TE Vwgh Erkenntnis 2005/2/25 2003/05/0165

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Veröffentlicht am 25.02.2005
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;
BauO NÖ 1996 §12;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde 1. der Irmtraud Nemetz und

2. des Hubert Nemetz, beide in Wien, beide vertreten durch Dr. Erich Proksch, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Auhofstraße 1, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 24. Juli 2003, Zl. RU1-V-01120/03, betreffend Entschädigung nach § 12 der NÖ Bauordnung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Leopoldsdorf, vertreten durch Dr. Peter Getreuer, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Weyrgasse 6), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in Höhe von insgesamt EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2002, Zl. 2001/05/0928, verwiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis ausgeführt, dass die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 23. März 2001, mit welchem der verfahrenseinleitende Antrag zurückgewiesen worden war, zulässig gewesen ist. Sie hätte daher von der Berufungsbehörde meritorisch behandelt werden müssen. Da diese Berufung aber mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 10. Mai 2001 zurückgewiesen worden war, waren die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Sachentscheidung verletzt worden. Der im hg. Verfahren 2001/05/0928 angefochtene Vorstellungsbescheid der Niederösterreichischen Landesregierung war wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben, weil die belangte Behörde dies nicht erkannt und die Vorstellung der Beschwerdeführer zu Unrecht abgewiesen hat.

In der Folge gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 28. März 2002 der Vorstellung der Beschwerdeführer statt, behob den Bescheid des Gemeindevorstandes vom 10. Mai 2001 und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Marktgemeinde zurück.

Mit Schreiben vom 23. Jänner 2003 stellten die Beschwerdeführer einen Devolutionsantrag an den Gemeinderat, da bis dahin eine Entscheidung über ihre Berufung durch den Gemeindevorstand nicht ergangen ist.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 4. März 2003 wurde der Bescheid des Bürgermeisters vom 23. März 2001 dahingehend abgeändert, dass der Antrag der Beschwerdeführer vom 10. Oktober 2000 auf Festsetzung der Höhe der Entschädigung abgewiesen wurde. Begründend wurde ausgeführt, dem Antrag vom 10. Oktober 2000 sei ein Lage- und Höhenplan angeschlossen gewesen. In diesem Plan seien die kostenlos abzutretenden Flächen mit gelber Farbe, jene, für die Mehrleistungsentschädigung begehrt werde, mit roter Farbe gekennzeichnet gewesen. Das Ausmaß der kostenlos abzutretenden Flächen betrage 1.085 m2, jenes der rot gekennzeichneten Flächen 33 m2. Nach dem Antrag und dem Plan sei die Abtretung vom Grundstück Nr. 270/1 der KG Leopoldsdorf erfolgt. Die mit roter Farbe gekennzeichneten Flächen lägen im Bereich der Fahrbahntrompete bei der Einmündung der neuen Aufschließungsstraße (Grundstück Nr. 272/4) in die B 15, Mannersdorfer Straße. Eine Entschädigung gebühre dem Grundeigentümer der abzutretenden Fläche. Die Bauplatzerklärung beziehe sich auf das Grundstück Nr. 277 der KG Leopoldsdorf (Verweis auf den rechtskräftigen Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 18. September 2001), der Antrag auf Mehrleistungsentschädigung beziehe sich jedoch auf das Grundstück Nr. 270/1. Nur der betroffene Grundeigentümer könne einen Antrag auf Entschädigung nach § 12 der NÖ Bauordnung 1996 einbringen, nicht aber weitere Grundeigentümer. Die Aufteilung einer solchen Entschädigung auf weitere Grundeigentümer, wie sie im Antrag angeführt sei, habe im Innenverhältnis zu erfolgen und sei nicht Gegenstand eines behördlichen Verfahrens. Nach dem bereits erwähnten Lage- und Höhenplan sei das Grundstück Nr. 277, welches im Eigentum der Beschwerdeführer stehe, vom Grundstück Nr. 270/1 durch die dazwischenliegenden Grundstücke Nr. 272/3 und 274 getrennt. Die Beschwerdeführer seien daher von der Abtretungsverpflichtung nicht betroffen, sodass der Entschädigungsantrag abzuweisen sei.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete, ebenso wie die mitbeteiligte Marktgemeinde, eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde hat als Baubehörde erster Instanz den Antrag vom 10. Oktober 2000 zurückgewiesen (siehe dazu das zitierte hg. Vorerkenntnis vom 29. Jänner 2002). Er hat somit keine Sachentscheidung über diesen Antrag gefällt.

Prozessgegenstand der Berufungsentscheidung ist die Verwaltungssache, die zunächst die Behörde erster Instanz entschieden hat. Hat die Unterbehörde nur prozessual entschieden, dann darf die Berufungsbehörde nicht in der Sache entscheiden (vgl. dazu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I,

2. Auflage, S. 1273 f unter E 162 ff wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Prozessthema des Berufungsverfahrens waren allein die Zurückweisungsgründe der Behörde erster Instanz. Dadurch, dass der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde meritorisch über den Antrag vom 10. Oktober 2000 entschieden hat, hat er folglich unzulässigerweise eine Sachentscheidung getroffen.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihrerseits ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Bemerkt wird, dass der Verwaltungsgerichtshof im zitierten hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2002 ausgesprochen hat, dass die Zurückweisung der Berufung unzulässig gewesen ist. Über diese - aber nicht über den einleitenden Antrag - hätte somit von der Berufungsbehörde meritorisch abgesprochen werden müssen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Die Beschwerdeführer haben an Schriftsatzaufwand weniger hiezu allerdings einen in dieser Verordnung nicht vorgesehenen Zuschlag und damit in Summe einen den in der Verordnung vorgesehenen Höchstbetrag übersteigenden Betrag begehrt. Es gebührt ihnen daher Aufwandersatz in der in der Verordnung vorgesehenen Höhe. Das darüber hinausgehende Begehren war demgemäß abzuweisen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 11. November 1992, Zl. 92/02/0210, und vom 18. März 1997, Zl. 97/08/0051).

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 25. Februar 2005

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Verfahrensrechtliche Entscheidung der Vorinstanz (siehe auch Inhalt der Berufungsentscheidung Anspruch auf meritorische Erledigung)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2003050165.X00

Im RIS seit

24.03.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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