TE OGH 1952/10/15 3Ob612/52

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Veröffentlicht am 15.10.1952
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Norm

ABGB §294
ABGB §877
ABGB §918
ABGB §921
ABGB §1063

Kopf

SZ 25/263

Spruch

Ein Eigentumsvorbehalt kann nur an solchen Sachen wirksam vereinbart werden, die ohne Zerstörung oder Veränderung ihrer Wesensart wieder entfernt werden können, also selbständiger Bestandteil sind.

Bei einem Rücktritt vom Vertrag nach § 918 ABGB. hat analog zu § 877 ABGB. die Rückstellung des beiderseits Geleisteten Zug um Zug zu erfolgen.

Entscheidung vom 15. Oktober 1952, 3 Ob 612/52.

I. Instanz: Landesgericht Salzburg; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Das Erstgericht hat die Beklagte schuldig erkannt, die von der Klägerin begehrten, zum Betriebe eines Moorbades dienenden Gegenstände herauszugeben. In den Urteilsgrunden wird ausgeführt, daß die Klägerin wegen Nichterfüllung der Vertragsverpflichtungen durch die Käufer berechtigt sei, die Herausgabe der gegen Eigentumsvorbehalt verkauften, im Klagebegehren verzeichneten Geräte zu begehren. Den Einwand der Beklagten, der Eigentumsvorbehalt sei unwirksam, weil die verkauften Sachen ihrer Natur nach für den Einbau in die Liegenschaft der Beklagten bestimmt gewesen und nunmehr auch so fest mit dieser verbunden seien, daß sie, ohne Schaden zu leiden, oder ohne Beschädigung der Liegenschaft nicht entfernt werden könnten, erachtete das Erstgericht nicht für stichhältig, da es sich offenkundig um Geräte handle, die für den Betrieb des Moorbades der Beklagten angeschafft wurden und die auch leicht abmontiert und ohne Schaden entfernt werden könnten. Die Beklagte hätte überdies gegen ihre vertraglichen Verpflichtungen verstoßen, wenn sie die gekauften Gegenstände in eine unlösliche oder schwer lösbare Verbindung mit der Liegenschaft gebracht hätte. Den Schaden, der durch die Wegnahme der Gegenstände entstunde, müsse daher jedenfalls die Beklagte tragen. Aber auch die Einwendung der Beklagten, daß sie nur Zug um Zug gegen Rückzahlung des bereits bezahlten Teilentgeltes von 16.840.19 S zur Herausgabe der Gegenstände verhalten werden könne, sei rechtlich nicht haltbar, da trotz der Rücktrittserklärung der Klägerin die Rückzahlung des empfangenen Entgeltes nicht Zug um Zug mit der Herausgabe der Gegenstände bewirkt werden müsse, dies aus dem Gründe, weil im Zeitpunkte der Rückstellung noch gar nicht feststehen werde, ob und welche Beträge die Beklagte zu erhalten habe. Es sei aber auch nicht einzusehen, warum, wie die Beklagte behauptete, die dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisse zugrunde liegende Vereinbarung gegen die guten Sitten verstoße.

Der gegen dieses Urteil von der Beklagten erhobenen Berufung wurde nicht Folge gegeben, wobei das Berufungsgericht die Tatsachenfeststellungen und die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes übernahm.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten Folge, hob die Urteile der Vorinstanzen auf und verwies die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und zur neuerlichen Entscheidung an das Prozeßgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Für die Frage, ob die in der Klage beschriebenen, offenbar zum Betrieb der Moorbadeanstalt der Beklagten dienenden Sachen, deren Herausgabe die Klägerin begehrt, Gegenstand eines wirksamen Eigentumsvorbehaltes sein können, ist entscheidend, ob die Gegenstände mit der Liegenschaft derart fest verbunden sind, daß sie, ohne wesentlichen Schaden zu leiden, und auch ohne wesentliche Beschädigung der Liegenschaft nicht mehr entfernt werden können. Aus der unbestrittenen Beschreibung der Gegenstände in der Klage allein kann jedoch mit hinreichender Sicherheit nicht beurteilt werden, ob eine Zurückversetzung der Gegenstände in den vorigen Stand (§ 415 ABGB.) ohne Zerstörung oder Veränderung ihrer Wesensart überhaupt möglich ist, ob die Gegenstände also rechtlich als selbständige Bestandteile zu werten sind, was wieder Voraussetzung der Wirksamkeit des Eigentumsvorbehaltes wäre. Aus der Beschreibung der Gegenstände allein können hierüber umsoweniger verwertbare Anhaltspunkte gewonnen werden, als die beklagte Partei eine derart feste Verbindung mit der Liegenschaft behauptet, daß die Gegenstände, ohne Schaden zu leiden, und auch ohne Beschädigung der Liegenschaft, nicht mehr entfernt werden können. Um hierüber verläßliche Feststellungen gewinnen zu können, wird daher die Durchführung des von der beklagten Partei beantragten Lokalaugenscheines unerläßlich sein. Da solche Feststellungen zufolge Unterlassung der beantragten Beweisaufnahme mangeln, liegt eine unvollständige Tatsachenfeststellung vor, die eine erschöpfende Erörterung und grundliche Beurteilung der Streitsache zu hindern geeignet ist (§ 502 Z. 2 ZPO.).

Aber auch der in der Revision erhobenen Rechtsrüge kommt insoweit Berechtigung zu, als die Rechtsmeinung der Untergerichte bekämpft wird, daß die Klägerin zur Rückstellung des empfangenen Kaufentgeltes Zug um Zug gegen Rückstellung der Kaufgegenstände deshalb nicht verhalten werden könne, weil noch nicht feststehe, was die Beklagte zurückzuerhalten hat. Der vom Obersten Gerichtshof in seinem Judikat Nr. 246 (Plenarbeschluß vom 23. Mai 1916) ausgesprochene Rechtssatz, daß es sich bei Geltendmachung des Eigentumsvorbehaltes nicht um ein gesetzliches, sondern um ein im Wege der Auslegung abgeleitetes vertragliches Rücktrittrecht handle, das nicht unter § 918 ABGB. fällt und neben dieser Gesetzesstelle ohne Einhaltung der daselbst vorgesehenen Bedingungen geltend gemacht werden kann, kommt im vorliegenden Falle schon deswegen nicht zur Anwendung, weil sich die Klägerin selbst auf den Boden des Vertragsrücktrittes mit ihrer noch in der Revisionsbeantwortung aufrechterhaltenen Klagsbehauptung stellt, sie habe den Käufern gegenüber den Rücktritt vom Vertrag erklärt und auch aus diesem Grund die Herausgabe der Kaufgegenstände gefordert. Da also die Klägerin nach ihrer eigenen Behauptung vom Rücktrittsrecht im Sinne des § 918 ABGB. (Punkt VII des Vertrages) Gebrauch gemacht hat, kommt auch § 921 ABGB. zur Anwendung, wonach die Rückstellung das beiderseits Geleisteten analog zu § 877 ABGB. Zug um Zug stattzufinden hat, u. zw. in der Weise, daß kein Teil aus dem Schaden des anderen Gewinn zieht. Wenngleich nun die Beklagte gemäß Punkt VII des Kaufvertrages eine eventuelle Wertminderung des Kaufgegenstandes in der Zeit zwischen Kauf und Rücktritt zu tragen hat, wurde bisher seitens der Klägerin eine derartige Wertminderung nicht behauptet. Die Rechtsmeinung der Untergerichte, daß im Zeitpunkte des Verhandlungsschlusses noch nicht feststand, wieviel die Beklagte zurückzuerhalten habe, kann daher mangels einer Behauptung über eine bestimmte Wertminderung der verkauften Gegenstände nicht geteilt werden. Sollte die Klägerin daher im fortgesetzten Verfahren eine Wertminderung, zu deren Feststellung durch Sachverständige sie gemäß Punkt VII Abs. 3 des Kaufvertrages bis zum Rücktritt berechtigt war, konkret behaupten, werden die hierüber beantragten Beweise durchzuführen und Feststellungen vorzunehmen sein, falls eine schuldrechtliche Verpflichtung auf Abtrennung der Gegenstände nach den Beweisergebnissen rechtlich als möglich erachtet wird. Keinesfalls konnte aber der Umstand, daß konkrete Behauptungen in dieser Richtung bisher fehlen, dem Zuspruch des der Beklagten Zug um Zug rückzustellenden Entgeltes in voller Höhe entgegenstehen.

Es war daher in Stattgebung der Revision wie im Spruch zu entscheiden.

Anmerkung

Z25263

Schlagworte

Bestandteil, Eigentumsvorbehalt, Eigentumsvorbehalt an Zugehör, Rücktritt vom Vertrage, beiderseitige Rückstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1952:0030OB00612.52.1015.000

Dokumentnummer

JJT_19521015_OGH0002_0030OB00612_5200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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