Norm
ABGB §986Kopf
SZ 25/182
Spruch
Die Frage der Zulässigkeit des Begehrens auf Aufwertung einer Forderung kann nicht Gegenstand einer Feststellungsklage oder eines Zwischenantrages auf Feststellung sein.
Bei Auflösung der Ehepakte im Falle der Ehescheidung gebührt dem, der Geld in die Gütergemeinschaft eingebracht hat, ein Betrag, der zum Wert des Gütergemeinschaftsvermögens im Zeitpunkte der Auflösung der Ehepakte im gleichen Verhältnis steht wie die eingebrachte Summe zum Wert des Gemeinschaftsvermögens im Zeitpunkt der Einbringung.
Eine analoge Anwendung des Familiengläubigergesetzes ist ausgeschlossen.
Entscheidung vom 2. Juli 1952, 1 Ob 110/52.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:
Oberlandesgericht Graz.
Text
Die Parteien haben am 6. Dezember 1938 geheiratet. Im Notariatsakt vom 18. März 1939 wurde bestätigt, daß die Beklagte ein Heiratsgut von 1350 RM eingebracht habe. Mit Notariatsakt vom 20. September 1944 wurde eine allgemeine Gütergemeinschaft unter Lebenden errichtet. Der Beklagten wurde sohin die Hälfte der Liegenschaften des Klägers EZ. 32 und 25, Katastralgemeinde K., zugeschrieben.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 4. Juli 1950, und des Oberlandesgerichtes Graz vom 2. November 1950, wurde die Ehe aus dem überwiegenden Verschulden der Beklagten geschieden.
In seiner Klage trägt der Kläger vor, es stehe ihm das Recht zu, die Aufhebung der Ehepakte zu verlangen. Die Beklagte habe seinem Begehren auf Rückgabe der Liegenschaften entgegengesetzt, er habe ihr das Heiratsgut, aufgewertet auf das Vierfache, zu bezahlen. Er beantragt, das Urteil, der Beklagten stehe ein Anspruch auf Aufwertung des Heiratsgutes von 1350 RM = 1350 S nicht zu, und sie sei schuldig, die Übertragung des Eigentumsrechtes an den ihr gehörigen Besitzeshälften der Liegenschaften EZ. 32 und 25, Katastralgemeinde K., auf ihn zu gestatten. In ihrer Klagebeantwortung behauptet die Beklagte, sie habe dem Kläger außer dem Heiratsgut von 1350 RM weitere Barbeträge von 1000 RM zu Weihnachten 1943 und von 1200 RM im April 1945 übergeben. Zur Herausgabe der Liegenschaften sei sie gegen Bezahlung des auf das Fünffache aufgewerteten Heiratsgutes, sohin 6650 S (richtig sollte es heißen: 6750 S), und des auf 11.000 S aufgewerteten Betrages von 2200 S sowie eines hier nicht interessierenden Ersatzbetrages von 8000 S bereit.
Bei der Verhandlung vom 18. September 1951, stellte die klagende Partei "den Zwischenfeststellungsantrag festzustellen, daß der beklagten Partei ein Anspruch auf Aufwertung hinsichtlich allfälliger Forderungen der beklagten Partei (Forderungen, die sich aus der Hingabe von Geldbeträgen durch die Beklagte bzw. deren Angehörige während des aufrechten Bestandes der Ehe in die Gütergemeinschaft beziehen) der klagenden Partei gegenüber nicht zusteht, insbesondere auch nicht nach den Bestimmungen des Familiengläubigergesetzes".
Mit Zwischenurteil (richtig Zwischen- und Teilurteil) vom 21. September 1951 wies das Erstgericht das Begehren ab, "es werde festgestellt, daß der beklagten Partei gegenüber der klagenden Partei ein Anspruch auf Aufwertung das Heiratsgutes von 1350 RM (1350 S), sowie sonstiger in die eheliche Gütergemeinschaft von der Beklagten bzw. deren Angehörigen eingebrachten Geldbeträge nicht zusteht". Es erachtete den Aufwertungsanspruch in sinngemäßer Anwendung des Familiengläubigergesetzes für gegeben.
Infolge Berufung der klagenden Partei änderte das Berufungsgericht das angefochtene Urteil dahin ab, daß es zu lauten hat: "Es wird der beklagten Partei gegenüber festgestellt, daß ihr ein Anspruch auf Aufwertung des Heiratsgutes von 1350 RM = 1350 S und allfälliger anderer Forderungen gegen die klagende Partei nicht zusteht." Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Berufungsgericht aus, entgegen der Ansicht des Erstgerichtes könne das Familiengläubigergesetz nicht analog angewendet werden. Es sei ein Sondergesetz das erlassen wurde, um die Folgen der nach dem ersten Weltkrieg eingetretenen katastrophalen Entwertung der Kronenwährung hinsichtlich gewisser Geldforderungen zwischen nahen Angehörigen zu mildern. Dieser ganz bestimmte Zweck des erwähnten Gesetzes stehe aber seiner analogen Anwendung auf Forderungen, die durch das Sinken der Kaufkraft des Schillings seit Ende des zweiten Weltkrieges berührt wurden, entgegen. Die Verringerung der Kaufkraft des Schillings seit 1945 reiche auch nicht im entferntesten an die Ausmaße des Währungsverfalls nach dem ersten Weltkrieg heran.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei Folge und stellte das Urteil des Erstgerichtes wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Bevor in die sachliche Prüfung der Revision eingegangen werden konnte, war von Amts wegen zu prüfen, ob überhaupt juristisch mögliche Feststellungsbegehren vorliegen. Dies ist zu verneinen. Die Frage, ob die Aufwertung einer Forderung begehrt werden kann, stellt weder ein Rechtsverhältnis noch ein Recht im Sinne der §§ 228, 236 ZPO. dar. Es handelt sich dabei um keinen selbständigen Anspruch; die Aufwertbarkeit ist vielmehr eine bloße Eigenschaft des geltend gemachten Anspruches. Der Revision mußte daher aus diesem Gründe Folge gegeben und das erstrichterliche Urteil wiederhergestellt werden.
In rechtlicher Beziehung vermag der Oberste Gerichtshof der Auffassung, daß § 6 Familiengläubigergesetz ein das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch erläuternder Rechtssatz und daß seine analoge Anwendung auf künftige erhebliche Wertänderungen des Geldes nicht ausgeschlossen sei, nicht beizutreten. Vor Erlassung des Familiengläubigergesetzes hat der Oberste Gerichtshof den Einfluß der Geldentwertung auch bei Geldforderungen zwischen nahen Angehörigen außer acht gelassen (SZ. I/78). Ihre Berücksichtigung ist erst durch das sodann geschaffene Familiengläubigergesetz vom 26. September 1923, BGBl. Nr. 543, angeordnet worden. Daß das Familiengläubigergesetz nach dem Willen des Gesetzgebers auf die damalige Zeit beschränkt sein sollte, ergeben schon die in ihm festgesetzten Stichtage (so 1. September 1922 in §§ 5 und 6). Eine analoge Übertragung des Gesetzes aus dem Jahre 1923 auf die Gegenwart verbietet sich schon deswegen, weil angenommen werden muß, daß der Gesetzgeber, der sich nach dem ersten Weltkrieg zur Erlassung eines bloß auf die damalige Zeit abgestellten Gesetzes entschlossen hat, wenn er sie für notwendig erachten sollte, jetzt eine ähnliche Regelung treffen würde. Die Rechtslage hat sich gegenüber damals, da das Familiengläubigergesetz unzweifelhaft jetzt nicht unmittelbar anwendbar ist, nicht geändert. Es bedürfte daher heute ebenso, wie dies nach dem ersten Weltkrieg geschah, eines besonderen Gesetzgebungsaktes. Überdies scheitert die analoge Anwendung auch daran, daß - worauf das Berufungsgericht bereits mit Recht hinweist - die Verhältnisse keineswegs auch nur annähernd vergleichbar sind. Damals betrug die Geldentwertung 1 : 10.000, während jetzt die Beklagte selbst nur eine Aufwertung im Verhältnis 1 : 5 begehrt. Auf diese Unvergleichbarkeit der Verhältnisse ist auch bereits in der Entscheidung vom 22. Mai 1951, 4 Ob 39/51, in deutlicher Abweichung von der in der Revision zitierten Entscheidung vom 29. November 1950, 3 Ob 321/50, hingewiesen.
Zu einem aufwertungsähnlichen Ergebnis können allerdings die folgenden, vom Obersten Gerichtshof bereits in der Entscheidung vom 6. Feber 1952, 1 Ob 103/52, ausgesprochenen Erwägungen führen:
Die eheliche Gütergemeinschaft ist zwar keine Erwerbsgesellschaft, aber doch eine Gesellschaft; es gelten daher die Vorschriften über die Erwerbsgesellschaft subsidiär neben den Vorschriften des 28. Hauptstückes sinngemäß, soweit sie nicht auf die Erwerbsgesellschaft allein zugeschnitten sind. Das ist rücksichtlich des § 1215 ABGB. nicht der Fall. Es ist daher im Falle der Beendigung der Gütergemeinschaft durch Scheidung grundsätzlich das vorhandene Vermögen im Verhältnis der Werte zu verteilen, die die beiden Eheteile (oder ein Dritter für sie) in die Gütergemeinschaft eingebracht haben. Ist aber der Wert der gemeinsamen Güter höher als im Zeitpunkt der Einbringung, so partizipieren beide Teile am Zuwachs sowie sie anderseits auch den Abfall proportional tragen müssen.
Daran ändert die Tatsache nichts, daß ihnen nach dem Vorgesagten bei der Teilung die Sachen zuzuweisen sind, die sie oder ein Dritter für sie eingebracht haben. Die Wertsteigerung während der Gemeinschaft ist auch bei diesen Sachen ein Gewinn der Gemeinschaft, die wie eine Wertminderung von beiden Gatten getragen werden muß, weil bei der Ehescheidung die Ehepakte ex nunc und nicht ex tunc erlöschen oder infolge Erklärung aufgelöst werden. Daraus folgt aber, daß bei der Teilung dieser Sachen die heutigen Werte anzurechnen sind, genau so wie alle anderen gemeinsam angeschafften Sachen mit dem heutigen Wert bewertet werden. Wieviel die eingebrachte Sache im Zeitpunkt der Einbringung wert war, ist nur für die Festsetzung des Aufteilungsschlüssels bedeutsam. Das gilt auch für das seinerzeit eingebrachte Geld. Es kommt nicht auf den derzeitigen Wert des seinerzeit Eingebrachten an, sondern auf den im Teilungszeitpunkt vorhandenen Wert. Bei der Aufteilung einer Gütergemeinschaft ex nunc können, wenn man nicht einem oder dem anderen Teil Unrecht tun will, keine anderen Grundsätze für die Teilung aufgestellt werden wie bei der Teilung eines Geschäftes, das naturaliter geteilt wird. Auch bei Erwerbsgesellschaften sind Vertragsklauseln üblich, daß im Diasolutionsfall gewisse Grundstücke oder Maschinen an den Teil zurückfallen sollen, der sie in das Vermögen der Gesellschaft eingebracht hat. So wie bei einer solchen Teilung des Gesellschaftskapitals die zurückfallenden Sachen zum heutigen Wert angerechnet werden, muß man auch bei der Teilung der Gütergemeinschaft ex nunc vorgehen, wenn der Einbringende seine Liegenschaft zurückerhält.
Die Untergerichte werden daher im vorliegenden Fall den Wert des Gütergemeinschaftsvermögens zur Zeit der Einbringung des Vermögens von Seiten der Beklagten und zur Zeit der Auflösung der Ehepakten festzustellen haben. Der Beklagten gebührt sodann ein Betrag, der zum Wert des Gütergemeinschaftsvermögens im Zeitpunkt der Auflösung der Ehepakte im gleichen Verhältnis steht wie die eingebrachten Beträge zum Wert des Gütergemeinschaftsvermögens im Zeitpunkt der Einbringung (vgl. auch SZ. XXIII/67).
Die Feststellungsbegehren waren jedoch aus dem bereits oben dargelegten prozessualen Grund in Stattgebung der Revision abzuweisen.
Anmerkung
Z25182Schlagworte
Aufwertung einer Forderung, keine Feststellungsklage, Ehepakte Vorgang bei Aufhebung, Ehescheidung, Auflösung der Ehepakte, Familiengläubigergesetz, Anwendbarkeit, Feststellungsklage, nicht wegen Aufwertung einer Forderung, Gütergemeinschaft eheliche Auflösung, Wertsicherung nicht Gegenstand einer Feststellungsklage, Zwischenantrag auf Feststellung, nicht wegen AufwertungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1952:0010OB00110.52.0702.000Dokumentnummer
JJT_19520702_OGH0002_0010OB00110_5200000_000