***** hatte erteilen lassen, in Unkenntnis der Folgen der Veröffentlichung, also in Unkenntnis der Rechte des Klägers, die Maschine zur Schau hat stellen lassen. Von arglistiger Handlungsweise des Beklagten, durch die der Erfindung des Klägers der Charakter der Neuheit genommen werden sollte, kann daher nicht gesprochen werden. Nach dem Welser Volksfest ist dem Beklagten allerdings zur Kenntnis gebracht worden, dass der Kläger ursprüngliche Rechte auf die Erfindung der neuen Bandschleifmaschine geltend mache. Zu dieser Zeit hatte dieser aber seine Rechte bereits eingebüßt, sodass das weitere bewusste Zuwiderhandeln des Beklagten gegen die behaupteten Rechte des Klägers nicht mehr schadenersatzpflichtig machen konnte. Das Revisionsgericht stimmt nicht nur in dieser Richtung, sondern auch in dem Punkte der Rechtsauffassung der Untergerichte bei, dass § 1 UnlWG im vorliegenden Fall nicht angewendet werden kann. Zur Zeit der Veröffentlichung der Maschine auf dem Welser Volksfest war der Kläger noch nicht in geschäftlicher Verbindung mit dem Unternehmer L*****, sondern war unselbständiger Angestellter. Dass er damals schon die Absicht gehabt haben mag, geschäftliche Abmachungen über die Erfindung mit L***** zu treffen, macht ihn noch nicht zu einem Wettbewerbspartner des Beklagten. Der Begriff des potentiellen Mitbewerbers, wie ihn der Revisionswerber verwendet wissen will, ist dem Gesetz fremd. Auch ist es nicht richtig, dass Schadenersatzansprüche nach § 1 UnlWG auch von Personen geltend gemacht werden können, die nicht im Wettbewerbsverhältnis stehen. In dem Zeitpunkt aber, als der Revisionswerber bereits als Wettbewerbspartner angesehen werden konnte, hatte er seine Rechte aus der behaupteten Erfindung schon verloren und der Beklagte konnte durch einen Eingriff Rechte des Klägers nicht mehr verletzen. Aus diesem Grund kann in der Verwertung der Erfindung durch den Beklagten auch nicht eine Sittenwidrigkeit erblickt werden. Im Übrigen wäre die Nachahmung gewerblicher Erzeugnisse, die keinen Formalschutz genießen, nur dann nach dem UnlWG zu beurteilen, wenn bei der Nachahmung Begleitumstände vorlägen, aus denen sich die Sittenwidrigkeit der Handlung ergäbe, zB die Planmäßigkeit des Vorgehens (OGH-E v. 28. 1. 1936, Rspr. 18/103).
Auch der Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung ist nicht gegeben. Bei dieser Rechtslage bedurfte es der vom Revisionswerber gewünschten Beweisergänzungen nicht. Insbesondere war die Feststellung entbehrlich, ob von einer Erfindung des Revisionswerbers überhaupt gesprochen werden konnte und ob ihm durch das Verhalten des Beklagten Schaden entstanden ist. Die Untergerichte sind mit Recht zur Überzeugung gekommen, dass die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche nicht bestehen.
Der Revision musste der Erfolg versagt werden.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E84883 1Ob357.52European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1952:0010OB00357.52.0626.000Dokumentnummer
JJT_19520626_OGH0002_0010OB00357_5200000_000