Norm
ZPO §503 Z2Kopf
SZ 25/219
Spruch
Mangel des Berufungsverfahrens, wenn das Berufungsgericht sich mit der Mängelrüge des Berufungswerbers nicht befaßt hat, daß ein im erstinstanzlichen Verfahren angeblich unterlaufener Verfahrensmangel vorliegt.
Entscheidung vom 6. August 1952, 2 Ob 554/52.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:
Oberlandesgericht Graz.
Text
Das Erstgericht hat das auf Unterlassung bzw. Duldung gerichtete Klagebegehren abgewiesen.
Das Berufungsgericht hat das erstgerichtliche Urteil bestätigt.
Der Oberste Gerichtshof hat der Revision des Klägers nicht Folge gegeben.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Mit dem Berufungsgrunde der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wird geltend gemacht, daß das Berufungsgericht nicht ohne weiteres die Feststellung des erstgerichtlichen Urteils, daß Kläger nicht Eigentümer der im Klagebegehren angeführten Bauwerke sei, hätte übernehmen dürfen, ohne wenigstens zu versuchen, bestehende Unklarheiten zu beseitigen und Ergänzungen zu veranlassen. Unter Hinweis auf eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes führt die Revision ins Treffen, daß das Gericht auch im Anwaltsprozesse die materielle Prozeßleitungspflicht im Gründe der Bestimmung des § 182 ZPO. erfüllen müsse und nicht ohne weiteres ein mangelhaftes Vorbringen der Klage zur Grundlage seiner Entscheidung nehmen dürfe. Erst wenn die beklagte Partei seinen Anregungen nicht folge oder Widerstand entgegensetze, finde die materielle Prozeßleitung ihre Grenze und gehe die Unvollständigkeit auf Rechnung der einsichtslosen Partei. Mit diesen Ausführungen kann die Revision nicht gehört werden, weil sie angebliche Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens, die bereits in der Berufung mit der Mängelrüge aufgezeigt wurden, nunmehr auch als Mängel des Berufungsverfahrens geltend machen will.
Nach nunmehr ständiger Praxis des Obersten Gerichtshofes kann immer nur eine Oberinstanz überprüfen, ob in der unteren Instanz ein Verfahrensmangel unterlaufen ist. Wenn die zweite Instanz verneint, daß das Verfahren der ersten Instanz in der gerügten Richtung mangelhaft geblieben ist, so kann das berufungsgerichtliche Urteil nicht gemäß § 503 Z. 2 ZPO. deshalb angefochten werden, weil es der Berufung in diesem Belange nicht stattgegeben hat, da das Berufungsverfahren an keinem Mangel leidet, der eine erschöpfende und grundliche Beurteilung der Streitsache zu hindern geeignet war. Ein Mangel des Berufungsverfahrens läge nur dann vor, wenn das Berufungsgericht sich mit der Mängelrüge des Berufungswerbers nicht befaßt hätte, nicht aber, wenn es zu Recht oder Unrecht verneint hat, daß ein im erstinstanzlichen Verfahren angeblich unterlaufener Verfahrensmangel vorliegt (Entscheidung vom 29. November 1950, 1 Ob 655/50).
Anmerkung
Z25219Schlagworte
Berufungsverfahren Mangelhaftigkeit durch Nichtbeachtung einer, Mängelrüge, Mängelrüge, Berufungsverfahren, Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens durch Nichtbefassung mit der, Mängelrüge, Revision wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens durch, Nichtbeachtung einer MängelrügeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1952:0020OB00554.52.0806.000Dokumentnummer
JJT_19520806_OGH0002_0020OB00554_5200000_000