Norm
Ehegesetz §65Kopf
SZ 25/241
Spruch
Untersagung der Namensführung wegen strafbarer Handlungen der geschiedenen Gattin, wenn sie - als Morphinistin - vermindert zurechnungsfähig ist.
Entscheidung vom 17. September 1952, 1 Ob 674/52.
I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt - Wien; II. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Das Erstgericht hat mit Beschluß vom 31. Mai 1952 den Antrag des Gatten Dr. Kurt G., seiner geschiedenen Frau gemäß § 65 EheG. die Fortführung seines Familiennamens G. zu untersagen, mit der Begründung abgewiesen, Elisabeth G. sei allerdings nach der Ehescheidung vom Landesgericht für Strafsachen Wien am 5. März 1945 wegen § 6 der Verordnung über Titel, Orden und Ehrenzeichen zu acht Monaten Gefängnis, gemäß Befreiungsamnestie bedingt nachgelassen, am 25. Juni 1947 wegen §§ 171, 173, 174 I lit. d, 183 StG. zu 21 Monaten schweren Kerkers, ferner am 21. April 1948 wegen § 320a StG. zu einem Monat Arrest und vom Bezirksgericht Innsbruck am 1. Juni 1949 wegen § 320a StG. zu einer Geldstrafe von 30 S verurteilt worden. Jedoch ergebe sich aus dem Strafakte und dem Scheidungsakte, daß die Antragsgegnerin hochgradig nervös sei und eine schwere psychopathische Persönlichkeit mit Neigung zur Lügenhaftigkeit und zu Hochstapeleien, sowie dem Rauschgiftmißbrauch ergeben sei, ferner daß ihre Süchtigkeit nach einem seinerzeit erstatteten Gutachten einer Geistesschwäche gleichkomme, die Verfehlungen stunden mit dem Charakter der Antraggegnerin in untrennbarem Zusammenhange, schwere Verfehlungen gegen den Gatten seien in den Delikten nicht zu erblicken, aber auch kein unsittlicher oder ehrloser Lebenswandel, da von der Antragsgegnerin Tatbestände gesetzt worden seien, die die notwendige Folge ihrer schweren Psychopathie und ihrer Geistesschwäche seien, also eines Zustandes, für den sie nicht verantwortlich sei.
Das Rekursgericht gab dagegen mit dem angefochtenen Beschluß in Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung dem Antrage gemäß § 65 EheG. statt und führte aus, das Strafgericht habe sich mit der Frage der Zurechnungsfähigkeit der Antragsgegnerin befaßt, darüber auch einen Sachverständigen vernommen, der das Vorliegen einer den Gebrauch der Vernunft ausschließenden Geisteskrankheit verneint habe, und sei daher zu dem Ergebnis gekommen, daß die Antragsgegnerin für ihre Handlungen voll verantwortlich sei. In der Begehung eines Diebstahls, somit eines aus gewinnsüchtigen Gründen begangenen Eigentumsdeliktes, sei zweifellos ein ehrloser Lebenswandel zu erblicken, daß das nicht mit dem Willen des Antragstellers geschehen sei, sei anzunehmen und das Gegenteil auch gar nicht behauptet worden.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Antragsgegnerin führte in ihrem Revisionsrekurse aus, es müsse berücksichtig werden, daß die Ehe gerade wegen der Psychopathie der Antragsgegnerin geschieden worden sei. Das Ehegesetz unterscheide in den §§ 50, 51 ausdrücklich zwischen Geisteskranken und Psychopathen. Nach dem Ehegesetz sei ein Verhalten eines Psychopathen anders zu beurteilen als vom Strafgerichte, die Beurteilung über die zivilrechtlichen Folgen komme nicht dem Strafgerichte, sondern dem Zivilgerichte zu, dort, wo wegen eines auf geistiger Störung beruhenden Verhaltens eine Scheidung ohne Verschulden ausgesprochen sei, könne wegen eines solchen Verhaltens auch die Namensführung nicht untersagt werden, andernfalls müßte auch einem wahnsinnigen Ehegatten die Namensführung untersagt werden.
Der Oberste Gerichtshof tritt der Ansicht, daß § 65 EheG. ein schuldhaftes Verhalten der geschiedenen Gattin voraussetzt, bei (vgl. Volkmar - Antoni, Eherecht, S. 249; Schwind, Kommentar zum Eherecht, S. 218). Daß es sich um ein solches handelt, ergibt sich aus den Feststellungen beider Untergerichte. Im vorliegenden Falle liegt jedoch eine sogenannte verminderte Zurechnungsfähigkeit vor. Nun kann es fraglich sein, ob das schuldhafte Verhalten eines vermindert Zurechnungsfähigen nach § 65 EheG. zur Untersagung genügt. Während Schwind (a. a. O.) lediglich meint, daß Fahrlässigkeit im Sinne des § 65 EheG. nur in den seltensten Fällen ausreichen werde, und einen ehrlosen oder unsittlichen Lebenswandel auch dann annimmt, wenn die Frau, wenn auch nur einmal auf Grund eines gewinnsüchtigen oder Sittlichkeitsdeliktes mit dem Strafgesetz in Konflikt gerate, wird von Volkmar - Antoni (a. a. O.) dagegen der Standpunkt vertreten, bei verminderter Zurechnungsfähigkeit sei das Verhalten der Frau oft milder zu beurteilen und sei ein solcher Lebenswandel, von besonders schweren Delikten abgesehen, bei gewohnheits- oder gewerbsmäßigem Begehen von Straftaten gegeben. Im Sinne des Ehegesetzes muß wohl zwischen voller Verantwortlichkeit und verminderter Zurechnungsfähigkeit infolge Psychophatie u. dgl. unterschieden werden, jedoch kann dies nicht so weit gehen, daß die vermindert Zurechnungsfähige einfach einer Unzurechnungsfähigen gleichgestellt wird. Daher werden wohl die unmittelbar mit der Rauschgiftsucht der Antragsgegnerin zusammenhängenden strafbaren Verfehlungen im Sinne des § 65 EheG. nicht als ausreichend anzusehen sein. Anders ist dies jedoch bei den Verbrechen aus gewinnsüchtigen Motiven der Antragsgegnerin, also ihren mehrfach als Verbrechen qualifizierten Diebstählen und den Verbrechen der Veruntreuung und des Betruges; denn sonst könnten nicht einmal die Taten einer Gewohnheitsverbrecherin, die aus einem Hang zu dem deliktischen Verhalten hervorgegangen sind, bloß deshalb zur Untersagung im Sinn des § 65 EheG. führen, weil ja Gewohnheitsverbrecher vielfach Psychopathen sind.
Die Entscheidung des Rekursgerichtes erscheint daher zutreffend und war deshalb dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.
Anmerkung
Z25241Schlagworte
Ehegattin geschiedene, Untersagung der Namensführung, Namensführung, Untersagung nach § 65 EheG., Untersagung der Namensführung nach § 65 EheG.European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1952:0010OB00674.52.0917.000Dokumentnummer
JJT_19520917_OGH0002_0010OB00674_5200000_000