Norm
JN §1Kopf
SZ 25/269
Spruch
Zulässigkeit des ordentlichen Rechtsweges für Feststellung des Rechtes zur weiteren Benützung von Marken und Nichtberechtigung des Gegners zur Stellung eines Löschungsantrages auf Grund vertraglicher Vereinbarung.
Die Zuständigkeit des Handelsgerichtes nach § 51 Abs. 2 Z. 9 JN. ist immer und nur dann gegeben, wenn nicht nach dem Markenschutzgesetze das Patentamt, der Patentgerichtshof oder die Strafgerichte zuständig sind.
Entscheidung vom 22. Oktober 1952, 1 Ob 716/52.
I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.
Text
Die klagende Partei begehrt in ihrer Klage die Feststellung gegenüber der beklagten Partei, daß sie berechtigt sei, bestimmte, im Markenregister des österreichischen Patentamtes eingetragene Marken in Österreich weiter zu benutzen, und daß die beklagte Partei nicht berechtigt sei, die Löschung dieser für die klagende Partei registrierter Marken zu begehren. Die klagende Partei begrundet dies damit, diese Marken seien ursprünglich für die Firma L. Werk Ges. m. b. H. in W. eingetragen gewesen, die Klägerin habe diese Marken laut Vereinbarungen vom 8. und 30. November 1948 mit der Firma L. Werk Ges. m. b. H. in W. übernommen und sei die Übertragung dieser Marken auf die Klägerin im Markenregister des österreichischen Patentamtes durchgeführt worden. Für die Firma L. Werke Ges. m. b. H. in D. seien gleichartige Marken für im wesentlichen gleichartige Warenkategorien, die zwar durchwegs mit einer früheren, teils nationalen, teils internationalen Priorität, eingetragen gewesen. Die Firma L. Werke Ges m. b. H. in D. habe die Verlegung ihres Sitzes nach F. a. M. beschlossen und sei auch im Handelsregister des Amtsgerichtes F. a. M. am 15. Juli 1950 eingetragen worden. Die Marken seien dann für die L. Werke Ges. m. b. H. in F. a. M. registriert bzw. umgeschrieben bzw. erneuert worden. Die Firma L. Werk Ges. m. b. H. in W. habe ursprünglich der Firma L. Werke Ges. m. b. H. in D. eine Lizenz für die Gestattung der Benützung der dieser gehörigen Marken gezahlt, später sei jedoch zwischen diesen Firmen eine Vereinbarung in dem Sinne geschlossen worden, daß die Firma in W. diese Marken in Österreich für sich als selbständige Marken registrieren lasse - was auch im Jahre 1934 geschehen sei -, sich dafür aber verpflichtete, die Produkte nur in Österreich zu verkaufen und die Marken nur in Österreich zu benutzen, während die Firma in D. die Verpflichtung übernommen habe, ihre Markenrechte mit früherer Priorität in Österreich nicht zu benutzen und ihre entsprechenden Produkte in Österreich nicht zu verkaufen. Die beklagte Partei habe nunmehr im Widerspruch zu dieser Vereinbarung beim Patentamte gegen die Klägerin den Antrag auf Löschung dieser für die Klägerin registrierten Marken unter Berufung auf die Priorität ihrer Markenrechte gestellt.
Das Erstgericht hat mit Beschluß vom 19. Juni 1952 der von der beklagten Partei erhobenen Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges Folge gegeben, die Unzuständigkeit des Gerichtes und die Nichtigkeit des vorangegangenen Verfahrens ausgesprochen und die Klage zurückgewiesen.
Das Rekursgericht hat dagegen mit dem angefochtenen Beschluß die erstgerichtliche Entscheidung dahin abgeändert, daß die von der beklagten Partei erhobene Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges verworfen werde, und hat seine Entscheidung damit begrundet, die Feststellungsbegehren der Klägerin grundeten sich auf die behaupteten Vereinbarungen zwischen ihr und der Firma L. Werk Ges. m. b. H. in W. sowie zwischen der letzteren und der Firma L.-Werke Ges. m. b. H. in D., somit nicht auf einen markenrechtlich relevanten Tatbestand oder einen markenrechtlichen Titel, sondern auf Tatbestände und Rechtsgrunde allgemein privatrechtlicher Art. Für derartige Fälle werde aber die ordentliche Gerichtsbarkeit in Lehre und Rechtsprechung anerkannt. Die Zuständigkeit des Patentamtes und des Patentgerichtshofes als Berufungsinstanz seien nur hinsichtlich der für das Markenschutzgesetz geregelten markenrechtlichen Rechtsverhältnisse gegeben, der im § 30 Markenschutz geregelte Feststellungsantrag habe mit dem Klagebegehren nichts zu tun und sei die Zulässigkeit des Rechtsweges daher gegeben.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der beklagten Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Oberste Gerichtshof schließt sich den Rechtsausführungen des Rekursgerichtes an. Zu den Ausführungen des Revisionsrekurses ist noch zu bemerken: Das Markenschutzgesetz in seiner ursprünglichen Fassung enthielt in § 30 Abs. 1 die Bestimmung: "Über die Frage, ob jemand das ausschließliche Gebrauchsrecht an einer Marke zustehe, sowie über die Priorität und Übertragung dieses Rechtes, ferner über die Frage, ob eine registrierte Marke von einem Dritten für eine andere Gattung von Waren benutzt werden könne (§ 7), erkennt das Bundesministerium für Handel und Verkehr." Obwohl diese Vorschrift eher hätte Zweifel darüber aufkommen lassen können, ob nicht die Ministerialzuständigkeit auch dann gegeben ist, wenn es sich um ein Vertragsverhältnis zwischen den Parteien handelt, wurde von Lehre und Rechtsprechung der Standpunkt vertreten, daß das Ministerium über das ausschließliche Gebrauchsrecht an der Marke nur insoweit abzusprechen habe, als es sich dabei um die Frage des Marken-, nicht des Zivilrechtes handelt, und daß das ordentliche Gericht insbesondere dann zuständig sei, wenn es um ein Vertragsverhältnis zwischen den Parteien gehe (vgl. Emanuel Adler, österr. Markenrecht, S. 479; Abel, Markenrecht, S. 236 f.; Dr. Albert Sachs, die österr. Gesetzgebung über den Markenschutz, S. 164, Nr. 22 - 24). Diese Bestimmung wurde durch die Novellengesetzgebung beseitigt und erhielt § 30 Markenschutzgesetz schließlich die Fassung, daß jeder zur Erwerbung eines Markenrechtes Berechtigte beim Patentamt die Feststellung beantragen könne, daß ein Zeichen, das zur Bezeichnung von Waren bestimmt ist, nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes (also des Markenschutzgesetzes) nicht unter das Recht an einer bestimmten registrierten Marke falle. Durch diese neue Fassung wurden die Grenzen des Umfanges der Zuständigkeit des Patentamtes für Feststellungsbegehren gerade in der Richtung klargestellt, daß es sich nur um markenrechtliche Fragen handeln darf. Daß die beklagte Partei bereits beim Patentamt einen Antrag auf Löschung der für die klagende Partei eingetragenen Marken auf Grund der Priorität ihrer eigenen Marken gestellt hat, hat mit dem vorliegenden Rechtsstreit nichts zu tun, da sich ja der Löschungsantrag der beklagten Partei auf markenrechtliche Gründe stützt, während die klagende Partei ihre Feststellungsbegehren lediglich auf vertragliche Vereinbarungen stützt. Die geltende Fassung des § 51 Abs. 2 Z. 9 JN. besagt nur, daß ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes vor die Handelsgerichte Streitigkeiten aus den Rechtsverhältnissen, die sich auf den Schutz und den Gebrauch von Erfindungen, Mustern, Modellen und Marken beziehen, gehören, insoweit hiefür nicht andere gesetzliche Vorschriften bestehen. Dies besagt nur, daß die Zuständigkeit des Handelsgerichtes gewissermaßen subsidiär, nämlich immer und nur dann gegeben ist, wenn nicht nach den Sondervorschriften eine andere Behörde zuständig ist, also wenn nicht nach dem Markenschutzgesetz das Patentamt bzw. der Patentgerichtshof oder auch die Strafgerichte zuständig sind. Auf Grund der in der Klage gestellten Feststellungsbegehren hat das Gericht nicht über Bestand, Subjekt, Priorität und Umfang der Markenrechte sowie darüber, ob die beklagte Partei vom markenrechtlichen Standpunkte berechtigt ist, den Antrag auf Löschung der klägerischen Marken beim Patentamte zu stellen, sondern lediglich darüber zu entscheiden, ob trotz der Priorität der für die beklagte Partei registrierten Marken und der allenfalls vom markenrechtlichen Standpunkte vorhandenen Berechtigung der Beklagten zum Löschungsbegehren auf Grund der vertraglichen Vereinbarungen die klagende Partei zur weiteren Benutzung der für sie registrierten Marken in Österreich berechtigt und die beklagte Partei nicht berechtigt ist, die Löschung dieser Marken zu verlangen. Daß in dem Klagebegehren selbst auf die vertraglichen Vereinbarungen nicht ausdrücklich hingewiesen wird, ist für die Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges und der handelsgerichtlichen Zuständigkeit ohne Bedeutung, zumal der Rechtsgrund im Sinne des § 226 ZPO. überhaupt nicht im Klagebegehren selbst anzugeben und auch nicht in den Urteilsspruch aufzunehmen ist, sondern sich aus Klagserzählung und Entscheidungsgründen ergibt.
Der angefochtene Beschluß ist somit zutreffend und mußte daher dem Revisionsrekurs ein Erfolg versagt bleiben.
Anmerkung
Z25269Schlagworte
Handelsgericht, Zuständigkeit für Markenschutz, Markenschutz Zulässigkeit des Rechtsweges und Zuständigkeit des, Handelsgerichtes, Rechtsweg Zulässigkeit für markenrechtliche Klagen, Zuständigkeit des Handelsgerichtes für MarkenschutzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1952:0010OB00716.52.1022.000Dokumentnummer
JJT_19521022_OGH0002_0010OB00716_5200000_000