Norm
ABGB §485Kopf
SZ 25/202
Spruch
Eine Grunddienstbarkeit kann auch ohne Zustimmung des Eigentümers der dienenden Liegenschaft vom herrschenden Gut auf einen aus Trennstücken gebildeten neuen Grundbuchskörper übertragen werden.
Entscheidung vom 17. Juli 1952, 1 Ob 521/52.
I. Instanz: Bezirksgericht Villach; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt.
Text
Auf der Liegenschaft EZ. 452 der Kat.Gem. V. waren die Dienstbarkeiten des Fahrrechtes, der Kehrichtgrubenmitbenützung und der Mauererhaltung zugunsten der Liegenschaft EZ. 251 Kat.Gem. V. einverleibt. Die Dienstbarkeit war auch im Gutsbestandsblatt der letzteren Liegenschaft ersichtlich gemacht. Das herrschende Grundstück wurde zwischen den Miteigentümern real geteilt. Die EZ. 251 verblieb im alleinigen Eigentum des Paul F., während auf der für ein Trennstück neugebildeten EZ. 1548 der Kat.Gem. V. das Eigentum der Josefine P. einverleibt wurde.
Nach den zwischen den Miteigentümern des herrschenden Gutes getroffenen Vereinbarungen sollte die Dienstbarkeit des Fahrweges zugunsten beider Vertragspartner, also beider Trennstücke, gewahrt bleiben, während die Dienstbarkeit der Kehrichtgrubenmitbenützung und der Mauererhaltung nur mehr zugunsten des Trennstückes EZ. 1548 weiterbestehen sollte.
Das Erstgericht bewilligte zur Durchführung dieser Vereinbarung hinsichtlich der Grunddienstbarkeiten
1. auf dem Trennstück mit der EZ. 1548 die Ersichtlichmachung der drei auf dem dienenden Grundstück eingetragenen Dienstbarkeiten, 2. auf dem dienenden Grundstück die Löschung der zugunsten der EZ. 251 Kat.Gem. V. einverleibten Dienstbarkeiten der Kehrrichtgrubenmitbenützung und der Mauererhaltung. Diese Dienstbarkeiten erschienen auf dem dienenden Grundstück nunmehr völlig gelöscht, weil eine Ersichtlichmachung der Teilung des herrschenden Grundstückes nicht erfolgt war. Ohne daß das Erstgericht hiezu den Auftrag erteilt hätte, wurde auch, wie sich aus dem Buchstandsbericht ergibt, auf EZ. 251 die Ersichtlichmachung der Dienstbarkeiten der Kehrichtgrubenmitbenützung und der Mauererhaltung gelöscht.
Das Rekursgericht hielt die Durchführung der Vereinbarungen über das Schicksal der Grunddienstbarkeiten für unzulässig. Es hat also die unter 1. und 2. erwähnten Eintragungen nicht bewilligt. Hinsichtlich der Eintragung zu 2. ist dies geschehen, obwohl diese Eintragung nicht angefochten war.
Der Oberste Gerichtshof gab den Revisionsrekursen des Paul F., der Josefine P. und des Hans C. de R. Folge, bewilligte 1. bei den auf Einlagezahl 452 der Kat.Gem. V. im Lastenblatte zugunsten der EZ. 251 Kat.Gem. V. einverleibten Dienstbarkeiten des Fahrweges, der Kehrichtgrubenmitbenützung und der Mauererhaltung die Ersichtlichmachung der Teilung des herrschenden Grundstückes in die EZ. 251 Kat.Gem. V. und die EZ. 1548 Kat.Gem. V. auf Grund des Teilungsvertrages vom 9. November 1951 und der Aufsandungserklärung vom 5. Jänner 1952, die Löschung der Dienstbarkeiten der Kehrichtgrubenmitbenützung und der Mauererhaltung, jedoch nur hinsichtlich des unter EZ. 251 Kat.Gem. V. verbliebenen Trennstückes des herrschenden Gutes, 2. auf dem Gutsbestandsblatte der EZ. 1548 die Ersichtlichmachung der zugunsten der EZ. 251 begrundeten und nun auch zugunsten des Trennstückes fortbestehenden in der EZ. 452 Kat.- Gem. V. als dem dienenden Gute einverleibten Dienstbarkeiten des Fahrrechtes, der Kehrichtgrubenmitbenützung und der Mauererhaltung, und verfügte von Amts wegen auf dem Gutsbestandsblatte der EZ. 251 Kat.Gem. die Ersichtlichmachung der Löschung der Dienstbarkeiten der Kehrichtgrubenmitbenützung und der Mauererhaltung hinsichtlich des unter EZ. 251 verbliebenen Trennstückes.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Allerdings wird im Anschluß an die Entscheidung GlUNF. 774 gelehrt, daß eine Grunddienstbarkeit nicht ohne Zustimmung des Verpflichteten vom herrschenden Gut auf einen aus Trennstücken gebildeten neuen Grundbuchskörper übertragen werden kann. Die genannte Entscheidung mißversteht jedoch die Bestimmung des § 485 ABGB. und übersieht die Bestimmung des § 844 ABGB. Das Wort "eigenmächtig" im § 485 gilt nur für den ersten Satz. Die im zweiten Satz ausgesprochene Unteilbarkeit der Servitut bringt gerade zum Ausdruck, daß eine Zerstückelung des herrschenden oder dienenden Gründes an dem Umfang der Servitut nichts ändert. Es ginge ja auch nicht an, daß § 844 das Weiterbestehen der Grunddienstbarkeiten nach Teilung zugunsten aller Teile ausspricht, wenn zu dem Übergang der Dienstbarkeit auf alle Teile die Zustimmung des Eigentümers des dienenden Grundstückes notwendig wäre. Ganz klar ist der Grundsatz in § 55 des ursprünglichen Regierungsentwurfes (Herrenhaus 18. Session, Beilage Nr. 29) ausgesprochen, der der Teilnovelle zugrunde liegt, und an dem sachlich bei dem Einbau der Bestimmungen in das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch nichts geändert werden sollte. Es bestehen auch vom Standpunkt des Grundbuchsrechtes keine Bedenken, diese Teilung des herrschenden Grundstückes bei der Eintragung der Dienstbarkeit auf dem dienenden Grundstück und den Bestand der Grunddienstbarkeit auch bei dem mit einer neuen Einlagezahl versehenen Trennstücke ersichtlich zu machen. Dabei wird wohl klarzustellen sein, daß es sich nicht um eine neue für das Trennstück begrundete Dienstbarkeit handelt; doch wird es nicht notwendig sein, ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß die Dienstbarkeit dadurch nicht erweitert und für das dienstbare Grundstück beschwerlicher werden dürfe, wie dies § 844 ABGB. ohnehin verfügt. Es bestand also keinerlei Hindernis, die Einigung der Miteigentümer über die Grunddienstbarkeit auch ohne Zustimmung des Eigentümers des belasteten Grundstückes im Grundbuch einzutragen.
Sollte die Art, wie die nunmehrigen Eigentümer der Trennstücke des herrschenden Gutes die Dienstbarkeit des Fahrrechtes ausüben, eine der Vorschrift des § 844 ABGB. widersprechende Erschwernis für die Eigentümer des dienenden Grundstückes bedeuten, so müßten diese auf die Unterlassung dieser Art der Ausübung der Dienstbarkeit klagen.
Hiezu wäre zunächst auf dem dienstbaren Grundstück ersichtlich zu machen gewesen, daß das herrschende Gut in die EZ. 251 und die EZ. 1548 geteilt wurde. Diese Ersichtlichmachung wurde zwar vom Antragsteller nicht ausdrücklich beantragt. Es liegt jedoch schon darin, daß die Ersichtlichmachung der Dienstbarkeiten auf dem neu gebildeten Trennstück EZ. 1548 begehrt wird, miteingeschlossen auch der Antrag, die Ersichtlichmachung der Teilung auf dem dienstbaren Gut vorzunehmen, weil sich sonst ein unlöslicher Widerspruch zwischen der Ersichtlichmachung auf EZ. 1548 und der Eintragung der Dienstbarkeit ergeben würde. Nach dieser als notwendig vorausgesetzten Ersichtlichmachung trifft die vom Erstgericht bewilligte, vom Rekursgericht aber von Amts wegen aufgehobene Löschung der Dienstbarkeit der Kehrichtgrubenmitbenützung und der Mauererhaltung diese Grunddienstbarkeiten nicht mehr als ganze. Es ist durch die Löschung nur klargestellt, daß diese Dienstbarkeiten nach der tatsächlichen Gestaltung der Ortsverhältnisse nur mehr geeignet sind, dem Trennstück EZ. 1548 zu dienen, nicht aber dem unter der ursprünglichen EZ. 251 verbliebenen. Die Gründe, welche das Rekursgericht veranlaßt haben, die Löschung der Dienstbarkeiten aufzuheben, bestehen nach Ersichtlichmachung der Teilung auf dem dienenden Grundstück nicht mehr. Diese Löschung war gemäß § 9 Allg.A.G. bei EZ. 251 von Amts wegen ersichtlich zu machen. Nach den obigen Ausführungen besteht aber auch kein Hindernis, in EZ. 1548 den Bestand der drei Dienstbarkeiten in entsprechender Form ersichtlich zu machen.
Es war also den Rekursen Folge zu geben.
An Stelle der vom Erstgericht verfügten, waren jedoch die im Spruche wiedergegebenen Eintragungen zu bewilligen, wobei allerdings die positive Erledigung des Revisionsrekurses des Eigentümers des belasteten Grundstückes infolge der auf Grund der Rekurse der anderen Beteiligten erfolgten Änderung eine wesentlich andere Bedeutung gewinnt, als sie nach dem Inhalte seines Antrages haben sollte.
Anmerkung
Z25202Schlagworte
Dienstbarkeit Übertragung bei Teilung des herrschenden Gutes, Grunddienstbarkeit, Teilung des herrschenden Gutes, Teilung des herrschenden Gutes, Schicksal der DienstbarkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1952:0010OB00521.52.0717.000Dokumentnummer
JJT_19520717_OGH0002_0010OB00521_5200000_000